Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

Eines ist in dieser Gesellschaft doch inzwischen schizophren: Wir reden alle darüber, wie schlimm das Auto ist, und auf der anderen Seite wollen wir, dass die Autoindustrie brummt, damit wir wenig Arbeitslose haben und die Wirtschaft funktioniert.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)

Diese Schizophrenie in dieser Gesellschaft sollten wir doch erst einmal nicht weiter pflegen!

Wir wollen doch alle Autos, die bessere Techniken haben und vielleicht auch andere Energieträger nutzen.

(Beifall bei der FDP)

Wollen wir denn dann, wenn wir Wasserstoffautos haben, diesen nicht erlauben, schneller zu fahren als die Autos, die dann diesen Ausstoß nicht mehr haben? Solche Fragen müssen Sie doch auch mitbeantworten! Wir wollen doch nicht die Bevölkerung gängeln in dem Sinne, wie Sie das hier wollen, sondern wir wollen dort, wo es möglich ist, den Menschen auch das Recht lassen, so schnell zu fahren, wie sie wollen.

Wenn Sie denn weniger Autoverkehr wollen – Sie wissen, mich muss man da nicht überzeugen, ich fahre nur dann Auto, wenn ich Auto fahren muss –, dann schaffen Sie doch die Alternativen, die man braucht, und statten Sie diese Alternativen entsprechend gut aus!

(Beifall bei der FDP)

Das ist doch der richtige Weg, und nicht, den Leuten das Autofahren zu vermiesen, sondern die Alternativen so attraktiv zu machen, dass sie entsprechend umsteigen. Wir werden hier auf jeden Fall nicht das Problem der Bundesrepublik und des CO2-Ausstoßes mit unseren kurzen Strecken auf Autobahnen, die nicht geschwindigkeitsbegrenzt sind, lösen. Ich glaube, hier blähen Sie die Bremer Autobahnen auf zu einer Größe, die sie wahrlich nicht haben.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Bödeker.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Zunächst einmal die Frage, was wir hier heute eigentlich diskutieren! Ich muss sagen, ich habe selten einen Antrag gesehen, der auch handwerklich so schlecht gemacht worden ist wie dieser.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD)

Warum ist er so schlecht? Weil wir diesen Antrag – und das müsste Herr Dr. Loske eigentlich bestätigen – so hier gar nicht beschließen können, denn das, was Sie fordern, ein generelles Tempolimit auf dem letzten Teilstück der Autobahn, bedarf eigentlich einer Veränderung der Straßenverkehrsordnung, nämlich von Paragraf 3, die Geschwindigkeit, zu der dort steht: Auf Landstraßen dürfen Pkws und Kraftfahrzeuge bis 3,5 Tonnen nur 100 Stundenkilometer fahren, und auf Autobahnen ist die Geschwindigkeit für Pkws und Kraftfahrzeuge bis 3,5 Tonnen frei. Das Gleiche gilt für Straßen mit mehr als einem Fahrstreifen, nämlich wenn keine andere Geschwindigkeitsbegrenzung aufgestellt ist. Das ist eine bundeseinheitliche Regelung, die wir verändern müssten. Das können wir hier nicht.

(Beifall bei der CDU)

Dementsprechend ist die Frage: Wie kann man hier Geschwindigkeitsbegrenzungen verändern? Was hätten Sie machen müssen? Sie hätten feststellen müssen, dass die Unfallhäufigkeit sich häufig erhöht – das aber nachweislich und nicht mit einer Aussage wie, das waren einmal 5, und jetzt sind es 12 –, oder Sie müssten nachweisen, dass die Lärmbelastungen für die Bevölkerung in diesem Bereich stark angestiegen sind.

Zur Unfallhäufigkeit: Ich glaube, dass mit einem Ausbau des Teilstücks, über das wir jetzt reden, nämlich von 4 auf 6 Spuren, langfristig Erkenntnisse eintreten werden, dass wir sinkende Unfallzahlen ha––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ben, auch wenn es zu Beginn der Einführung mehrere Unfälle gegeben hat.

Ich glaube, die Diskussion, die wir hier führen, ist die Diskussion, die Sie ideologisch führen wollen. Ich habe ja Verständnis dafür. Bündnis 90/Die Grünen hat sich ja nicht durchsetzen können, als es mit in der Bundesregierung war, und es hat sich jetzt auch nicht durchgesetzt. Herr Dr. Loske hat eine Anfrage mitformuliert, in der 34 Fragen zu einem generellen Tempolimit in Deutschland gestellt worden sind, und die Bundesregierung hat ja dementsprechend geantwortet.

Der Schlüssel, den wir haben, ist die Frage, wie wir Autobahnen sicher machen, wie wir dem Verkehrsaufkommen angemessen die Geschwindigkeit beurteilen, und da haben wir in diesem Haus ja einen Antrag geschrieben, und Sie schreiben es ja in Ihren Antrag auch noch einmal mit hinein: „Die bereits erfolgte Planung zur Einrichtung einer Verkehrsbeeinflussungsanlage für die BAB A 27 bleibt hiervon unberührt.“ Das ist doch genau richtig, und das ist doch genau der Weg der Zukunft, Geschwindigkeiten freigeben. Sollte das Verkehrsaufkommen zu Stoßzeiten stärker werden, kann man elektronische Geschwindigkeitsbegrenzungen einrichten, die dann, wenn der Verkehr wieder frei ist, wieder aufgehoben werden.

(Beifall bei der CDU)

Das ist eine sinnvolle Maßnahme, und da haben Sie uns an Ihrer Seite, aber nicht bei einer ideologisch verschobenen Diskussion aus dem Bundestag in den Landtag hinein, wo wir es gar nicht beeinflussen können.

(Zuruf des Abg. D r. B u h l e r t [FDP])

Was Herr Dr. Buhlert gesagt hat, ist ja auch ein wesentlicher Punkt, auch aus der Antwort der Bundesregierung, dass wir bei der Frage der technischen Entwicklung auf der einen Seite federführend sind mit Sicherheitssystemen, mit der Frage von Verbrauch und auf der anderen Seite auch die Bedenken haben, was denn passieren wird, wenn wir eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung haben,

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Ich fahre jetzt schon immer 120!)

obwohl – Martin, du hast bei mir gelernt – die Richtgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern auch zu fahren ist, was wir dann ja auch gemacht haben!

(Heiterkeit)

Nein, die technische Entwicklung ist ja eine ganz wichtige und eine ganz wesentliche Frage, die wir

nicht außer Acht lassen dürfen. Die Wahl von Kraftfahrzeugen und der Motorstärke ist ja auch eine Frage, die durch eine Überlegung beeinflusst wird, welche Geschwindigkeiten ich fahren kann, denn kleinere Motoren mit höherer Leistung verbrauchen natürlich noch mehr Kraftstoff, das ist nun einmal so. Wir kämpfen ja immer noch um das 5-Liter-Auto, aber es gibt eben serienmäßig relativ wenige in dem Bereich.

Deswegen, meine Damen und Herren, ist der Antrag, wie er hier vorgelegt worden ist, gar nicht zu verabschieden. Deswegen werden wir ihn auch ablehnen, weil das gar nicht unsere Funktion ist. Die Frage von Verkehrsrichtlinien und Leitlinien im Bereich der Autobahn ist etwas, das wir hier beschlossen haben. Insofern ist der Antrag vollkommen überflüssig und deswegen abzulehnen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier gibt es doch einige Argumente, bei denen ich das Gefühl habe, da muss man doch noch einmal entgegensteuern! Erst einmal wird hier von Gängelei der Autofahrer geredet. Ich möchte nur einmal auf eine FORSA-Umfrage hinweisen, bei der sich 60 Prozent aller Befragten für ein Tempolimit ausgesprochen haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es ist nicht so, dass wir hier in Bremen einen Sonderweg eingehen und denken, wir müssen unsere Bremer Autobahn hier aufblähen. Nein, im Gegenteil, und das habe ich vorhin auch versucht klarzumachen, in Europa, überall gibt es Tempolimits, nur nicht in Deutschland!

(Zuruf des Abg. B ö d e k e r [CDU])

Auch wenn es hier in Bremen irgendwie jetzt nicht Hunderte von Autobahnkilometern sind, sondern kleine Teilbereiche, wo es bisher keine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt, besteht sehr wohl ein Bedarf, nämlich der Bedarf für mehr Verkehrssicherheit. Fragen Sie doch einfach einmal bei der Unfallkommission nach, sie wird Ihnen nämlich diese Daten geben, dass es eine steigende Tendenz bei den Unfallzahlen gibt. Es kann doch auch jeder bezeugen, der mit dem Auto morgens Richtung Überseehafen fährt, wie oft es dort Staus gibt, weil es einfach schwere Unfälle gibt, weil die Leute sich irgendwo noch da hineindrängeln und nämlich nicht mit 120 km/h vorher gefahren sind.

Dann wird gesagt, na ja, das mit dem Lärm, das wissen wir jetzt alle gar nicht genau, ob es da eine Verminderung gibt. Natürlich, dafür gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, dafür gibt es ein Umweltbundesamt. Herr Tittmann, natürlich gibt es auch ein Umweltbundesamt, das belegt, dass der CO2Ausstoß bei einer Reduzierung des Tempos reduziert wird. Weil Sie auch gerade gesagt haben, na ja, der arme Autofahrer und die steigenden Benzinkosten, die ihn treffen; da möchte ich noch einmal darauf hinweisen, falls es noch nicht angekommen ist, eine Reduzierung der Geschwindigkeit vermindert doch gerade den Kraftstoffverbrauch, und damit werden die Kosten gesenkt. Das möchte ich doch noch einmal hier ganz deutlich klarstellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der Linken)

Das heißt, der Autofahrer wird hier nicht abgezockt, und nein, im Gegenteil, ich sage, der Autofahrer hat auch eine Verantwortung. Er hat eine Verantwortung gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmern und auch gegenüber der Umwelt. Für mich ist das hier in Bremen dieses geforderte Tempolimit. Natürlich wird es nicht den Klimawandel aufhalten von Bremen aus, aber für mich ist es ein wichtiges Symbol, dass wir in Bremen unser Klimaprogramm ernst nehmen. Das ist ein Symbol Richtung Bundesebene, Richtung Berlin, sich mit der Frage des Tempolimits auch noch einmal auseinanderzusetzen und nicht nur zu sagen, wir haben hier eine große Klimakanzlerin, wir wollen Klimaschutz, aber dann bei solchen Sachen, bei denen man effektiv wirklich einmal etwas umsetzen kann, es am Ende nicht zu tun. Ich fordere Sie deswegen noch einmal auf, unseren Antrag zu unterstützen!

Zur Technologieentwicklung möchte ich noch einmal sagen, natürlich wollen wir eine Technologieentwicklung, natürlich wollen wir Autos mit reduzierten Verbräuchen, die entwickelt werden, das ist überhaupt kein Widerspruch. Aber so, wie im Moment hier argumentiert wird, ist das in keinster Weise förderlich weder für die Umwelt, für den Klimaschutz noch für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Kasper.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu einem Redner möchte ich mich an dieser Stelle nicht äußern. Zu Herrn Müller, der den ganz großen Bogen zu Kyoto geschlagen hat: Ich ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

finde es gut, dass sich die Linken unserem Antrag anschließen.

Ich möchte zunächst einmal mit Herrn Dr. Buhlert beginnen! Dass die Liberalen so liberal sind, weil sie liberal sind, und alles für jeden Bürger machen wollen, das kann ich verstehen. Es gibt da ein kleines Buch, Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, und danach ist jedem so weit die Freiheit gegeben, bis er in die Freiheitsrechte des anderen einwirkt.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Sie brau- chen mir nicht Kant zu erklären!)

Wunderbar, das ist nicht Kant, Grundgesetz Artikel 2! Ansonsten sollten Sie vielleicht einmal überlegen, wenn es Bürger gibt, die an Autobahnen wohnen, die haben genauso ein Recht, dass sie in ihrer Freiheit, nämlich ihrer Gesundheit, nicht beeinträchtigt werden. Warum sollen wir jedem Menschen erlauben, ohne Weiteres auf die Freiheit und die Gesundheit des Einzelnen einzuwirken!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie haben in der letzten Rede zum Thema A 281 – Ihre Worte, Ihr letzter Satz, das Protokoll ist noch nicht da – sinngemäß gesagt, es geht um Lärm und Schadstoffe, von denen die Menschen befreit werden können, Ihre Worte in der letzten Debatte zur A 281. Wenn es jetzt darum geht, Lärm und Schadstoffe von Menschen wegzubekommen, dann schließen Sie sich doch bitte unserer Forderung an,

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Wenn das die einzige Möglichkeit wäre, würde ich es tun!)