Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Wenn das die einzige Möglichkeit wäre, würde ich es tun!)

indem wir es nämlich den Menschen in Grambke, im Bremer Westen, in Arsten, in Kattenturm ermöglichen, dass sie in ihrer Beeinträchtigung nicht mehr so gebeutelt werden, wie Sie es für die Anwohner der A 281 fordern, dann bitte gleiches Maß für alle Bürger!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Zum Thema Technik! Sie haben gesagt: bessere Techniken, Fahrzeuge der Oberklasse! Auch kleine Fahrzeuge können mit besserer Technik ausgenutzt werden. Ich gebe Ihnen recht, solange wir noch keine vernünftige Technik haben, sollten wir sie schnellstens entwickeln. Aber bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir sie haben, machen wir hier in Bremen ein Tempolimit.

(Beifall bei der Linken)

Zweiter Punkt! Herr Bödeker, auf der einen Seite sagen Sie, der Antrag ist handwerklich so etwas von daneben, auf der anderen Seite sagen Sie, prima, bei dem Absatz mit der Verkehrsbeeinflussungsanlage finden wir Sie an unserer Seite. Also, was denn jetzt: Sind Sie mit uns zusammen handwerklich daneben, oder sind nur wir mit den anderen Absätzen handwerklich daneben? Entscheiden Sie sich bitte, was Sie denn wollen!

Der Bereich ideologische Diskussion! Das ist ein ganz schwerer Brocken. Ich habe hier jetzt einmal ein bisschen etwas herausgesucht, da steht irgendwie, da hat der Senat etwas beschlossen. Der Senat hat beschlossen: „Der Senat steht einem Tempolimit auf Bundesautobahnen aus Klimaschutzgründen grundsätzlich positiv gegenüber und würde eine Gesetzesinitiative anderer Bundesländer konstruktiv begleiten.“ Dann geht es nachher weiter: „Auf den unregulierten Teilabschnitten fließt der überwiegende Teil des Verkehrs bereits heute mit Geschwindigkeiten unter 130 km/h.“

Das war nicht der Bremer Senat, das war auch nicht der Berliner Senat. Jetzt gibt es noch eine Regierung, die sich Senat nennt: der Hamburger Senat! Im Klimaschutzkonzept Hamburgs steht das, was ich eben wörtlich zitiert habe, mit dem Vorwort Ole van Beusts, des Ersten Bürgermeisters.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn Sie sagen, das ist ideologisch verbrämt,

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen])

noch eine Geschichte zum Thema Ideologie! Ich wundere mich, dass Sie nicht das Wort vom Bundesparteitag der SPD in Hamburg gebraucht haben. Es gibt dieses Klimaschutzkonzept, verabschiedet und presseöffentlich gemacht im Juli 2007. Der Bundesparteitag der SPD in Hamburg war im Oktober. Jetzt könnte man natürlich auch nach der Werbung fragen und sagen: „Wer hat’s erfunden?“ Ich will gar nicht das Copyright der SPD auf diesem Vorschlag haben, sondern ich denke, der kommt in diesem Fall vielleicht aus SPD-Kreisen.

Abschließend noch ein Wort in Abwandlung eines Sprichworts, das früher in runden Aufklebern häufig auf, ich sage einmal, Ford-Transit- oder VW-Bussen darauf war. Wenn wir auch nur eine Tonne CO2-Reduzierung hinbekommen, wenn wir auch nur einmal Unfallfolgen und Tote verhindert oder die Anzahl verringert haben, wenn wir auch nur einen Liter Sprit weniger verbraucht haben und wenn auch nur ein Dezibel – bei dem Sie sagen, das ist gar nicht hörbar, da gebe ich Ihnen recht – weniger im Ohr der Bürger ankommt, die an Autobahnen wohnen, dann

haben wir festgestellt, dass es sich dafür lohnt, ein Tempolimit einzuführen. – Danke!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Das Wort hat Herr Senator Dr. Loske.

Frau Präsidentin, liebe Abgeordneten! Als Verkehrssenator begrüße ich den Antrag der Koalitionsfraktionen ausdrücklich, weil er ein wichtiger Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, zur Verbesserung des Umweltschutzes ist und übrigens auch sehr weit gehende technologiepolitische Implikationen hat, dazu komme ich gleich. Insofern, volle Unterstützung! Das Tempolimit, das hier vorgeschlagen worden ist, ist gut für Menschenschutz und Verkehrssicherheit. Es ist klar, auf allen Teststrecken, wo es ein Tempolimit gibt, oder auf Strecken, wo es Tempolimits gibt, ist die Unfallgefahr deutlich geringer.

Wir haben hier eigene Erfahrungen. Ich habe mir noch einmal von der Polizei, vom Herrn Schultze, dem Direktionsleiter der Wasserschutz- und Verkehrspolizei, die aktuellen Zahlen geben lassen. Bei der A 27, wo wir früher ein Tempolimit hatten, wo dann auch drei Spuren ausgebaut wurden und gegen den Rat der Verkehrswacht das Tempolimit aufgehoben wurde, ist die Anzahl der geschwindigkeitsbedingten Unfälle im letzten Jahr um 50 Prozent gestiegen, und die Anzahl der Personenschäden hat sich verdoppelt. Ich glaube, das sind sehr starke Argumente.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herr Schultze hat mir ausdrücklich nicht nur erlaubt, sondern mich auch ermutigt, diese Argumente hier vorzutragen. Das ist das erste Argument.

Das Zweite: Es ist auch gut für den Lärmschutz, wobei klar ist, wenn wir dann in Zukunft generell Tempo 120 km/h haben werden, wird es natürlich Abschnitte geben, zum Beispiel bei der A 281, wo wir wesentlich niedriger liegen, bei 80 km/h beispielsweise, das wird der Senat demnächst entscheiden, und ich hoffe, die Bürgerschaft auch.

Aber ergänzend möchte ich noch einmal zu Herrn Dr. Buhlert sagen – oder ironisch müsste ich eigentlich sagen, Herr Dr. Dr. Buhlert, weil ich weiß, dass einer von den beiden ein naturwissenschaftlicher Titel ist –, Sie wissen natürlich genau, dass diese Dezibelwerte eine Exponentialfunktion darstellen. Das heißt, wenn Sie statt 130 km/h 160 km/h fahren, dann verdoppeln Sie den Lärm, und das ist für die Anwohnerinnen und Anwohner sehr relevant!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken!)

Insofern würde ich das nicht herunterspielen, sondern das ist ganz wichtig.

Der dritte Punkt: Es ist auch gut für die Luftreinhaltung! Bei Stickoxiden und beim Feinstaub sind signifikante Reduzierungen bis zu 25 Prozent zu verzeichnen. Bei den Kohlendioxidemissionen gibt es je nachdem, wie man es genau gestaltet, auch Rückgänge. Das ist aber beim Tempolimit wahrscheinlich nicht so sehr das Hauptargument, wenn man ehrlich ist.

Der vierte Punkt ist ein wichtiger Beitrag, das haben ja verschiedene Redner auch schon angesprochen, für unsere Energiesicherheit, denn die Wahrheit ist natürlich, dass wir am Öl hängen wie der Drogenabhängige an der Nadel, um es einmal so zu sagen. Wir importieren das Zeug zu 100 Prozent, und wir exportieren es aus Weltregionen, die alles andere als stabil sind. Andere wollen auch mehr davon, deswegen gehen die Preise explosionsartig in die Höhe. 1999 lag der Fasspreis beim Öl bei 10 Dollar, heute liegt er bei 100 Dollar. Das heißt also, wenn wir weniger Sprit verbrauchen durch angemessene Fahrweisen, leisten wir auch einen wichtigen Beitrag zur Energiesicherheit in unserem Land. Auch das ist ein wichtiges und starkes Argument für ein Tempolimit.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Vorletztes Argument: Ich möchte noch einmal sagen, es ist auch gut, das ist meine These, für die Automobilindustrie, denn es ändern sich natürlich die konstruktiven Prinzipien, wenn Automobile nicht mehr auf 200 km/h Spitzengeschwindigkeit ausgelegt sind, sondern auf Spitzengeschwindigkeiten von 150/160 km/h, dann kann sie leichter bauen, ressourceneffizienter und energiesparender bauen. Wir haben ja gerade heute die Vorschläge der EU-Kommission bekommen, Stichwort 120 Gramm CO2 pro Kilometer. Da der Trend ganz eindeutig in Richtung verbrauchsarme Fahrzeuge geht, ist ein Tempolimit sozusagen noch einmal eine Unterstützungsmaßnahme dafür, dass wir in Zukunft verbrauchsärmere Autos bekommen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn angemessen gefahren wird, dann ist auch die Kapazitätsausnutzung vorhandener Autobahnen wesentlich besser möglich! Wenn weniger gesprungen, weniger rüpelhaft gefahren wird, wenn insgesamt flüssiger und harmonischer gefahren wird, dann kann man die Kapazität einer vorhandenen Autobahn auch viel besser ausnutzen. Auch das ist ein starkes und wichtiges Argument für ein Tempolimit.

Ich komme zum Schluss! Ich will noch einmal zumindest den bei Herrn Dr. Buhlert oder Herrn Bödeker so mitschwingenden, wie soll ich sagen, emphatischen Freiheitsbegriff, den sie da glauben, verteidigen zu müssen, ansprechen. Die Wahrheit ist doch, dass es keine Freiheitsfrage ist. Es wurde ja eben schon von Frau Dr. Schaefer darauf hingewiesen, dass es in allen Ländern der Welt, in allen zivilisierten Nationen dieser Welt ein Tempolimit gibt. In dem Land, das sich die Freiheit ganz oben auf die Liste geschrieben hat, nämlich die Vereinigten Staaten, da gibt es je nach Bundesstaat Tempolimits zwischen 88 und 120 km/h. Lassen Sie uns einmal ein bisschen auf dem Teppich bleiben beim Thema Freiheit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herr Dr. Buhlert, Sie haben ja vorhin von Kant gesprochen, die Kollegen von der Linken würden wahrscheinlich eher von Rosa Luxemburg sprechen, nehme ich einmal an, dass sozusagen meine Lust, schnell zu fahren – die es gibt, wir wollen der Wahrheit durchaus ins Auge schauen, bei vielen von uns, nicht bei mir, aber bei anderen –, diese Freiheit findet natürlich ihre Grenzen dort, wo ich die Sicherheit anderer berühre. Insofern ist es eine Ausbalancierung zwischen zwei Interessen, nämlich zwischen dem Freiheits- und dem Sicherheitsinteresse, das kann man philosophisch wunderbar begründen.

Herr Bödeker, einen letzten Punkt noch einmal! Sie haben mich ja eben zitiert, die Wahrheit ist, dass wir einen Gruppenantrag in den Bundestag eingebracht haben. Da haben Abgeordnete der SPD mitgemacht, das war vor allem die Kollegin Wright, ich glaube, aus Bayern, dann der Kollege Göppel von der CSU und meine Wenigkeit. Da Sie jetzt, wie ich der Presse entnehmen konnte, mit der CSU vorzügliche Kontakte pflegen, sogar den Ministerpräsidenten von Bayern hierher bekommen haben, nehmen Sie sich vielleicht an dem Kollegen Göppel ein kleines Vorbild und werfen Sie ihr Herz über die Hürde. Ein Tempolimit für Bremen ist eine gute Sache. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 17/ 125 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU und FDP)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Meine Damen und Herren, wir haben hier wieder einmal eine Punktlandung gemacht, es ist 13.00 Uhr, und ich unterbreche die Landtagssitzung bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 13.01 Uhr)

Präsident Weber eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr.

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Ich begrüße recht herzlich auf der Besuchertribüne eine Besuchergruppe der CDU aus Bremen-Nord und Studenten der Hochschule Bremen, und ich begrüße recht herzlich den Intendanten von Radio Bremen, Herrn Professor Dr. Heinz Glässgen. – Seien Sie alle ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Radio-Bremen-Gesetz