Protokoll der Sitzung vom 19.09.2002

Die Betreiber haben uns versichert, dass ein derartig breites Verfahren, wie sie es in Bremen erlebt haben, im Vorfeld von Standortaushandlungen bisher in keiner anderen Kommune – jedenfalls soweit mir bekannt ist – im norddeutschen Raum überhaupt je stattgefunden hat wie hier in Bremen. In der Regel wird nämlich, nachdem der Standortplan mit der Behörde abgestimmt ist, einmal eine große Öffentlichkeitsveranstaltung gemacht und die Öffentlichkeit dann vor vollendete Tatsachen gestellt. Das ist in Bremen völlig anders gelaufen, und ich denke, darauf können wir auch mit Zufriedenheit verweisen.

(Beifall bei der SPD)

Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass wir für den Netzstart fast alle Standorte realisiert haben. Ein Testbetrieb soll von den einzelnen Betreibern ab 1. Oktober 2002 durchgeführt werden. Noch lässt sich nicht genau absehen, wie viele Standorte für diese erste Betriebsphase benötigt werden, da einzelne Unternehmen, wie Sie auch aus der Presse entnehmen konnten, ihre Bemühungen im Bereich UMTS derzeit etwas zurückgestellt haben. Obwohl wir jetzt im Augenblick, wenn man so will, Bergfest feiern könnten, da mehr als die Hälfte aller Standorte genehmigt ist und ein Netzstart laut Angaben der Betreiber, wie gesagt, zumindest für die Testphasen möglich ist, muss in der Tat noch eine Reihe von Standorten gefunden werden. Es ist natürlich so, dass wir in der Vergangenheit zunächst, jedenfalls im überwiegenden Maße, über einfachere Standorte geredet haben und es jetzt um kompliziertere Standorte gehen wird oder um Standorte in Stadtteilen, wo möglicherweise Probleme dadurch entstehen.

Ich gehe davon aus, dass wir hier für die weiteren Beratungen genauso fortfahren, wie wir es begonnen haben, nämlich dass wir in intensive Beratungen mit den Beiräten gehen, die im Herbst stattfinden, und hier Möglichkeiten und Wege suchen, dass auch möglichst viele derjenigen Bürgerinnen und Bürger, die geeignete Häuser haben, sich dann bereit finden, solche Standorte auch anzubieten, damit man nach unserem Prinzip der Suchkriterien auch tatsächlich ideale Standorte finden kann.

Zu den Öffentlichkeitsarbeitsthemen möchte ich im Übrigen noch einmal sagen: Um überhaupt diesen transparenten Prozess auch weiterhin unterstützen zu können, es ist schon angesprochen worden, haben wir eine aktualisierte Karte aller genehmigten Standorte und der Standortwünsche erarbeitet, die Sie auch einsehen können. Diese Karte wird auch den Beiräten zugehen und besprochen werden können. Sie wird weiterhin im Internet dargestellt werden, wobei auch hier zusätzliche Sachinformationen zur Verfügung gestellt werden sollen. Um diese Prozesse in der Öffentlichkeit weiter zu unterstützen, hat sich der Wirtschaftssenator bereit erklärt, weitere Modellrechnungen und Ausbreitungsberechnungen von Länderanlagen zu finanzieren.

Insgesamt darf ich mich für die hier gute Zusammenarbeit im gesamten Verfahren, insbesondere auch mit dem Gesundheitsressort, bedanken. Nur so war es tatsächlich möglich, ein so umfangreiches Messprogramm durchzuführen, wie es kommen soll, das eine Reihe von exemplarischen Standorten untersucht. Des Weiteren ist es möglich, für sehr geringe Tarife Einzelmessungen für das Gewerbeaufsichtsamt durchführen zu lassen, und darüber hinaus ist mit der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post ein dichtes Netz von Dauermesspunkten vereinbart worden. Ich gehe davon aus, dass wir auch in diesem Bereich, was die Messungen angeht, das für Bremen Mögliche tun und initiiert haben.

Selbstverständlich nutzen wir dann auch diese Messergebnisse, die uns neue Erkenntnisse bringen, und die oben angesprochenen Ausbreitungsberechnungen auch, um dann die noch unterzubringenden Standorte in diesem Rahmen bewerten zu können. Ich erwähnte es bereits, es handelt sich hier eher um eine schwierig unterzubringende Restmenge, die wir dann natürlich möglichst optimal in den Stadtteilen darstellen wollen.

Ich bin sehr sicher, meine Damen und Herren, dass dies auch unter weitergehender Berücksichtigung der Bürgerinteressen gelingen kann, von denen Sie gesprochen haben, wenn wir weiterhin eine so gute Zusammenarbeit zwischen Beiräten und Behörden gewährleisten können, wie wir sie gehabt haben, und davon gehe ich aus. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächste erhält das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte erst einmal klarstellen, dass sich vor allen Dingen die Punkte eins und zwei unseres Antrags auf die strittigen Anlagen bezogen und beziehen und dass sich hier weiterhin verweigert wird, entsprechende Optimierungen vorzunehmen. Das finden wir an dieser Stelle auch falsch.

Der zweite Punkt ist, Frau Kummer, es ist definitiv nicht so, dass die Daten, die benötigt werden, um mit der Ausrichtung der Antennen eine Optimierung hinsichtlich der Strahlenbelastung in Daueraufenthaltsbereichen zu realisieren, im Internet stehen. Es ist sogar so, dass man an die gar nicht herankommt, und es ist so, dass einzelne Beiräte mittlerweile versuchen, sogar mit ihren Globalmitteln solche Gutachten in Auftrag zu geben, die durch Ausrichtung der Antennen dann eine Verbesserung der Situation herbeiführen. Dies gelingt nicht, weil die Daten nicht verfügbar sind.

Das ist übrigens eine Forderung, die von vielen Kommunen erhoben wird. Ich bin da also gut im Boot, parteiübergreifend mit Kommunen unterschiedlicher Regierungscouleur, die genau das fordern, nämlich zu sagen: Bitte schön, es geht hier um Umweltinformationen, es geht um Informationen, die wichtig sind im Sinne eines Gesundheitsschutzes, und die müssen bitte schön auch zur Verfügung stehen, so dass man sie dann, ohne überhaupt das Ziel der Einführung der Technologie zu beeinträchtigen, anwenden kann, um eine Verbesserung zu erreichen.

Ein weiterer Punkt: Herr Imhoff, Sie haben wunderschön dargelegt, warum es eigentlich wichtig ist, auch die dritte Forderung unseres Antrags zu realisieren, ein epidemiologisches Forschungsprogramm zu machen: weil wir uns nämlich hier im Bereich der

Ungewissheit befinden! Wir kennen definitiv die gesundheitlichen Auswirkungen nicht. Wir werden sie aber zu spät erfahren, wenn es sie gibt, was ich auch gar nicht hoffe, wenn sich die Studien dann bestätigen. Wir können aber doch nicht nach der VogelStrauß-Methode den Kopf in den Sand stecken und sagen, es wird schon alles gut gehen, sondern wir müssen alles tun, wenn es sich wirklich bestätigen sollte, dass die Hinweise sich manifestieren, dass wir das dann auch erkennen und als Gesellschaft entsprechend korrigierend eingreifen können. Das ist doch die originäre Verantwortung dieses Hauses.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ein letzter Punkt: Epidemiologische Forschung ist sehr wohl möglich. Ich habe in diesem Zusammenhang mit mehreren Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen gesprochen, die Epidemiologen sind, und ich glaube, dass man denen vertrauen kann, wenn sie sagen, wir könnten und würden das gern machen. Warum man so etwas nicht aufgreift, ist für uns Grüne nicht verständlich!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/1240 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD und CDU)

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab. Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft von der Mitteilung des Senats, Drucksache 15/1230, Kenntnis. Meine Damen und Herren, wir haben noch zwei Tagesordnungspunkte. Wir haben interfraktionell vereinbart, diese beiden Punkte ab 14.30 Uhr aufzurufen. Damit können wir in die Mittagspause gehen. Ich unterbreche die Sitzung bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 12.47 Uhr)

Vizepräsident Dr. Kuhn eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Ich darf zunächst auf der Besuchertribüne recht herzlich eine Gruppe vom Bürgerverein Findorff begrüßen. – Herzlich willkommen!

(Beifall)

Gesundheitspolitik des Bundes und die Auswirkungen im Land Bremen

Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD vom 15. August 2002 (Drucksache 15/1218)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Röpke, ihr beigeordnet Staatsrat Dr. Knigge.

Meine Damen und Herren, gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung kann die Mehrheit der Fragesteller eine Aussprache über die Große Anfrage verlangen, wenn der Senat innerhalb der Frist nicht antwortet. Die Fraktionen der CDU und der SPD als Fragesteller haben um eine Aussprache gebeten.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute die Große Anfrage der CDU-Fraktion zum Thema „Gesundheitspolitik des Bundes und die Auswirkungen im Land Bremen“ ohne eine Antwort des Senats. Das ist nach der Pisa-Debatte nicht mehr so ungewöhnlich, wie es vielleicht auf den ersten Blick erscheinen mag,

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Also, das ist ja eine Frechheit, was Sie da sagen! Sie haben die Antwort doch abge- lehnt!)

denn richtig ist, meine Damen und Herren, dass die Koalitionspartner – Sie können sich ja gleich melden, Frau Hammerström! – zum Thema Gesundheitspolitik in Bremen und Bremerhaven noch in einigen Punkten sehr unterschiedliche Vorstellungen haben, die wir aber, genau wie in der Bildungspolitik geschehen, einigen werden.

(Unruhe)

Wir werden uns, meine Damen und Herren, als Koalition nicht nur verständigen, weil Verständigung in allen wichtigen Punkten diese Koalition auszeich

net, sondern wir werden uns verständigen, weil die Menschen in Bremen und Bremerhaven das wichtige Thema Gesundheit kompetent und zukunftsorientiert gelöst wissen wollen.

(Beifall bei der CDU – Unruhe – Glocke)

Ich wollte um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit und Ruhe bitten. – Bitte, Frau Kollegin!

Danke, Herr Präsident!

Für die CDU-Fraktion ist klar, das Gesundheitsthema wird im Sinne der Versicherten und der Patienten in unseren beiden Städten gelöst, denn die Patienten und die Versicherten stehen im Mittelpunkt der Debatte, und dies ist in der letzten Zeit auf der Bundesebene leider völlig in den Hintergrund getreten.

(Beifall bei der CDU)

Dort ist die Debatte ausschließlich auf der Ebene Internet-Apotheke, aut-idem, Fallpauschalengesetz, Risikostrukturausgleich und Disease-Management angelangt und wird von dem Bürger in keinem Punkt mehr verstanden. Darum brechen wir heute diese Begriffe auf unsere beiden Städte herunter und gehen der Frage nach: Was heißt das konkret für die Menschen in unseren beiden Städten? Dabei ist der Kurs für die CDU-Fraktion klar, und ich skizziere diesen gern als Einstieg in die Debatte.

Erstens: Die CDU-Fraktion wird sich im weiteren Verlauf der anstehenden Entscheidungen zur Gesundheitspolitik in unseren beiden Städten darauf konzentrieren, dass die hohe medizinische Qualität in allen Häusern erhalten und ausgebaut wird.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens: Die CDU-Fraktion wird nicht tatenlos zusehen, wie Arbeitsplätze im medizinischen und pflegerischen Bereich in den Häusern alternativlos abgebaut werden.