Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

Es kann nicht angehen, dass der Jugendvollzug dauerhaft eine Teilanstalt bleibt. Der Jugendvollzug muss eigene Konzepte entwickeln, wie auf die besonderen Problemlagen junger Insassen eingegangen werden kann. Dafür braucht er auch aus rechtlichen Gründen Selbständigkeit. Ich hoffe, dass Sie das teilen.

Weitere Probleme im Zusammenhang mit dem Gefängnis über die bloße Standortplanung hinaus müssen jetzt angepackt werden. Wir müssen uns sehr genau anschauen, vordringlich im Rechtsausschuss, was in den Standorten in Oslebshausen und Bremerhaven dringend zu verbessern ist, auch jenseits von Baumaßnahmen. Der offene Brief der Gefangeneninitiative der JVA an Henning Scherf, unterschrieben von 184 Insassen, beschreibt unter anderem die Arbeits- und Beschäftigungsplatzmisere der JVA. Zirka 60 Prozent der Gefangenen werden dauerhaft ohne Beschäftigung sein, wenn auch noch Küche und Bäckerei geschlossen werden. Da ist es dann auch nicht besonders hilfreich, wenn angeblich aus Sicherheitsgründen die tägliche Arbeitszeit von acht auf sieben Stunden verringert wird, natürlich bei vollem Lohnausgleich, sprich Kürzung des ohnehin minimalen Arbeitsentgelts. Von dem Geld, das man

dort spart, kann man den Judit-Haushalt sicher nicht sanieren und vor allem, man sollte es nicht tun.

Sparen hat spätestens dann ein Ende, wenn die Verpflegungskosten für einen Menschen bei durchschnittlich 2,35 Euro pro Tag liegen. Der Eigenbetrieb Judit wird auf absehbare Zeit kein sich selbst finanzierender wirtschaftlicher Betrieb sein. Deshalb müssen wir uns näher anschauen, ob die ganze Konstruktion mit Judit, so wie sie jetzt ist, richtig ist. Die ganze Organisation des Strafvollzugs muss auf den Prüfstand. Die Gefangeneninitiative beschreibt in ihrem Brief, Zitat mit Genehmigung des Präsidenten, „als Kernproblem der fortschreitenden Misere die derzeitige monokratische Hierarchie in der JVA Bremen“. Letztlich ein Führungsproblem! Eine Personalentwicklung, die ihren Namen wert ist, existiert weder bei Judit noch bei der JVA.

Wir haben letzte Woche im Rechtsausschuss gehört, wie am Landgericht ohne Roland Berger viel einfacher und vor allem mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Qualität der Arbeit verbessert werden kann, nämlich in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Weil die Leitung dort nicht gegen die Personalvertretung, sondern mit ihr gearbeitet hat, sind auch gute Ergebnisse zu erwarten. Es muss nun gelingen, einen ähnlichen Entwicklungsprozess im Gefängnis in Gang zu setzen, wie er im Landgericht abläuft. Was wir im Rechtsausschuss dazu gehört haben, das ist ein Schritt in die richtige Richtung, und es kommt darauf an, dass wir es auch im Rechtsausschuss intensiv weiter begleiten, damit endlich der Stillstand in der Entwicklung beendet wird.

Voraussetzungen für jede Verbesserung sind die Strukturentscheidungen, wie wir sie in unserem Antrag beschrieben haben. Der Antrag der Koalition setzt immer noch auf die Fortsetzung der Quälnummer, wir lehnen ihn deshalb ab. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Hannken.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im März 2003 hat der Senat beschlossen, den Strafvollzugsstandort Blockland zu schließen, den Frauenvollzug zum Fuchsberg zu verlegen und die jugendlichen Untersuchungs- und Strafgefangenen nach Oslebshausen zu verbringen vor dem Hintergrund, dass eine Kooperation mit Hameln möglich werden sollte, um die Jugendlichen später nach Hameln zu bringen. Seitdem prüft der Senat und ist mit Niedersachsen in Verhandlungen, ob die straffälligen Jugendlichen nach Hameln gebracht werden können. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Herr Köhler, Sie haben Recht, dass das keine befriedigende Situation ist – Herr Köhler, vielleicht hören Sie auch zu, wenn ich rede! –, dass seitdem keine abschließende Stellungnahme vom Senat getroffen werden konnte. Wir haben dies bemängelt, wir haben dies auch in der letzten Debatte bemängelt. Wir haben in der letzten Debatte ausgeführt, dass wir erwarten, dass bis nach der Sommerpause dazu eine Beschlussfassung oder ein Ergebnis der Verhandlungen vorgelegt wird. Das ist nicht passiert.

Ich bedauere auch sehr, dass der Senat und insbesondere der Justizsenator nicht offen in den Rechtsausschuss gekommen sind und dargelegt haben, dass es keinen Abschluss der Verhandlungen gibt, sondern dass wir dann erfahren haben, dass die Rechnungshöfe beauftragt wurden, jeweils von Niedersachsen und Bremen, die jeweiligen Angebote zu prüfen. Ich hätte mir innerhalb einer transparenten Politik gewünscht, dass man es auch so offen im Rechtsausschuss diskutiert und sagt, wie dort der Stand der Verhandlungen ist, und nicht den Rechtsausschuss und die Bürgerschaft immer nur vor vollendete Tatsachen stellt. Das halte ich für keine besonders glückliche Politik des Senats in diesem Punkt.

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Nichtsdestoweniger haben wir uns als Fraktion entschlossen, diesen Antrag hier einzubringen, wie er Ihnen jetzt in dieser Form vorliegt, dass wir den Senat auffordern, uns bis Mai 2005 einen Abschluss der Verhandlungen darzulegen, wir ihm sozusagen noch eine Chance geben, ein vernünftiges Ergebnis mit Niedersachsen auszuhandeln, wobei man natürlich offen zugeben muss, dass die Erwartungen sehr gesunken sind, dass es zu einem guten Ergebnis der Verhandlungen kommen wird.

Wir haben uns die Jugendstrafanstalt in Hameln gemeinsam angeschaut, und zumindest die Vertreter der SPD und die Vertreter der CDU sind dort gemeinsam zu der Auffassung gekommen, dass ein vernünftiger Jugendstrafvollzug in Hameln gewährleistet werden kann, ein besserer Strafvollzug, auch das muss man offen sagen, als er derzeit hier in Bremen gewährleistet wird und als er auch zukünftig in Bremen gewährleistet werden kann. Aufgrund der Größe der Strafvollzugsanstalt in Hameln ist dort ein vielfältiges Angebot möglich, welches wir nicht leisten können, da wir eine geringere Anzahl von Strafgefangenen hier haben und natürlich auch nicht so ein breites Angebot hier sicherstellen können, da es mit ernormen Kosten verbunden ist.

Vor diesem Hintergrund, und das war für uns das allein ausschlaggebende Argument, haben wir gesagt, dass wir es positiv begrüßen, dass die Verhandlungen mit Hameln geführt werden, mit Niedersachsen geführt werden für eine Verlagerung nach Ha

meln, da dort eine bessere Unterbringung für die Jugendlichen gewährleistet wäre.

Offen gelassen haben wir aber das Ergebnis, da wir bisher die finanziellen Hintergründe noch nicht kennen. Es sind derzeit zwei unterschiedliche Angebote vorhanden, die geprüft werden. Diese Angebote sind sehr weit auseinander, und ob man da zu einer Einigung kommen wird, steht noch offen.

Ich glaube aber, dass man diese Chance noch geben sollte, bis Mai 2005 die Verhandlungen zu Ende zu führen, gerade weil die Prüfungen derzeit vor dem Rechnungshof laufen und hoffentlich mit einem baldigen Ergebnis zu rechnen ist. Gleichzeitig möchten wir aber mit unserem Antrag ganz deutlich machen, dass es nicht sein kann, dass wir einmal 2005 hier stehen und sagen, die Verhandlungen sind gescheitert, was machen wir jetzt? Dann muss ein fertiges Alternativkonzept auf den Tisch gelegt werden. Es darf keine weitere Verzögerung eintreten, sondern dann muss das Ressort schnell handeln und schnell darlegen können, wie die Jugendlichen künftig besser in Oslebshausen untergebracht werden, als sie es derzeit sind.

Es ist derzeit ein funktionierender Jugendstrafvollzug in Oslebshausen. Es ist nicht so, dass dort nichts passiert, es ist aber so, dass noch viel Verbesserungsbedarf besteht. Hierzu fordern wir den Senat und insbesondere das Justizressort auf, uns ein vernünftiges Alternativkonzept vorzulegen, das zum einen das Trennungsgebot respektiert und zum anderen sowohl die baulichen, personellen und anderen Maßnahmen darlegt, die mit einem Alternativkonzept verbunden sind.

Wir teilen nicht, im Gegensatz zu Ihnen, Herr Köhler, das Alternativkonzept, welches uns auch vorgelegt worden ist, welches wir auch im Rechtsausschuss diskutiert haben. Sie wissen, dass ein Großteil dieses Konzepts darauf basiert, dass Jugendliche in den offenen Strafvollzug gehen. Das teilen wir in dieser Form nicht. Wir sind aber offen in der Diskussion, dass Punkte, die in diesem Konzept genannt werden, auch in das Konzept des Senats einbezogen werden und insgesamt ein gutes Konzept für die Jugendlichen auch hier in Bremen erreicht werden kann.

Ich halte nicht für glücklich, Herr Köhler, dass Sie, vielleicht in dieser Debatte sogar noch weniger als in den letzten Debatten, immer sehr versuchen, das Personal gegen die Führung in der JVA Oslebshausen auszuspielen. Ich glaube, dass es gerade nicht richtig ist, wenn Sie selbst das Beispiel vom Landgericht und dem Personalentwicklungskonzept herangezogen haben. Das basierte meines Erachtens genau darauf, dass es eine sehr, sehr gute Zusammenarbeit gab zwischen denjenigen, die in Führungspositionen waren, und denjenigen, die sich engagiert haben, um die Weiterentwicklung voran

zutreiben. Genau das Richtige ist es auch, was in der JVA Oslebshausen passieren muss, dass man zusammen etwas macht. Man sollte hier nicht die verschiedenen Positionen gegeneinander ausspielen, weder in einer politischen Debatte noch in der Sitzung des Rechtsausschusses noch in der Sitzung von Judit, sondern wir sollten gemeinsam versuchen, dort eine bessere Situation zu erreichen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Die Verlagerung nach Hameln steht natürlich nicht isoliert im Raum, sondern sie steht schon zusammen mit dem Kontext eines Neubaus einer JVA. Auch dazu hatte sich der Senat im März 2003 entschlossen, einen Neubau zu machen. Nun habe ich selbst mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, dass sich Teile der SPD-Fraktion von diesem Neubau verabschiedet haben. Ich muss sagen, es hat mich verwundert, weil es derzeit eigentlich nicht mehr aktuell in der Diskussion war. Seitdem ich Mitglied des Rechtsausschusses bin, also seit dieser Legislaturperiode, habe ich vom Senat nicht eine Vorlage bekommen, aus der sich genau ergibt, wie ein Neubau funktionieren soll, welche Kosten damit verbunden sind, was damit verbunden ist. Es gab einmal eine allgemeine Vorlage, in der gesagt wurde, es wird überlegt, so etwas in Public private partnership zu machen. Konkret habe ich vom Senat weder in den Haushaltsberatungen noch in den Sitzungen des Rechtsausschusses etwas dazu gehört.

Insofern finde ich es interessant, wenn sich ein Teil hier schon verabschiedet. Ich hätte eigentlich zumindest wenigstens vorher einmal eine Grundlage gehabt, bevor ich mich verabschieden kann. Diese Grundlage ist mir aber bisher nicht zur Verfügung gestellt worden. Ich weiß nicht, inwieweit es Planungen vom Senat gibt, ob es dazu noch eine Vorlage geben wird oder ob sich der Senat vielleicht auch schon, ohne es uns mitzuteilen, davon verabschiedet hat. Auch dann würde ich es gern zumindest erfahren.

Ich glaube, bei diesen Diskussionen um den Jugendstrafvollzug, um die Planungen sowohl mit Hameln, die aber auch trotzdem unabhängig davon weitergeführt werden können und sich nicht mit einem Neubau bedingen, sondern auch unabhängig vom Neubau vonstatten gehen können, ist es sinnvoller, wenn eine etwas offenere Politik vom Justizressort gemacht wird und die Betroffenen auch etwas mehr mitgenommen werden, weil sie das Ganze schlussendlich auch umsetzen müssen. Da halte ich es für sinnvoll, wenn man auch die Betroffenen mitnimmt und frühzeitig in die Diskussionen einbindet, um dann auch einen breiten Konsens zu haben und insgesamt eine zufriedenstellende Situation zu erreichen. Insoweit finde ich es vom Justizressort nicht ganz glücklich, wie da bisher agiert worden

ist. Ich denke aber, das lässt sich wohl verbessern! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Grotheer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann Herrn Köhler wenigstens in einem Punkt voll zustimmen, wir sind ja vor zehn, 14 Tagen zusammen im Rechtsausschuss gewesen, haben uns vortragen lassen, was beim Landgericht unter dem Stichwort „Modernes Personalmanagement“ läuft, und das, was dort passiert, ist wirklich beispielhaft auch für andere Teile der bremischen Verwaltung. Darüber bin ich ganz froh, dass Sie das angesprochen haben. Es ist übrigens auch ein Projekt, das im Justizressort stattfindet. Man sollte es hier nicht gleich alles ausschütten, sondern es sich im Einzelnen anschauen, was hier passiert.

Mit meiner Kollegin Frau Hannken verbindet mich die Einschätzung, dass die Situation in Bezug auf die Verhandlungen unbefriedigend ist. Das gebe ich auch zu, das sehen wir als SPD-Fraktion auch so. Es ist aber in der Politik wie sonst im wirklichen Leben auch: Man bekommt nicht immer alles und schon gar nicht immer alles sofort. Wir müssen also schauen, wie es weitergeht, und dann müssen wir weiterhin die Alternativen, die es gibt, prüfen.

Wir Sozialdemokraten wollen jedenfalls an einem humanen Strafvollzug festhalten, auch in den Zeiten, in denen es finanziell ganz besonders schwierig ist. Es wird ja nicht besser, sondern es wird möglicherweise noch dramatischer, als wir bei dem Abschluss des Koalitionsvertrages angenommen haben. Wir müssen uns vor Augen halten, dass das Strafvollzugsgesetz uns zwei Ziele benennt, die für den Vollzug maßgeblich sind. Zum einen sollen wir dafür sorgen, dass der Strafvollzug die Bevölkerung vor weiteren Straftaten schützt, und zum anderen sollen wir dafür sorgen, dass die Gefangenen in die Lage versetzt werden, künftig ein Leben in Freiheit ohne Straftaten führen zu können, Stichwort Resozialisierung. Für den Jugendvollzug gilt eben ganz besonders der Erziehungsgedanke, so wie es das Jugendgerichtsgesetz uns vorschreibt.

Vor diesem Hintergrund führen wir hier nun erneut die Debatte über die Zukunft des bremischen Strafvollzugs. Die Grünen sagen, wir wollen jetzt endlich sofort entscheiden, und wir als Koalition sagen, wir wollen, nachdem nun die Rechnungshöfe prüfen, sehen, was da herauskommt. Wir wollen aber eine Entscheidung bis spätestens Mai dieses Jahres herbeigeführt wissen, weil wir auch schon seit längerem sehen, dass eine Entscheidung notwendig ist, denn die Öffentlichkeit erwartet es, und die Bediensteten wollen Klarheit haben. Es geht ja eigentlich

gar nicht anders. Darüber haben wir uns aber auch schon hier ausgetauscht.

Ich gestehe, wir sind mit der Dauer dieses Entscheidungsprozesses unzufrieden. Wir sehen aber auch, dass nicht nur das Land Bremen, unser Justizressort, sondern auch das Land Niedersachsen an diesem Verfahren beteiligt ist. Es liegt dann daran, dass sich beide nicht verständigt haben, das kann man dann ja nicht einem der beiden Verhandelnden in die Schuhe schieben.

Wir müssen allerdings das Ganze im Zusammenhang dessen sehen, was der Koalitionsvertrag für die Zukunft des bremischen Strafvollzuges beschrieben hat. Da steht geschrieben: „Bremen soll sich auf den Vollzug an den männlichen erwachsenen Strafgefangenen konzentrieren. Es soll ein Neubau“, so steht es da, „geprüft werden.“

Der Senat hat bereits vor Beginn dieser Legislaturperiode beschlossen, dass der Standort im Blockland aufgegeben werden soll, was dazu geführt hat, dieser Beschluss ist ja umgesetzt worden, dass die Frauen jetzt in einem Teil der ehemaligen offenen Anstalt Am Fuchsberg untergebracht sind. Dieser Bereich ist nachgesichert worden. Ich habe es mir angesehen und mit den Bediensteten gesprochen und mich davon überzeugt, dass dies eine Entwicklung ist, die durchaus als positiv gewertet werden muss. Die Räume sind besser, die Bediensteten sind mit der Situation zufrieden, und es kommen jedenfalls von dort keine negativen Nachrichten, keine Beschwerden. Es scheint eine Sache zu sein, die wirklich einen Fortschritt gebracht hat. Es ist ja auch einmal eine gute Botschaft, wenn wir sonst immer nur über die schlechten Nachrichten sprechen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben die Jugendlichen jetzt in Oslebshausen in Haus vier. Das ist eine Angelegenheit, die, auch wenn wir das vielleicht noch als Übergangssituation betrachten müssen, jedenfalls bis 2007 oder 2008 andauern wird, denn selbst wenn es gelingt, einen Vertrag mit Niedersachsen abzuschließen, gibt es eine relativ lange Übergangsfrist. Das bedeutet, wir müssen uns auch mit der Frage beschäftigen, wie bis zu diesem Zeitpunkt, entweder bis zur Verlagerung nach Hameln oder auf Dauer, die jugendlichen Gefangenen in Oslebshausen betreut und erzogen werden können.

Dazu gibt es, Herr Köhler hat es erwähnt, ein Alternativkonzept des Fördervereins des Jugendvollzuges in Bremen, mit dem wir uns auch eingehend beschäftigt haben. Dieses Konzept sieht vor, dass zusätzlich zu dem, was schon an Sanierungsmaßnahmen dort baulich geschehen ist, Zwischendecken eingezogen, Gruppenräume geschaffen und einige andere bauliche Dinge mehr gemacht werden sollen. Das kostet, sagen die Verfasser, 300 000 Euro.

Es mag sein, dass es ein bisschen teurer würde, es wäre aber auf jeden Fall ganz erheblich preiswerter als das, was wir ausgeben müssten, wenn wir den Jugendvollzug nach Hameln verlagern.

Vor allen Dingen wollen aber die Autoren dieses Papiers, dass die Jugendstrafanstalt in Haus vier organisatorisch verselbständigt wird, vor allem also einen eigenen Anstaltsleiter erhält. Das ist vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Gesetz eine Trennung zwischen erwachsenen und jugendlichen Strafgefangenen vorschreibt, keine unvernünftige, sondern, wie ich finde, eine sehr vernünftige Forderung.

Wir haben also mit allen, die an diesem Thema besonders interessiert sind, gesprochen, sie können sich mit diesem Konzept anfreunden. Auch die Jugendrichter, die früher über das Trennungsgebot auch öffentlich diskutiert haben, hielten das für möglich, dass unter diesen Bedingungen die jugendlichen Strafgefangenen in Oslebshausen bleiben. Das ist eine etwas neue Wendung in dieser bremischen Debatte. Deshalb meine ich, wir müssen das auch vor dem Hintergrund der noch laufenden Verhandlungen mit Niedersachsen ernsthaft in Betracht ziehen, ob es nicht am Ende doch dazu kommen muss, dass die Jugendlichen dauerhaft in Haus vier in Oslebshausen bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb muss man jetzt nicht die Verhandlungen abbrechen, aber wir sagen, wir wollen, wenn es eine Entscheidung gibt, alle Aspekte ernsthaft in Betracht ziehen und dann auf einer soliden Grundlage eine Entscheidung treffen, die für die nächsten 20 bis 30 Jahre auch wirklich trägt. Deshalb warten wir ab, was die Rechnungshöfe uns jetzt ausrechnen werden.

In diesem Zusammenhang ist von erheblicher Bedeutung, wie die Neubaufrage entschieden werden soll, denn ursprünglich hatte auch der Senat beschlossen, dass die Verlagerung der Jugendlichen nach Oslebshausen vor dem Hintergrund geschehen sollte, dass irgendwann einmal ein Neubau in Bremen steht und dann die erwachsenen Strafgefangenen dorthin umziehen. Auch da meinen wir, nachdem wir uns alle ernsthaft mit der finanziellen Perspektive Bremens auseinander setzten, wir müssen die Frage diskutieren: Können wir uns das eigentlich leisten, können wir der bremischen Öffentlichkeit als Rechtspolitiker erklären, dass wir 70 oder 100 Millionen Euro für eine neue Strafanstalt in Bremen ausgeben?

Ich muss ganz ehrlich sagen, und das ist auch schon angesprochen worden, ich kann mir das eigentlich nicht mehr vorstellen, zumal die Millionen aus Berlin auch nicht so fließen werden, wie wir uns das ursprünglich vorgestellt haben, und wir sollen doch bitte den Realitäten ins Auge sehen! Deshalb finde ich es gut, dass von Seiten unseres Fraktionsvorsit

zenden und unseres Landesvorsitzenden der Anstoß gekommen ist, diese Idee über Bord zu werfen und neue Überlegungen anzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Das bedeutet nicht, das will ich ganz deutlich sagen, dass kein Geld in den Strafvollzug investiert werden muss, sondern es ist dann so, dass wir nicht 70, 80 oder 100 Millionen Euro investieren müssen oder dass wir jährlich, wenn wir das als Public private partnership organisieren, zwischen sieben und neun Millionen Euro laufende Kosten hätten, sondern dies würde bedeuten, dass wir ein Sanierungskonzept für Oslebshausen benötigen, denn diese alten Gebäude müssen natürlich instand gehalten werden. Es muss der Wert der Gebäude erhalten werden. Da braucht man ein Programm, das sicherstellt, dass die Küche saniert wird, dass die Heizung gemacht wird, dass die Energieversorgung auf einen neuen Stand gebracht wird, dass die laufenden Betriebskosten für Strom und Wasser gesenkt werden. Das geht nicht ohne Investitionen. Das wäre aber erheblich preiswerter zu haben. Man braucht dafür ein Konzept und Geld über einen längeren Zeitraum, jedes Jahr ein, zwei oder drei Millionen, aber das muss dann auch her. Ohne das wird es überhaupt nicht gehen. Ein solches Konzept, ich bitte noch einmal um Aufmerksamkeit, hätte im Übrigen auch den Vorteil, dass wir dann die Justizvollzugsanstalt in Bremerhaven erhalten könnten. Es gab das Konzept, Bremerhaven wird abgeschafft, alles kommt nach Bremen. Die Bremerhavener haben das von Anfang an für keine gute Idee gehalten. Man hat mir gesagt, wir haben doch eine funktionierende Anstalt, lasst sie uns doch bitte hier in Bremerhaven, zumal dort 37 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst mit dieser Anstalt verbunden sind. Ich habe die Anstalt in Bremerhaven zuletzt einmal vor 20 Jahren besichtigt gehabt. Ich bin jetzt wieder da gewesen und habe mir das angeschaut und festgestellt, es ist mitnichten eine völlig marode, vor dem Zusammenbruch stehende Einrichtung, sondern es ist ein älteres Gebäude. Es ist aber in einem halbwegs ordentlichen Erhaltungszustand. Die Bediensteten sind mit dem, was sie dort an Vollzug betreiben, zufrieden. Es ist ein gutes Arbeitsklima dort, davon konnten wir uns überzeugen, und eigentlich macht es, wenn man sich das anschaut, vor dem Hintergrund der bremischen Finanzlage keinen Sinn, einen Neubau hinzustellen, wenn an anderer Stelle dann dieses Gebäude leer steht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)