Wir greifen auch nicht in bestehende Tarifverträge ein, wie Sie das gesagt haben, Herr Möllenstädt. Nein, wir nehmen die Tarifverträge, die hier in Bremen gelten, zur Grundlage der Auftragsvergabe, nichts anderes tun wir, und im Übrigen war das im alten Vergabegesetz auch schon der Fall, wir weiten es nur auf zusätzliche Branchen aus.
Vielleicht noch einmal einen Satz zu Frau Troedel, die jetzt gerade nicht im Raum ist, zu den Ökostandards: Wenn sie auf der Tagesordnung weitergelesen hätte, hätte sie gesehen, dass wir die Fragen nach den Ökostandards zwar jetzt nicht in diesem Vergabegesetz lösen wollen, aber dazu gibt es einen extra Antrag, der heißt: Gegen Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen – für eine verantwortungsvolle öffentliche Beschaffung und Vergabe. Sie können sich sicher sein, dass wir genau diese Fragestellung für ein ganz wichtiges Anliegen halten, aber wir fanden es in diesem Gesetz überfrachtet, das wollen wir außerhalb lösen.
Sie können sich sicher sein, dass das für Grüne ziemlich wichtig ist, wir werden es an anderer Stelle lösen. Dazu werden wir dann die nächste Debatte noch haben, aber wir werden jetzt beim Vergabegesetz schauen, wie da die Debattenlage ist, noch einmal in Details in der Anhörung, und dann bin ich mir sicher, dass wir ein gutes Gesetz für die Menschen in diesem Land auf den Weg bringen werden. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will versuchen, das Thema aus meiner Sicht auf den Punkt zu bringen. Als öffentlicher Auftraggeber sind wir zunächst einmal ein Auftraggeber, der Geld ausgibt, um Leistung einzukaufen, und zwar sind das Steuergelder, die wir und hoffentlich auch Sie, wenn Sie dann im Beruf stehen, zahlen. Wie
jeder Auftraggeber haben wir Anforderungen an den Auftragnehmer. Das sind die bekannten, das ist der Preis – der spielt natürlich eine Rolle, auch weiterhin –, das ist die Leistung, Leistungsfähigkeit, das ist die Qualität, das ist die Zuverlässigkeit – ein ganz wichtiges Kriterium – und das ist bei einem öffentlichen Auftraggeber auch das Thema öffentliche Verantwortung für bestimmte Entwicklungen.
Das Vergabegesetz soll in Fortschreibung des bisherigen Vergabegesetzes definieren, wie im Vergabeverfahren diese Anforderungen an öffentliche Vergabe zu handhaben sind. Dabei spielt das Thema Ausbildung eine ganz zentrale Rolle. Bei diesem Gesetz geht es um etwas, was gerade unsere jungen Besucherinnen und Besucher heute in besonderer Weise angeht, denn wir wollen, wenn mit Steuergeld Aufträge vergeben werden, dass das Thema Ausbildung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge einen Bonus gibt.
Man könnte, meine Damen und Herren, noch viele Bezüge zu den Themen Leistungsfähigkeit, Qualität und Zuverlässigkeit ziehen. Wer bildet denn in Deutschland und im Lande Bremen aus? Der Mittelstand ist der wesentliche Ausbildungsträger, auch im Lande Bremen.
Das Thema Tariftreue ist ebenfalls ein zentraler Punkt in diesem novellierten Gesetz. Wir bewegen uns im Übrigen in einer insgesamt stattfindenden Diskussion über die Novellierung von Vergabegesetzen. Mich freut, dass mit der Novelle auch im Bezug auf Praxistauglichkeit einige Dinge verbessert werden. Die unterschiedlichen Auftragsarten können jeweils eigene Vorschriften bekommen, und es gibt Freiräume bei der Anwendung bestimmter Verfahren.
Für ganz zentral halte ich das Thema Präqualifizierungsverfahren. Das ist eine Diskussion, die wir auf Bundesebene hatten, und die in der Tat einerseits mehr Sicherheit für die Unternehmen gibt bei Bewerbungen um Aufträge und andererseits der öffentlichen Seite, gerade was Zuverlässigkeit, Qualität und Leistungsfähigkeit angeht, ebenfalls mehr Transparenz und Sicherheit schafft. Denn eines der Probleme, die sich in der Vergabepraxis in den letzten Jahren immer wieder herausgestellt haben, ist, dass in den Vergabeordnungen nicht steht, das billigste Angebot zu nehmen, sondern das wirtschaftlichste. Nur gibt es im Vollzug, Herr Jägers hat es beschrieben, ein hohes Maß an Unsicherheit, wie man mit dem Thema Wirtschaftlichkeit umgehen muss.
Ganz praktisch bedeutet es, dass ein Vergabebeamter oder eine Vergabebeamtin einen langen rechtssicheren Vermerk schreiben muss, wenn er oder sie ein vom Preis her teureres Angebot trotzdem zum Zug kommen lassen will. Er/sie muss also die Wirtschaft
lichkeit begründen, und das ist kein trivialer Vorgang. Gerade im Baubereich stehen aus guten Gründen die Vergabestellen auch unter besonderer Beobachtung.
Das heißt, dieses Gesetz, die Fortschreibung des bisherigen Gesetzes, soll bei der Vergabe helfen, auch denjenigen, die Verantwortung für die Vergabe tragen, mehr Sicherheit zu geben und dadurch auch schnellere Entscheidungen möglich zu machen. Deshalb unterstütze ich die Regelungen an diesem Punkt.
Einen weiteren Punkt, Ausbildungsplätze, hatte ich angesprochen. Es ist aus der Debatte und auch aus Ihrem Beitrag, Herr Dr. Sieling, deutlich geworden, dass Sie jetzt mit diesem Gesetzentwurf in die Verfahren und Anhörung gehen, sodass wir dann nach dem Struck’schen Gesetz ein Gesetz verabschieden können, bei dem das eine oder andere, was möglicherweise an Bedenken und Hinweisen noch kommt, aufgegriffen werden kann. Ich bin aber sehr froh und dankbar, dass wir mit der Fortschreibung dieses Vergabegesetzes in der Vorhand sind, gerade auch im Interesse der bremischen und vor allem der mittelständischen Wirtschaft. – Danke schön!
Wer das Bremische Gesetz zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei öffentlicher Auftragsvergabe mit der Drucksachen-Nummer 17/156 in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Es ist Einigung darüber erzielt worden, das Gesetz nach der ersten Lesung zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Wirtschaft und Häfen, federführend, und die staatlichen Deputationen für Arbeit und Gesundheit sowie Bau und Verkehr zu überweisen.
Gegen Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen – für eine verantwortungsvolle öffentliche Beschaffung und Vergabe
Vermeidung des Erwerbs von Produkten aus ausbeuterischer Kinderarbeit im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens und Förderung des Handels mit „Fair-Trade“-Produkten
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir jetzt den Antrag „Gegen Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen – für eine verantwortungsvolle öffentliche Beschaffung und Vergabe“ hier beraten. Ich sehe, dass es eine sehr gute Ergänzung ist zu der vorherigen Debatte. Einige Punkte wurden leider auch schon vorher benannt, bei denen ich dachte, dass sie eigentlich nicht dorthin gehören, da es jetzt um die Lieferverträge geht.
In der globalisierten Wirtschaft kaufen wir täglich eine Vielzahl unterschiedlicher Güter zu günstigen Preisen. Diese werden allerdings häufig unter sozialen und ökologischen Bedingungen hergestellt, die wir in unserem eigenen Land niemals zulassen würden. So knüpfen zum Beispiel nach Schätzungen der
Internationalen Arbeitsorganisation allein in der indischen Teppichindustrie 350 000 Kinder Teppiche für den Export in den Westen. Arbeitszeiten von 15 Stunden pro Tag in ungelüfteten und düsteren Räumen sind keine Seltenheit.
Als Privatperson können und sollten wir alle Produkte, die unter Verletzung sozialer und ökologischer Mindeststandards hergestellt werden, konsequent meiden.
Glücklicherweise werden immer mehr fair produzierte und gehandelte Waren mit besonderen Siegeln versehen, sodass wir unsere Kaufentscheidung daran ausrichten können. Zudem gibt es gerade auch hier im Lande Bremen die NGOs, die sehr viel Öffentlichkeitsarbeit an diesem Punkt machen, um aufzuklären, welche Produkte es sich wirklich lohnt zu kaufen.
Neben den Privathaushalten und den Unternehmen kaufen allerdings auch die öffentlichen Einrichtungen Güter und Dienstleistungen auf dem Weltmarkt ein. Öffentliche Aufträge machen in der Europäischen Union fasst 16 Prozent des Inlandsprodukts aus. Mehr als 50 Prozent der Aufträge werden auf regionaler und lokaler Ebene vergeben. Es geht dabei zum Beispiel um die Beschaffung von Feuerwehruniformen, Computern, Pflastersteinen – das ist vorher schon einmal gefallen –, Kaffee, Tee und Blumen.
Anders als bei Privatpersonen ist es bei Bund, Ländern und Kommunen nicht eine Frage der persönlichen Ethik der handelnden Person, ob bei der Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen soziale und ökologische Mindeststandards berücksichtigt werden. Gemäß Artikel 1 des Grundgesetzes ist es die Aufgabe aller öffentlichen Gewalt, die Würde der Menschen zu achten und zu schützen. Bund, Länder und Kommunen dürfen durch ihr Einkaufsverhalten nicht dazu beitragen, dass ausbeuterische Arbeitsbedingungen aufrechterhalten und gefördert werden.
An diesem Punkt setzt das verantwortungsvolle Beschaffungswesen ein. Es will soziale, ethische und ökologische Belange in die Kaufentscheidung der öffentlichen Hand einbinden. Verantwortungsvoll zu handeln heißt, sich Gedanken über die Auswirkung des eigenen Handelns in anderen Teilen der Welt zu machen.