Protokoll der Sitzung vom 24.02.2005

Wir sehen zweitens einen ganz dringenden Bedarf darin, eine gesetzliche Regelung für den so genannten Massengentest zu schaffen. Wir haben immer noch, wenn Sie sich erinnern, eine solche Aktion in Bremerhaven laufen. Allerdings meinen wir, dass es in diesen Fällen einer gesetzlichen Regelung bedarf, die besonders sorgfältig mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung umgeht, denn bei einem Massengentest, an dem sich die Bürger freiwillig beteiligen, liegt es in der Natur der Sache, dass viele Unschuldige untersucht werden. Von den 2000 Bürgern, die sich in Bremerhaven gemeldet haben, sind mindestens 1999 unschuldig, und deshalb sagen wir, man muss dort ganz sorgfältig mit dem Grundrecht umgehen. Dort wollen wir einen abgeschlossenen Katalog besonders schwerer Straftaten gegen das Leben und gegen die sexuelle Selbstbestimmung, bei denen dann eine solche Maßnahme zulässig ist.

Wir wollen ferner eine gesetzliche Regelung dahingehend, dass eine Massenuntersuchung nur dann zulässig ist, wenn andere Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. In diesem Fall meinen wir auch, dass ein Richtervorbehalt zwingend ist, und wir wollen eine strenge Zweckbindung für die Untersuchungsergebnisse, eine Dokumentation der einzelnen Verfahrensschritte, eine frühestmögliche Vernichtung der Untersuchungsergebnisse für diejenigen, die sich haben untersuchen lassen und die sich als unschuldig herausgestellt haben. Das, meinen wir, sind vernünftige Vorschläge, und wir hoffen, dass es in diesem Sinne vorangeht.

Wir sind noch in einem weiteren Punkt der Meinung, dass die bestehende Rechtslage geändert werden müsste.

(Glocke)

Ich bin sofort fertig! Wir meinen, dass bei Straftätern, die bereits mehrfach zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, auch dann eine Untersuchung und Speicherung der DNA möglich sein sollte, wenn sie bisher nur „kleinere Straftaten“ begangen haben. Bis es bei uns nach unserer Rechtsordnung zu einer Verurteilung zu Freiheitsstrafe kommt, sind meist erhebliche, jedenfalls viele Taten vorangegangen. Deshalb meinen wir, dass in diesem Punkt eine Veränderung erfolgen könnte. Dies ist ein Vorschlag, der seit langem diskutiert wird. Fachleute streiten seit langem dafür. Wir haben uns davon überzeugen lassen, dass dies eine vernünftige Regelung wäre, und werden uns im Rahmen unserer politischen Möglichkeiten dafür einsetzen, dass diese Änderungen durchgesetzt werden. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Köhler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! So differenziert, wie der Kollege Grotheer das gerade dargestellt hat, möchte ich das jetzt nicht noch einmal wiederholen. Ich möchte nur deutlich machen, dass im Bereich der Verfolgung von schweren Straftaten der Einsatz von Gentechnik beziehungsweise die Verwendung von gefundenen Spuren, die Analyse, wem das zuzuordnen ist, der Vergleich, schon längst üblich ist, dass da ein völlig ausreichender Schutz der Bevölkerung, ein effektiver Schutz bereits seit langem sichergestellt ist.

Das, worum es geht, ist vor allem die Frage, von wem DNA-Proben gespeichert werden dürfen. Wer muss damit rechnen, dass das Genmaterial, das von ihm als Verdächtigem abgenommen worden ist, ewig gespeichert wird? Da haben wir eine Regelung, die bereits jetzt allen Anforderungen der Praxis vollkommen genügt, das ist Überzeugung vom Bündnis 90/ Die Grünen, nämlich, dass bei schweren Straftaten das Material gespeichert werden darf, dass es aber in all den Fällen, in denen es um einfache Kriminalität geht, um Bagatellkriminalität zum Teil, überhaupt nicht gerechtfertigt ist, das Genmaterial abzunehmen und auf Ewigkeiten in einer staatlichen Datenbank zu behalten. Das ist aus Sicht vom Bündnis 90/Die Grünen sicherlich falsch, und zwar deshalb, weil der genetische Fingerabdruck und der tatsächliche Fingerabdruck an den echten Fingern etwas grundsätzlich Unterschiedliches sind.

Aus dem Fingerabdruck kann man entnehmen, wie der Finger ungefähr aussieht. Aus dem Genmaterial, das Menschen abgenommen wird, kann aber sehr viel mehr herausgelesen werden. Es geht hier nicht um die Frage, ob mit all diesen Methoden, die zurzeit eingesetzt werden, das bereits der Fall ist, sondern es geht darum, dass Menschen, denen eine Genprobe abgenommen wird, überhaupt nicht konkret nachvollziehen können, was damit passiert, welche Daten davon gespeichert werden. Wir wissen auch nicht, wie die Entwicklung in der ganz unmittelbar vor uns liegenden Zukunft ist.

Es ist ja so, dass der Bereich Gentechnik, der Bereich DNA-Analyse einer ist, der sich weiterentwickelt, in dem es technischen Fortschritt gibt und der das Ziel hat, in ganz erheblichem Umfang Krankheiten zu diagnostizieren oder andere Persönlichkeitsmerkmale herauszufinden. Das unterscheidet eben das Genmaterial, den so genannten genetischen Fingerabdruck vom echten Fingerabdruck. Es ist ja bereits so, dass es Staaten auf dieser Welt gibt, wo es dazu gehört, einen Gentest abzuliefern, sein Genmaterial untersuchen lassen zu müssen, wenn man einen einfachen Job haben will, und zwar deshalb, weil der Arbeitgeber untersuchen will, ist das ein Mitarbeiter, der an einer Erbkrankheit leidet, die möglicherweise dazu führt, dass er in zehn, 20 Jahren ausfällt, und deshalb werden solche Menschen dann nicht eingestellt!

Dass wir uns wahrscheinlich sofort darüber einig sind, dass beim derzeitigen Stand der technischen Entwicklung das alles im Wesentlichen Spökenkiekerei ist, geschenkt! Trotzdem darf man nicht vergessen, dass damit eben auch ganz erhebliche Beschränkungen verbunden sind. Wir wollen, dass Menschen auch dann, wenn sie schwarzgefahren sind, wenn sie Ladendiebstähle begangen haben, nicht damit rechnen müssen, dass mit ihren Daten irgendetwas passiert, was heftige Konsequenzen für sie haben kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir sind also dagegen, dass bei jeder Form von Kriminalität Menschen in einer Datei, aus der sie nicht wieder herauskommen, gespeichert werden mit Material, das eben wesentlich mehr ist und wesentlich höher zu bewerten ist als ein normaler Fingerabdruck. Das deckt sich im Übrigen auch, Herr Kollege Grotheer hat es ausgeführt, mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Ich denke, wir haben mit dem jetzigen Stand der Gesetzgebung viel erreicht. Es gibt natürlich noch Handlungsbedarf im Bereich der so genannten Massengentests. Da geht es nämlich genau auch um die Frage, dass wir nicht ständig Massengentests haben, dass es nicht zur Normalität wird, dass wir Gentests in dieser Gesellschaft haben, sondern dass es immer die Ausnahme bleiben muss, dass es immer um das Mittel gehen muss, das zuletzt angewandt wird, wenn die anderen Ermittlungsmethoden ausgeschöpft sind.

Der Fall Moshammer hat gezeigt, dass die geltenden gesetzlichen Regelungen vollkommen ausreichend sind. Wir sehen da insoweit keinen Veränderungsbedarf. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Hannken.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu Herrn Köhler von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sehen wir hier schon einen Änderungsbedarf. Das wird Sie sicherlich nicht verwundern. Im Gegensatz zum Kollegen Grotheer von der SPD sehen wir auch einen darüber hinausgehenden Veränderungsbedarf zu dem, was er vorgetragen hat.

Herr Grotheer ist sehr ausführlich auf die derzeitige Rechtslage eingegangen. Deshalb will ich es nur noch einmal ganz kurz und knapp zusammenfassen. Derzeit sieht die Rechtslage vor, dass eine Erhebung des genetischen Fingerabdrucks zu Zwecken künftiger Strafverfahren nur in engen Grenzen möglich ist. Voraussetzung ist, dass eine schwere Straftat vorliegt oder eine Sexualstraftat. Des Weiteren gilt der ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Richtervorbehalt, das heißt, dass zuerst das Gericht eingeschaltet und die entsprechende Maßnahme genehmigt werden muss. Zum Dritten ist eine so genannte, wie Herr Grotheer ausführte, qualifizierte Negativprognose vom Gericht zu geben, das heißt, dass der Richter entscheiden muss, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass der Straftäter ähnliche Delikte wieder begehen wird.

Diese Rechtslage reicht uns nicht aus, um konsequent Straftäter, insbesondere Sexualstraftäter, zu verfolgen. Deshalb plädieren wir für eine Änderung der bisherigen Gesetzeslage. Wir möchten, dass die DNAAnalyse als Standardmaßnahme analog zur klassischen erkennungsdienstlichen Behandlung eingeführt wird. Das heißt, dass anstelle oder zusätzlich zu dem Fingerabdruck eben auch der genetische Fingerabdruck genommen wird. Dies würde dazu führen, dass der Richtervorbehalt wegfällt. Es würde auch dazu führen, dass die qualifizierte Negativprognose wegfällt, und es würde dazu führen, dass nicht mehr nur bei schweren Straftaten oder Sexualstraftaten der genetische Fingerabdruck genommen werden kann, sondern auch bei anderen Straftaten.

Gemeint sind hier nicht das einmalige Schwarzfahren, wo jetzt Herr Köhler das Szenario an die Wand malt, dass jeder, der einmal beim Schwarzfahren erwischt worden ist, zukünftig sein gesamtes Datenmaterial bei der Polizei abzuliefern hat. Es ist aber erwiesen, dass 70 Prozent aller Sexualstraftäter bereits bei einem anderen Delikt aufgefallen sind. Ich denke, diese Zahlen sollte man sich auch einmal zu Gemüte führen, wenn man sich an einer solchen Diskussion beteiligt.

(Beifall bei der CDU)

Bei diesen 70 Prozent der Delikte ist es nicht so, dass die Sexualstraftäter vorher alle auch in Bereichen straffällig geworden sind, die ebenfalls im Sexualstrafbereich liegen, sondern 50 Prozent dieser Täter sind bei Eigentumsdelikten straffällig geworden, also in einem ganz anderen Bereich, und diese werden eben nicht davon erfasst bei der geltenden Regelung, denn wer einen einfachen Diebstahl begangen hat, fällt nicht unter die Kategorie Straftäter. Genau dort wird das Datenmaterial nicht genommen, und ein solcher Täter kann dann später nicht einfach ermittelt werden, sondern dort schützt man den Straftäter, und genau das wollen wir nicht.

(Beifall bei der CDU)

Man muss auch nicht die Sorge haben, wie ich eingangs sagte, dass jeder einmalige Schwarzfahrer sein gesamtes Genmaterial abliefern muss. Derzeit werden nur bei 12,7 Prozent aller Ermittlungsverfahren auch Fingerabdrücke genommen. Auch das ist nicht inflationär, und nicht jeder, der auffällig ist, muss in einem Ermittlungsverfahren jetzt seine Fingerab

drücke abgeben. Auch da, glaube ich, können wir der Polizei soweit vertrauen, dass sie weiß, wo diese Identifizierungsmaßnahmen notwendig sind und wo sie nicht notwendig sind, und sie sich auch an das geltende Recht hält. Somit ist das auch gewährleistet.

Uns geht es hier um eine konsequente Verfolgung von Straftätern. Die Chancen, Tatverdächtige anhand des Fingerabdrucks zu identifizieren, steigen immens. Das Verfahren wird vereinfacht und beschleunigt, und dies dient dem Schutz der Bevölkerung.

Es ist auch nicht so wie von Herrn Köhler dargestellt, dass die DNA-Muster benutzt werden, um das Erbgut des Einzelnen zu entschlüsseln, sondern die DNA-Muster werden ausschließlich zum Zweck der Personenidentifizierung benutzt. Es dient also gerade nicht dazu, einen gläsernen Bürger zu schaffen, sondern es sollen Straftäter überführt werden. Genau das ist unser Ziel. Es sollen eben nicht persönlichkeitsrelevante Erbinformationen offen gelegt werden, sondern es werden nur Muster miteinander verglichen.

Es können daher gar nicht, selbst jetzt nicht vom technischen Stand, die einzelnen Erbkrankheiten, die vielleicht derjenige oder diejenige hat, von denen das Genmaterial genommen wurde, ermittelt werden, und ich glaube auch nicht, dass man in einer solchen Debatte das Misstrauen streuen sollte, dass die Polizei nichts besseres zu tun hat, als sich ausführlich mit dem Genmaterial eines Menschen zu beschäftigen, welche Erbkrankheiten er hat. Ich glaube, dieses Misstrauen sollten wir in einer solchen Debatte auch nicht säen.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, dass es richtig ist, dass wir in der DNAAnalyse eine neue gesetzliche Regelung bekommen, dass wir die DNA-Analyse zukünftig als erkennungsdienstliche Standardmaßnahme einführen, um die Bevölkerung konsequent vor Straftätern zu schützen, um konsequent der Bevölkerung zu dienen und Straftäter zu überführen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Grotheer, von Ihnen habe ich nun wirklich nichts anderes erwartet. Es tut mir Leid, beim besten Willen, aber ich kann aus schwarzafrikanischen Drogendealern oder aus ausländischen Mördern nun einmal keine Deutschen machen. Es tut mir Leid, das war nun einmal Tatsache. Auch wenn Sie es gern möchten, aber es geht nicht. Das hat mit Ausländerfeindlichkeit nun wirklich nichts zu tun, sondern es hat etwas mit Realitätsbewusstsein zu tun.

Am Ende Ihrer Rede haben Sie mir vielleicht noch indirekt, muss ich sagen, Recht gegeben. Der Fahndungserfolg im Fall Moshammer war doch nur möglich, weil der Iraker schon früher wegen Sexualdelikten aufgefallen war und eine freiwillige DNA-Probe abgegeben hat. Weitere Fahndungserfolge dürfen aber keine Zufallstreffer mehr sein. Auch das müssen Sie und die Grünen endlich einmal begreifen, dass zum Schutz unserer Bürger eine Ausweitung von DNA-Daten für eine effektive Verbrechensbekämpfung unverzichtbar ist. Es darf doch nicht länger purer Zufall sein, ob unsere Polizeibeamten Gewalttäter, Mörder oder Kinderschänder festnehmen können. Das kann doch auch nicht in Ihrem Interesse sein.

Eines dürfte sogar Ihnen klar sein: Hätte man, und das ist traurig, und da sollten Sie zuhören und nicht lachen, die DNA-Daten des widerwärtigen Bremerhavener Kindermörders der kleinen Levke und von Felix, nachdem er schon früher ein Mädchen vergewaltigt hat, in der DNA-Kartei gespeichert, so könnten wahrscheinlich diese kleinen unschuldigen Kinder heute noch leben. Wann endlich begreifen Sie, oder wollen Sie es nicht begreifen, dass Opferschutz vor Täterschutz geht?

Selbstverständlich ist Datenschutz eine wichtige Sache, Opferschutz ist aber wichtiger. Bevor diese so genannten Datenschützer sich Sorgen um Datenschutz von Kriminellen machen, sollten sich diese Datenschützer einmal eher große Sorgen um die Einhaltung des Datenschutzes in Bezug auf das Bank- und Kontengeheimnis der Normalbürger machen, das wäre weitaus wichtiger.

Meine Damen und Herren, der schnelle Erfolg im Fall Moshammer spricht für sich und spricht eine eindeutige Sprache. Dieser Fahndungserfolg darf aber kein Einzelfall bleiben. Deshalb stimmen Sie, ich sage es noch einmal, diesem Antrag der Deutschen Volksunion überparteilich zu! Alles andere wäre von Ihnen gegenüber unserer Bevölkerung politisch unverantwortlich.

Als Nächster hat das Wort Herr Senator Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann der Debatte entnehmen, dass alle Beteiligten, bis auf einen, sich der Abwägungsentscheidung unterziehen zwischen den strafrechtlichen Strafverfolgungsinteressen, die wir haben, und dem Schutz der Einzelnen hinsichtlich der Speicherung ihrer Daten. Ich fand es sehr hilfreich, dass, ich glaube, das ganze Parlament der Auffassung ist, dass wir mit der DNA-Analyse ein hoch wirksames Mittel zur Aufklärung von Straftaten an die Hand bekommen haben. Nicht nur der Fall Moshammer, der unter den geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zu einem schnellen Ermittlungserfolg geführt hat, sondern viele andere Beispiele auch zeigen, dass wir, seitdem uns das Maßnahmenbün

del der DNA-Analyse zur Verfügung steht, sehr viele, teilweise auch sehr lange zurückliegende Straftaten haben aufklären können.

Nun stellt sich die Frage, ob der rechtliche Rahmen, der gesetzt worden ist, ausreicht. Auch hier habe ich entnommen, zumindest der Auffassung der großen Koalition, dass man die Möglichkeit sieht, nachzubessern. Wir unterscheiden uns jetzt in der Frage, inwieweit sind wir bereit, hier von bisherigen Verfahrensregelungen abzuweichen oder auch nicht.

Die Ansicht der Innenministerkonferenz will ich Ihnen an dieser Stelle nicht vorenthalten, weil sie für ihre Unparteilichkeit in ihrer Gesamtheit bekannt ist. Sowohl der zuständige Arbeitskreis der Innenministerkonferenz als auch die Innenministerkonferenz selbst ist der festen Überzeugung, und zwar egal, ob CDU- oder SPD-Kollegen, dass die DNA-Analyse eine Standardmaßnahme der Polizei werden muss. Genauso wie es jetzt der Fingerabdruck auch schon ist, soll die DNA-Analyse eine Standardmaßnahme werden, und ich habe den öffentlichen Bekundungen entnommen, dass auch der Bundesinnenminister und sogar der Bundeskanzler dieser Auffassung sind oder der Auffassung zuneigen, dass wir die rechtlichen Rahmenbedingungen in dem verfassungsrechtlich gebotenen Umfang bekommen sollten.

Ich glaube, dass vieles dafür spricht, denn wir haben heute auch Fälle, in denen die qualifizierte Negativprognose, wie sie genannt wird, bestimmten Fehlern unterliegen kann. Das ist eben keine zuverlässige Größe. Ich bin zwar selbst auch Jurist, würde mir aber in einem Strafverfahren kaum zutrauen, eine Prognose darüber abzugeben, ob der Straftäter, der jetzt vor mir sitzt, wieder straffällig wird oder nicht. Eine solche Entscheidung kann man natürlich nach bestimmten Maßstäben treffen, das ist sicherlich richtig, aber eine solche Entscheidung wird nicht fehlerfrei erfolgen können. Das ist eben auch richtig.

Deswegen muss an dieser Stelle, wie ich finde, die Abwägungsentscheidung getroffen werden zu sagen, nehmen wir in Kauf, dass, ohne dass jemandem nun schlechte Absicht dabei unterstellt werden soll, wir Fehleinschätzungen bei qualifizierten Negativprognosen haben, die dazu führen, dass Straftaten nicht aufgeklärt oder zusätzliche Straftaten wieder begangen werden.

Da sage ich ganz ehrlich aus Strafverfolgungsinteresse, es darf keine Abwägungsentscheidung zu diesem Ergebnis führen. Deswegen bin ich dafür, wie alle anderen Innenminister im Übrigen auch, dass wir den Richtervorbehalt vollständig aus dem Gesetz streichen, dass wir den Anlassstraftatenkatalog streichen und dass wir auch die qualifizierte Negativprognose streichen, damit sozusagen die DNA-Analyse in das Ermessen der Strafverfolgungsbehörden stellen und ihnen die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die DNAAnalyse hier zur Aufklärung weiterer Straftaten führen

kann. Ich glaube, das ist auch der richtige und vernünftige Weg.

Ich glaube auch nicht, dass die Gegenargumente, die im Wesentlichen in einem möglichen Datenmissbrauch bestehen, hier durchschlagend sind. Ich frage mich, wer ein Interesse daran haben sollte, entsprechende Daten anderen zur Verfügung zu stellen, und ich glaube auch nicht, dass die Gefahr groß ist, dass wir aus solchen Daten nun irgendwelche undifferenzierten Veröffentlichungen bekommen werden. Schauen Sie es sich an, obwohl wir regelmäßig Blutproben nehmen, werden Ergebnisse von Blutproben nirgendwo öffentlich diskutiert! Obwohl wir im Verkehrszentralregister jeden Verkehrssünder über mehrere Jahre speichern und auch quälen, ist die Sicherheit dieser Daten hinlänglich geschützt. Ich kenne keine Missbrauchsfälle von solchen Daten.

Deswegen halte ich es auch für ausgeschlossen, dass in einer solchen vom Bundeskriminalamt geführten Gendatei entsprechende Missbrauchsfälle geschehen. Es gibt Möglichkeiten, das genauso datenschutzrechtlich abzusichern, wie wir das in vielen anderen Bereichen auch machen. Es hat kein Mensch ein Interesse daran, an den nichtkodierten Bereich der DNA-Analyse zu kommen, sondern uns geht es ausschließlich darum, diese Maßnahmen einzusetzen, um Straftaten aufzuklären oder künftige Straftaten zu verhindern.