Protokoll der Sitzung vom 14.12.2005

Diesen zweiten Nachtragshaushalt hat uns der Senat nicht vorgelegt, weil es nun endlich losgeht mit einem Kassensturz und einer Aufarbeitung der letzten zehn Jahre Schattenhaushalte, Ausgliederungen, Belastungen künftiger Haushalte und schlicht rechtswidrigen Buchführungspraktiken – ich spreche das Problem Zinsen an, investiv/konsumtiv –, sondern es hat einen verfassungsrechtlichen Grund, dass ein Nachtragshaushalt vorgelegt worden ist. Es hat schlicht kein Weg daran vorbeigeführt, jetzt hier einen Nachtragshaushalt zu behandeln, das kann sich der Senat ja nicht beliebig auswählen. Es ist ein riesengroßes Problem, dass das drei Wochen vor Ablauf des Jahres passieren soll, für den dieser Nachtragshaushalt gilt. Irgendwelche realen Handlungsspielräume, in denen wir als Politik irgendetwas gestalten könnten, gibt es überhaupt nicht mehr. Wir können das im Prinzip zur Kenntnis nehmen, aber das Jahr ist gelaufen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der gesamte Nachtragshaushalt umfasst ungefähr 120 Millionen Euro, und dabei sind ganz viele Posten, bei denen von Anfang an klar war, dass entweder die Einnahmeerwartungen zu hoch oder die Ausgabenansätze zu niedrig waren. Das ist nicht über Bremen hereingebrochen, sondern es war klar, dass das passieren würde. Wenn gesagt wird, na ja, es gab auch manche noch schlimmeren Befürchtungen, die nicht eingetreten sind, dann stimmt das natürlich, aber mit dem Argument könnte man dann ganz auf irgendwelche Planungen verzichten. Das will hier ja wohl keiner! Aber dass mit dem Einkaufsmanagement nicht sechs Millionen Euro einzusparen gewesen sind, das war ja wohl absehbar, und dass auch die Minderausgaben, die überall eingestellt worden sind, nicht erwirtschaftet werden konnten, das war genauso klar.

Außerdem haben wir alle gewusst, dass die Ansätze für Sozialleistungen und Justiz viel zu niedrig waren, als die Koalition sie beschlossen hat. Das ist ja immer so bei der großen Koalition: Die streitigen, unsinnigen, zweifelhaften Sachen werden zuerst finanziert, abgesichert und durchgeführt, und wenn es am Ende nicht mehr reicht, dann fehlt das Geld an Stellen, bei denen vernünftigerweise niemand mehr nein sagen kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bei den Sozialleistungen und der Justiz geht es um Kosten, die von der Bremer Politik fast gar nicht zu

steuern sind. Die Kosten werden durch Bundesgesetze begründet, die Bremen aus gutem Grund ausführen muss, wo einzelne Menschen teils mehr, teils weniger Rechtsansprüche haben auf mehr oder weniger Leistungen. Man kann ja wohl auch kaum sagen, dass die Gerichte ab Juli oder August im Jahr keine Scheidungen mehr durchführen dürfen, weil das Geld für die Prozesskostenhilfe wegen irgendeines Gutachtens in einem anderen Prozess gebraucht wurde, entschieden von einem unabhängigen Richter. Das, was dort an Bedarfen existiert, muss gezahlt werden, egal, ob das zur Koalitionsarithmetik passt oder nicht.

Dadurch, dass diese Ansätze bewusst zu niedrig waren, haben Sie letztlich die politischen Spielräume geschaffen, mit denen dann Abfinanzierungsraten für Schattenhaushalte, Mittel für Baumaßnahmen, die selbst vor Ort nicht gewünscht werden, oder der ganze Aufwand für die staatlichen Gesellschaften überhaupt erst möglich werden. Die Mehrausgaben, die durch diesen Nachtragshaushalt abgedeckt werden sollen, sind Konsequenzen Ihrer politischen Beschlüsse, Ergebnis Ihrer gesamten politischen Arbeit, wie Sie mit Sparen umgehen. Es war letztlich immer derselbe teure Koalitionsproporz nach dem Motto, wenn der eine etwas bekommt, muss der andere auch etwas bekommen, was zu völlig irren Ergebnissen führt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir Grünen haben die Worte von Bürgermeister Jens Böhrnsen im letzten Monat gern gehört, als es um Transparenz, Offenheit, Selbst- und Risikobewusstsein, Zuwendung zur Realität und so weiter ging. Wir wollen, dass künftig auch mit bitteren Wahrheiten offen umgegangen wird, und zwar am besten schon vor Ablauf der ersten hundert Amtstage von Bürgermeister Böhrnsen. Ich glaube, da ist noch einiges an Arbeit zu tun, denn wenn der Senat aus Anlass des Nachtragshaushalts verkündet hat, dass es wegen der Steuerschätzung 14 Millionen Euro mehr Geld für Bremen gibt, dann klingt das ja erst einmal nach einer guten Nachricht, aber es ist nur die halbe Wahrheit.

Eine weitere Wahrheit ist, dass Bremen nicht mehr Steuern einnimmt, sondern dass Bremen weniger Steuern einnimmt. Zwar wird das durch Zahlung durch den Bund und die anderen Länder kompensiert. Die anderen Länder nehmen insgesamt 1,2 Milliarden Euro mehr ein und die Kommunen 1,7 Milliarden Euro, aber im Land Bremen sinken die Steuereinnahmen. Der Abstand Bremens zu den anderen Ländern nimmt also zu und nicht ab. Die Lage Bremens hat sich verschlechtert und nicht verbessert im Vergleich zu den anderen. Das ist eine bittere Wahrheit, aber es klingt eben nicht so gut wie 14 Millionen Euro mehr wegen Steuerschätzungen.

Es ist natürlich mit der Wahrheit auch so eine Frage der Perspektive, die man einnimmt. Es gibt ja häufig

mehrere Perspektiven. Die 14 Millionen Euro mehr gibt es nur im Vergleich zwischen der ersten Vorlage des Nachtragshaushalts, die der Senat am 1. November eingebracht hat, und dem Nachschlag zum Nachtrag, nämlich Ihrem Stapel Änderungsanträge, den Sie letzten Freitag in den Haushaltsausschuss eingebracht haben, also gerade einmal einen Monat später. Gegenüber dem beschlossenen Haushalt, also gegenüber dem, was heute hier geändert werden soll, haben Sie die Einnahmenansätze gerade einmal ungefähr einhalten können. Das ist natürlich schon ein Kunststück. Der Einnahmeeckwert wird in Wirklichkeit nur eingehalten, die Koalition jubelt über Mehreinnahmen, dann ist es ja auch gar nicht mehr so schlimm, dass das Geld sofort wieder zum Stopfen von Löchern ausgegeben wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Grünen lehnen den zweiten Nachtragshaushalt ab, nicht weil wir gegen die einzelnen Zahlen sind, die jetzt im Nachschlag oder im Nachtragshaushalt selbst enthalten sind, sondern weil wir den gesamten Haushalt, den gesamten großkoalitionären Umgang mit Geld für unausgewogen und falsch, aber vor allem auch für perspektivlos halten. Es ist ja nicht nur ein kleines Gewitter, das sich über Bremen zusammengebraut hat, und es ist auch nicht immer das gleiche Gejammere der Finanzleute, die sagen, dass kein Geld da ist, sondern Bremen befindet sich in einer existenzgefährdenden Lage, in der uns die Schulden über den Kopf wachsen und überhaupt nicht absehbar ist, wie das jährliche Defizit wirksam bekämpft werden kann. Im Bereich der laufenden Ausgaben geht es mit dem Rasenmähersparen nicht weiter, weil auch der Druck in den Ressorts ganz erheblich unterschiedlich verteilt ist. Bremen ist nicht nur finanziell in einer miserablen Lage, sondern auch die politische Ausgangssituation ist mehr als unglücklich, und zwar deshalb, weil es im Bereich der Investitionen immer noch an einer besseren Einsicht fehlt. Da ist Nachholbedarf beim Sparen, und das sagen alle, die von außen auf den Bremer Haushalt schauen. Es gibt hier nur eine besondere Sicht innerhalb Bremens. Im ersten Jahr, das muss man sich noch einmal auf der Zunge zergehen lassen, in dem es kein Geld mehr als Sanierungszahlung vom Bund gibt, legt Bremen ein so genanntes Anschlussinvestitionsprogramm mit einem Gesamtvolumen von 2,3 Milliarden Euro bis 2014 auf, und das ist bereits zu weiten Teilen ausgegeben oder vorverpflichtet worden, daraus werden im Wesentlichen noch Abfinanzierungsraten finanziert. Das ist hier im Hause ja schon fast kalter Kaffee, aber man muss sich noch einmal vor Augen führen, das erste Jahr des gesamten Anschlussinvestitionsprogramms 2005 bis 2014 läuft nun gerade erst ab, und das Geld ist schon weg.

Die große Koalition sagt aber immer noch nicht stopp, jetzt wird einmal ganz genau hingesehen.

Braucht Bremen wirklich mehr Luxushotels? Ist so viel Stadtreklame, so viel Marketing wirklich nötig? Wo kann man das Wünschbare auf das Machbare beschränken? Sie bekommen es ja sogar hin, eine Begründung zusammenzuzimmern, weshalb noch 13,9 Millionen Euro ins Universum fließen müssen, obwohl gleichzeitig im Theater die Löhne nicht bezahlt werden. Das ist doch ein Problem, das in Bremen niemand mehr versteht, aber bundesweit erst recht nicht. Sie als große Koalition müssten einen Haushalt vorlegen, mit dem man in Karlsruhe Geld für Bremen gewinnen könnte, und das sehe ich noch nicht. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Pflugradt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei der Beratung des ersten Nachtragshaushalts hier im Hause haben wir schon damals angekündigt, dass es einen zweiten Nachtragshaushalt geben wird. Wir waren allerdings nicht der Auffassung, dass wir monatlich hier Nachtragshaushalte beraten, sondern wir haben von Anfang an gesagt, wir machen einen Nachtragshaushalt im Dezember und lösen dann alle Probleme, die sich im Laufe des Jahres ergeben. Die Probleme, die zeitweise auf dem Tisch des Hauses lagen, haben sich minimiert, trotzdem sind es insgesamt Probleme von 115 Millionen Euro, und ich weise darauf hin, dass lediglich die vermehrten Ausgaben für Hartz IV zu Krediterhöhungen führen.

Die Ressortprobleme, die es gibt, Frau Wiedemeyer hat darauf hingewiesen, waren uns im Wesentlichen alle gemeinsam vorher bekannt, und die Befürchtungen, das hat Frau Wiedemeyer zu Recht gesagt, waren vorher viel größer, und die enormen Sparbemühungen, die es in den einzelnen Ressorts gegeben hat, haben dazu geführt, dass wir nicht alle Ressortwünsche erfüllen mussten.

Ich will nur einmal auf das Bauressort als ein Ressort, das ich besonders durch meine Tätigkeiten in der Baudeputation begleite, hinweisen, dort wurden allein im konsumtiven Bereich 20 Prozent eingespart. Meine Damen und Herren, das sind Größenordnungen, die sich kaum jemand in der Vergangenheit vorstellen konnte, und dies gilt nicht nur für das Bauressort, das gilt auch für die anderen Ressorts, wo insgesamt viel gespart werden muss. Trotzdem bleibt es unsere Aufgabe, auch in der Zukunft weiterhin sehr darauf zu achten, wo wir noch weiter sparen können.

Mit der Verabschiedung des Nachtragshaushalts, aber auch mit der Lösung der Probleme der Haushalte 2006 und 2007 hat die Koalition erneut ihre Handlungsfähigkeit bestätigt. Wenn Sie mit Ihrer ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Fundamentalkritik, Herr Köhler, hier immer wieder von Auslagerungen reden, von Schattenhaushalten und so weiter, von all diesen Dingen, dann werfe ich Ihnen vor, dass Sie nicht deutlich machen, wo denn Ihre Alternativen sind. Hier einfach mit kritischen Anmerkungen herzukommen, damit machen Sie es sich ein bisschen leicht! Sie müssen im Übrigen auch einbeziehen, Herr Köhler: Die Grünen haben bis September dieses Jahres in Berlin mitregiert, und was für ein Desaster sie im Finanzbereich hinterlassen haben, das wissen wir doch alle. Es gibt im Bundeshaushalt ein strukturelles Defizit von 60 Milliarden, und das haben die Grünen mit zu verantworten, davon können sie sich nicht freisprechen!

(Beifall bei der CDU)

Wer solch eine Mitverantwortung trägt, darf sich nicht hier als Schaumschläger hinstellen und so tun, als habe er eine reine Weste. Ich finde, es gehört zur Wahrheit, dass man das mit erwähnt und auch zu dieser Mitverantwortung steht. Wenn wir bis zum Mai neun Steuerschätzungen in Folge hatten, die nach unten gingen, dann hat das auch damit zu tun, dass die Grünen in Berlin regiert haben.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grünen]: Allein regiert ha- ben wir da!)

Wenn wir von fünf Jahren vier Jahre Stagnation gehabt haben, dann haben die Grünen das mit zu verantworten. Das wirkt sich natürlich in Bremen aus. Wenn die Armut sich in Deutschland nicht vermindert, sondern gesteigert hat, dann geht das doch nicht spurlos an Bremen vorüber. Tun Sie doch nicht so, als hätten Sie damit nichts zu tun, sondern stehen Sie dazu und reden einmal ein bisschen offen und die Wahrheit, dann wird Ihre Argumentation auch ein Stück weit glaubwürdiger!

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Bei Herrn Kohl war alles toll!)

Ich glaube, dass die Verabredung, die die große Koalition in Berlin getroffen hat, ein Weg in die richtige Richtung ist, um uns aus diesem finanziellen Desaster herauszuführen und um uns aus dem Desaster der wirtschaftlichen Entwicklung herauszuführen, damit wir endlich wieder ein Wirtschaftswachstum haben und damit verbunden einen Abbau der Arbeitslosigkeit.

Herr Köhler, irgendwie haben Sie ein gestörtes Verhältnis zu Investitionen. Meine erste Bemerkung ist: Wenn wir aus unseren Investitionen die Ausgaben herausrechnen, die wir als Investitionen rechnen, die aber eigentlich Zinsen sind, also konsumtive Ausgaben sind, und wenn wir die Hafenlasten herausrechnen, von denen wir eigentlich sagen, das müsse der

Bund übernehmen, dann haben wir nicht eine überdurchschnittliche Investitionsquote, dann haben wir eine unterdurchschnittliche Investitionsquote. Im Übrigen haben wir nach wie vor einen Nachholbedarf, was Investitionen betrifft, und das Nächste ist: Wir investieren nicht um der Investition willen, sondern wir investieren, um Arbeitsplätze zu schaffen, um unsere Wirtschaftsstrukturen zu verändern und um Arbeitsplätze zu schaffen!

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen das Problem der Arbeitslosigkeit beseitigen, deswegen investieren wir, und das muss immer wieder gesagt werden. Wir haben doch an der Hansalinie fast 2000 Arbeitsplätze geschaffen. Das wäre, wenn Sie in der Regierung wären, nicht möglich gewesen. Die Arbeitsplätze gäbe es in Bremen nicht, die gäbe es im Umland und nicht in Bremen. Die Steuererträge wären nicht hier erwirtschaftet worden, sondern im Umland. Das Gleiche gilt für den Industriepark, das gilt für Airport-City und so weiter. Ich kann diverse Beispiele nennen, ich kann auch Wohnungsbauflächen nehmen. All das wäre im Umland passiert und hätte zu Mindereinnahmen geführt und damit unsere Haushaltsprobleme noch mehr vergrößert.

Eine weitere Bemerkung möchte ich doch machen! Meine Vorredner sind darauf nicht eingegangen, aber ich finde, wenn man über Finanzpolitik, über Haushaltspolitik redet, dann muss man schon auch ein Wort zu dem finden, was es an aktuellen Diskussionen außerhalb Bremens gibt, nämlich die Äußerung des Finanzsenators aus Berlin. Meine Damen und Herren, wer so im Glashaus sitzt wie die Berliner – was die Finanzlage betrifft, hatte Berlin 1995 23,7 Milliarden Schulden, 2001 dann 42 Milliarden, und 2009 werden es 69 Milliarden Schulden sein, was die wirtschaftliche Lage betrifft, gibt es ein unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum in Berlin, sie sind Schlusslicht aller Bundesländer, was die Arbeitslosigkeit betrifft, sind sie Schlusslicht, bei den Investitionen ebenso –, sollte nicht mit Steinen werfen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ich weise die Kritik von Herrn Sarrazin zurück und sage: Wer sich so aus der Solidarität der Stadtstaaten herauslöst, dem wird das, glaube ich, noch einmal Leid tun. Das ist keine kluge Strategie, die dort verfolgt wird. Wer darauf hinweist, dass man im Personalabbau bei den konsumtiven Ausgaben so erheblich eingespart habe, überproportional, der muss doch nur wissen, woher das kommt. Sie haben durch die Wiedervereinigung überproportional Personal gehabt und müssen jetzt überproportional abbauen, was man jahrelang nicht gemacht hat, was aber jetzt gemacht wird, und dadurch kommen diese erheblichen Einsparungen. Nicht anders sind sie zu erklären, und das

als besondere Leistungsfähigkeit herauszustellen ist, glaube ich, kein gutes Argument.

In dem Zusammenhang will ich auch darauf hinweisen, dass es ein Gutachten hier in Bremen gab, das keiner kennt, das aber die Presse und der Finanzsenator kennen, was, glaube ich, nicht sehr hilfreich war, um das einmal zurückhaltend zu formulieren. Herr Senator Nußbaum, ich will es mit dieser allgemeinen Bemerkung bewenden lassen, ich will aber trotzdem sagen: In dieser Situation, in der wir uns in Bremen befinden, ein Stück weit mit dem Rücken an der Wand, das ist in der Tat leider wahr, sollte man sich als Finanzsenator vor dem Hintergrund, dass wir in Karlsruhe klagen wollen, intensivst um diesen Bereich kümmern und sich weniger in die Belange der einzelnen Ressorts einmischen.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde, das sollte an dieser Stelle auch einmal gesagt werden. Ich will das mit dieser zurückhaltenden Bemerkung machen. Ich hoffe, dass ich nicht provoziert werde, dort noch weiter einzusteigen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Wedler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde die kritischen Anmerkungen, die Herr Köhler hier abgegeben hat, völlig richtig. Die möchte ich nachhaltig unterstützen, und ich möchte sie aus meiner Sicht noch um einige Punkte ergänzen.

Herr Pflugradt, ich finde, mit Ihrem Ablenkungsmanöver nach Berlin lenken Sie eigentlich von unseren Problemen hier in Bremen ab. Sie haben auf die Probleme des Bundes hingewiesen. Sie können das erweitern, auch viele andere Bundesländer haben Probleme, und daraus können Sie eigentlich nur den Rückschluss ziehen hier für uns in Bremen und für die Möglichkeiten, die wir eventuell von den anderen erwarten, dass dort wohl nichts zu holen sein wird. Das heißt also, Ihre Kritik am Bund ist an dieser Stelle nicht ganz richtig. Sie sollten sich stattdessen intensiv und ausschließlich mit unserer Situation hier in Bremen beschäftigen.

Sie haben den Finanzsenator in Berlin als jemanden benannt, der von außen auf uns in Bremen schaut, natürlich selbst Betroffener ist, weil er auch in Karlsruhe klagt, aber ich denke, der Blick von außen auf die Situation hier in Bremen öffnet auch uns die Augen. Es ist ja nicht nur der Finanzsenator in Berlin, der uns kritische Vorhaltungen macht, es ist auch der Bundestag, da gibt es die gleichen Überlegungen. Wenn Sie in Ihre eigenen Parteien hineinhören, hören Sie das Gleiche, und wenn Sie in andere Bun

desländer hineinhören, hören Sie ebenfalls das Gleiche. Das heißt also, das ist nicht nur eine Berliner Voreingenommenheit, die sich da artikuliert, sondern das ist eine bundesweite Sichtweise. Insofern: Lenken Sie nicht ab von den Problemen, die wir hier in Bremen haben!

Noch eine Anmerkung zu dem Gutachten von Herrn Seitz! Ich habe heute oder gestern, glaube ich, in der Presse gelesen, dass unser ausgeschiedener Staatsrat Hoffmann das komplette Gutachten unterschreiben kann, es sogar richtig findet, ihn stören darin nur zwei harmlose, belanglose Sätze. Wenn das der Sachstand ist – ich kenne das Gutachten genauso wenig wie Sie –, dann sollte man auch anders darüber denken. Ich finde, das ist nicht der Sache angemessen. Ich hoffe, dass wir im Haushalts- und Finanzausschuss dieses Gutachten demnächst bekommen werden und dass wir es uns dann einmal im Einzelnen ansehen können.

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s über- nimmt den Vorsitz.)

Es geht jetzt um den zweiten Nachtragshaushalt 2005, also das, was sich in diesem Haushaltsjahr 2005 hier in Bremen abgespielt hat. Dazu muss ich sagen, dass das Trauerspiel Haushalt 2005 jetzt mit seinem zweiten Nachtragshaushalt in die letzte Runde geht, und es wird nicht besser, sondern eher schlechter. War der Ursprungshaushalt 2005 schon äußerst dubios, weil er auf Wunschdenken, zum Beispiel den Einnahmen aus dem Kanzlerbrief, und vielen unseriösen Annahmen und Verhaltensweisen aufbaute, so musste der erste Nachtragshaushalt 2005 die geplatzten Kanzlerbrieferwartungen durch zusätzliche Kredite ersetzen, ohne dass sich im Ausgabeverhalten der Ressorts Wesentliches veränderte. Der Ernst der Lage nach dem gescheiterten Kanzlerbrief wurde, so muss ich das bewerten, nicht realisiert, es wurde praktisch unverändert weitergewurstelt.

Der zweite Nachtragshaushalt 2005 ist der beste Beleg für diese Verhaltensweisen. Es fehlen weitere knapp 116 Millionen Euro, die zu etwa einem Drittel durch erneute Kreditaufnahme finanziert werden sollen. Ein Teil des Mehrbedarfs, nämlich rund 20 Millionen Euro, soll von den Ressorts selbst aufgebracht werden, das heißt, auf neue Rechnung vorgetragen und letztlich auch, allerdings nur kurzfristig, kreditfinanziert und damit dann auch verzinst werden. Anstatt realisierte Veräußerungserlöse wie zum Beispiel durch den Verkauf der Stadtwerkeanteile zur Reduzierung der Kreditaufnahme beziehungsweise zur Tilgung von Schulden zu verwenden und damit zur Reduzierung von Zinsverpflichtungen, werden sie im Wesentlichen konsumtiv ausgegeben.