Protokoll der Sitzung vom 22.02.2007

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann müsste man auch Fantasy-Spiele verbieten. Es gibt Leute, die sich am Wochenende im Wald verkleiden als Drachen, Elfen, Zwerge, Erdlöcher graben und sich dann gegenseitig bekämpfen auf verschiedenen Stufen, mit verschiedenen Fähigkeiten und sich für 3 Stunden in Erdlöcher einschließen oder gefangen gehalten werden in irgendwelchen Baumgefängnissen. Auch das, müsste man ja sagen, könnte die Gewalt im Alltag fördern. Ich meine, es kommt doch eigentlich auf ganz andere Zusammenhänge an dieser Stelle an.

(Glocke)

Frau Abgeordnete, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Bensch?

Aber sicher!

Bitte, Herr Abgeordneter!

Frau Abgeordnete Stahmann, Sie haben dann doch die Bundespolitik angerissen. Es geht natürlich hier bei der Mitteilung des Senats um die Medienerziehung an den Schulen im Lande Bremen, aber trotzdem ist ein Ausflug in die Bundespolitik immer erlaubt, das begrüße ich auch, aber dann möchte ich auch ganz gern von Ihnen eine Frage beantwortet wissen. Sind Sie in Kenntnis, dass die Bundesministerin für Familie, Frau von der Leyen, eine Bundesratsinitiative gestartet hat,

(Zuruf von der SPD: Noch eine!)

in der es mehr um den Jugendschutz geht und weniger um ein Verbot von Killerspielen? Sie sprachen

die CSU und Herrn Beckstein damit an. Ist Ihnen bekannt, dass auch auf der Homepage des Bundesministeriums für Familie, Soziales und so weiter ausdrücklich steht, dass eine enge Zusammenarbeit mit den Schulen deutschlandweit vorgesehen ist? Sind Sie auch darüber in Kenntnis, und können Sie dies auch positiv kritisch würdigen?

Danke, Herr Bensch, für diese Zwischenfrage! Natürlich weiß ich das, aber wenn ich hier alles erzählen würde, was ich weiß,

(Heiterkeit und Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zurufe von der CDU)

dann wären wir hier morgen noch nicht fertig! Es ist ja leider immer das Schicksal von Abgeordneten, dass wir hier häppchenweise Redezeit zugeteilt bekommen. Aber natürlich weiß ich Bescheid, was Frau von der Leyen will, und ich finde, das ist auch eigentlich der bessere Weg, als Sie es von der CSU aus Bayern favorisieren würden.

(Abg. B e n s c h [CDU]: Darin sind wir uns einig an dieser Stelle?)

Ja! Daran gibt es an dieser Stelle nichts zu mäkeln. Wie gesagt, die Antwort des Senats ist recht gut, man kann den Senator auch dafür loben. Wenn es Kritik gibt, dann kritisiere ich ihn, aber ich finde, wenn Sachen gut laufen, muss man das hier im Haus auch einmal deutlich sagen.

In dem Bereich muss man bestimmte Entwicklungen fördern.

(Beifall bei der SPD)

Es kommt auf die Eltern an, es kommt auf gut ausgebildete Lehrer an, aber vor allen Dingen kommt es auf einen guten DSL-Anschluss an, Herr Bensch! – Tschüß!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Böschen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Von meiner Vorrednerin und meinem Vorredner wurde bereits die Bedeutung der digitalen Medien als selbstverständlicher Bestandteil nahezu aller Bereiche des gesellschaftlichen und beruflichen Lebens dargestellt. Medienkompetenz gilt somit heute als Schlüsselqualifikation, die in Schu

len vermittelt werden muss. Daneben bietet das Lernen mit Medien allerdings auch viele Möglichkeiten der Verbesserung von Lernprozessen.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

In Bremen haben wir aber auch die Erwartung, dass sich Medienerziehung daran orientiert, auf welchen Stufen und in welchen Fächern der Einsatz neuer Medien und Informationstechniken die Lernmotivation und die Lernfähigkeit fördert und wie er die Lernergebnisse beziehungsweise den Kompetenzerwerb erkennbar verbessert. Hier muss sich deutlich eine pädagogisch-didaktische Begründung für den Einsatz neuer Medien finden, denn sonst lassen sich aus meiner Sicht die teuren Technikinvestitionen nicht rechtfertigen.

Mit der Beschleunigung der technischen Entwicklung und dem Zusammenwachsen verschiedener Medien wie zum Beispiel Fernsehen und Video per Handy kommt es zu immer schnelleren Änderungen des Medienverhaltens von Kindern und Jugendlichen, und damit entstehen auch immer wieder neue Fragestellungen wie zum Beispiel die zum Umgang mit Gewaltvideos auf Handys. Dies zeigt, dass wir Medienkompetenz weitaus umfassender sehen müssen als das Trainieren einer korrekten Handhabung von Geräten oder entsprechender Software. Medienerziehung muss Orientierungswissen vermitteln, sie hat Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung und einer Identitätsfindung zu sein, damit sie die Teilhabe und die aktive Gestaltung von Kommunikationsprozessen, die Partizipation an gesellschaftlichen und politischen Prozessen ermöglicht.

Dabei muss aus meiner Sicht die Methode des handelnden, gestaltenden Lernens mit den Medien an erster Stelle stehen. Nur wer mit den Medien arbeitet und Medienprodukte herstellt, lernt dabei zwangsläufig und hoffentlich auch mit Spaß die Sprache der Medien, die Gestaltungsmöglichkeiten und auch die Manipulationsmechanismen kennen.

(Beifall bei der SPD)

Dies wird im Lande Bremen seit mehr als 10 Jahren an vielen Stellen und auch bundesweit anerkannt erfolgreich praktiziert.

Bei der Ausstattung der Schulen mit neuen Medien können wir uns in Bremen und Bremerhaven auch nicht beklagen, hier wurden in den letzten Jahren erhebliche Haushaltsmittel investiert. Ich glaube allerdings nicht, dass an allen Stellen die angeschafften Geräte tatsächlich bereits optimal genutzt werden. Dazu müssen sowohl der technische Support als auch die pädagogische Betreuung und Unterstützung insgesamt abgesichert werden. Darum kommen wir nicht herum, denn nur durch eine gut betreute Medienar

beit in Schulen und Jugendeinrichtungen können wir der digitalen Spaltung unserer Gesellschaft entgegenwirken. Wir dürfen nicht akzeptieren, dass Teile unserer Gesellschaft Medien ausschließlich konsumieren, ohne dass sie in der Lage sind, sie kritisch, reflektiert zu nutzen und das mit Verantwortungsgefühl.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Senator Lemke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich natürlich, das können Sie sich ja denken, wenn man aufgrund einer solchen Großen Anfrage so gelobt wird hier im Hause und das auch so einmütig. Das ist ja nicht immer so, wenn wir über bildungspolitische Fragen diskutieren.

Vorweg das, es gibt nur sehr wenige Aspekte, auf die ich noch eingehen möchte! Das ist zum einen die Frage der digitalen Spaltung, sie hat im Verlauf der Diskussion noch nicht so einen Stellenwert bekommen, auf sie möchte ich aber noch einmal ausdrücklich hinweisen. Das ist ein Problem, das nicht nur im Stadtteil, nicht nur in der Stadt Bremen, im Land Bremen, den beiden Städten Bremerhaven und Bremen, sondern deutschlandweit und international ein sehr großes Problem ist.

Ich weiß nicht, ob Sie wissen – die Wissenschaftsdeputierten wissen es –, dass ich im Bereich von Global Cities Dialogue, in einer großen internationalen Einrichtung, in der 200 Städte aus der ganzen Welt zusammengeschlossen sind, eine führende Rolle spiele, bei der das Hauptthema im Prinzip die digitale Spaltung weltweit ist, und das sehen wir sogar in den kleinsten Einheiten unserer beiden Städte, dass die Kinder zum Beispiel, das ist wissenschaftlich absolut nachweisbar, obwohl ich gar nicht weiß, dass es jetzt konkrete Untersuchungen gibt, in Bremerhaven schlechter im Bereich der Medienerziehung dastehen als die Kinder in Bremen und die Kinder in Oslebshausen schlechter als die in Schwachhausen.

Das hat wiederum ganz konkrete Benachteiligungen zur Folge, denn die Neuen Medien bieten viele positive Aspekte, aber sie bieten auch genauso negative Aspekte. Ich gehe ganz häufig in Elternversammlungen und sage, bitte sorgen Sie dafür, dass die Fernsehapparate und die Playstations und die Computer aus Ihren Kinderzimmern hinausfliegen, weil sie die Kinder von sinnvollerem Tun unendlich ablenken.

Das heißt, es ist nicht nur eine Frage, die wir beachten müssen, die Kinder in benachteiligten Stadtteilen mit sinnvollen Medienangeboten zu konfrontieren. Ich sehe mittlerweile mit Freude, das ist auch in der Großen Anfrage ganz deutlich geworden, dass

wir bereits in den Grundschulen anfangen mit kleinen Medienecken. Das wird fantastisch genutzt von der ganz großen Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer, die bereits in den Grundschulen beim Lesen- und Schreibenlernen den Kindern mithilfe des Computers, und das ist sehr beliebt bei den Kindern, die ersten Zugänge zur Mathematik, zum Lesen und zum Schreiben beibringen. Das ist absolut eine sinnvolle pädagogische Ergänzung des normalen Unterrichts.

(Beifall bei der SPD)

Ich wünschte mir aber, und das wird auch deutlich und ist auch schon von meinen Vorrednern gesagt worden, dass das noch stärker in den Unterricht einbezogen wird. Ich habe aber so die Erfahrung gemacht, dass, wenn die älteren Kolleginnen und Kollegen, die so in meinem Alter sind und ein bisschen älter, aus dem Schulleben ausscheiden, wir junge Kräfte in die Schulen bekommen, die glänzend ausgerüstet sind in dem Bereich der Medien, weil sie Kinder der Entwicklung der Neuen Medien sind. Sie arbeiten meistens sehr eng mit den älteren Schülern zusammen, wenn man das so sagen darf, und ich scheue mich nicht zu sagen, es ist an manchen Schulen so, dass Oberstufenschüler besser Bescheid wissen im Umgang mit dem Internet als die älteren Kolleginnen und Kollegen. Das ist nicht schlimm, wenn dann der Kollege sagt, Ferdinand, kannst du oder können Sie einmal eben schauen, mir ist hier gerade etwas abgestürzt, wie bekomme ich das Problem gelöst. Das ist übrigens auch eine schöne Entwicklung.

Als ich das Amt übernommen habe, hatten wir eine sehr schlechte Ausstattung. Mittlerweile sind wir in Deutschland führend. Auf acht Schüler kommt ein Computer, das ist im Bundesdurchschnitt 1 zu 11. Wenn ich richtig informiert bin, sind wir deutlich besser als der Bundesdurchschnitt. Angesichts der Tatsache, dass wir in den letzten Jahren kaum noch Probleme haben, sonst würde das bei mir oder bei Ihnen auch landen als örtliche Abgeordnete, dass es am Anfang große Probleme gab mit dem Support, mit der technischen Unterstützung, so hat sich heute dieses Problem deutlich entspannt und wird meistens innerhalb der Schulen positiv gelöst. Ich weiß gar nicht, ob die Technik so viel besser geworden ist.

Ich muss allerdings, das ist hier auch schon angeklungen, noch einmal auf die negativen Dinge eingehen, die uns belasten. Ich habe eben schon davon gesprochen, dass viele Schülerinnen und Schüler sich ablenken lassen, dass sie stundenlang vor der Playstation oder auch vor dem Computer hängen und dann chatten, Blödsinn machen. Was mich ganz beunruhigt, ist ein verstärktes Mobbing, was ich an den Schulen erlebe, auch mit Zuhilfenahme von Handys, mit denen dann Gewaltszenen realiter übernommen werden und man sich dann damit brüstet, das ins Internet zu stellen. Da sind die amerikanischen Fernsehsendungen, in denen zum Beispiel Obdachlosen

ein paar Dollar in die Hand gegeben werden, wenn sie einem anderen Obdachlosen mit körperlicher Gewalt gegenüberstehen. Das kann man, wenn man sich die entsprechenden Programme anschaut, widerwärtig ansehen. Das ist leider eine sehr beliebte Geschichte an unseren Schulen geworden.

Auch da müssen wir aufklärend wirken und versuchen, präventiv, so wie wir das eben geschildert haben, Maßnahmen zu ergreifen, die den Kindern klarmachen, was das für die gemobbten Kinder dann bedeutet. Das sind keine Einzelfälle, sondern leider tritt das in den letzten Monaten vermehrt auf, dass Kinder sich daran ein Beispiel nehmen und dann Gewalt passiert an den Schulen, wo es absolut unnötig ist. Auch die Gewaltverherrlichung, die Probleme sind hier angeschnitten worden, der gesamte pornografische Bereich soll auch nicht fehlen, gehört dazu. Es ist absolut negativ, dass die Kinder fast ungeschützt einen Zugang haben zu gewaltverherrlichenden und pornografischen Inhalten. Da müssen wir die Eltern stärker einbeziehen, dass die Eltern Bescheid wissen, was die Kinder, wenn sie den Zugang haben, machen.

Mein Haus hat mir für diese Rede noch etwas vorbereitet, was mich zunächst fassungslos gemacht hat. Wir reden über die Tatsache, dass wir der Gewalt Herr werden wollen, dass wir alles das unterstützen, was unsere Kinder positiv beeinflusst in der Medienerziehung. Aber wenn ich sehe, dass die Deutsche Telekom hier in einer im Internet zugänglichen Werbung, ich zitiere das mit Erlaubnis des Präsidenten, wirbt für ein Spiel „Bomberman Deluxe, ein wahrer Klassiker, Bomben klug platzieren und das Spielfeld freiräumen“, dann weiß ich nicht, ob man da nicht cleverer ist und das ganz schnell aus dem Geschäft zieht. Das ist doch absolut kontraproduktiv. Ich habe mich, als ich darüber informiert worden bin, dann gleich mit einem Schreiben an die Deutsche Telekom gewandt und herzlich darum gebeten, das aus dem Verkehr, aus der Werbung zu ziehen, und zwar freiwillig und nicht durch Gesetze.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich denke, meine Damen und Herren, wenn sich alle einmal ein bisschen damit beschäftigen und sagen würden, was tut unseren Kindern gut, es gibt viele vernünftige strategische Spiele, das sind absolut auch die Kreativität fördernde Maßnahmen, oder aber so etwas gehört nicht in die Kinderhände. Wenn wir auf diesem vernünftigen Weg so, wie die Große Anfrage diesen Weg vorgibt, weiterarbeiten, dann, glaube ich, stehen wir auf gutem Fuß. Ich bedanke mich für die sehr konstruktive Debatte. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 16/1288, auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.