Protokoll der Sitzung vom 22.03.2007

Dann erteile ich jetzt dem Abgeordneten Schmidtmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Grotheer, das stimmt, ich habe es vergessen, in meiner Rede anfangs zu sagen, ich sage es hier noch einmal für alle: Wir waren auch mit an der Arbeitsmarktreform beteiligt. Wir waren mit daran beteiligt, aber wir haben auch aus den Fehlern gelernt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Zurufe von der CDU)

Nein, nein, nicht, wenn es in der Opposition ist! Wir haben uns damals in den Nachtverhandlungen – –.

(Zurufe von der CDU)

Nein, nein, nein! Es ist immer Zeit, auch seine Fehler zu erkennen und dann zu handeln, und das machen wir hier.

Was Herr Bartels gesagt hat, das gerade auf die Kinder abzielt, das ist doch genau unser Antrag! Das ist doch genau unser Antrag! Wenn Sie sagen, Bildung wird vernachlässigt, dazu stellen wir doch den Antrag, dass Lehrmittel gegeben werden, dass das

Essen in Ganztagsschulen bezahlbar ist. Nicht, wie es jetzt ist, dass Kinder das nicht decken können!

Wenn Sie einmal in die Runde schauen, ich habe hier einen Antrag aus dem Saarland. Im Saarland regiert nicht Rot-Grün. Sie wissen, wer da regiert, oder? Die CDU, und diese hatte eine Gesetzesänderung im SGB II in Bezug auf Schulspeisung gewünscht, sie möchte nämlich 1,40 Euro mehr haben, sie möchte die Regelsätze ändern. Dort ist man schon ein bisschen weiter als Sie!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Noch einmal ein Wort zur SPD, das ist hier auch schon von Herrn Bartels angeklungen: Natürlich ist der Antrag der SPD eins zu eins fast abgeschrieben und noch oben ein bisschen Sahne daraufgelegt. Dieser Geschichte mit den Bädern und den Museen schließen wir uns sofort an! Wir haben hier ja die Frage in der Fragestunde gestellt. Da sind wir doch dabei! Sie haben doch sofort die Möglichkeit, im Senat da etwas zu ändern. Genau in Ihre Richtung, da sind wir völlig auf einer Linie, Herr Grotheer! Deswegen bitte ich noch einmal um Zustimmung!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Bartels.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wieder hat Herr Schmidtmann nicht gesagt, wie er das alles finanzieren will. Es ist relativ unseriös, sich hier hinzustellen und Gott und der Welt alles zu versprechen, gerade vor dem Wahltag, und dann nicht zu sagen, wer das alles bezahlen soll!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wichtig ist doch unsere Arbeit in den WiN-Gebieten, aber auch in unseren Häusern der Familie, den vielen Institutionen, die wir hier haben, die wir weiter vernetzen müssen. Mit Blick auf die Ergebnisse der jüngsten Studie der Initiative „Neue soziale Marktwirtschaft“ zum Thema Kindergärten sehen wir uns als CDU-Fraktion genau bestätigt. Schauen Sie da einmal hinein! Wir müssen dafür sorgen, dass alle Kinder die gleichen Bildungschancen und Grundfertigkeiten haben.

Da sind wir an Ihrer Seite beim Bündnis 90/Die Grünen, Sie sagen das ja auch, aber Sie sagen nicht konkret, wie Sie es machen wollen. Es ist aber gerade bei Kindern aus bildungsfernen Schichten nicht immer gewährleistet, dass sie auch gleiche Bildungschancen haben. Hier kann, und das ist unsere klare Aussage auch vor der Wahl, ein verpflichtendes drittes, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

dann aber beitragsfreies Kindergartenjahr einen wertvollen Beitrag leisten, ohne die Eltern finanziell zu belasten. Meine Damen und Herren, und glauben Sie mir, dieses dritte Kindergartenjahr, es wird kommen! In Niedersachsen wird es eingeführt, und in Bremen wird es auch eingeführt. Dafür werden wir seitens der CDU-Fraktion sorgen.

(Beifall bei der CDU)

Gerade auch die positiven Wirkungen auf die Vielzahl von Kindern mit Migrationshintergrund stehen hier in engem Zusammenhang. So würde eine solche Regelung nicht nur dazu beitragen, Integration spielerisch zu erleben und zu gestalten, sondern sich auch auf die unerlässlichen Kenntnisse der deutschen Sprache positiv auswirken. Für Bremen als Stadtstaat mit einer hohen Arbeitslosenquote und hohem Migrationsanteil müssen wir den vielfältigen Problemen effektiv begegnen. Deshalb ist unsere Forderung nach einem Kinderressort, in dem die Verantwortung für die Bereiche Kinder, Jugend, Erziehung und Bildung in einer Hand liegen, ein zentraler Punkt für uns.

Ungeachtet aller Maßnahmen, die wir seitens der Politik direkt ergreifen können, müssen wir aber auch das gesellschaftliche Klima verbessern und für Kinder noch aktiver eintreten. Wir müssen die Eltern unterstützen, damit sie ihre Erziehungsverantwortung zum Wohle der Kinder wahrnehmen können. Dies ist gerade in Bremen und Bremerhaven von ganz besonderer Bedeutung. Die Mitglieder der CDU-Bürgerschaftsfraktion werden sich mit der Armut unserer Kinder nicht abfinden, meine Damen und Herren! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Grotheer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Schmidtmann, Sie haben ja gerade selbst eingeräumt, dass Sie vergesslich waren bei der Frage, wer das in Berlin mitbeschlossen hatte.

(Abg. B a r t e l s [CDU]: Aber dann kön- nen Sie den Bund dafür nicht verantwort- lich machen!)

Also, das haben Sie jetzt richtiggestellt, und das finde ich auch so in Ordnung!

Hier ist der Hinweis gekommen von Herrn Bartels auf das laufende Verfahren beim Bundesverfassungsgericht. Das haben wir natürlich auch im Auge, und deshalb sagen wir ja auch, Herr Bartels: Wir werden nicht in der Lage sein, unseren Haushalt aufzublähen. Schulden zu machen, um weitere Sozialleistun

gen zu bezahlen, das geht nicht! Das ist ja auch der Grund, weshalb wir sagen: Wir müssen uns auf die Suche machen nach kreativen Lösungen, bei denen wir vorhandene Möglichkeiten nutzen, um sie heranzubringen an diejenigen, die diese Leistungen tatsächlich benötigen.

Wir sagen auch, Herr Bartels, da haben Sie nicht zugehört, dass wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen wollen, dass die Gesetze überprüft werden, dass wir das aber nicht allein durchsetzen können. Das geht ja nur im Konzert mit den anderen Ländern, und der Bund selbst muss es beschließen. Das heißt, der Bundestag muss das beschließen.

Es gibt im Grunde genommen zwei Wege, wie man aus dieser Misere herauskommen kann, wie man die Mängel bekämpfen kann, die gesehen werden. Der eine ist die Erhöhung der Pauschalsätze. Das hat Vorund Nachteile. Der andere ist der Weg, wegzugehen von der Pauschalierung, das heißt, mehr auf Einzelfallgerechtigkeit zu schauen. Das hat auch Vor- und Nachteile, die wir bewerten müssen.

Wir meinen jedenfalls, dass es für die Erwachsenen Sinn macht, wenn die Regelsätze erhöht werden, jedenfalls mindestens in dem Umfang, in dem es eine Inflation gegeben hat, und dass darüber hinaus bei den Kindern, insbesondere bei den Kindern, geschaut werden muss, wo in besonderen Lebenslagen zusätzliche Leistungen finanziert werden können. Da ist es am ehesten möglich, dafür zu sorgen, dass die Leistungen auch die Familien erreichen, in denen sie besonders benötigt werden.

Wir lassen uns nicht vorhalten – das hat Herr Bartels uns ja auch nicht vorgeworfen, sondern den Grünen, aber ich finde den Vorwurf falsch –, dass diejenigen, die eine Erhöhung der Bedarfssätze fordern, nicht kompetent sind, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Herr Bartels, das müssen Sie einmal den Verbänden sagen, die sich mit diesen Fragen intensiv auseinandergesetzt haben. Sagen Sie das den Vertretern der Kirche, sagen Sie das den Vertretern der großen Sozialverbände! Diese haben sich verständigt auf eine gemeinsame Position, nachdem sie sich ganz intensiv mit der Frage beschäftigt haben, welcher Bedarf denn notwendig ist, um hier ein Existenzminimum in Deutschland gegenwärtig zu sichern. Ich finde, da müssen wir noch einmal nachhaken.

Was das Bundessozialgericht angeht: Es ist richtig, dass das Bundessozialgericht sich mit den Bedarfssätzen beschäftigt hat, aber es hat ja nicht gesagt, das ist alles so in Ordnung und gut, sondern es hat einen Maßstab genommen, nach dem es diese Sätze geprüft hat, und hat dann gesagt: Diese Sätze verstoßen nicht gegen die Verfassung. Wenn das Bundessozialgericht zu einer anderen Auffassung gekommen wäre, dann hätte nämlich das Bundessozialgericht die Sache dem Verfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen müssen. Das hielten die Richter nicht für notwendig, aber das hindert uns doch nicht da

ran, dort einen politischen Handlungsspielraum zu sehen und den nutzen zu wollen.

Ihren Hinweis auf Herrn Muras aus Bremerhaven fand ich auch interessant. Ich halte das alles für richtig, was Sie dazu gesagt haben. Ich finde aber nicht, dass das alternativ steht zu der Forderung, die Regelsätze zu überprüfen. Das hat Herr Muras auch so nicht gesagt. Ich habe nämlich auch mit ihm gesprochen. Wir haben ja mehrere Veranstaltungen zu diesen Fragen durchgeführt. Er hat sehr interessante Vorschläge gemacht dazu, wie man kommunale Netzwerke nutzen kann, wie man sie verbessern muss, wie man Schuldnerberatungsangebote verbessern muss und so weiter. Aber das ist alles nicht alternativ zu dem, was hier im Zusammenhang mit Hartz IV diskutiert wird.

Ich will Ihnen noch ein Beispiel sagen, bei dem wir sehen, dass man mit wenig Geld sinnvolle Arbeit leisten kann, insbesondere für Kinder. Es gibt in Bremen das Projekt der Bremer Sportjugend „Kids in die Clubs“, das ist nicht staatlich finanziert, sondern das ist mit Sponsorengeldern finanziert und hat 19 000 Euro eingesammelt und subventioniert damit Mitgliedschaften in Sportvereinen. Es arbeitet mit den Sportvereinen zusammen und regelt das im Einzelfall. Das Projekt ist da richtig gut, finden wir.

Dieses Projekt sollte, weil ihm das Geld ausgeht, es hat eine Nachfrage, die es überhaupt nicht befriedigen kann, unterstützt werden, entweder durch eine ordentliche Öffentlichkeitsarbeit dadurch, dass der Senat auch schaut, wo bei Firmen erreicht werden kann, dass sie finanzielle Unterstützung leisten, oder notfalls auch durch gewisse öffentliche Mittel. Das sind keine Riesensummen, um die es geht, sondern da geht es um die Unterstützung.

Dann gestatten Sie mir noch ein letztes Wort zum Mindestlohn! Da bin ich ja erschüttert, Herr Bartels, dass Sie als CDU-Sozialpolitiker das ablehnen. Das finde ich wirklich erschütternd!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich könnte es ja noch verstehen, weil es sozusagen ja interessengeleitet ist, wenn – wie heißt er, der Wirtschaftsverband der CDU oder die Mittelstandsvereinigung, so hieß das früher – diese sagen, das ist Teufelszeug, das wollen wir gar nicht.

(Abg. F o c k e [CDU]: Mittelstand und Wirtschaft!)

Ja, mag auch sein, aber die stoßen in dasselbe Horn in dieser Frage! Aber ich habe das bisher immer so gesehen, dass wir als Sozialdemokraten dabei bei den Sozialpolitikern der CDU Verbündete haben. Das ist offenbar in Bremen nicht der Fall. Das gibt mir doch sehr zu denken! Ich finde, über das Thema müssen

wir noch einmal reden. Wir sind als Bremer SPD und als SPD-Fraktion jedenfalls sehr für dieses Projekt. Wir finden es unabdingbar, und wir werden alles tun, um dazu beizutragen, dass auf Bundesebene, wo es beschlossen werden muss, dieses Projekt vorangebracht werden kann.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich bitte Sie zum Schluss noch einmal alle darum, auch die Kolleginnen und Kollegen von der CDU, auch wenn das jetzt schwerfällt, das ist ja ein Thema, das in den Wahlkampf so ein bisschen hineinschwappt, aber dass wir uns verabreden, dieses Thema nicht mit dem 13. Mai 2007 zu vergessen, sondern nach dem Wahltermin zu schauen, welche konkreten Projekte, Maßnahmen wir auf kommunaler und Landesebene hier in Bremen anpacken können. – Schönen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Senatorin Rosenkötter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bremen braucht ein Stück weit einen neuen sozialen Konsens, eine neue Solidarität, einen neuen Willen zum Zusammenrücken. Ich denke, es ist unumstritten, dass wir uns mit der derzeitigen sozialen Situation, insbesondere der vieler Kinder, nicht zufriedengeben können. Wir befinden uns natürlich hierbei in einer außerordentlich schwierigen Situation, aber trotz aller finanziellen Engpässe ist es unsere Aufgabe, die Schwächsten der Gesellschaft nicht im Stich zu lassen. Ich habe in den letzten Wochen viel Einigkeit wahrgenommen, wenn es um die Förderung von Kindern, insbesondere auch von Kindern aus sozial benachteiligten Verhältnissen geht. Ich hoffe sehr, dass diese Einigkeit bestehen bleibt und wir diesen Schwerpunkt auch weiterhin gemeinsam verfolgen werden können.

Wie Sie alle wissen, sind die Leistungen im Rahmen des Arbeitslosengeldes II durch den Bund geregelt. Das ist schon gesagt worden. Der Einfluss Bremens ist hier, auch wenn wir uns durchaus selbstbewusst verhalten, doch recht gering. Möglichkeiten gibt es für uns außerdem, über den Städtetag Einfluss zu nehmen. Das ist die eine Möglichkeit, die ich auch weiterhin gern nutzen möchte. Armut und soziale Ausgrenzung zeigen sich immer ganz konkret vor Ort.

Es sind die Kindergärten, die am Montag mehr Essen kochen müssen, weil die Kinder am Wochenende nicht ausreichend versorgt werden konnten. Es sind die Lehrerinnen und Lehrer in der Schule, die dort sehen, dass die Kinder ohne Frühstück kommen und dass die Eltern für das Klassenbuch und den Be

such im Theater oder für andere Veranstaltungen kein Geld übrig haben. Wir wissen, dass in vielen Familien das Geld extrem knapp ist. Wenn dann noch etwas Unvorhergesehenes wie zum Beispiel Reparaturen oder zusätzliche Nebenkostenabrechnungen oder vieles mehr dazu kommen, dann wird es für viele ganz sicherlich auch existenzbedrohend. Sie können sich vorstellen, dass sich diese Nöte auch auf die Stimmung, auf den Umgang in diesen Familien niederschlagen.