Protokoll der Sitzung vom 13.10.2005

Meine Damen und Herren, bei der Frage der Offenlegung von Vorstands- und Geschäftsführervergütungen gebe ich zu, wenn man eine Diskussion oder eine Abstimmung durchführen würde, haben eher draußen andere eine Mehrheit als wir. Ich glaube aber trotzdem, dass das, was der Senat hier uns mitgeteilt hat, eine vernünftige Ansicht ist, und dass das, was der Senat hier kundgetan hat, nicht so völlig isoliert ist, kann man aus einem bestimmten Vorgang ablesen. Herr Grotheer, das Gesetz, das der Bundestag beschlossen hat, heißt nicht Vorstandsoffenlegungsgesetz, sondern das Gesetz heißt Gesetz über die Offenlegung von Vorstandsvergütung – Vorstandsvergütungsoffenlegungsgesetz. Das ist der schöne unkomplizierte Name dessen, was da beschlossen worden ist.

Auf dieses Gesetz will ich da noch ein bisschen zurückkommen, weil im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eine bestimmte Abwägung getroffen wurde, die für diesen Sachverhalt nicht unerheblich ist. Wir wissen ja gemeinsam, dass es sich hier um GmbHs handelt, die dem Handelsrecht unterliegen. Dafür ist das Handelsgesetzbuch zuständig. Das sollte den beiden Juristen, die sich an der Debatte hier beteiligt haben, bekannt sein. Deswegen hat man, als man für börsennotierte Gesellschaften die Offenlegung der Vergütungen festgelegt hat, das Handelsgesetzbuch geändert, nämlich im Paragraphen 285 Satz 1 Nummer 9 ist dann aufgeführt, dass Gehälter, Gewinnbeteiligungen, Bezugsrechte und sonstige aktienbasierte Vergütungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen und Nebenleistungen jeder Art zu veröffentlichen sind für börsennotierte Aktiengesellschaften.

Im Rahmen dieses Abwägungsgebotes, das Rotgrün in ihrem Antrag gemacht hat, das ist ein Antrag der Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen, im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens, als es darum ging, die Vergütung für Vorstandsmitglieder von börsennotierten Aktiengesellschaften zu veröffentlichen, was wir auch mitgetragen haben im Bundestag und Bundesrat, wo wir einer Meinung sind, im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens mit der Drucksache 15/557 vom Mai dieses Jahres, es ist also noch ganz frisch, hat Rotgrün eine Neuregelung für nicht börsennotierte Gesellschaften eingeführt.

Ich will das einmal zitieren: „Bei Gesellschaften, die keine börsennotierten Aktiengesellschaften sind,

können die im Paragraph 285 Satz 1 verlangten Angaben über die Gesamtbezüge dort bezeichneter Personen unterbleiben, wenn sich anhand dieser Angaben die Bezüge eines Mitglieds dieser Organe feststellen lassen.“ Sie haben also gesagt, das ist eine Neuregelung für nicht börsennotierte Gesellschaften. Wenn man durch die Veröffentlichung erkennen kann, was ein Vorstandsmitglied bekommt, dann soll das unterbleiben.

Warum hat man das gemacht? Weil man bewusst nicht wollte, dass man eine Regelung einführt, dass nicht börsennotierte Gehälter veröffentlicht werden! Das hat etwas mit dem Informationsselbstbestimmungsrecht zu tun, das ja hier auch schon angesprochen ist. Nicht ohne Grund ist Rotgrün zu dieser Abwägung gekommen.

Warum ist man zu dieser Abwägung gekommen? Das will ich im Übrigen auch noch einmal sagen. Das steht auch in der Begründung. Deswegen verwundert mich das auch, dass hier zwei Juristen sagen, wir im Lande Bremen sollen hier so etwas veröffentlichen. Wir wissen doch gemeinsam, Herr Kollege Grotheer, das steht auch im Übrigen in diesem Paragraphen, Rotgrün hätte im Übrigen beschließen können, dass auch die Gehälter bei nicht börsennotierten Gesellschaften nach dem Handelsgesetzbuch veröffentlicht werden müssen. Im Übrigen gibt es in Berlin dazu auch einen entsprechenden Streit von Herrn Sarrazin!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Weil es sich um Steuermittel han- delt!)

Frau Linnert, können Sie vielleicht auch einmal zuhören, auch wenn es schwer fällt? Bei Ihnen ist mir das völlig klar!

Das ist eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Deswegen hat der Bundesgesetzgeber eine Regelungskompetenz bei den börsennotierten Gesellschaften getroffen, nämlich eine Veröffentlichung, hat gleichzeitig aber auch bei dieser Abwägung gesagt, bei den nicht börsennotierten Gesellschaften wollen wir das nicht.

(Abg. G ö r t z [SPD]: Warum eigentlich nicht?)

Ach, Herr Kollege Görtz, vielleicht können Sie auch einmal zuhören, oder sonst kommen Sie einmal nach vorn und leisten Sie einmal hierzu einen Beitrag!

(Zuruf des Abg. G ö r t z [SPD])

Ja gut, dann melden Sie sich doch einmal!

In dem Antrag, in der Drucksache, steht, von Rotgrün ausgeführt, die Gesetzgebungskompetenz ist eine Kompetenz des Bundes. Ich zitiere mit der Ge

nehmigung des Präsidenten: „Die Regelung ist gemäß Artikel 72 Absatz 2 Grundgesetz zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im Bundesgebiet erforderlich. Fragen der Rechnungslegung einschließlich der Offenlegung und damit auch der Abschlussprüfung sowie die gesellschaftsrechtliche Regelung der Einräumung der Möglichkeit an die Hauptversammlung, von der Offenlegung abzusehen, berühren in zentralen Punkten die Rechts- und Wirtschaftseinheit im Bundesgebiet. Für die bundesweit agierenden Wirtschaftsbeteiligungen sind einheitliche wettbewerbsrechtliche Rahmenbedingungen erforderlich. Die Entstehung gegebenfalls unterschiedlicher Regelungen zur individuellen Offenlegung in 16 Bundesländern mit einem unter Umständen auftretenden Wettbewerb, wer die Arbeitgeber- oder Unternehmens- oder wer die verbraucherfreundlichste Regelung zur Offenlegung anbietet, könnte demgegenüber insbesondere Wettbewerbsverzerrung zwischen Unternehmen in unterschiedlichen Bundesländern zur Folge haben

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Welche Wettbewerbsverzerrung hat die BIG zu erleiden?)

und zu erheblichen Nachteilen für die Gesamtwirtschaft führen. Eine entsprechende Regelungsvielfalt auf Länderebene und Rechtszersplitterung hätte damit problematische Folgen, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden können.

Im Ergebnis wird deutlich, dass die Stärkung des Anlegerschutzes und damit einhergehend die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplans Deutschlands nur durch eine einheitliche bundesgesetzliche Regelung erreicht werden kann. Deshalb macht der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht nach Artikel 72 Absatz 2 zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse von Bund und Ländern Gebrauch.“

Damit wird deutlich, dass der Bund, was die börsennotierten Gesellschaften betrifft, von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat. Da sowohl die börsennotierten als auch die nicht börsennotierten Gesellschaften dem Handelsgesetzbuch unterliegen, hat der Bund im Umkehrschluss von seinem Recht nicht Gebrauch gemacht, für nicht börsennotierte Gesellschaften etwas Ähnliches zu beschließen wie für börsennotierte Gesellschaften. Damit wird deutlich, dass Rotgrün es hier nicht gewollt hat, dass bei diesen nicht börsennotierten Gesellschaften die Gehälter veröffentlicht werden.

Ich füge noch einmal an, durch die Neuregelung für nicht börsennotierte Gesellschaften hat man zusätzlich ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass man das überhaupt nicht wollte, dass für nicht börsennotierte Gesellschaften eine Veröffentlichung gewollt wird. Man hätte das regeln können. Man hätte

auf Bundesebene sagen können, wir wollen, dass für alle Gesellschaften alle Geschäftsführergehälter veröffentlicht werden. Das hätte man so regeln können. Das ist die Bundesgesetzgebungskompetenz, es ist aber nicht die bremische.

Im Übrigen sollten sich die Sozialdemokraten einmal bei Herrn Sarrazin in Berlin erkundigen, der im Übrigen eine ähnliche Diskussion führt und auch zu Recht darauf hinweist, dass es keine Gesetzgebungskompetenz der Länder gibt. Dort hat man den Versuch unternommen zu sagen, wir machen es über die Landeshaushaltsordnung. Die Landeshaushaltsordnung ist aber nicht für privatrechtlich organisierte GmbHs zuständig. Wer hier sagt, wir sollen so etwas einführen, die Grünen sagen ja sogar, wir sollen es sofort machen, der muss doch erst einmal sagen, woher er denn eine Regelungskompetenz nehmen will. Sich hier populistisch hinzustellen und zu sagen, ja, wir wollen das aber und so weiter, meine Damen und Herren, das ist noch lange kein Argument, selbst wenn es vordergründig draußen gut ankommt!

Ich meine, aus dem Beitrag ist deutlich geworden, dass wir das so nicht machen sollten. Die einzige Möglichkeit, das füge ich an, die es überhaupt gäbe, so etwas zu tun – –.

(Glocke)

Herr Kollege, Sie haben Ihre Redezeit jetzt massiv überschritten.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. K l e e n [SPD]: Das stimmt! – Zurufe von der CDU)

Herr Präsident, wenn ich die Zeit überschritten habe, dann melde ich mich noch einmal in der nächsten Runde! – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Grotheer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege, das war kein Beitrag zur Transparenz,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

sondern der Versuch, das Haus hier und die Öffentlichkeit ordentlich zu verwirren. Das ist leider so! Wir lesen ja auch nicht immer die Gesetzblätter, aber bevor wir hier Anträge einbringen, interessieren wir uns nicht nur, sondern wir informieren uns auch über die Sache selbst, und deshalb kann ich Ihnen sagen: Sie haben über die Änderungen, die der Bundestag in Bezug auf die Regelung bei Aktiengesellschaften

beschlossen hat, gesprochen. Insofern ist das gerade noch richtig.

(Heiterkeit bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Da wird unterschieden zwischen den börsennotierten und den nicht börsennotierten Aktiengesellschaften. Im Übrigen aber gibt es eine identische Regelung, wie es sie jetzt für die Aktiengesellschaften gibt, schon seit 1985, mit einer Änderung im Jahre 1994 bei den GmbHs. Es ist von jeher so – das ist vor allen Dingen übrigens ein Interesse des Mittelstands, für den sich die CDU ja sonst angeblich immer einsetzt –, dass es gewisse Publizitätspflichten im Gesellschaftsrecht gibt.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Deshalb ist es seit langem vorgesehen – das geht auf eine Bilanzrichtlinie der EU zurück, die in nationales Recht umgesetzt worden ist –, dass in die Bilanzen einer GmbH diejenigen Beträge aufzunehmen sind, die die Gesellschaft für Geschäftsführer aufwendet. Erfolgsabhängige und erfolgsunabhängige Vergütungen für Aufsichtsräte und für Beiräte sind ebenfalls in den Bilanzen auszuweisen.

Dazu gibt es dann die Ausnahmeregelung, dass dies bei den kleinen Gesellschaften bis – ich kann einmal eine Kennzahl nennen, das ist etwas komplizierter, das kann ich jetzt hier nicht darlegen, das würde den Rahmen sprengen – 50 Mitarbeiter unterbleiben kann. Bis 250 Mitarbeiter muss dies beim Handelsregister eingereicht werden, und bei den ganz großen Gesellschaften müssen dann diese Bilanzen sogar im Bundesanzeiger in der Weise veröffentlicht werden, dass dort mitgeteilt wird, wo man die Bilanz einsehen kann. Einreichung zum Handelsregister heißt: Das Handelsregister wird beim Amtsgericht als ein öffentliches Register geführt. Jedermann kann sich dort informieren.

(Zuruf des Abg. P e r s c h a u [CDU])

Hören Sie mir ruhig zu!

Neu ist es also für die großen Aktiengesellschaften beschlossen worden. Übrigens, da haben Sie Recht, eine Individualisierung sollte bislang nicht erfolgen, sondern es sollte anonymisiert werden, das ist richtig. Nun hat der Bundestag aber gerade für die großen Gesellschaften – und nehmen Sie das doch einfach einmal zur Kenntnis – beschlossen, dass dort individualisierte Angaben mit Namensnennung erfolgen müssen.

Die Begründung dafür ist: Bei einer großen Gesellschaft gibt es ein besonderes, nicht öffentliches, aber ein Anlegerinteresse. Da gibt es viele Aktionäre, viele Beteiligte, viele, die ein wirtschaftliches Interesse

haben. Wir sagen: Genau dieser Gedanke, dass es viele Leute gibt, die ihr Geld zur Verfügung stellen, damit diese Gesellschaft arbeiten kann, gilt genauso für die Gesellschaften des Konzerns Bremen,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

denn die vielen Leute, das sind hier die Steuerzahler, die die Gelder aufbringen, und deshalb geht das, was Sie dazu erzählt haben, völlig an der Sache vorbei.

Ich möchte noch einen Satz sagen zu unserem Umgang mit dem – –.

(Zuruf des Abg. P f l u g r a d t [CDU])

Das habe ich gerade versucht, Ihnen zu erklären! Ich bin auch gern bereit, es nach diesem Tagesordnungspunkt bilateral zu erläutern.

Zu dem Antrag der Grünen: Geschäftsordnungsmäßig die Sache jetzt an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen, das ist nicht zweckmäßig, sondern hier geht es darum, dass Gespräche zwischen dem Senat und den Fraktionen in Gestalt der Fraktionsvorsitzenden geführt werden sollen. Deshalb wollen wir keine Überweisung, sondern wir sagen dazu heute nein. Wenn Sie sagen, es gibt hier eine Parlamentsmehrheit für einen solchen Antrag, dann ist es für sich genommen richtig, es gibt dafür aber leider keine Koalitionsmehrheit. Da müssen wir uns eventuell noch gedulden. Im Jahr 2007 sind Neuwahlen in Bremen, und danach schauen wir dann einmal, wie dieses Thema weiter behandelt werden kann. – Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. P e r s c h a u [CDU]: Viel Spaß dabei!)