Protokoll der Sitzung vom 30.01.2004

Ich möchte noch einmal zu einigen Punkten zurückkommen, wo Sie glaubten, hier in der Sache Kritik üben zu müssen. Ich habe es mir vorhin erspart, Ihre Pressemitteilung zu zitieren. Ich dachte, es reicht, wenn man es einmal in der Zeitung gelesen hat. Man muss dummes Zeug nicht noch einmal wiederholen. Sie haben vorhin den langen Zeitraum kritisiert, 30. September! Sie selbst haben in Ihrer Pressemitteilung geschrieben, Sie haben es vorhin noch einmal gesagt, am 30. September wurde es entdeckt. Wir haben mittlerweile gehört, dass es eher zufällig entdeckt worden ist.

Am 1. Oktober wurde telefonisch und per E-Mail die Rückzahlung angemahnt. Am 30. September hat man entdeckt, dass etwas nicht stimmt, am 1. Oktober hat man bereits gewusst, wo der Fehler lag, und hat per E-Mail angemahnt. Dann kommt der nächste Satz: „Trotzdem ist nach bisherigen Informationen erst am 8. Oktober eine schriftliche Zahlungsrückforderung erfolgt.“ Ich weiß nicht, wie Sie EMail-Verkehre erledigen. E-Mail ist mittlerweile auch ein rechtlich anerkannter schriftlicher Vorgang.

(Beifall bei der SPD)

Telefon und E-Mail heißt unverzüglich schriftlich.

Sie haben weiter bemängelt, dass der betreffende Mitarbeiter sich nicht unverzüglich an die Spitze gewandt hat. Ich glaube, es gibt zu Recht Strukturen, die auch sagen, wie Dienstwege einzuhalten sind. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Wenn ich in dem Bericht lese, dass der zuständige Mitarbeiter, der Referatsleiter 21, das Referat 01 unverzüglich informiert hat, dann ist er seiner Pflicht nachgekommen, und zwar unverzüglich.

Sie haben bemängelt, und auch das ist ein Widerspruch, dass eine Aufsichtsratssitzung der GBI eingefordert wurde, dass personelle Konsequenzen gefordert wurden und dass die Zuständigkeit der GBI überhaupt ins Spiel gebracht wurde. Die GBI verwaltet treuhänderisch den Sonderhaushalt. Ich habe vorhin schon gesagt, dass sie verantwortlich für Einnahmen und Ausgaben ist, und darüber hat sie Rechenschaft abzulegen. Es ist richtig, dass dieser Haushalt nicht Bestandteil des Haushaltes der GBI ist. Für den ist auch der Aufsichtsrat zuständig. Da findet sich dieser Sonderhaushalt höchstens insofern wieder, wenn die GBI Vergütungen aus ihrer Tätigkeit der treuhänderischen Verwaltung erhält. Warum – das hat Herr Köhler vorhin richtig gesagt –, wenn der Aufsichtsrat nicht tangiert ist, hätte dann eigentlich der Aufsichtsratsvorsitzende über diesen Vorgang informieren sollen? Das ist auch Ihrerseits ein Widerspruch, über den man noch einmal nachdenken muss. So geht das nicht!

Ein Punkt noch! Sie haben eben beiläufig erwähnt, Sie hätten schließlich schon im Haushaltsausschuss darauf hingewiesen, was denn Ihre Vermutung wäre, wer etwas an die Presse gegeben hat. Ich glaube, das ist unterstes Niveau. Wir sollten uns hier mit Fakten beschäftigen und uns nicht dazu herablassen, irgendwelche Pressemitteilungen zu interpretieren und dann Mutmaßungen darüber anstellen, und Sie haben es vorher mit einem gewissen Stolz verkündet, dass Sie im Haushaltsausschuss Ihre Vermutung ausgesprochen haben. Ich glaube, so geht das nicht, hier Mitarbeitern zu unterstellen, sie hätten die Presse informiert, sie hätten mutwillig irgendwelche Informationen gestreut.

Was die Informationen gegenüber dem Haushaltsausschuss anbelangt, da haben alle drei Fraktionen gemeinsam kritisiert – Herr Wedler war an dem Freitag nicht da –, dass wir die Vorgänge über die Zeitung erfahren haben. Das ist ein Zustand, den ich als Parlamentarierin und als Haushälterin nicht akzeptieren kann, das tue ich auch nicht! Der Finanzsenator beziehungsweise der Staatsrat haben sich noch in der Sitzung dafür entschuldigt und haben gelobt, dass das nicht wieder passiert. Was die gestrigen Fälle anbelangt, glaube ich zu wissen, dass wir zeitnah informiert worden sind, und zwar unverzüglich. Die einzige Zeitverzögerung, die es gab, war, weil wir erst noch gewisse Abgeordnete suchen mussten.

Sie haben in Ihrer Pressemitteilung dem Finanzsenator unterstellt, dass die bekannt gewordenen Informationen die Vermutung nahe legten, dass Finanzsenator Nußbaum von dem Verschulden seines eigenen Ressorts ablenken wolle. Ich glaube, Ihre Pressemitteilung legt die Vermutung nahe, dass Sie

einfach davon ablenken wollen, wer eigentlich für alle Beteiligten bei der Entstehung der Fehler und bei dem Verschwinden des Geldes die Verantwortung getragen hat. Ich wollte es nicht tun, aber nach Ihrem Redebeitrag gerade werde ich es tun. Beteiligt waren der Finanzsenator, Senator Perschau, CDU, die GBI, zuständig Senator Perschau, CDU, beteiligt war die Landeshauptkasse, Performa Nord, zuständig Senator Perschau, CDU. So einfach funktioniert das Spiel nicht, und ich hoffe, dass wir im Mai dazu kommen, hier eine sachliche Debatte zu führen, und dass diese Art der Diskussion unter uns Haushaltssprechern eine einmalige Entgleisung war.

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Wedler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrüße auch Herrn Senator Perschau, der mitverantwortlich für die Vorgänge ist, über die wir hier debattieren. Ich bin etwas irritiert und verwundert, dass die Koalitionäre, die eigentlich eine politische Zusammenarbeit vereinbart haben, sich hier heute öffentlich über einen Vorgang streiten, den wir eigentlich in einer sachlichen Atmosphäre im Ausschuss, vielleicht aber auch hier hätten beraten können. Insofern kann ich mich da nahtlos dem anschließen, was Frau Wiedemeyer hier eben gesagt hat. Ich möchte nur noch darauf hinweisen, Herr Dr. Nußbaum hat uns ja einen Bericht angekündigt, und ich denke, das sollte die Basis für weitere Diskussionen sein, die man zunächst im Haushaltsausschuss führen kann und, wenn man will, dann später auch hier.

Frau Linnert hat, glaube ich, etwas Richtiges gesagt, und das klang ja auch in der Rede von Herrn Dr. Nußbaum an, dass der Konzern Bremen insgesamt einmal ins Auge gefasst werden muss, was die Strukturierung, was die Verantwortlichkeiten, die verschiedenen Aufgabenbereiche und Funktionen der einzelnen Gesellschaften anbetrifft. Auch mich ärgert das maßlos, ich habe das vorhin schon einmal gesagt, dass hier, wenn man so will, sich eine organisierte Verantwortungslosigkeit wiederfindet und niemand im Grunde genommen für etwas eintreten will, wo er möglicherweise falsch gehandelt hat.

Deswegen möchte ich insbesondere Sie Koalitionäre auffordern, dass Sie hier wieder zu einer sachlichen, konstruktiven Arbeit zurückkehren. Wir alle können und müssen das hier von Ihnen verlangen. Wir können als Opposition sicherlich den Finger in die Wunden legen, aber ich denke, Sie regieren, Sie handeln, Sie müssen uns dann auch in diesem Zusammenhang vernünftig mit ins Boot hinein nehmen. – Vielen Dank!

Meine Damen und Herren, nun liegen wirklich keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Beratung geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der CDU mit der DrucksachenNummer 16/131, Neufassung der Drucksache 16/127, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Sonderbericht des Rechnungshofs gemäß § 99 LHO über die wirtschaftliche und finanzielle Situation Radio Bremens vom 3. April 2003

(Drucksache 15/1451)

Wir verbinden hiermit:

Bericht und Antrag des Ausschusses für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten zum Sonderbericht des Rechnungshofs der Freien Hansestadt Bremen gemäß § 99 LHO über die wirtschaftliche und finanzielle Situation Radio Bremens vom 3. April 2003 (Drs. 15/1451) vom 19. Dezember 2003

(Drucksache 16/107)

Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Dr. Scherf, ihm beigeordnet Staatsrat Professor Dr. Hoffmann. Meine Damen und Herren, der Sonderbericht des Rechnungshofs gemäß Paragraph 99 der Landeshaushaltsordnung über die wirtschaftliche und finanzielle Situation Radio Bremens vom 3. April 2003, Drucksachen-Nummer 15/1451, ist von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer dritten Sitzung am 9. Juli 2003 zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten überwiesen worden. Dieser Ausschuss legt nunmehr mit der Drucksachen-Nummer 16/107 seinen Bericht dazu vor. Die gemeinsame Beratung ist eröffnet. Als erstem Redner gebe ich das Wort dem Abgeordneten Strohmann als Berichterstatter.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben den Sonderbericht des Rechnungshofs im ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

April 2003 bekommen. Ich muss vorweg sagen, dies war einmal ein Sonderbericht, mit dem man gern arbeitet, und normalerweise ist es ja immer anders. Wenn Herr Spielhoff einen Sonderbericht vorlegt, dann ist das für uns ja nicht immer so erfreulich. Gut, der Bericht an sich ist auch nicht so erfreulich, aber uns trifft diesmal nicht so die Schuld, und wir mussten uns nicht rechtfertigen. Wir konnten diesen Sonderbericht stattdessen dazu nutzen, uns ein besseres Bild zu machen, und ich hoffe, dem Senat hat es in der weiteren bundespolitischen Diskussion auch geholfen, etwas für Radio Bremen zu erreichen.

Wir haben diesen überwiesenen Sonderbericht im Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten diskutiert und haben einen Bericht gemacht, der Ihnen vorliegt. Weil ich davon ausgehe, dass Sie den wahrscheinlich alle sehr verinnerlicht haben, kann ich mich auch kurz fassen. In diesem Bericht hat der Rechnungshof festgestellt, dass der Finanzbedarf von Radio Bremen bis zum Jahr 2000 in ausreichendem Maße, insbesondere durch die Rundfunkgebühren einerseits und die Ausgleichszahlungen andererseits gedeckt waren, dass dann Radio Bremen in den Jahren 1995 bis 2001 seinen Verpflichtungen auch nachgekommen ist, wirtschaftlich und sparsam zu arbeiten, und das in erheblichem Umfang.

Des Weiteren erkennt der Rechnungshof auch an, dass die Einsparungen durch die von Radio Bremen durchgeführten Rationalisierungsmaßnahmen weit über dem Durchschnitt aller übrigen Landesrundfunkanstalten liegen. Nach weiteren Feststellungen, aber das war uns eigentlich allen klar nach dem Ministerpräsidentenbeschluss von 1999, hat der Rechnungshof jetzt auch in Zahlen festgestellt, dass in der Gebührenperiode 2001 bis 2004 die Gebührenerträge und die Finanzausgleichszahlung, um die es ja hauptsächlich geht, nur noch 80 Prozent der von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, kurz KEF, anerkannten Finanzbedarfs für den Etat von Radio Bremen deckt. Da liegt so ein bisschen das Problem. Jede Rundfunkanstalt stellt ja ihren Finanzbedarf dar, und der wird von dieser unabhängigen Kommission berechnet. Die KEF sagt dann, was die Rundfunkanstalten ihrer Meinung nach brauchen, und danach wird die Gebühr festgelegt.

Das Problem ist nur, dass sie zentral an die ARD überwiesen und dann quasi auf die Einwohner, die im Bereich dieses Senders wohnen, verteilt wird. Somit bekommt Radio Bremen nie den Bedarf, den es eigentlich bräuchte, der auch anerkannt ist, weil Radio Bremen eben weniger Zuhörer hat als zum Beispiel der WDR in einer Großstadt in Nordrhein-Westfalen. Das ist normal, diese föderale Struktur ist auch so gewollt gewesen, und über den Finanzausgleich – Finanzausgleich hört sich immer so ein bisschen nach Almosen an, das ist ja im Grunde genommen nur eine Umschichtung – wurde das geregelt. Dies

wurde geändert, und somit ist Radio Bremen in diese Bredouille gekommen. Zwar würden sich die Aufwendungen Radio Bremens durch die Neuausrichtung des Senders mit Konzentration auf einen Standort, das ist ja im Moment auch in heißer Diskussion, etwa in dem Maße reduzieren wie die Mittel des Finanzausgleichs gekürzt wurden, allerdings würden die Einsparungen bis zum Jahr 2006 fast zur Hälfte wieder aufgezehrt durch steigende Personal-, Programm- und Sachkosten.

Das ist ein Sachstand, der anhand der Zahlen festgelegt wurde, wie individuell die Preissteigerung war. Man muss abwarten, wie sich das in den Jahren entwickelt, und ich glaube auch, der KEF-Bericht, darauf komme ich dann nachher noch einmal in meinem zweiten Redebeitrag, hat gezeigt, dass da noch Potentiale sind.

Grundsätzlich, um damit auch schon zum Schluss zu kommen, stimmen wir mit dem überein, was der Landesrechnungshof sagt. Wir meinen, der Rechnungshof hat eine sehr gute Analyse gemacht, die wir auch so teilen, aber was er daraus schließt, ist theoretisch auch richtig, dass man eine Neustrukturierung des Rundfunkfinanzausgleichs machen sollte, aber da gehen wir nicht so richtig mit. Weil wir nun einmal ein föderales System haben, ist es natürlich schwierig, so etwas einfach als kleine Rundfunkanstalt, auch als kleines Bundesland zu fordern. Da braucht es eben auch noch ein bisschen Fingerspitzengefühl und politische Kommunikation, dass da etwas gelingt.

Ich glaube aber, dass die Protokollerklärung ganz wichtig ist, und darauf sollten wir auch noch einmal drängen. Wie gesagt, Herr Scherf und auch Herr Müller aus dem Saarland, der ja für den Saarländischen Rundfunk zuständig ist, den das ja ähnlich betrifft, haben diesem veränderten Finanzausgleich nur mit einer Protokollnotiz zugestimmt. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:

„Die Regierungschefs der Länder gehen davon aus“, gemeint sind das Saarland und Bremen, „dass die ARD einvernehmlich den internen Leistungsund Gegenleistungsaustausch zugunsten der Funktionsfähigkeit der kleinen Anstalten gestaltet einschließlich einer Neuregelung des Fernsehvertragsschlüssels. Er soll der Abfederung der Folgen des finanzierten Finanzausgleichs für die Finanzausgleichsempfänger dienen.“

Dies in den nächsten Jahren zu realisieren ist, glaube ich, für uns – da sind wir nicht ganz konform mit dem Landesrechnungshof – ein wichtiger Schritt, um dann Radio Bremen auch eine gesicherte Zukunft zu gewährleisten. Ansonsten empfehlen wir Ihnen, diesen Antrag und diesen Bericht zur Kenntnis zu nehmen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Im Sonderbericht gemäß Paragraph 99 Landeshaushaltsordnung über die wirtschaftliche und finanzielle Situation Radio Bremens kommt der Landesrechnungshof zu interessanten Ergebnissen. Erfreulich sind sie aus Sicht der Grünen allerdings nicht. Bis zum Jahr 2000, darauf hat Kollege Strohmann hingewiesen, hatte Radio Bremen keine Finanzprobleme. Rundfunkgebühren und Ausgleichszahlungen deckten die Ausgaben. Das ist sehr positiv, aber nicht erst seit Kürzung des Finanzausgleichs arbeitet der Sender nach Auffassung des Rechnungshofs sparsam, und das finde ich auch noch einmal wichtig, hier zu betonen. So haben die Prüfer des Landesrechnungshofes attestiert, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten:

„In den Jahren 1995 bis 2001 ist Radio Bremen der Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in erheblichem Umfang nachgekommen. Die Einsparergebnisse der Rationalisierungs- und Sparmaßnahmen liegen weit über dem Durchschnitt aller übrigen Landesrundfunkanstalten.“ Soweit das Zitat des Landesrechnungshofs!

Ich finde, dieses Ergebnis ist bei der weiteren Debatte über die Positionen sehr wichtig ist. Wir hatten uns in Bremerhaven ja schon darüber unterhalten, wie schwierig es ist, mit den anderen Länderparlamenten in einen Kanon einzufallen, um die Strukturhilfe für Radio Bremen auch lockerzumachen, und ich glaube, das ist auch noch einmal ein ganz wichtiges Argument bei der weiteren Debatte.

So schildert der Landesrechnungshof jetzt aber, dass auf Radio Bremen große finanzielle Probleme zukommen, die auch durch den Finanzausgleich zukünftig nicht gedeckt werden, und dass eine Lücke klafft. Daher empfiehlt der Rechnungshof, ich fasse das jetzt in Kurzform so zusammen, dass auch der Ministerpräsident und das Parlament Schritte unternehmen, um künftig diese Lücke zu schließen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten: Man tritt miteinander in Verhandlung, man klagt und sagt, dass die kleineren Anstalten nicht bedarfsgerecht finanziert sind. Es würde politisch also eine Reihe von Wegen geben, die man wählen könnte.

Als Grüne sagen wir, dass für uns im Augenblick Vorrang hat, die Strukturdebatte zu führen. Innerhalb der ARD hat man sich ja darauf geeinigt, dass die Strukturhilfe nur kommt, wenn es eine Gebührenerhöhung gibt, und das macht das ganze Verfahren auch unendlich schwierig. Weil Sie wissen, dass es in allen Länderparlamenten durchaus andere Positionen gibt und dass nicht jedes Länderparlament sagt, okay, eine Rundfunkgebührenerhöhung ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

ist im Augenblick angemessen. Aus Bremer Sicht tun wir uns damit leicht, weil wir natürlich auch ein definiertes eigenes Interesse haben. Alle Fraktionen haben gesagt, Radio Bremen muss erhalten bleiben, und wir haben uns hier alle ganz klar zu einer Zukunft für den Sender innerhalb der öffentlich-rechtlichen Gemeinschaft bekannt.

Aus grüner Sicht hat also in dieser Gemengelage zuallererst die Erhöhung Priorität, also die Einlösung der Strukturhilfe, die ist notwendig, das sind 64,4 Millionen Euro, die nur bei der nächsten Gebührenerhöhungsrunde kommen. Das wird sich wahrscheinlich noch verzögern und nicht wie geplant kommen. Das macht es nicht gerade einfach. Herr Kastendiek hatte beim letzten Mal gefordert, das Junktim müsse aufgehoben werden, und gesagt, dass Radio Bremen auf alle Fälle die Strukturhilfe braucht. In der Tat, das meinen wir alle, aber ich glaube, es ist nicht realistisch, dass innerhalb der ARD das Junktim aufgehoben wird, dass die anderen Länderanstalten sagen, die Gebührenerhöhung kommt nicht, und trotzdem bekommt Radio Bremen diese 64,4 Millionen Euro. Ich glaube, das ist zwar ein sympathischer Gedanke, aber der ist sehr unrealistisch.

Deshalb müssen wir mit guten Argumenten, so hatte es der Ministerpräsident gefordert, für Radio Bremen kämpfen, und ich kann eine Erfolgsmeldung verkünden. Herr Dr. Scherf hatte sich ja ein bisschen mit mir gekabbelt und gesagt, Frau Stahmann, nun weiß ich ja, die Grünen sind auch nicht immer alle so von Radio Bremen begeistert. Ich kann heute vermelden, dass ich es als Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Medien vom Bündnis 90/Die Grünen geschafft habe, die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Ländern mit guten Argumenten zu überzeugen. Es gibt ein Bekenntnis der Grünen zu dem Verfahren mit der KEF, der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs. Die Grünen sagen, dass das Verfahren sich bewährt hat. Die KEF, das sind strenge, professionelle Prüfer, die keinen Quatsch machen und sich jede Sendeminute anschauen: Was hat ein Sender da gemacht? War das sinnvoll, war das wirtschaftlich, war das sparsam? Die Grünen finden dieses Verfahren richtig und sagen, die Politik soll ihre Finger davon lassen!

Die Grünen trennen auch künftig die Debatte der Gebührenerhöhung von einer Strukturdebatte, und das ist, denke ich, der Punkt, der ganz wichtig ist. Es muss jetzt darum gehen, was die KEF in ihrem umfangreichen Bericht vorgelegt hat. Die KEF hat sich bis ins Detail mit allen Sendeanstalten auseinander gesetzt und gesagt, Radio Bremen hat die Hausaufgaben gemacht, ist wirtschaftlicher als alle anderen Anstalten, und deshalb erkennen wir auch den Bedarf, den Radio Bremen angemeldet hat, voll an. Auch das ist noch einmal ein weiteres gutes Argument, um für die Strukturhilfe und auch für die Gebührenerhöhung, die die KEF ja befürwortet, einzutreten.

Ja, Herr Dr. Scherf, nun hoffe ich, dass auch die SPD und die CDU vielleicht gleiche Erfolge vermelden können und dass es da auch Bewegung auf Seiten der CDU gibt. Ich weiß auch, dass innerhalb der CDU die Debatte der Gebührenerhöhung nicht gerade leicht ist, und ich würde mir auch wünschen, dass die CDU gerade diese Argumente nutzt, um ihre Kollegen in den anderen Ländern zu überzeugen.

Ich finde, die Einlösung der Strukturhilfe hat Priorität, das habe ich eben gesagt, aber ich glaube auch, dass man sich keine Denkverbote auferlegen sollte, man muss auch frei bleiben. Der Rechnungshof hat darauf hingewiesen, dass jährlich eine Lücke von 18 Millionen Euro klafft. Wir behalten uns als Parlament des Bundeslandes Bremen vor, Rat zu holen, und Professor Dr. Dürr hat schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass nach seiner Einschätzung die kleineren Sendeanstalten nicht bedarfsgerecht finanziert sind und dass es durchaus Grund für sie geben könnte, mit einer Normenkontrollklage auch vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, um die Gebühren noch einmal anders verteilen zu lassen. Das ist ein schwieriges Pflaster. Ich glaube, man muss sich das gut überlegen und auch noch einmal intensiv innerhalb des Medienausschusses diskutieren, auch mit der Senatskanzlei, um überhaupt abschätzen zu können, ob es Bündnispartner gibt, zum Beispiel beim Saarländischen Rundfunk, beim RBB, und ob es überhaupt Möglichkeiten gibt, wo wir innerhalb der ARD und wo wir auch politisch Bündnispartner für diese Sache finden.

Auch die KEF begrüßt den Strukturausgleich für Radio Bremen. Die Gelder sind ja aufgrund des Beschlusses der Ministerpräsidenten abgesenkt worden. Die KEF hat gesagt, das ist richtig, Radio Bremen muss sich strukturell verändern, braucht diese Strukturhilfe, um die Standorte zusammenzulegen, baut wirklich viel Personal ab, nimmt im Programm Einschnitte vor, die auch nicht ohne Weiteres so zu leisten sind. Die KEF befindet, und da zitiere ich aus diesem dicken KEF-Bericht, der auf meinem Platz liegt, Seite 196: „Ob die mit den einmaligen Strukturhilfen angestrebten Ziele dauerhaft erreicht werden, wird zu überprüfen sein.“ Das ist aus Sicht der Grünen eigentlich ein sehr wichtiger Satz, ein Schlüsselsatz sozusagen.

Ich sage hier abschließend: Der Rechnungshof liefert uns wertvolle Munition bei einer weiteren politischen Auseinandersetzung über die bedarfsgerechte Finanzierung kleinerer Rundfunkanstalten. Wir wissen, dass die Verteilung der Rundfunkgebühren im Augenblick nicht gerecht ist, dass die kleineren Anstalten nicht das Geld herausbekommen, das sie bekommen müssten. Wir sagen, zuallererst die Strukturhilfe einlösen und dann in einer weiteren Diskussion sorgfältig abwägen, ob wir rechtliche Schritte gehen. Die Frage des Finanzausgleichs ist eine sehr schwierige Frage, das wird Herr Dr. Scherf auch sa

gen, dass es bestimmt nicht einfach ist, da mit den anderen Ländern ins Geschäft zu kommen. Wir sollten uns aber über diese Frage noch einmal im Medienausschuss unterhalten und gegebenenfalls noch einmal Professor Mahrenholz oder andere einladen, um dort die Möglichkeiten zu diskutieren, wie wir politisch als Bundesland Bremen vorgehen können, um Radio Bremen eine öffentlich-rechtliche Zukunft auch auf längere Sicht gewährleisten zu können. – Danke schön!