Protokoll der Sitzung vom 04.06.2004

Sie, Frau Linnert, haben irgendwann einmal im Fernsehen gesagt, wir müssen endlich einmal Klarheit schaffen, und dann würden Sie zu den Menschen gehen, und dann würden Sie das Geld von den Kollegen schon einkassieren. Das habe ich im Fernsehen einmal von Ihnen gehört.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Jetzt kommt die Pappnase, die Pappkameraden!)

Da habe ich gedacht, ich müsste Karoline Linnert einmal mitnehmen, wenn ich zu Roland Koch gehe und sage: Roland Koch, ich habe jetzt kein Geld mehr, nun gib mir einmal Geld aus deiner reichen Kasse. Oder ich würde einmal zu Heide Simonis gehen, die regiert übrigens mit den Grünen, und sagen, nun einmal her, oder zu den Nordrhein-Westfalen! Das würde ich Ihnen gern einmal gönnen, wenn wir beide zu Peer Steinbrück gehen und sagen: Peer Steinbrück, bei uns reicht die Kasse nicht mehr, und du musst jetzt noch ein paar hundert Millionen darauf legen, damit es bei uns geht. Die sitzen doch alle gleichermaßen wie wir mit dem Rücken an der Wand. Die haben alle gleichermaßen grausame und brutale Haushaltsberatungen. Wir haben nur eine Chance, wenn wir uns einigermaßen im Geleitzug mit den anderen behaupten und wenn uns nicht nachgesagt wird, weil wir da und da und dort ein Tabu aufgerichtet haben, geht es hier

nicht. Das lässt uns keiner von denen durch. Da herrscht ein anderes Klima, das muss ich zugeben, als wenn wir beide miteinander streiten.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Wer streitet denn?)

Einerseits will ich ja nicht, dass Sie in die Regierung kommen, andererseits wünsche ich Ihnen einmal so eine Kurzzeiterfahrung,

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Abg. K l e e n [SPD]: In den Ferien!)

damit Sie einmal wieder auf den Boden kommen, damit Sie nicht der Öffentlichkeit erzählen, Sie wüssten, wie man Geld von anderen bekommt. Wir bekommen das nicht, sondern wir müssen das durch unsere eigenen Sparanstrengungen erwirtschaften. Die müssen wir, so bitter es ist, verteilen über alle, alle Gerechte und Ungerechte. Das ist so!

Dieser Versuch, bei den Langzeitasylbewerbern ein Stück Last mit zu verteilen, ist ein Ausdruck dafür. Er wird uns nicht befreien von unseren Gesamtnöten, das weiß ich, aber er gehört dazu wie so ein kleines Bausteinchen, denn wenn das nicht geht, dann geht das nicht, und dann geht das nicht.

Als Herr Oppermann eben sagte, er sei in Kalkutta und in Bombay gewesen und er wüsste, wie es den Menschen wirklich geht, da ist mir so etwas Ähnliches auch eingefallen. Ich bin auch in diesen Städten gewesen und auch in anderen Ländern. In der Regel handelt es sich hier ja nicht um Menschen, die aus politischen Gründen geflüchtet sind, sondern es handelt sich um Wirtschaftsflüchtlinge. Das wissen Sie auch!

Es ist schrecklich genug, seine Heimat zu verlassen, weil man da keine Perspektiven mehr hat. Das ist richtig. Das ist aber ein relatives Problem, das ist kein absolutes Problem. Das muss man auch bedenken. Man muss auch bedenken, dass sie von einer ganz anderen Ausgangslage kommen und ganz andere Erfahrungen in ihrer eigenen Existenzsicherung hinter sich haben und mit sich bringen.

Trotzdem verstehe ich die Kritik, trotzdem kenne ich die Kritik – ich habe sie selbst ja oft genug gesagt und will sie hier jetzt nicht einfach so kassieren – und weiß, dass wir in einem Spagat, den wir in der Koalition beraten haben, den wir in der Koalition beschlossen haben und den wir jetzt koalitionsloyal umsetzen, versuchen müssen, auch an dieser unangenehmen Ecke unsere Handlungsfähigkeit und nicht unsere Blockade zu belegen.

Ich hoffe, dass das das Klima in der Stadt nicht verdirbt. Sie vermuten das, Sie haben das aber schon so oft vermutet, Frau Linnert, dass ich immer denke, wenn das die letzten Male nicht eingetreten ist, wird es vielleicht auch dieses Mal nicht eintreten. Sie

können ja die Drohung nicht jedes Mal wiederholen. Wir müssen alle daran arbeiten, dass es nicht zu einer Verschärfung des innenpolitischen Klimas kommt. Wir haben nichts mit dem zu tun, was Herr Tittmann hier gesagt hat. Das wissen Sie auch alle. Wenn er sich daran hängt, ist das bitter.

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Wo ich Recht habe, habe ich Recht!)

Manchmal hängt er sich bei Ihnen an, manchmal bei uns. Das kann man nicht verhindern, dafür hat er nun sein Mandat, aber mir liegt nicht daran, dass wir daraus eine ausländerfeindliche klimatische Verschärfung in der Stadt auslösen, sondern ganz im Gegenteil. Ich möchte gern unter denen, die hier Schutz suchen, und denen, die hier versuchen zu bleiben und sich zu halten versuchen, Verständnis dafür vermitteln helfen, dass wir in schlechter Lage sind. Das ist nicht ganz einfach, weil diese uns alle für ganz reich halten. Sie halten uns alle für die Krösusse, weil sie die Straßen, überall die tollen Häuser und die dicken Autos sehen und sagen: Die Deutschen sind doch fein heraus! Sie sehen oft ja gar nicht, welche Haushaltsnotlage wir selbst haben. Man muss sich richtig Mühe geben, ich mache das immer wieder, auch einzuführen in unsere eigene Lage und ihnen daran einen Zugang zu organisieren.

Ich will diese Aufgabe nicht anderen überlassen, ich will sie auch gern selbst mit übernehmen. Damit erreiche ich auch sehr viele Ausländer, die hier leben, manchmal, denke ich, viel mehr, als Sie ahnen. Ich will auch versuchen, diese schwierige und schwer zu vermittelnde Entscheidung des Senats dort verständlich zu machen. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist eine gute Gelegenheit, hier noch einmal über Haushaltspolitik zu reden. Herr Bürgermeister, ich habe schon gehört, dass Sie sich finanzpolitisch ständig an einem Pappkameraden, der Karoline Linnert heißt, agitieren, aber vielleicht können wir die Sache jetzt einmal auf richtige Füße stellen. Ich habe weder im Fernsehen noch sonst irgendwo gesagt, dass man nichts weiter tun muss, als von den anderen Geld zu verlangen.

Das ist ja interessant, dann zeigen Sie einmal den Beitrag!

Es entspricht weder dem, was ich sage, noch dem, was ich denke. Was die Grünen verlangen, ist, dass dieser Senat, der sich unverrückbar in den Kopf gesetzt hat, 2005 einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen, die wahre Lage anerkennt und den anderen Bundesländern auch mitteilt, weil nämlich wir uns eigentlich in diesem Haus einig waren, weil auch die finanzwirtschaftlichen Gutachten so sind, weil das, was aus dem Finanzressort, das, was Professor Dr. Dannemann festgestellt hat, völlig klar ist: Der Finanzausgleich in Deutschland benachteiligt die Stadtstaaten. Er ist ungerecht, und man wird in den Verhandlungen mit anderen darauf hinweisen müssen, weil das die einzige Möglichkeit ist, Bremen dauerhaft eine auskömmliche Finanzierung zu sichern, und zwar nicht, weil wir deren Almosen wollen, sondern weil man insgesamt etwas an dem Finanzausgleich ändern muss.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist jedenfalls der sehr viel zukunftsträchtigere und sehr viel seriösere Weg, als immer noch weitere Millionen auf den Kanzlerbrief zu buchen, als würde das Geld vom Himmel fallen, das Geld, das die Grünen von den anderen verlangen, das müsste den anderen mühsam geraubt werden. Das ist doch ein bisschen absurd! Es ist richtig, dass Bremen benachteiligt wird, das muss man dann auch sagen. Um diese Strategie weiter verfolgen zu können, das ist ja unsere zentrale Kritik an Ihnen, muss man der Bevölkerung und sich selbst reinen Wein über die reale Finanzlage Bremens einschenken. Das ist unsere Kernkritik an Ihrem immer verzweifelter werdenden Versuch, 2005 einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen.

Leider gibt es, das haben Sie in Ihrer Rede auch zu Recht gesagt, einen Zusammenhang zwischen dem, was Sie da mit dem Asylbewerberleistungsgesetz gerade tun, und diesem verzweifelten Versuch, einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen. Das gehört mit zu den Manövern, um irgendwie wenigstens auf dem Papier hinzubekommen, dass der Sozialhaushalt vielleicht ausgeglichen sein könnte. Alle wissen, dass der Sozialhaushalt wider besseren Wissens seit Jahren völlig unterausgestattet ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist auch richtig, dass wir uns im Konzert mit den anderen, das ist von den Grünen immer unterstützt worden, nicht in jedem Detail, aber nicht unterscheiden dürfen durch besonders positive Leistungen, oder wir bieten unserer Bevölkerung Dinge, die niemand anderes bieten kann. Dann weise ich Sie allerdings darauf hin, dass das für diese Regierung für die hohe Bremer Investitionsquote nie gegolten

hat. Da haben wir längst einen Spitzenplatz in der Bundesrepublik, und die anderen schauen darauf ziemlich schief. Das ist doch der Punkt, wo wir uns nicht gerade im Geleitzug bewegen, was bis zu einem bestimmten Punkt im Rahmen des Sanierungsprogramms zu vertreten ist, aber das ist eben unsere Auffassung, da haben Sie übertrieben. Nur, die Frage mit dem Geleitzug, die Sie hier reklamiert haben, bei der wir vielleicht gar nicht so weit auseinander liegen, die trifft auf diese Sache mit dem Asylbewerberleistungsgesetz überhaupt nicht zu, sondern da gehen wir vornweg als Stadtstaat, als Großstadt, als Stadt mit dieser Tradition. Das ist unsere Kritik. Ob jetzt aus jedem Einzelfall, den Sie hier machen, sich wirklich eine Verschlechterung des sozialen Klimas ableiten lässt, das glaube ich nicht, das wird man genauso wenig beweisen können, wie dass einzelne Maßnahmen des Sanierungsprogramms jetzt hier irgendwelche spezifischen Steuereinnahmen generieren. Dass man aber insgesamt nicht dauerhaft ungestraft so tun kann, als könnte man bei den Ärmsten immer noch ruhig ein bisschen wegnehmen, während andere Bereiche sich viel weniger Kritik, Inaugenscheinnahme oder Sparquote gefallen lassen müssen, davon bin ich zutiefst überzeugt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Grünen bekennen sich ausdrücklich, das werden wir auch in den Haushaltsberatungen noch einmal deutlich machen, zu der Notwendigkeit, hier weiter Sparpolitik zu machen. Das Trostlose ist aber, dass bei der Sparpolitik, die jetzt vom Sozialressort herüberkommt, nichts weiter passiert als die endlos immer selbe Auflistung aller alten bekannten Punkte. Nur das Landespflegegeld haben Sie diesmal nicht wieder aufgenommen, aber alle anderen Punkte sind Dinge, die längst zurückgewiesen wurden, die längst fachlich beurteilt wurden, die längst nicht als welche, die keine sinnvollen Einsparvorschläge sind, identifiziert wurden. Das führt so nicht weiter. Wenn man auch im Sozialressort noch Sparpolitik machen will, dann muss man Fäden legen durch das Verwaltungshandeln, dann muss man da zeigen, wo es Reibungsverluste gibt, wo es Doppelstrukturen gibt und wo man über eine bessere Organisation der sozialen Leistungen, zu denen wir rechtlich verpflichtet sind, die wir auch gern machen sollten und zu denen wir auch stehen sollten, noch Effekte erzielen kann. Diese trostlose Auflistung der immer gleichen alten Quälnummern! Eben dies war eine alte, aber besonders unangenehme, das wird überhaupt nicht weiterführen. Auch insofern streuen Sie sich selbst und der Bevölkerung Sand in die Augen. Wenn man wirklich da noch Einsparungen generieren will, dann muss man das völlig anders machen. Ich will noch einen Satz zu Herrn Böhrnsen sagen! Ich habe absichtlich unseren Antrag hier vor

gelesen. Wir fordern den Senat nicht auf, das zurückzuziehen, weil es nämlich gar nicht geht. Leider ist der Antrag in den Ausschüssen und kann gar nicht mehr zurückgezogen werden. Wir fordern in unserem Antrag, dass missbilligt werden soll, den habe ich auch extra verlesen, Herr Böhrnsen, damit nicht noch jemand auf die Idee kommen kann, ihn extra falsch zu verstehen, um nicht über ein Stöckchen springen zu müssen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/250 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU und Abg. T i t t - m a n n [DVU])

Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Entschließungsantrag ab.

Volljährige Personen im Jugendstrafrecht

Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD vom 23. April 2004 (Drucksache 16/220)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 18. Mai 2004

(Drucksache 16/252)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Bürgermeister Dr. Scherf. Herr Bürgermeister, ich gehe davon aus, dass Sie die Antwort nicht noch einmal vorlesen möchten. Ich gehe aber davon aus, dass wir in eine Aussprache eintreten wollen. – Das ist der Fall. Dann erteile ich das Wort der Abgeordneten Frau Hannken.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Deutschland gilt man mit Vollendung des achtzehnten Lebensjahres als voll––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

jährig. Das heißt, man hat die volle Geschäftsfähigkeit, man hat in Deutschland ein Wahlrecht, man ist als männlicher achtzehnjähriger Jugendlicher verpflichtet, seinen Wehrdienst oder Ersatzdienst zu leisten. Das heißt, man nimmt alle Rechte und Pflichten vollständig in dieser Gesellschaft wahr. Es besteht sogar die Tendenz in der Gesellschaft, für bestimmte Rechte und Pflichten die Altersgrenzen noch herabzusetzen, also unterhalb der 18 Jahre.

Eine Ausnahme bildet allerdings das Strafrecht. Im Strafrecht ist es nicht so, dass mit 18 automatisch das Erwachsenenstrafrecht angewandt wird, sondern es gibt die Regelung, dass in besonderen Fällen weiterhin das Jugendstrafrecht gilt. In Paragraph 105 Absatz 1 des Jugendgerichtsgesetzes heißt es: „Begeht ein Heranwachsender in der Altersgruppe von 18 bis 21 Jahren eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften entsprechend an, wenn erstens die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, dass er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder zweitens, dass es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.“ So steht es im Gesetz.

Die Folge dieser gesetzlichen Regelung ist, dass das Jugendstrafrecht dann auf Heranwachsende angewendet wird, das heißt, dass eben auch die Sanktionen aus dem Jugendstrafrecht Anwendung auf den Heranwachsenden finden. Unter anderem bedeutet dies, dass zum Beispiel nur ein Freiheitsentzug bis zu maximal zehn Jahren möglich ist, während ein Erwachsener mit einem Freiheitsentzug bis zu 15 Jahren rechnen kann. Auch weitere Strafmilderungen aber, die es im Jugendstrafrecht gibt, finden Anwendung auf die Heranwachsenden, in deren Genuss sie nicht kommen würden, wenn das Erwachsenenstrafrecht Anwendung finden würde.

Ich habe die gesetzliche Regelung vorgelesen, die eben sagt, dass in besonderen Fällen auf Heranwachsende das Jugendstrafrecht Anwendung findet. Mit der Großen Anfrage, die wir in die Bürgerschaft eingereicht haben, wollten wir fragen, wie die Situation in Bremen aussieht. In wie vielen Fällen wird auf Heranwachsende das Jugendstrafrecht angewendet, und in wie vielen Fällen gilt dementsprechend das Erwachsenenstrafrecht? Wir wollten diese Zahlen für Bremen allerdings nicht isoliert stehen lassen, sondern haben auch nach den Zahlen der anderen Bundesländer gefragt, um einen repräsentativen Durchschnitt zu bekommen.

In Bremen sieht es so aus, dass in 78 Prozent der Fälle auf Heranwachsende das Jugendstrafrecht Anwendung findet. Vergleicht man die letzten Jahre, ergibt sich, dass hier eine steigende Tendenz zu verzeichnen ist. Waren es 1993 noch 63 Prozent der

Fälle, in denen das Jugendstrafrecht angewendet wurde, sind es 2003 78 Prozent der Fälle. Des Weiteren kann man, wenn man sich die Zahlen anschaut, die Mitteilung des Senats besteht zum größten Teil aus Zahlen, ein deutliches Nord-Süd-Gefälle erkennen. In den südlichen Ländern, unabhängig davon, wie sie parteipolitisch regiert werden, ist zu verzeichnen, dass die Zahlen relativ gering sind, in BadenWürttemberg liegt die Zahl bei 49 Prozent, wo bei Heranwachsenden das Jugendstrafrecht angewendet wird, in Bayern bei 63 Prozent und in RheinlandPfalz auch bei 49 Prozent. Spitzenreiter dagegen sind die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg. In diesen Ländern findet in 90 Prozent beziehungsweise 82 Prozent der Fälle Jugendstrafrecht bei Heranwachsenden Anwendung.

Auch wenn man sich die Straftaten anschaut, bei denen das Jugendstrafrecht angewandt wird, wird deutlich, dass insbesondere bei den schweren Kapitalverbrechen fast zu 100 Prozent Jugendstrafrecht angewandt wird. Dies sind gerade Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Raub, Erpressung, gemeingefährliche Straftaten, aber auch bei Körperverletzung ist eine deutliche Tendenz zur Steigerung zu erkennen. Dies liegt sicherlich mit daran, dass die Rechtsprechung davon ausgeht, dass bei einem Heranwachsenden die Anwendung von Jugendund Erwachsenenstrafrecht nicht im Verhältnis Regel zur Ausnahme steht, sondern im Zweifelsfalle immer das Jugendstrafrecht Anwendung finden soll.