Protokoll der Sitzung vom 23.02.2005

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Wiedemeyer ist der Name!)

Herr Wedler, dass Sie manchmal kleinkariert denken und auch handeln, das hatte ich schon fast vermutet. Den Beweis haben Sie hier eben gerade wieder abgelegt. Sie fangen an, das Hundertstel vom Tausendstel und eine Bürokratie zum Abbau der Bürokratie in Gang zu setzen. Frau Wiedemeyer hat es gesagt. Jedes Jahr fangen wir an, Gesetze und Verordnungen zu überprüfen, und wenn wir in einem Jahr fertig sind, fangen wir wieder von vorn an. Das ist so eine typische Beamtenbeschäftigung, den Haufen von einer Seite des Schreibtisches auf die andere zu schieben. Wenn ich mit der einen Seite fertig bin, fange ich wieder an, es auf die andere

Seite zu legen. Herr Wedler, ich glaube, dass wir an der Stelle so nicht weiterkommen, und die Intention und auch die Bewusstseinsveränderung in öffentlicher Verwaltung sind, glaube ich, die entscheidenden Punkte.

Es mag vielleicht sein, dass der eine oder andere über die Anzahl der befristeten Gesetze und der Gesetze, die aufgehoben werden sollen, enttäuscht ist, aber das, was damit in Gang gesetzt wird! Das war auch zumindest meiner Erfahrung nach das Hauptproblem am Beginn dieses Prozesses, in den Verwaltungen, in den Behörden das Bewusstsein in Gang zu setzen, jawohl, ich muss die Verordnungen oder die Gesetze, die wir selbst einmal in Gang gebracht haben, auch entsprechend aufheben. Dieses Bewusstsein weiter zu fördern, das ist, glaube ich, ganz entscheidend, weil das dann eine Eigendynamik entfacht, so dass wir dann selbst hier im Hause nicht mehr groß anfragen müssen und es immer wieder einfordern müssen, sondern das ist dann eine Selbstverständlichkeit.

Gerade in diesem Sinn denke ich, dass hier der erste Schritt gemacht ist. Auch das wird durch die Mitteilung des Senats deutlich. Es folgt ein zweiter Schritt, es folgt ein dritter Schritt, die in ihrer Wirksamkeit, die sie entfalten sollen, natürlich eine viel größere Wirkung entfachen, weil das, was bis 1970 in der Anzahl und der Auswirkung erfolgt ist, natürlich nicht so schwerwiegend ist, wie das vielleicht die Gesetze in der Dekade von 1970 bis 1980 oder danach gewesen sind. Ich glaube, darüber muss man auch einmal ein bisschen nachdenken, bevor man hier anfängt loszuplaudern.

Erlauben Sie mir auch diese Anmerkung: Dass Sie Ihren Sonntagsreden, was die Förderung von Mittelstand betrifft – da sind Sie aber nicht die Einzigen, die solche Reden halten –, dann auch das konkrete Handeln nicht folgen lassen wollen hinsichtlich eines Mittelstandsförderungsgesetzes, verwundert mich doch sehr, zumal ich glaube, dass Sie sich da mit Ihren Parteispitzen in Bremen nicht so ganz kurzgeschlossen haben!

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das können Sie dann aber auf Ihren Parteitagen ausdiskutieren.

Mein Eindruck war zumindest auch auf der Veranstaltung Mittelstandsenquete ein ganz anderer, nämlich der Eindruck, den da auch in Gesprächen die Vertreter Ihrer Partei hier in Bremen vermittelt haben. Von daher die Empfehlung, an der Stelle vielleicht noch einmal nachzuhaken! Offensichtlich hat da Ihr parlamentarischer Kreis in der Kommunikation nicht ganz funktioniert, aber auch da kann sicherlich noch Nacharbeiten in der Organisation hinsichtlich der Kommunikation helfen.

Das Gleiche trifft auch auf die Äußerung von Herrn Köhler zu. Wenn wir hier über mehrere Monate, jetzt fast zwei Jahre über diesen Punkt diskutieren und Sie fast am Ende des Prozesses hier neue Thesen einwerfen, dann muss ich mich fragen: Was haben Sie eigentlich in der Vergangenheit zu diesem Thema gesagt?

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Da sollte man also sich selbst auch ein bisschen ernst nehmen. Man kann nicht erst sagen, jawohl, das ist richtig, dass wir diesen Weg gehen, da gab es eine weitestgehende Einigkeit, von Einzelpunkten einmal abgesehen, und sich dann hier hinstellen und sagen, aber das, was wir hier jetzt gemacht haben, ist nicht richtig.

Das ist auch nicht glaubwürdig, und ich glaube, es verkennt auch die Situation und die Wirksamkeit, dass wir in den nächsten beiden Schritten eigentlich an die richtige Substanz herangehen und sich die Entfaltung, die wir alle erhoffen, auch ergibt und dass wir dann auch zu entsprechenden Regelungen kommen, die genau das in Gang setzten, was Sie auch eingefordert haben. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort Herr Bürgermeister Dr. Scherf.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind ein Stück weiter gekommen mit dieser Beratung heute. Zugegeben, das ist nicht der große Befreiungsschlag, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Lieber Herr Köhler, ich habe mitbekommen, dass Sie sich an Änderungsanträgen beteiligen. Dann verstehe ich nicht, dass Sie eigentlich die ganze Veranstaltung falsch finden.

(Beifall bei der SPD – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Tun wir gar nicht!)

Das ist irgendwie widersprüchlich. Ich habe daraus geschlossen, es ist natürlich nicht die ganz große Aktion, aber es ist ein sinnvoller Schritt. Herr Wedler hat ja Recht, ein Teil der Bürokratie wird auch von den Parlamentariern in Gang gesetzt. Das ist nun einmal so, oder die Parlamentarier übernehmen Verantwortung dafür, dass sie Gesetze beschließen, die dann wieder Bürokratie auslösen, und darum finde ich richtig, dass jeder seinen Teil dazu beiträgt, damit wir aus diesem Wust herauskommen, der sich da über lange Zeit entwickelt hat.

Ich finde auch das, was in Berlin gelaufen ist, ernüchternd, aber es wäre trotzdem ein Fehler, wenn wir sagen würden, auch das werfen wir weg, denn man muss doch da, wo man Resonanz gefunden hat, und wenn sie noch so klein ist, einfach vorangehen. Ich würde jeden Anlass nutzen, um in diesem mühseligen Kampf gegen Bürokratie voranzukommen. Dies ist ein Schritt, ich finde, ein richtiger. Ich finde auch richtig, dass wir daran in Abschnitten weiterarbeiten.

Ich hoffe auch, dass es über die Befristung dazu kommt, dass wir uns jedes Mal anschauen: Muss das sein, oder kann man nicht über eine Befristung aufheben? Ich finde die Anregung gut, dass wir bei jedem neuen Gesetz erst einmal überlegen: Kann man das nicht generell befristen? Wieso kann man nicht generell gesetzgeberische Initiativen befristen? Wir kommen jedenfalls über die Befristung zum Nachdenken darüber, ob das wirklich die Wirkung gehabt hat, die sich die Parlamentarier oder diejenigen, die die Initiative eingebracht haben, wirklich damit erhofft haben. Vieles hat sich geändert durch faktisches Verändern.

Das, was Herr Köhler sich wünscht, ist natürlich auch nötig, aber wenn beide aufeinander warten, kommen wir überhaupt nicht voran, sondern wir müssen sowohl auf der Gesetzgeberseite initiativ bleiben, Druck ausüben, als auch in den von Ihnen angekündigten Feldern, natürlich Verwaltungsverhalten und Bürokratiealltag verändern. Das ist klar. Aber bitte nicht so, dass einer auf den anderen wartet und alles beim Alten bleibt! Ich bin dafür, dass wir jeden Anlass, den wir finden, nutzen und es voranbringen. Dies ist so einer, und darum danke ich dafür, dass Sie das konstruktiv begleiten wollen. – Danke!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Köhler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir wollen natürlich nicht auf etwas warten, das möglicherweise nicht kommt. Das ist ja das Problem. Wir kritisieren gerade, dass Verwaltungsreform hier in Bremen überhaupt nicht so in dem Umfang betrieben wird, wie es andernorts absolut üblich ist.

(Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)

Wir haben uns darauf beschränkt, irgendwelche Gutachten von Roland Berger einzuholen, wir haben uns darauf beschränkt zu sagen, wir gründen jetzt irgendeine GmbH, dann ist das alles modern, dann ist das peppig, und wenn wir dann im Detail einmal genau hinschauen, dann stellen wir fest: Das, was

in Form einer GmbH gemacht wird, ist schlechter als das, was heute anderswo im Rahmen von normalen Verwaltungsstrukturen gemacht wird! Es kommt nämlich darauf an, was inhaltlich dort passiert. Da muss es eine Verknüpfung geben zwischen dem, was auf der Seite Verwaltungsreform passiert, und dem, was dann die Normen betrifft, weil die Normen, über die wir hier reden, eben nicht losgelöst betrachtet werden können von dem, was sonst so innerhalb von Verwaltung passiert.

Es muss darum gehen, sich nicht nur die Norm anzuschauen, sondern Verwaltungsmodernisierung zu betreiben. Genau das ist unsere Kritik an dem Prozess, der da stattgefunden hat. Man hat eben versucht, das isoliert zu sehen, und das funktioniert von vorn bis hinten nicht, denn sonst kommen wir zu Vorschlägen wie die, die Herr Wedler eingebracht hat. Wir kommen auch dazu, diesen ganzen Politikbetrieb völlig losgelöst von dem zu betrachten, was in Verwaltungen im Alltag passiert, und das wäre völlig falsch.

Wir plädieren dafür, Entbürokratisierung viel ernster zu nehmen, als Sie das bislang gemacht haben, das nicht als einen isolierten Bereich zu betrachten, sondern stattdessen im Bereich Verwaltungsmodernisierung voranzuschreiten. Da tun Sie viel zu wenig, und es hilft dann auch überhaupt nicht, sich ständig an allen Ecken und Enden mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst anzulegen, denn diese braucht man im Wesentlichen, wenn man Verwaltung vernünftig modernisieren will. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Wiedemeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, Herr Köhler, das kann einfach nicht so stehen bleiben. Sie sollten sich einmal informieren, welche Anstrengungen Bremen im Bereich der Verwaltungsmodernisierung unternommen hat! Wir sind auf jeden Fall stolz darauf, dass wir in ganz wesentlichen Bereichen der Verwaltungsmodernisierung auch schon viele Preise bundesweit bekommen haben. Ich möchte zum Beispiel nur einmal Media@Komm nennen. Wir haben mittlerweile viele Programme, die hier in Bremen von unserer Verwaltung entwickelt wurden, die mittlerweile in anderen Ländern und Kommunen genutzt werden und auch ein ganz wesentlicher Bestandteil der Verwaltungsmodernisierung sind. Ich würde Ihnen dringend raten, sich damit zu beschäftigen!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß Paragraph 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Änderungsantrag mit der Drucksachen-Nummer 16/549 abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/549 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(Abg. W e d l e r [FDP])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Änderungsantrag zu.

Jetzt lasse ich über das Gesetz zur Bereinigung des bremischen Rechts, Drucksache 16/484, in erster Lesung abstimmen.

Wer das Gesetz zur Bereinigung des bremischen Rechts mit der Drucksachen-Nummer 16/484 unter Berücksichtigung der soeben vorgenommenen Änderungen in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung mit Änderungen.

(Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des Senats Kenntnis.