Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Sieling, Sie haben von einem freudigen Ereignis gesprochen. Das können wir uns gut vorstellen, dass Rot-Grün von einem freudigen Ereignis spricht, wenn Senator Lemke als Innensenator sich nicht mehr gegen seine eigenen Fraktion stellt, wie er es ja hin und wieder gemacht hat,
und, ich wiederhole, sich eigentlich stellen muss, weil er wirklich, und hierauf werde ich im Weiteren noch ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ganz offensichtlich im Gegensatz zu vielen aus Ihrer eigenen Fraktion. Sie sprechen immer wieder als SPD von der sogenannten Röwekamp-Delle. Wer war denn der damalige Finanzsenator, welche Partei hat ihn gestellt, und wer war mit in der großen Koalition? Die SPD tut immer so, als wenn sie erst seit einem Jahr in der Regierung ist. Ganz merkwürdig!
Aber kommen wir doch nun zu dem, was heute tatsächlich ansteht, nämlich die Wahl eines neuen Innensenators. Angesichts der aktuellen Probleme im Innenressort ist diese Wahl tatsächlich dringend erforderlich. Ausdrücklich möchte ich an dieser Stelle dem hier anwesenden ehemaligen Innensenator Lemke für eine sehr gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit im Interesse der inneren Sicherheit danken.
Der ausgeschiedene Senator hat häufig zu erkennen gegeben, ich hatte es eben schon angedeutet, dass er die Probleme der inneren Sicherheit in Bremen erkannt hatte. Offensichtlich hat er aber aufgrund der mangelnden Rückendeckung im Senat und in der Koalition kapituliert und deshalb den Gang nach New York vorgezogen, was man ja verstehen kann, denn gerade die Bürgerschaftsdebatte im Januar zur Onlinedurchsuchung hat doch eindrucksvoll gezeigt, welche Probleme ein Innensenator in Bremen mit seiner eigenen Koalition hat, wenn er vernünftige Instrumente zur Bekämpfung der Schwerstkriminalität auf den Weg bringen will.
Herr Lemke ist ja auch nicht der erste, der aus der seit einem Jahr bestehenden Landesregierung ausscheidet. Zunächst ist ein Senator gar nicht erst angetreten, dann musste eine Staatsrätin entlassen werden, und demnächst endet die Laufbahn eines Staatsrates aus Altersgründen.
(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Reden wir doch einmal über die CDU-Wirt- schaftssenatoren der letzten Legislaturpe- riode!)
ren. Meine Damen und Herren von der Regierungsbank: Sie können ungefähr ausrechnen, wie die Zusammensetzung Ihrer Mannschaft nach vier Jahren aussehen wird!
Kommen wir aber nun zu Herrn Mäurer! Nach dem Willen des Bürgermeisters soll es nun Herr Mäurer in die Hand nehmen, die Probleme im Innenressort zu lösen, ein Mann, der viele Jahre als Staatsrat im Justizbereich, freundlich im Ton und nett im Umgang, aber für die jeweiligen Bürgermeister ein kritikloser Verwalter war. Dabei sind im Bereich Innenressort viele wichtige Entscheidungen zur zukünftigen Ausrichtung zu treffen und gegen den erwarteten Widerstand aus den Reihen des Senats und der rot-grünen Koalition durchzusetzen.
Meine Damen und Herren, der neue Innensenator muss sich insbesondere um die steigende Jugendgewaltkriminalität mit ihren fatalen gesellschaftlichen Folgen kümmern, und gerade in diesem Bereich hat Herr Mäurer in der Vergangenheit als Justizstaatsrat keine Lorbeeren geerntet, denn bei circa 75 Prozent der von der Staatsanwaltschaft eingestellten Jugendstrafverfahren ist wohl kaum von einem Stopp der Jugendgewalt zu reden.
Darüber hinaus muss der neue Innensenator sich um die steigende Eigentumskriminalität und im Bundesvergleich sehr niedrige Aufklärungsquote von Straftaten in Bremen kümmern. Weiterhin muss der neue Innensenator die Polizeireform weiterentwickeln und die insbesondere im Einsatzdienst der Schutzpolizei vorhandene Unruhe und Demotivation in den Griff bekommen. Ferner und last, but not least muss der neue Innensenator endlich die Probleme auf der sogenannten Discomeile beseitigen, denn es kann doch nicht hingenommen werden, dass an jedem Wochenende über 30 Polizistinnen und Polizisten aufgeboten werden müssen, damit Bremerinnen und Bremer einigermaßen gefahrlos in die Disco gehen können.
Jetzt gehe ich noch darauf ein, was Herr Dr. Sieling schon angesprochen hat, nämlich die Probleme im Stadtamt. Natürlich ist auch das eine ganz wichtige Aufgabe des neuen Innensenators. Seit Monaten wird in der Innendeputation über die Probleme diskutiert, und sowohl die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, als natürlich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtamtes können endlich erwarten, dass eine Lösung dieser Missstände herbeigeführt wird.
Eine große Herausforderung wird für den neuen Innensenator darin bestehen, gesetzliche Grundlagen zur Bekämpfung der Kriminalität zu schaffen beziehungsweise entsprechende Bundesratsinitiativen konstruktiv zu begleiten. Wie ich schon am Beispiel der Onlinedurchsuchung eingangs aufgezeigt habe, hat es ein Bremer Innensenator unter rot-grüner Regierungsverantwortung schwer, wichtige gesetzliche Bedingungen zur Bekämpfung der Terrorgefahr und Schwerstkriminalität durchzusetzen und damit einen Beitrag zur Erhaltung der inneren Sicherheit zu leisten.
Meine Damen und Herren, von einer Verbesserung der inneren Sicherheit in Bremen mag ich angesichts der gegenwärtigen politischen Lage gar nicht reden wollen. Verehrter Herr Mäurer, bei allem Respekt vor Ihrer Person, aber die CDU-Fraktion traut Ihnen diese Aufgabenerledigung nicht zu und wird deshalb der Wahl nicht zustimmen.
Ich persönlich hätte eher den Staatsrat Dr. Wewer aufgrund seiner großen politischen Erfahrung im Innenressort als Nachfolger für geeignet gehalten, aber der war offensichtlich nicht gewollt, weil ein langjähriger Genosse aus den eigenen Reihen versorgt werden musste. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn man der Rede vom Kollegen Hinners aufmerksam zugehört hat, versteht man vielleicht, warum der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Röwekamp, nicht gesprochen hat: weil all die Versäumnisse, die aufgezählt worden sind, in der Ägide von zwölf Jahren CDU-Innensenatoren hier hätten thematisiert werden müssen und der Vorgänger es sich erspart hat!
Er hat es sich erspart, seine eigenen Versäumnisse hier vorzutragen, die man nun versucht, den Nachfolgern, ich kann schon fast sagen – entschuldigen Sie den Begriff! –, in wirklich leicht niveauloser Art in die Schuhe zu schieben. Das geht so nicht, und das versteht auch jeder da draußen, dass das so nicht geht, weil man, wenn man zwölf Jahre ein Ressort regiert, natürlich auch die Verantwortung übernehmen muss! Im Grunde genommen muss man dann auch die Traute haben, nach vorn zu kommen und die Verantwor––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
tung in diesem Hause hier vorn in einer solchen Debatte zu übernehmen, bevor man durch ein Mitglied der Fraktion derartige Vorwürfe in den Raum stellen lässt.
Es ist genau das Gegenteil, und da wird man Herrn Hinners vielleicht nicht bekehren, obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, ob er es nicht selbst auch aufgrund seiner langjährigen Erfahrung bei der Polizei Bremen weiß, dass es das Gegenteil ist. Es sind nicht die großen ausgetragenen Debatten über neue Gesetze, die die Sicherheit vor Ort schaffen, sondern es ist die alltägliche professionelle Arbeit der Polizeibeamtinnen und -beamten, die zusammen mit einem großen Kreis von Menschen auch im sozialen Bereich, im Bildungsbereich und vielen anderen Bereichen präventiv versuchen, tagtäglich Sicherheit zu schaffen.
Nehmen Sie einmal als Beispiel das Gesetz zur automatischen Kennzeichenerfassung auf Autobahnen! Hier ist das Bundesverfassungsgericht tätig geworden und hat gesagt, das ist verfassungswidrig. Es gab eine groß aufgebauschte Diskussion vorher. Was war in Bremen? Hier haben wir so by the way festgestellt, dass wir das sowieso nie gemacht haben, weil wir kein Geld haben, ein solches Gerät anzuschaffen. Haben Sie den Eindruck gehabt, dass durch dieses Gesetz, durch diese Maßnahme die Sicherheit im Lande Bremen hergestellt wird?
Es ist bei vielen anderen Gesetzen auch so, Sicherheit wird Tag für Tag und Nacht für Nacht, und hier gebe ich Herrn Hinners recht, auch Samstagnacht auf der Discomeile und in anderen Stadtteilen, hergestellt, und hier müssen wir die Polizei Bremen unterstützen. Hier brauchen wir einen Innensenator, den wir jetzt in Herrn Mäurer bekommen, der das tut und der sich nicht in großen, aufgeblasenen politischen Debatten über nutzlose neue Gesetze ergeht. Das brauchen wir gerade nicht!
Innensenatoren und Innenminister haben diesen Hang – wir alle kennen die Beispiele von Kanther bis Schily, von Borttscheller bis Röwekamp –, die Tendenz, diese Themen, gerade die Gesetzesthemen, die so fern sind und die oft nur ganz winzige Ausschnitte der Realität in unseren Großstädten betrachten, weit nach vorn zu schieben, um zu verdecken, dass man für die alltäglichen Probleme ganz wenige Lösungen hat.
Ich möchte Herrn Lemke ausdrücklich für seine Arbeit, die er in vielfältigen Funktionen für Bremen geleistet hat, danken. Ich widerspreche ausdrücklich dem, was hier gesagt worden ist, dass es einen Gegensatz zwischen der Art und Weise, wie er und wie
die Regierungsfraktionen sein Amt in den letzten Monaten verstanden haben, gab. Ich habe das nicht erkennen können. Wir haben sehr vertrauensvoll mit ihm zusammengearbeitet, das kann ich für die Fraktion der Grünen sagen. Ich meine, man hat so viele Senatoren aufgrund von Skandalen gehen sehen, weil sie inzwischen per Haftbefehl gesucht werden oder aus anderen Gründen, und nun zu versuchen, dem Anlass, dass jemand UN-Sonderbeauftragter wird, noch einen Makel anzuheften und dass deswegen ein Nachfolger gewählt werden muss, das versteht da draußen überhaupt kein Mensch, meine Damen und Herren!
Wir halten den vorgeschlagenen Kandidaten, Herrn Mäurer, für eine sehr gute Lösung. Wir glauben, dass das falsch ist, was hier gesagt worden ist, dass er ein kritikloser Verwalter war und im Justizressort ein völlig negatives Erbe hinterlassen hätte. Wir glauben, dass er eine sehr gute Arbeit gemacht hat, die ihn für dieses Amt qualifiziert, weil er die Kompetenz in einem Bereich gesammelt hat, der sehr verwandt ist, Justiz und Inneres sind nämlich sehr dicht beieinander, und aus den vergangenen Jahren alles mitbringt, um auch im Bereich Inneres nun erfolgreich zu arbeiten.
Ich halte es schlichtweg für ein wenig abwegig, wenn hier Entscheidungen der bremischen Staatsanwaltschaft zitiert werden. Wir haben unabhängige Staatsanwaltschaften und Gerichte. Hätte der Staatsrat für Justiz in Einzelentscheidungen über die Einstellung eines Verfahrens eingreifen sollen, die ein Staatsanwalt oder Richter trifft? Wer das behauptet, der hat nicht verstanden, wie Justiz bei uns funktioniert. Wer das nun als einzigen Beleg für eine angeblich schlechte Arbeit des Staatsrats für Justiz anführt, der hat schlichtweg unsere Verfassung nicht verstanden, meine Damen und Herren!
Es stimmt, dass der neue Senator für Inneres und Sport eine Reihe von sehr gravierenden Baustellen zu bearbeiten hat. Manchmal sage ich ganz gern: Die Feuerwehr Bremen ist der einzige Bereich, der in diesem Ressort keine dringende und akute Baustelle darstellt. In vielen anderen Bereichen, Stadtamt und Landesamt für Verfassungsschutz sind genannt worden, bei der Polizei und auch im Sport gibt es große Probleme, das heißt, es wartet eine Menge Arbeit auf den neuen Senator für Inneres und Sport.
Ich wünsche mir – ich gehe aber auch davon aus, die ganze Fraktion steht geschlossen hinter diesem Wahlvorschlag –, dass gerade die Wahl Mäurer ein gutes Zeichen für eine sachbezogene, eine sachliche, fachlich kompetente Arbeit dieser Regierung ist. Wenn
der eine oder andere dann vielleicht etwas provokative oder öffentlichkeitswirksame Auftritte vermisst, dann gehöre ich zu denjenigen, denen es nicht so geht, auch im deutlichen Widerspruch zu hin und wieder in der Lokalpresse geäußerten Auffassungen, dass das eigentlich das wäre, was die Bürger von Politik erwarten.
Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall: Die Bürgerinnen und Bürger erwarten sachbezogene Lösungen für die alltäglichen Probleme, sie erwarten keine Schauauseinandersetzungen, sie erwarten nicht Glitzer und Glamour, dafür haben sie das Fernsehen, den Film und das Varieté, sondern von der Politik erwarten sie handfeste Lösungen. Ein handfester Senator für Inneres und Sport steht heute zur Wahl, und die Grünen werden ihn wählen. – Vielen Dank!