Protokoll der Sitzung vom 02.07.2008

(Beifall)

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Leve Präsident, leve Froens- un leve Mannslüe! As ek lüttjet weer, dor geev dat so’n Opkleber, dor stun op: „Ek snack Platt – Du ok?“ Un dissen Opkleber, den hebbt wi dormols nich ohne Grund verdeelt. Dat hebbt se mookt, weil se wüssen, dat de plattdüütsche Sproke, dat de immer mehr trüggels geiht.

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s övernimmt dat Amt as Vörsitter.)

Över de letzten dree Generationen sünd de Tohlen böös trüggels gohn. 1984 kunn in Norddüütschland noch jeder dritte plattdüütsch snacken. Hüte is dat bloß noch 14 Prozent. Obwohl Plattdüütsch de tweetgröttste regionale Sproke op de Welt is, steiht se op de rote Liste vun de UNESCO för bedrohte Sproken. Deswegen hebbt wi ok hier hüte usen Andrag inbrocht „An Plattdüütsch fasthollen un Plattdüütsch starker moken“. Doch bevor ek to usen Andrag koom, will ek hier noch vun Vorerfohrungen vun mi vertellen.

Bi us tohuus, dor hebbt Oma, Opa un Groottante, de hebbt immer Plattdüütsch snackt. Un mit mien Ollern hebbt de ok Plattdüütsch snackt, aber mit us Kinner nich. Dat weer nich schick. Nee, du müsst Hoochdüütsch lehren! Ek hebb dat ümmer en beten mitkregen un heff ok tohöört, aber so richtig lehrt heff ek dat egentlich eerst, as ek plattdüütsch Theoter speelt heff. Un dor mutt man doch seggen, wenn man hüte noch mol plattdüütsch snackt, denn mookt man dat meistens mit de olleren Lüe. Bi us op Dorp, dor weet man: De köönt dat, un denn mookt dat ok richtig Spooß. Un ek mutt seggen: Plattdüütsch is nämlich ne wunnerbore Sproke. De is ganz week. Un dat gifft ok ganz schöne Beteeknungen. Wer kennt to’n Bispeel noch den Ebeer? Dat is de Storch. Oder de Ellhorn, dat is de Fliederbusch. Oder de Wimpwopp, dat is de Muulwupp. De meisten kennt dat gor nich mehr. De Sproke is ok bannig goot antohören. Un dat Schöönste is, man kann ok wunnerschöön schimpen op Platt. Dat höört sik nur half so schlimm an.

(Klatschen)

Un wo wi jüst bi’t Schimpen sünd: De „taz“ hett schreben, dat use Andrag „Plattdüütsch“, de weer överher, un dat weer Spijökenkroom. Soke Lüe, de sowat schrievt, kann ik nur seggen: De hebbt Rotten op’n Böhn, de hebbt kene Tradition, un de hebbt ok kene Werte. Dor richt wi uns hier ganz bestimmt nich no.

(Klatschen bi de CDU)

Wi meent dat nämlich eernst mit dat Plattdüütsche. Un ek mutt seggen: Plattdüütsch, dat sünd use ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Wuddeln hier, dat is use Heimat. Un wer nich weet, wo he herkummt, de weet ok nich, wo he hen mutt.

(Klatschen bi de CDU)

Ober man schall jo nich nur schimpen, man schall jo ok en beten loben. Un dor kann man jo ok mol vertellen: dat is ganz fein is, dat to’n Bispill op Radio Bremen, dor kannst plattdüütsche Norichten anhören, oder in’t Internet kannst de sogor plattdüütsch nalesen.

(Abg. Fro B u s c h [SPD]: Klock halbig ölben!)

Hier in Bremen kannst du ne plattdüütsche Führung maken, op de Rootskeller oder dör den Schnoor. Un loben much ik ok so’ne Künstlerin as Ina Müller, de ganz veel deit för de plattdüütsche Sproke, un ok dat Institut hier in Bremen, dat för ganz Norddüütschland ne ganz gode Arbeit mookt. – Velen Dank dorför!

(Klatschen)

Dat Plattdüütsch nich mehr so eernst oder so wichtig nohmen warrt, dat heff ek vör twee Johr an mien egen Körper erleevt. Un zwor bün ek to den eersten Ollernobend vun miene Dochter gohn in de School. Un dor hebbt se uns groot vertellt: Jo, ji köönt hier nu so’ne freewillige AG maken vun de Heimatsproke. Un ek denk so, dat is ja gewaltig: Hier köönt se nu Plattdüütsch lehren, use Kinner, dat finn ek jo goot. Nee, dat köönt se eben nich! Se köönt do lehren Türkisch, un se köönt lehren Russisch. Dor froog ik mi: Worum köönt de dor keen Platt lehren? Dat weer doch ok wat!

(Klatschen bi de CDU)

Ek heff dor gor nix gegen, dat se Russisch un Türkisch lehrt, ober Platt mööt se ok lehren!

(Klatschen bi de CDU)

Wat willt wi in usen Andrag? Wi willt in usen Andrag, dat Bremen siene Plichten nakoomt na de EU-Charta, dat wi eenmool in’t Johr hier en Bericht vörleggt, wo binnensteiht, wat wi för de PlattdüütschSnackers doot un wat de Entwicklung dor is. Twetens muchen wi, dat wi düssen Bericht denn ok hier un ok in Bremerhoben op Platt besnacken köönt, weil ek meen, dat warrt dat Thema ok gerecht. Drüttens willt wi: De Senoot schall en List vörleggen, wie Plattdüütsch in Tokunft fördert weern schall. Un dat mutt eenmool in de School mookt weern, dat mutt bi Kultur un Sozioles mookt weern un ok bi Medien. Ik denk, dat is egentlich wat ganz Sülbstverständlichet, wat sülbst de EU al fordert hett. Un

dorum much ek beden, dat ju all usen Andrag tostimmt. Plattdüütsch is en wunnerbore Sproke. Wi willt se erholen. – Besten Dank!

(Klatschen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Senkal.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Imhoff, vorab erst einmal meine Hochachtung! Das war ganz großes Kino!

(Heiterkeit und Beifall)

Ich meine es ernst! Ich möchte sagen, dass ich der CDU sehr dankbar bin, dass sie dieses Thema mit einem Antrag in das Parlament geholt hat, denn Sprache ist auch ein Mittel zur Identitätswahrung, die auch mich als Menschen mit Migrationshintergrund begleitet hat. Ich kann leider nicht mit einer flüssigen Rede wie Herr Imhoff dienen, ich mache es auf Hochdeutsch, denke aber, das ist erst einmal nicht so schlimm.

Meine Damen und Herren, die Förderung von Regional- und Minderheitensprachen ist ein Thema, dem sich Europa seit beinahe 20 Jahren verstärkt gewidmet hat; zu Recht, denn diese gehören zum kulturellen Erbe und seinen Menschen. Deutschland ist der entsprechenden europäischen Charta vor 16 Jahren beigetreten und hat sich damit verpflichtet, seine Sprachen zu schützen und zu fördern.

Wir müssen hier im Hause aber eingestehen, dass wir das Thema in der Vergangenheit vernachlässigt haben. Zwar haben wir mit dem Institut für niederdeutsche Sprache eine gut arbeitende und wertvolle Einrichtung, die sich mit allen Belangen des Plattdeutschen befasst, darüber hinaus hat sich die bremische Politik, wenn überhaupt, nur am Rande damit beschäftigt. Leider, und das kann man wohl auch ohne aufwendigen Monitoringbericht sagen, hat Plattdeutsch im Alltag der meisten Bremer keinen Platz mehr. Bei einer Umfrage des Instituts für niederdeutsche Sprache gaben nur 14 Prozent der Befragten an, sehr gut oder gut plattdeutsch sprechen zu können. Da mag auch noch das eine oder andere Prozent Selbstüberschätzung eine Rolle spielen, denn wenn man allein hier im Parlament eine solche Umfrage machen würde, erhielte man vermutlich sogar ein schlechteres Bild.

Verglichen mit der weiten Verbreitung aus frühen Zeiten ist dies jedoch besorgniserregend. Nicht umsonst wird Plattdeutsch von der UNESCO bereits als bedrohte Sprache geführt. Wenn Platt in seltenen Fällen einmal öffentlich verwendet wird, hat ––––––– *) Vom Redner nicht überpürft.

das oft einen humorvollen, gemütlichen Charakter. Da wird dann zur Auflockerung noch ein heiteres Zitat oder Sprichwort in die Rede eingebaut. Der ernste Teil wird aber doch lieber auf Hochdeutsch behandelt. Woran es nun liegt, dass Plattdeutsch oft nicht mit dem nötigen Ernst betrachtet wird, hat vermutlich mehrere Gründe.

Ich denke, es liegt vor allem daran, dass die meisten Menschen Plattdeutsch eher als eine Art seltsamen Dialekt abtun und sich der Bedeutung dieser Regionalsprache nicht bewusst sind. Natürlich haben wir es hier auch nicht mit einer regionalen Minderheitensprache wie dem Sorbischen in Sachsen oder dem Dänischen in Schleswig-Holstein zu tun. Plattdeutsch war einmal die Sprache der Mehrheit. Das könnte auch ein Grund dafür sein, weshalb man die besondere Schutznotwendigkeit erst spät erkannt hat.

Man könnte aber durchaus mehr machen. Radio Bremen bietet regelmäßig Nachrichten auf Plattdeutsch an. Andere Maßnahmen hat auch die CDU in ihrem Antrag aufgeführt: Unterricht in der Schule, Angebote im Kulturbereich, Sendungen im Rundfunk oder Stadtteilschilder auf Plattdeutsch. Bedrohte Sprachen wie das Platt müssen aktiv gefördert werden. Hier reicht es nicht, auf selbsttätige Bewegungen oder Angebote zu hoffen. Dann könnten unsere Nachfolger hier in 30 oder 40 Jahren die Gründung eines Plattdeutschmuseums beschließen.

So sinnvoll der CDU-Antrag in seiner Intention ist, so sollten wir ohne genaues Hintergrundwissen nicht vorschnell handeln. Zunächst sollte der Bericht der Sachverständigen, der auch im Antrag erwähnt ist, abgewartet werden. Auf der Grundlage der Empfehlungen der Experten müssen wir diese dann in den darauffolgenden Haushalten abbilden. Klar ist auf jeden Fall, dass wir auch die Kooperation mit unseren norddeutschen Nachbarländern intensivieren müssen. Platt wird schließlich nicht nur in Bremen, sondern in weiten Teilen Norddeutschlands und den Niederlanden gesprochen.

Eine Überweisung an die Kulturdeputation als zuständige Fachdeputation ist zunächst der richtige Weg, um sich des Themas weiter anzunehmen. In diesem Gremium kann dann über die Ergebnisse des Berichts beraten und können entsprechende Empfehlungen formuliert werden. Es wäre der Sache aber sicher nicht dienlich, wenn wir der CDU folgend hier im Plenum einmal im Jahr einen Zwang zum Plattdeutschen einführen würden. Niemand darf gezwungen werden, seine Sprache aufzugeben oder nicht zu sprechen. Genauso wenig darf aber niemand dazu verpflichtet werden, eine Sprache zu sprechen, die er oder sie nicht beherrscht.

(Beifall bei der SPD)

Alle Parlamentarier hier haben jederzeit die Gelegenheit, ihre Beiträge auf Plattdeutsch zu hal

ten – Herr Imhoff, Sie haben es gerade wunderschön vorgeführt –, und zwar nicht nur zum Thema Plattdeutsch, sondern immer. Wenn Sie, vielleicht noch mit den zwei oder drei Abgeordneten zusammen, Platt flüssig beherrschen, eine Debatte führen und der Rest außen vor bleibt, nützt das dem Erhalt der Sprache kein bisschen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen auch hier aufpassen, dass wir die Ernsthaftigkeit des Themas nicht aus den Augen verlieren. Nur zu leicht rutscht man dann wieder in die folkloristische Ebene ab. Der Gebrauch einer Sprache lässt sich nicht verordnen, nur fördern. Wenn dies von der breiten Masse nicht angenommen wird, bleibt uns auch letztlich nichts übrig, als dies hinzunehmen. Zumindest wir im Parlament sollten aber einen ordentlichen Umgang mit dieser Sprache und ihren Sprecherinnen und Sprechern pflegen. Dafür brauchen wir keine Selbstverpflichtung, nur ein wenig Respekt, das ist alles! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Fro Präsidentin, Daams un Herren! „An Plattdüütsch fasthollen un Plattdüütsch starker maken“, dat is de Andrag vun de Christlich Demokratische Union. Un wi denkt: De Tatsach, dat en Spraak, nämlich Plattdüütsch, nich mehr so veel snackt worrt, is keen Grund, düsse Spraak nich mehr in de Börgerschaft to snacken. Ik will woll geern Platt snacken, aber dat is nich so eenfach. Dorum bitt ik Se, mi lütte Fehlers natosehn. Ich hab das nicht von mien Mudder oder mien Vadder gelernt, ich hab das gelernt hier in Bremen und in Brunsbüttel. Aber dat hett groten Spaaß maakt.

En Spraak leevt dorvun, dat se snackt worrt, wenn ok nich perfekt. So hebbt Se recht, wenn se wüllt, dat de Börgers in Bremen mehr Platt snacken schüllt. Mit de plattdüütsch Spraak us egen Profil bewohren, is woll en scharmante Idee un schall us Unnerstützung hebben. Düütschland is bi de Europäische Charta för Regional- oder Minderheitenspraken mit bi un mutt deshalb en Bericht afgeben. In düssen Bericht geiht’t utdrücklich dorum, woans dat mit Platt in dat Land Bremen utsüht. Dat schall de Grund ween, öber ok de Pleeg, den Gebruuk un de Bewohrung vun de plattdüütsche Spraak in Bremen to snacken. Dat wüllt wi woll mitmaken. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Denn schon de olle Marx hett seggt: De Spraak is de Bedingung dorför, dat de geschichtlichen Verhältnisse överhaupt Realität warrt. Ohne de Spraak sünd de minschlichen Verhältnisse gor nich to denken. Deshalb hebbt Marx un Engels ok schreben: De Spraak is so oolt wie dat Bewusstsien. De Spraak is dat praktische, ok för de anner Minschen bestohnde, also ok för mi sülvst eerst bestohnde wohrhaftige Bewusstsien. De Spraak entsteiht wie dat Bewusstsien, eerst ut dat Bedürfnis, de Notwendigkeit för dat Mitenanner mit anner Minschen to schnacken. Dat Bewusstsien kann nie wat anners sien as dat bewusste Sien, un dat Sien vun de Minschen is en würklichen Lernprozess.

So nimmt man dat an, so is Platt ok en kulturelle Errungenschaft, womit de Minschen ehren Weert un ehr Eigenständigkeit utdrücken köönt. Dat gellt ok för lütte Gruppen as to’n Bispeel de Plattsnackers. Dorto höört ok de Buern in Neddersassen un in Bremen. De hebbt totiet bannig wat to doon, dat gellt besünners för de Melkbuern, de för betere Priesen för ehr Melk strieden doot, denn ehr Melkpriesen sünd nich utriekend to’n Leven. Un de nee’en Priesen sünd noch nich för en lange Tiet. Deshalb köönt wi uns ok op Platt mit de Buern solidarisch wiesen.

Vundage köönt wi de Buern deshalb nur veel Glück wünschen, besünners de Melkbuern. Nu gellt dat, de Forderungen vun de Melkbuern to’n langfristigen Bombenopstieg mittohelpen. Noch beter wörr’t, wenn wi de Buern opfördern wörrn, ehr Melkköh na en biologische Richtsnoor to holen. Okay, soveel to de Melkbuern! Dorum vundaag: en groten Erfolg för de Buern!

Un dat de Andrag an de Kulturdeputation hinwiest warrn schall, willt wi woll ok tostimmen. – Danke schön!

(Klatschen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: De snackt nu över dat liberale Manifest!)