Protokoll der Sitzung vom 10.05.2006

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie hat sich in den letzten vier Jahren die Anzahl der so genannten Erzwingungshaftverfahren bei den Amtsgerichten Bremen und Bremerhaven entwickelt, die wegen der Beitreibung von Bußgeldern wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten beantragt wurden?

Zweitens: Wie viele Beschäftigte der Staatsanwaltschaft und der Gerichte sind mit welchem Anteil ihrer Arbeitszeit mit der Durchführung dieser Erzwingungshaftverfahren befasst?

Drittens: Sind die durch die Erzwingungshaftverfahren verursachten Personalkosten bei den Entscheidungen über die Intensivierung der Überwachung des ruhenden Verkehrs im Rahmen der Gegenüberstellung von Einnahmen und Kosten berücksichtigt worden?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Staatsrat Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Im Jahr 2005 hat die Bußgeldstelle des Stadtamts Bremen 6703, im Jahr 2002 5711 Anträge auf Anordnung der Erzwingungshaft wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten gestellt. Vergleichbare Zahlen für die Jahre 2003 und 2004 liegen nicht vor. Wegen der Schwierigkeiten mit der Einführung des Buchungsprogramms SAP sind Anträge in diesem Zeitraum nur sehr zurückhaltend gestellt worden. In Bremerhaven wird die Zahl der Anträge auf Anordnung der Erzwingungshaft wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten statistisch nicht erfasst.

Zu Frage zwei: Bei den Amtsgerichten des Landes Bremen entfallen 4,34 Richterstellen auf die Bearbeitung von Bußgeldsachen. Nach überschlägiger Schätzung gehen mindestens 80 Prozent der Bußgeldsachen auf Verkehrsordnungswidrigkeiten zurück. Von diesen betreffen – wiederum grob geschätzt – zirka zwei Drittel den ruhenden und ein Drittel den fließenden Verkehr. Die Erzwingungshaftsachen binden nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Bremen dort etwa eine Rechtspflegerstelle und zirka vier Geschäftsstellenkräfte.

Zu Frage drei: Die insgesamt entstehenden Personalkosten wurden bei der Entscheidung über die Intensivierung der Überwachung des ruhenden Verkehrs berücksichtigt. Die Anordnung der Erzwingungshaft ist ein wirksames Mittel. Ein Haftbefehl veranlasst fast alle Betroffenen zur Zahlung der Geldbuße. Nur in seltenen Ausnahmefällen kommt es tatsächlich zur Inhaftierung. Ein Verzicht auf die Anordnung der Erzwingungshaft hätte eine deutliche Verschlechterung der Zahlungsmoral zur Folge. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Kollege Grotheer, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Grotheer!

Ich verstehe die Antwort so, dass etwa ein Richter beim Amtsgericht in Bremen ausschließlich damit befasst ist, diese Erzwingungshaftbefehle zu bearbeiten, die dazu dienen, die Betroffenen dazu anzuhalten, das Bußgeld zu bezahlen. Das ist ja eine erhebliche Belastung bei den Gerichten. Es kommt dann auch bei der Staatsanwaltschaft eine zusätzliche Belastung hinzu. Wohin fließen denn die Einnahmen, die sich daraus ergeben, dass die Betroffenen, wie Sie für diese Fälle ausführten, bereit sind, die Bußgelder zu bezahlen?

Bitte, Herr Staatsrat!

Im Rahmen unserer Arbeitsteilung erhält der Senator für Inneres letztlich diese Mittel. Das ist so.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich verstehe Ihre Antwort so, dass die Justiz hier einen wesentlichen, einen wichtigen Teil der Arbeit erbringt, damit die Betroffenen zur Zahlung angehalten werden, und von den Einnahmen hat die Justiz nichts, sondern es fließt in den Haushalt des Innensenators. Finden Sie das gerecht?

(Heiterkeit)

Bitte, Herr Staatsrat!

Ich glaube, auf Gerechtigkeit kommt es hierbei nicht so sehr an. Es ist in der Tat eine gewaltige Arbeit, über deren Sinnhaftigkeit man streiten kann. Die Frage ist nur: Welche Alternative haben wir? Wenn wir nicht den Haftbefehl als Ultima Ratio haben würden, würden hier 6000 Verfahren überhaupt nicht bearbeitet werden können. Das ist das letzte Druckmittel. Die Alternative wäre nur, dass die Einsicht unter den Bürgern wächst, die Bußgelder auch so bezahlen zu können, ohne dass wir all diese Mittel einsetzen müssen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich wollte darauf aufmerksam machen, dass diese Belastung bei der Verteilung des Personals berücksichtigt werden sollte. – Schönen Dank!

Eine weitere Zusatzfrage von der Abgeordneten Frau Schwarz! – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, gibt es nicht die Möglichkeit, dass Kosten, die durch diese Verfahren im Justizbereich anfallen, teilweise vom Bereich Inneres mitfinanziert werden? Sie wissen ja, auch im Bereich Justiz gibt es erhebliche Schwierigkeiten, die Kosten zu finanzieren.

Bitte, Herr Staatsrat!

Anregungen finde ich immer sehr hilfreich. Nur, wenn wir weiterdenken, die Kosten des Vollzuges könnten wir dann natürlich auch Inneres in Rechnung stellen. Ich glaube, wir müssen schon dabei bleiben, was wir im Haushalt haben. Das ist das, was wir haben, und damit müssen wir sparsam umgehen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Die Begründung leuchtet mir nicht ein! Sie müssen selbstverständlich mit Ih

ren Haushaltsmitteln sparsam umgehen, aber Sie könnten die Haushaltsmittel dadurch erhöhen, dass Sie diese Kosten, die im Justizbereich anfallen, von denen aber Inneres profitiert, in Rechnung stellen. Ihre Begründung fehlt bisher noch!

Bitte, Herr Staatsrat!

Frau Abgeordnete, wir haben aber doch eine gewisse Arbeitsteilung zwischen Justiz und Polizei. Die Kosten der Telefonüberwachung, die Kosten für Dolmetscher, für die Blutuntersuchung trägt die Polizei. Wenn wir das alles gegeneinander aufrechnen, ich glaube, das hilft uns nicht weiter. Dass wir möglicherweise gemeinsam mehr Mittel brauchen könnten, das steht auf einer anderen Seite. Ich glaube aber nicht, dass wir weiterkommen, wenn wir uns gegenseitig die Mittel entziehen.

Frau Kollegin Schwarz, haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

(Abg. Frau S c h w a r z [SPD]: Nein! Die Antwort erfreut mich nicht, aber ich höre auf! Danke!)

Eine weitere Zusatzfrage vom Abgeordneten Herderhorst! – Bitte!

Herr Staatsrat, Sie haben mir schon einiges vorweggenommen, indem Sie darauf hingewiesen haben, welche Kosten von Inneres getragen und auch nicht mit Justiz verrechnet werden. Ich darf es vielleicht auch noch um einen Punkt ergänzen, der auffällig ist. Der Bereich der Abschiebehaft übernimmt erhebliche Fahrten für die Justiz aus Gerichten in die JVA et cetera. Auch dieser Kostenbetrag wird nicht verrechnet, wie ich weiß. Ist das richtig?

Bitte, Herr Staatsrat!

Das ist richtig. Auch wir fahren für die Polizei!

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die fünfte Anfrage bezieht sich auf die „Unterbringung der Sammlung des ehemaligen Nordseemuseums in Bremerhaven“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Hoch, Frau Linnert und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bitte, Frau Kollegin Hoch!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Welche Lösungsvarianten wurden für die Unterbringung der Sammlung des ehemaligen Nord

seemuseums – Landeseigentum – durch die Projektgruppe unter Beteiligung der BEAN, des Fördervereins Nordseemuseum, des Senators für Kultur, der Stadtbau und des Übersee-Museums Bremen erarbeitet?

Zweitens: Existiert für die derzeit in der Presse dargestellte Lösung ein tragfähiges Finanzierungskonzept, und wenn ja, wie sieht es aus?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Kastendiek.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu eins: Die unter Federführung des Dezernats IV des Magistrats der Stadt Bremerhaven in den vergangenen Jahren in der Arbeitsgruppe „Nordseemuseum“ erarbeiteten Lösungsvarianten zur weiteren, modernisierten Unterbringung der seit dem Jahr 1921 bestehenden Landessammlung basieren auf verschiedenen Standortprüfungen, insbesondere im Gebiet Alter/Neuer Hafen. Untersucht wurden die folgenden möglichen Standorte: ehemaliges Hydraulikgebäude an der Kaiserschleuse, Weserforum Columbuscenter, Phänomenta im ehemaligen Gewürzlager Fischereihafen und die ehemalige Rogge-Halle am Neuen Hafen sowie die Mitnutzung des Klimahauses.

Auf Grundlage des Beschlusses des Magistrats vom 10. Dezember 2003 zur Rekonstruktion der RoggeHalle konzentrierten sich die Planungen der Arbeitsgruppe „Nordseemuseum“ seit dem Jahr 2004 auf diesen Standort. Inzwischen ist in der gemeinsamen Erklärung von Bürgermeister Böhrnsen, Bürgermeister Röwekamp, Oberbürgermeister Schulz und Bürgermeister Teiser zu den Investitionen in Bremerhaven ein Standort im Gebiet des Schaufensters Fischereihafen in Aussicht genommen worden.

Zu zwei: Es existiert bisher noch kein konkretes Finanzierungskonzept. Die Bürgermeister haben vereinbart, dass zur Präsentation der Landessammlung „Nordseemuseum“ im Gebiet des Schaufensters Fischereihafen bis zu einer Million Euro zur Verfügung gestellt werden. Die Betriebskosten sind kommunale Angelegenheit. Einzelheiten werden derzeit konkretisiert. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Kollegin Hoch, haben Sie eine Zusatzfrage?

Herr Senator, kennen Sie die neueste Entwicklung, dass jetzt wieder auf Seiten der SPD-Fraktion vom Standort Fischereihafen abgerückt wird und wieder das Konzept der Rogge-Halle im Gespräch ist? Wie bewerten Sie das?

Bitte, Herr Senator!

Ich habe heute Morgen mit großer Aufmerksamkeit aus dem „Weser-Kurier“ die Diskussionslage in der SPD-Fraktion in Bremerhaven zur Kenntnis genommen. Da es eine kommunale Angelegenheit ist und es immer ein kluges Prinzip ist, sich aus diesen kommunalen Angelegenheiten der freiesten Gemeinde Deutschlands herauszuhalten, glaube ich, dass es auch bei diesem Thema etwas klüger ist, dann die Entscheidungsprozesse in Bremerhaven zu begleiten, aber jetzt an dieser Stelle nicht zu bewerten. Der finanzielle Rahmen, in dem sich das Land an der Investition beteiligt, ist dargestellt worden: eine Million Euro!