Protokoll der Sitzung vom 19.09.2002

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Nun nicht mehr!)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Brumma.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich war doch sehr überrascht, was ich so von Frau Dreyer hörte, denn vor vier Wochen hatten wir dieses Thema diskutiert. Ich weiß nicht, hat sie vielleicht die Rede heute verwechselt?

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Aber vor vier Wochen hatten wir schon das Gleiche besprochen, und sie sagte, wir hatten keine Antwort vom Senat. Soweit ich weiß, gab es eine Antwort vom Senat, aber mit dieser war sie anscheinend nicht zufrieden, deswegen können wir heute über das Thema nicht genau an den Punkten entlang diskutieren. Ich meine, wir sollten im Krankenhausausschuss und in der Deputation zu diesen Themen diskutieren, denn dort sind wir ja mittendrin. Wir haben die Krankenhausplanung dort schon besprochen, wir haben auch Themen vertieft und Verbesserungen hineingebracht. Ich denke, der Diskussionsprozess läuft. Ich weiß deshalb nicht, was die Diskussion heute soll!

(Beifall bei der SPD)

Aber nun zur Sache, zur Bundespolitik! Welches Erbe haben wir nach 1998 vorgefunden? Die gesetzliche Krankenversicherung war unter Seehofer in einer schlechten Verfassung.

(Abg. F o c k e [CDU]: Na, na!)

Die Patienten waren durch Zuzahlungen höher belastet. Leistungen wurden ausgegrenzt, ich denke nur an den Zahnersatz für junge Leute, oder eingeschränkt, zum Beispiel Kuren und Reha-Maßnahmen. Wir kennen ja noch den Spruch, der klingt uns ja heute noch in den Ohren, vom staatlich finanzierten Bauchtanzkurs auf Ibiza, da hat sich Seehofer lustig gemacht.

(Abg. Frau D r e y e r [CDU]: Scharping ist dort immer hingefahren!)

Seehofer war auch der Erfinder des Krankenhausnotopfers, das haben viele von uns heute schon vergessen. Da wurden die Versicherten ebenfalls zur Kasse gebeten. Auch die Beiträge stiegen von 1995 bis 1998 in der gesetzlichen Krankenversicherung um 0,47 Prozent, dagegen von 1998 bis heute um 0,36 Prozent, da gibt es doch Unterschiede in der ganzen Gesundheitspolitik. Trotz Leistungsverbesserung unter Rotgrün, also die Prävention, Zahnersatz und so weiter, Zuzahlungsabsenkungen, verbesserte Härtefallregelungen gibt es heute für chronisch Kranke, gab es geringere Steigerungsraten. Das muss man einmal festhalten!

(Beifall bei der SPD)

Die Zuzahlungen betrugen von 1998 bis 2000 3,5 Milliarden Euro, im Gegensatz zu Seehofers Zeit von 5,4 Milliarden Euro. Die Zuzahlungen waren auf jeden Fall sehr viel höher. Dieser Herr Seehofer will nun unser Gesundheitssystem retten, obwohl er von 1992 bis 1998 gescheitert ist und damals selbst gesagt hat: „Der Gesundheitsbereich ist ein Wasserballett im Haifischbecken.“

Meine Damen und Herren, bei dieser Wahl geht es um eine dramatische Richtungsentscheidung im Gesundheitsbereich. Wir als Sozialdemokraten sind die Partei, die am solidarischen Prinzip der Gesundheitsversorgung festhalten will.

(Beifall bei der SPD – Abg. Frau H a m - m e r s t r ö m [SPD]: Recht hat er!)

Die FDP, der Partner der CDU, will die totale Privatisierung, sie will die Arbeitgeberanteile auszahlen, keine Qualitätsüberprüfung und Möllemann als Gesundheitsminister. Das hört sich vielleicht gut an für einige junge Leute, die gesund sind, aber auf Dauer wird eine derartige Politik dramatische – –.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Möllemann ist doch nur Koalitionspartner! – Zurufe von der SPD)

Klären Sie erst einmal, ob Herr Späth überhaupt im nächsten Kabinett ist!

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Herr Späth macht ja auch schon die ersten Rückzieher. Klären Sie erst einmal Ihre Sachen! Sie waren sich viel zu sicher, Sie haben schon die Posten verteilt, ohne überhaupt gewonnen zu haben.

(Beifall bei der SPD)

Wie gesagt, das hört sich vielleicht gut an für junge gesunde Leute, aber auf Dauer wird eine derartige

Politik dramatische Auswirkungen auf alte Kranke, auf den Sozialhilfeetat und die Steuerbelastungen haben.

Bei der CDU ist dieser Prozess schleichend. Sie will zunächst nur die Aufteilung in Grund- und Wahlleistungen, Selbstbeteiligung, Kostenerstattung und Beitragsrückgewähr. Mir hat allerdings noch niemand, auch auf den verschiedenen Podiumsdiskussionen nicht, erklären können, was eigentlich diese Grund- und Wahlleistungen sind.

(Abg. Frau D r e y e r [CDU]: Da waren Sie auch nie!)

Frau Dreyer, Sie sind immer eher gegangen, das ist das Problem!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Diese Wahlleistungen sollen über eine Zusatzversicherung laufen. Ich frage mich, das ist ganz problematisch, sollen Leute mit versicherten Grundleistungen bei Bewerbungen um einen Job eventuell eher genommen werden, weil sie vielleicht weniger Krankenversicherungsbeiträge zahlen und eventuell zu diesem Zeitpunkt gesünder sind? Weiter frage ich mich, ob diese Aufteilung zum 40-40-40-Konzept der Union passt, Sozialversicherungsbeiträge höchstens 40 Prozent, Staatsquote höchstens 40 Prozent und Spitzensteuersatz höchstens 40 Prozent.

Das passt doch irgendwie nicht zusammen! Eine Absenkung würde dem Gesundheitssystem Milliarden von Euro entziehen, das heißt, Gesundheit kann sich nur derjenige leisten, der Geld hat, und gleichzeitig würde aber die Staatsquote wegen Unterversicherung noch mehr steigen. Was ist nun der Unterschied zwischen SPD/Grünen und CDU/FDP?

Wir setzen auf mehr Effizienz und Qualität bei den Gesundheitsanbietern, während der Kandidat der CDU und die FDP schlicht auf eine stärkere Belastung der Patienten setzen.

(Beifall bei der SPD)

Wir gehen ein Bündnis mit den Millionen gesetzlich Versicherten in der Krankenversicherung ein.

(Abg. Frau T u c z e k [CDU]: Die armen Patienten! Junge, Junge!)

Wir haben vierzig Millionen, das ist das Bündnis. Sie gehen eher das Bündnis mit den Anbietern ein. Das ist der Unterschied!

(Beifall bei der SPD)

Wie gesagt, wir orientieren uns an Qualität, fairem Wettbewerb, Prävention und Solidarität. Wir werden die Qualität in das Zentrum der Gesundheitspolitik stellen. Gemeinsam mit der Bundesregierung wurde eine neue Approbationsordnung verabschiedet. Das heißt, die Ärzte werden heute mit mehr Praxis im Studium konfrontiert. Die Ausbildung und Weiterbildung müssen noch auf EU-Ebene abgestimmt werden, was auch in dem Antrag nachgefragt wurde, aber daran wird bekanntlich schon gearbeitet.

Wir arbeiten an Leitlinien für chronisch Kranke. Ich kann nur sagen, diese Programme waren in Großbritannien und in der Schweiz erfolgreich. Diese Programme sind Begleitprogramme für chronisch Kranke, beispielsweise wurden in Großbritannien Brustkrebskrankheiten zu 30 Prozent abgesenkt, Amputationen in der Schweiz bei Diabetikern konnten um 87 Prozent gesenkt werden.

(Abg. Frau H a m m e r s t r ö m [SPD]: Das lehnt die KV jetzt ab!)

Ja! In den Krankenhäusern wollen wir Fallpauschalen. Das gibt es heute schon in 25 Prozent der Fälle. Damit soll die Verweildauer verkürzt werden. Laut Schätzungen der Gesundheitsbehörde wird sie um 17 Prozent auf 6,5 Tage in Bremen sinken. In Deutschland beläuft sie sich gegenwärtig auf zirka neun Tage. Über die konkreten Auswirkungen kann in Bremen natürlich noch nichts gesagt werden, darüber haben wir auch im Krankenhausausschuss gesprochen.

(Abg. Frau D r e y e r [CDU]: Sie nicht! Ich!)

Das muss also noch geklärt werden.

Ein weiterer Punkt ist: Wir werden Gesundheitszentren bilden, wir haben ein derartiges schon im Krankenhaus Links der Weser, also eine zukunftsorientierte Einrichtung mit Hotel und Weiterbildungseinrichtung, Reha-Einrichtung und so weiter.

Auf jeden Fall müssen wir darauf achten, dass auch die Mindestfallzahlen bei Operationen eingehalten werden, denn erhöhte Fallzahlen ergeben schließlich auch eine bessere Qualität. Der Auslastungskorridor muss möglichst flexibel ausgerichtet werden und muss zwischen 75 und 90 Prozent liegen, damit wir eben nicht Verhältnisse wie in Großbritannien bekommen. Dort lag er bei Frau Thatchers neoliberaler Politik bei 100 Prozent, wodurch extreme Wartelisten verursacht und die Patienten heute zum Exportgut nach Deutschland, Frankreich und Tunesien deklariert werden. Da müssen wir also gewaltig aufpassen, aber es wurde auch schon in dem Bericht dargestellt, dass das geändert wurde.

Ein Problem sind natürlich die Arzneimittelpreise. Hier versprach die Kassenärztliche Vereinigung eine Preissenkung von 4,7 Prozent. Dies wurde allerdings nicht erreicht. Wahrscheinlich war es ein Fehler, die Budgetierung aufzuheben, ohne eine Positivliste nachzuschieben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau D r e y e r [CDU]: Können Sie sich bei Frau Schmidt bedanken!)

Ja, gebe ich ja zu, es war nicht alles rund, aber wir arbeiten daran.

(Beifall bei der SPD – Abg. Frau D r e y - e r [CDU]: Ja, bis zum 22.!)

Die nächsten vier Jahre, Frau Dreyer!

Ein weiterer Punkt ist die Gesundheitsprävention und -fürsorge. Hier können wir auch in Bremen Beispiele aufzeigen, wie wir zum Beispiel im Schulbereich die Prävention durchführen wollen. Prävention und Arbeitsschutz bilden einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Finanzen in der Krankenversicherung.