Besonders besorgniserregend war, dass dieser Wirkstoff auch schon an Kinder unter sechs Jahren verabreicht wurde, obwohl, und das ist in der Fachwelt klar, dieser Wirkstoff für diese Altersstufe überhaupt nicht zugelassen ist. Oft ist es sicherlich nachvollziehbar, dass Eltern und Erziehungspersonen bis hin zur Verzweiflung reagieren, wenn Kinder in ihrem Aktivitätsdrang nicht zu bremsen sind. Sie bewegen sich unendlich, sie konzentrieren sich nicht und sind immer in Bewegung. Die Folgen sind, dass die Kinder häufig in der Schule, aber auch im privaten Bereich isoliert sind.
Die Gabe dieser Substanz darf aber immer nur die letzte Lösung sein. Oft war es so, dass Ärzte mit ungenügender Qualifikation und auch andere Personen die Diagnose gestellt haben, dem Drängen von Eltern und Erziehungspersonen oft nachgegeben und dann den Wirkstoff Methylphenidat verordnet haben. Das kann allerdings fatale Auswirkungen haben. In letzter Zeit berichten Neurobiologen immer häufiger davon, dass Methylphenidat insbesondere bei Kindern mit noch nicht ausgereiften Gehirnen fatale Wirkungen haben kann, bis hin zur Parkinsonschen Erkrankung. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Ich möchte hier noch einmal ganz deutlich machen, das habe ich auch im September gesagt, dass es hier nicht darum geht, diesen Wirkstoff zu verdammen, sondern dass er verantwortungsbewusst eingesetzt wird.
Wie gesagt, dieser Antrag ist im September 2002 an die Deputation für Arbeit und Gesundheit überwiesen worden. Der Bericht liegt Ihnen jetzt allen als Drucksache vor. Auf Initiative des Senators für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales wurde ein runder Tisch ADHS eingerichtet. ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizits- und Hyperaktivitätssyndrom.
Zielsetzung dieses runden Tisches war es, erstens, den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse bei der Therapie von ADHS unter Verwendung von Methylphenidat zu beschreiben, zweitens, einen Überblick über die Art der Behandlung dieser Erkrankung im Land Bremen zu gewinnen, drittens, das damit verbundene Verordnungsverhalten bei Ärztinnen und Ärzten im Land Bremen bezüglich des Wirkstoffes Methylphenidat zu bewerten, viertens, die nationale Entwicklung von Leitlinien zu beobachten und, fünftens, Einvernehmen über einheitlich anzuwendende Leitlinien im Land Bremen zu erzielen und darauf aufbauende Maßnahmen der Fortbildung und Vernetzung zu initiieren. Diese Zielsetzung ist inhaltlich und auch strategisch richtig, um dem Problem dieser Erkrankung entgegenzuwirken. Auf Bundesebene soll in diesem Jahr eine Leitlinie für ADHS entwickelt werden.
Bis zum Vorliegen einer bundesweit verabschiedeten Leitlinie hat sich der runde Tisch ADHS in Bremen darauf geeinigt, dass bis dahin der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie als verbindlich akzeptiert werden soll, und zwar unter der Maßgabe, dass Methylphenidat erst bei Kindern ab dem sechsten Lebensjahr eingesetzt wird. Ich finde es gut und richtig, hier im Land Bremen auch jetzt schon aktiv zu werden, bis es einheitliche Leitlinien auf Bundesebene gibt.
Mit den jetzt schon hier eingeleiteten Maßnahmen sind die Ziele und Forderungen unseres Antrags erfüllt. Ich ziehe ihn hiermit zurück. Ich bitte Sie, dem Bericht und Beschluss der Deputation für
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das wichtige Thema, den Wirkstoff Methylphenidat bei Kindern verantwortungsbewusst einsetzen, haben wir in der Sitzung vom 18. September 2002 schon ausführlich behandelt. Insofern kann ich mich auch diesbezüglich kurz fassen.
Meine Damen und Herren, der Wirkstoff Methylphenidat ist eine Droge, zwar umstritten, aber immerhin eine Droge. Darum sollte eine Partei wie Bündnis 90/Die Grünen, die mit einem unverantwortlichen Wahlplakat, es muss ein Joint durch Deutschland gehen, auf Kosten der Gesundheit von Jugendlichen auf Stimmenfang geht und sich nicht schämt, Haschisch und andere Drogen legalisieren zu wollen, einen solchen Antrag hier lieber nicht einbringen. Diese Tatsache macht Sie als Partei politisch noch unglaubwürdiger, als Sie es jetzt schon sind.
Ich sage in aller Deutlichkeit, es ist wirklich erschreckend, wie oft Methylphenidat bei Kindern und Jugendlichen, die unter ADHS leiden, verantwortungslos eingesetzt wird. Sogar das Bundesministerium für Gesundheit hat schon verstärkt darauf hingewiesen und eindringlich vor den Folgen und schädlichen Nebenwirkungen gewarnt. Zum Beispiel kann Ritalin das Bewusstsein so stark verändern, dass es gerade bei Jugendlichen zum Selbstmord führen kann. Diese erschreckende Tatsache kann und wird von der Deutschen Volksunion niemals akzeptiert und einfach so, wie es so oft bei den Altparteien der Fall ist, hingenommen werden.
Darum ist es umso erfreulicher, dass der auch von der Deutschen Volksunion beschlossene runde Tisch den an ihn gerichteten Auftrag nun endlich erfüllen und für das Land Bremen verbindliche medizinische Leitlinien festlegen konnte, so dass auch damit die im Antrag gestellte Forderung, wie zum Beispiel, dass die Diagnostik und Therapie des ADHS nur noch durch qualifizierte Ärzte durchgeführt werden darf sowie eine verstärkte Aufklärung zur Anwendung von Methylphenidat erfolgen soll, vom runden Tisch als weitgehend umgesetzt angesehen werden konnte.
Dieser Umstand ist mehr als erfreulich, aber leider nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Darum wird die Deutsche Volksunion auch weiterhin uneingeschränkt und verstärkt einen solchen eindeutigen und unverantwortlichen Drogenmissbrauch
zum Schutz der Kinder und Jugendlichen rigoros bekämpfen. Wir stimmen dem Bericht zu. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kritik meines Vorredners an den Grünen kann ich nicht teilen. Wir haben in der Gesundheitsdeputation unter den demokratischen Fraktionen, wie ich finde, sehr konzentriert gearbeitet. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an alle Fraktionen dieses Hauses und selbstverständlich auch an das Ressort von Frau Röpke!
Meine Damen und Herren, die Mitteilung des Senats macht uns deutlich, dass die fachlich umstrittene Verordnung von Ritalin bei Kindern im Vorschulalter in Bremen nicht stattfindet. Ich denke, das ist etwas Positives, das wir hier auch hervorheben und herausstreichen sollten. Die Verordnungen für Kinder mit ADHS – diesen langen Titel sage ich einmal nicht, da stolpere ich immer, Sie wissen alle, was ich meine –, sind im Land Bremen altersgemäß so verteilt, wie es gemäß dem Stand der Wissenschaft zu erwarten war. Das Erfreuliche ist, mehr als 90 Prozent der Verordnungen werden von Kinder- und Jugendärzten sowie von Kindern- und Jugendpsychotherapeuten vorgenommen. Diese Bestandsaufnahme ist positiv. Ich bedanke mich für die CDU-Fraktion für das verantwortungsvolle Umgehen in den Praxen und Kliniken bei der Verordnung von Methylphenidat.
Unbestritten ist und bleibt aber, meine Damen und Herren, und auch hierauf geht die Mitteilung des Senats ein, dass Medikamente allein nicht ausreichend sind, sondern dass gleichzeitig immer eine psychotherapeutische oder gesprächstherapeutische Intervention angezeigt ist.
Die Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen müssten da nur ein bisschen mehr Niedergelassene zulassen. Wir würden das sehr begrüßen. Wenn Sie da mithelfen, Herr Kleen, sind Sie herzlich willkommen, dann gehen wir das gern zusammen an!
Gleichzeitig sind aber, und das ist mir besonders wichtig, meine Damen und Herren, ebenso die Eltern mit in die Therapie einzubinden. Es kann nicht
sein, dass wir jedes Problem, wohin auch immer, verlagern. Es ist immer eine Konstellation der Familie, und da gehören Eltern natürlich in das therapeutische Setting unabdingbar mit hinein. Darauf geht aber der Senat auch ein. Herzlichen Dank noch einmal dafür! Ob es denn wirklich so ist, weiß ich nicht ganz genau, vielleicht sagen Sie, Frau Senatorin, hinterher noch einmal ein Wort dazu, ob das therapeutisch begleitet wird oder nicht. Das habe ich nicht gesehen.
In den Berufsgruppen der Ärzte, Therapeuten und in den zuständigen Kammern werden die Fortbildungen zum Thema nochmals, Gott sei Dank, verstärkt. In den bestehenden Qualitätszirkeln, insbesondere im Kinderzentrum, werden die Fortbildungen für die gefundenen gemeinsamen Grundlagen auch weiter intensiviert.
Meine Damen und Herren, die Beschlüsse der Bremischen Bürgerschaft sind erfüllt. Für das Land Bremen sind verbindliche, medizinische Leitlinien im Konsens festgelegt worden. Ich denke, das ist ein schöner gemeinsamer Erfolg, dafür bedanke ich mich bei allen Beteiligten.
Bevor ich Frau Senatorin Röpke das Wort erteile, möchte ich ganz herzlich eine Besuchergruppe begrüßen. Es tut mir Leid, normalerweise begrüßen wir Sie namentlich. Ich habe aber keine Bezeichnung für Sie. Ich möchte Sie dennoch herzlich bei uns begrüßen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass das so positiv hier in diesem hohen Haus gesehen wird. Ich bin auch sehr froh darüber, dass es gelungen ist, diesen runden Tisch zu installieren, der unter Federführung meines Ressorts ins Leben gerufen wurde. Es ist ja manchmal nicht so einfach mit den runden Tischen. Es ist aber umso schöner, wenn man sie dann erfolgreich beenden kann. Ich möchte mich daher ganz herzlich bei allen bedanken, die an diesem runden Tisch mitgewirkt haben.
Ich möchte sie deshalb einfach einmal aufzählen, damit Sie einen Eindruck bekommen: Das waren die Ärztekammer Bremen, die Psychotherapeutenkammer Bremen, die Kassenärztliche Vereinigung Bremen, die Krankenkassen im Land Bremen, die unabhängige Patientenberatungsstelle Bremen, sachverständige Vertreter der Berufsverbände der Kin
der- und Jugendärzte und der Kinder- und Jugendpsychiater und -psychotherapeuten, die Pharmazeutische Beratungsstelle im Land Bremen sowie das Kinderzentrum Bremen. Ich denke, das ist schon eine beeindruckende Zahl von Menschen, die sich mit diesem Thema beschäftigt und etwas Gutes auf den Weg gebracht haben.
Dieser runde Tisch hat dann wirklich konkrete Resultate zur Folge gehabt. Ich will sie kurz noch einmal darstellen. Die Kassenärztliche Vereinigung Bremen schätzt, dass zirka 1500 bis 1700 Kinder in Bremen mit der Indikation ADHS therapiert werden, wobei wir natürlich berücksichtigen müssen, dass wir auch da ein Oberzentrum mit Ausstrahlung nach Niedersachsen sind. Ritalin wird in Bremen zu weitaus mehr als 90 Prozent von den Fachgruppen der Kinder- und Jugendärzte sowie Kinder- und Jugendpsychiater und -psychotherapeuten verordnet. Die Anzahl der Verordnungen von Ritalin, die bis Mitte 2002 verglichen mit dem Bundesdurchschnitt allerdings angestiegen ist, konnte in der zweiten Jahreshälfte deutlich reduziert werden. Klar ist auch, dass die fachlich umstrittene Verordnung im Vorschulalter in Bremen nicht stattfindet.
Der runde Tisch, Frau Dreyer, war dann übereinstimmend der Auffassung und setzt das mit den Akteuren auch so um, dass die Behandlung mit Ritalin immer durch eine psychotherapeutische und gesprächsorientierte Begleittherapie flankiert werden muss. Das sagen ja auch die Leitlinien, die jetzt in Bremen auf der Basis der Vereinbarungen des rundes Tisches gelten, und zwar mit der Maßgabe, dass Ritalin ab dem sechsten Lebensjahr, das ist ja auch schon gesagt worden, eingesetzt wird. Das ist, denke ich, auch ganz wichtig.
Die Bundesebene arbeitet jetzt ebenfalls an national gültigen neuen Leitlinien, die wir dann selbstverständlich, sie sollen ja noch dieses Jahr auf den Weg gebracht werden, auch in Bremen übernehmen werden. Die Ärztekammer Bremen, die Psychotherapeutenkammer Bremen und die Kassenärztliche Vereinigung, das sage ich hier auch ganz deutlich, sind gefordert, ihre Mitglieder durch eine Intensivierung ihrer Fortbildungsaktivitäten auf dem Gebiet ADHS weiterzuqualifizieren und ihnen auch die Leitlinie zu vermitteln.
Gleichzeitig stehen die Krankenkassen in der Pflicht, durch die Vertragsgestaltung der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen ausreichend finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit auch eine adäquate Therapie, wie wir sie hier beschrieben haben und der runde Tisch auch für sich formuliert hat, erfolgen kann. Ich denke, das ist alles in allem ein wirklich gutes Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben. – Danke schön!
Somit lasse ich jetzt über den Antrag der staatlichen Deputation für Arbeit und Gesundheit abstimmen.