Protokoll der Sitzung vom 06.05.2004

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir debattieren heute, wie wir eben auch schon gehört haben, über den Personalcontrollingbericht Band III über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes 2002. Die Bürgerschaft hat in ihrer Sitzung am 25. November 2003 den Bericht über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes 2002 zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für die Gleichberechti

gung der Frau überwiesen. Die Beratung am 21. Januar 2004 im Ausschuss war sehr ausführlich. Ist die Forderung Gleichberechtigung noch nötig? Ist dies nicht längst überholt? Meine Damen und Herren, gerade deshalb debattieren wir heute den Personalcontrollingbericht.

Die CDU-Fraktion begrüßt die zeitnahe Berichterstattung wie auch die Qualität des Berichtes. So sind zwei Sonderuntersuchungen, Alter und Familienstand, Frauenförderpläne und Frauenbeauftragte sowie Daten aus den einzelnen Dienststellen vorgelegt worden. Wenn Sie den Personalcontrollingbericht in die Hand nehmen, fällt die Zahlenvielfalt auf. Besser wäre es, die zugrunde liegenden Strukturen und Ursachenzusammenhänge aufzuzeigen.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion bedankt sich beim Senator für Finanzen, der federführend die Verantwortung für den Bericht hat. Er ermöglicht mit dem Bericht einen Überblick über die Situation der weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Die Übersichten der Frauenanteile in ausgewählten Personalgruppen zeigen deutlich, dass Gleichberechtigung nicht in allen Berufsfeldern erreicht ist. Es gibt immer noch die klassischen Männer- und Frauenberufe. Der Frauenanteil bei der Feuerwehr beträgt nur 0,7 Prozent, bei den Raumpflegerinnen aber 99,8 Prozent. Auch bei dem technischen Personal mit 29,2 Prozent müssen wir gezielt Frauen auf diese Ausbildungsberufe aufmerksam machen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist nach Auffassung der CDU-Fraktion nicht mehr exotisch, Frauen bei der Polizei, Feuerwehr oder beim Justizvollzugspersonal zu sehen. Frauen können sich genauso durchsetzen wie Männer, manchmal sogar besser.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vereinbarkeit von Familie und Beruf! Auch dieser Bericht hat uns gezeigt, dass es immer noch ein weibliches Thema ist, Familie und Beruf miteinander zu vereinen. Die Teilzeitquote im bremischen öffentlichen Dienst liegt bei 35 Prozent. Teilzeitarbeit wird vornehmlich von Frauen in Anspruch genommen. Sie stellen 83 Prozent der Teilzeitbeschäftigten. Damit stehen acht teilzeitbeschäftigte Frauen zwei teilzeitbeschäftigten Männern gegenüber. Interessant ist, dass die Teilzeitbeschäftigung bei Männern zunimmt, je höher die Laufbahngruppe ist. Bei Frauen dagegen nehmen die Anteile ab. 18 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen sind im einfachen Dienst vertreten, anteilig am stärksten mit 42 Prozent sind Frauen im mittleren Dienst teilzeitbeschäftigt, im gehobenen Dienst sind es noch 26 Prozent und im höheren Dienst nur noch elf Prozent.

Meine Damen und Herren, kommen wir nun zu den Leitungsfunktionen: Erfreulich ist, dass sich der Frauenanteil von 25 Prozent im Jahr 1998 auf 34 Prozent im Jahr 2002 erhöht hat. Die steigenden absoluten Zahlen spiegeln auch den Stand der Ausweitung der Berichterstattung wider, die sich insbesondere in den Bereichen Kultur und Sport, im Wissenschaftsbereich, im sonstigen Geltungsbereich und in Zentralkrankenhäusern vollzog. Frauen waren im Jahr 2000 in den jeweils erfassten Bereichen an den Beförderungen und Höhergruppierungen anteilig mit 48 bis 52 Prozent vertreten. Der Anteil der Frauen, die 2002 an Fortbildungsveranstaltungen teilnahmen, lag bei 55 Prozent. Erfreulich ist auch, dass sich die Lage bezüglich der Entsendung von Frauen in verschiedene Gremien etwas verbessert hat. 2002 lagen die Frauenanteile bei den Delegationen, Konferenzen und Veranstaltungen jeweils über 50 Prozent. Meine Damen und Herren, 13 Jahre nach Verabschiedung des Landesgleichstellungsgesetzes müssen wir aber auch leider feststellen, dass nur rund die Hälfte der Dienststellen einen Frauenförderplan hat. Wir meinen, dass das zu wenig ist. Das ist ein gesetzlicher Auftrag. Von den 133 Dienststellen im Jahr 2002 hätten 126 einen Frauenförderplan aufstellen müssen. Im Jahr 2002 gab es 64 Frauenförderpläne. Für 62 Dienststellen gab es 2002 keinen Frauenförderplan. Der Senator für Finanzen hat darauf reagiert und die Dienststellen dazu aufgefordert, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen. Die CDU-Fraktion begrüßt diese Aufforderung. Meine Damen und Herren, ich spreche hier die Frauenanteile in Leitungspositionen im höheren Dienst an, die insgesamt sehr unbefriedigend zu sehen sind. Hier muss ein Weg gefunden werden, Frauen noch mehr zu beteiligen. Die CDU-Fraktion tritt dem Bericht und Antrag des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau vom 21. Januar 2004 zum Personalcontrollingbericht, Band III, über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes 2002 bei. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Senator, noch eines: Ich wollte Ihnen noch sagen, auch wir Frauen können mit Zahlen umgehen! – Danke!

(Abg. Frau S c h w a r z [SPD]: Ja, klasse!)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Dr. Nußbaum, von mir bekommen Sie jetzt kein Lob, aber lassen Sie sich überraschen! ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Ich werde nur ganz kurz zum Bericht und Antrag des Frauenausschusses zum Personalcontrolling Stellung nehmen. Wir haben den Bericht intensiv im Ausschuss beraten und haben auch diesen Bericht und Antrag, der Ihnen jetzt hier vorliegt, gemeinsam verfasst, Frau Arnold-Cramer hat das ja vorgetragen. Deshalb will ich hier nicht auf alle Probleme eingehen. Meine Kolleginnen Frau Windler und Frau Böschen haben die kritischen Punkte angemerkt, die fehlenden Frauenförderpläne, die Teilzeitarbeit, die vermehrt von Frauen wahrgenommen wird, und so weiter.

Ich denke, wenn ich die letzten Jahren vergleiche, ich habe ja schon mehrmals zu diesen Berichten Stellung genommen, sind wir ein Stück weitergekommen, aber leider nur ein kleines Stück. Wir haben dieses Gesetz seit fast 14 Jahren. Ich wünsche mir, dass da ein bisschen mehr Tempo hineinkommt, und ich denke, eine Veränderung ist nicht nur Aufgabe der Frauen, sondern eine Wir-Aufgabe.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben das politisch schon immer so gesehen, dass Geschlechterdemokratie eine Wir-Aufgabe ist, und deshalb wird mein Kollege Möhle noch einmal zum Controllingbericht Stellung nehmen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist nicht das erste Mal, dass ich zu anscheinend frauenspezifischen Fragen rede. Arbeitsmarktpolitisch hatten wir das häufiger so. Mich ärgert es außerordentlich, dass so getan wird, auch hier in diesem Haus, als ginge es bei der Gleichberechtigung ausschließlich um Frauen, und Frauen sollen nur dafür reden dürfen. Das kann nicht richtig sein. Ich als Mann sage ganz deutlich, ich habe großes Interesse daran, dass die Gleichberechtigung, die ja gesetzlich verpflichtend ist, vorankommt. Das Landesgleichstellungsgesetz – das ist mehrfach gesagt worden – gibt es seit 1990. Wohlgemerkt, das ist ein Gesetz, das ist keine KannBestimmung, über die man einmal nachdenken oder es auch sein lassen kann! Nein, das ist ein Gesetz, und da sind auch Männer in diesem Haus verpflichtet, darauf zu achten, dass Gesetze vernünftig eingehalten werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU – Zuruf von der CDU: Bravo!) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

Was wir noch bemerken können, ist, und meine Vorrednerinnen haben das erwähnt, dass es Lücken in der Einhaltung dieses Gesetzes gibt. Herr Dr. Nußbaum, in Ehren, ich will nicht abstreiten, dass Sie gerade ein Stück vorangekommen sind, dass Sie dort durchaus positiv tätig waren, insofern auch von mir ein Lob in dieser Sache!

(Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Der hat da- zu keinen Handschlag getan!)

Ja, Herr Pflugradt, machen Sie ruhig Ihre Zwischenrufe! Ich wäre froh, wenn Sie sich das nächste Mal zu diesem Thema hier auch für die CDU-Fraktion äußern können!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Solange das exotisch ist, wenn ein Mann zur Gleichberechtigung und zur Gleichstellung redet, so lange ist in diesem Haus irgendetwas noch nicht ganz in Ordnung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Senator R ö w e k a m p : Er muss sich nur noch die Haare ein wenig länger wachsen lassen! – Heiterkeit bei der CDU)

Das sind die Witze, die man hier in diesem Haus an dieser Stelle häufiger hört. Das ist genau das, was mich in Wirklichkeit ziemlich ärgert, weil es eine unernste, unreife, geradezu kindische Einschätzung der in Wirklichkeit wichtigen Aufgabe dieser Gesellschaft ist!

(Abg. F o c k e [CDU]: Zur Sache!)

Ich sage zwei Sachen: Erstens will ich, dass in den ausgegliederten Gesellschaften Frauenförderpläne aufgestellt werden, und zwar auch genau da, aber das passiert derzeit nicht. Es kann nicht angehen, dass staatliche Tätigkeit privatisiert und ausgelagert wird und dann diese entscheidende Frage gleich mit ausgelagert wird! Da müssen wir Wege finden, dass in diesen Gesellschaften eben auch Förderpläne aufgestellt werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Zweitens möchte ich sagen, und das ist ja auch gerade das, was mein Lob an Herrn Dr. Nußbaum ausmacht, der nämlich Fristen setzt: Es gibt ja noch Abteilungen in den Behörden, die einfach so tun, als bräuchten sie keine Frauenförderpläne aufzustellen. Das ist aber nicht so, das ist eine gesetzliche Verpflichtung, und es kann nicht angehen, dass eine

Abteilung oder eine Behörde von sich behauptet, ach nein, da haben wir kein Interesse und keinen Bedarf, das machen wir nicht. Nein, das müssen sie machen, und der Gesetzgeber muss darauf achten, dass das umgesetzt wird!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich glaube, da ist die ganze Angelegenheit bei Herrn Dr. Nußbaum nicht in den schlechtesten Händen. Wir werden das sehr kritisch begleiten, wir werden die Fragen stellen, die an dieser Stelle zu stellen sind, und ich rate auch allen Männern hier im Haus, sorgfältig darauf zu achten, eventuell auch die gleichen Fragen zu stellen, die ich an dieser Stelle gestellt habe! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. F o c k e [CDU]: Ge- ben Sie einmal Ihre Fragen herüber!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer den Bemerkungen des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau beitreten möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) tritt den Bemerkungen bei.

(Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats, Drucksache 16/47, und von dem Bericht des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau, Drucksache 16/132, Kenntnis.

Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Bremen (Bremer Informations- freiheitsgesetz – BremIFG)

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 12. März 2004 (Drucksache 16/183) 1. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Senator Dr. Nußbaum.

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet.