Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

Ich komme zum letzten Absatz! Es ist schon sehr lange über diese Dinge gesprochen worden. Es gibt auch den einen oder anderen Ansatz, aber die Tatsachen und Fakten zeigen, dass die Fischbestände weiter schrumpfen. Deshalb bitten wir um Unterstützung für unseren gemeinsamen Antrag! – Danke schön!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Tittmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie schreiben in Ihrem Antrag völlig zu Recht, die für alle EU-Mitgliedstaaten einheitlichen Fischereivorschriften bewirken wegen teils sehr unterschiedlicher Rahmenbedingungen nicht Chancengleichheit für alle, sondern deutliche Wettbewerbsverzerrung insbesondere für die Anrainer der Nordsee. Hier gebe ich Ihnen vollkommen recht.

Sie verschweigen aber fast gänzlich, dass es insbesondere die EU-bürokratische, für Deutschland sehr teure EU gewesen ist, die durch ihre Politik auf Kosten Deutschlands mit dazu beigetragen hat, dass es unterschiedliche Rahmenbedingungen nicht nur im Bereich der Fischereivorschriften gibt, eben keine Chancengleichheit und eine nicht mehr hinnehmbare deutliche Wettbewerbsverzerrung insbesondere für Deutschland und die deutsche Fischerei bestehen.

Meine Damen und Herren, das sind die eindeutigen Ergebnisse einer in manchen Teilen nicht mehr nachvollziehbaren, unsäglichen EU-Politik auf Kosten und zulasten der deutschen Steuerzahler, wovor ich Sie schon immer eindeutig gewarnt habe.

Selbstverständlich muss dringend die Überfischung und die unverantwortliche Wettbewerbsverzerrung für unsere Hochseefischerei gestoppt werden. Dafür werde ich mich gerade als Bremerhavener Landtagsabgeordneter vehement auch weiterhin einsetzen. Mich verwundert es aber doch schon sehr, dass sich die SPD und Bündnis 90/Die Grünen erst jetzt mit einem solch viel zu späten populistischen Antrag auch endlich einmal Sorgen um die Hochseefischerei im Land Bremen und hier insbesondere für Bremerhaven machen.

Meine Damen und Herren, dieser Antrag kommt um Jahre zu spät. Sie wissen es doch nicht erst seit gestern, dass zum Beispiel die Kabeljaubestände und sehr viel andere Fischarten in der Nordsee vor dem Zusammenbruch stehen und dass hier schon lange

die Fangquoten auf null hätten gesetzt werden müssen. Es war Ihnen auch schon lange bekannt, dass es Jahre, wenn nicht noch Jahrzehnte, dauern wird, bis sich die Fischbestände aufgrund der jahrelangen sorglosen und unverantwortlichen Überfischung wieder erholen können.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Sie zeigen wie- der einmal, es gibt frischen Fisch und brau- nen Fisch!)

Das sind die traurigen Ergebnisse Ihrer ach so hochgelobten und überbezahlten EU-Bürokraten, deren unsägliche Politik mit dazu beigetragen hat, dass die Hochseefischerei nicht verantwortungsvoll mit den Meeresressourcen umgeht.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Da fischen Sie jetzt im Trüben! – Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Brackwasser- abgeordneter!)

Die letzten verbliebenen Fischbestände dürfen nicht weiterhin so rücksichtslos ausgebeutet werden. Deshalb werde ich Ihrem Antrag selbstverständlich zustimmen. – Ich danke Ihnen!

Das Wort hat der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Wir sind in einer Situation, wo es nicht um den Schutz der Fischerei geht, sondern in erster Linie um den Schutz des Fisches. Von daher, glaube ich, sind wir auch da an einem Punkt, an dem wir selbstverständlich eine bestimmte Form von Interesse der Fischerei, Fischwirtschaft, Hochseefischerei berücksichtigen müssen. Eines ist aber völlig klar: So weiter Fischen, auch wenn man einen Teil des Beifangs dann wieder hineinwirft, und die Überfischung stoppen, das wird nicht funktionieren.

Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir tatsächlich in einer unzulässigen und überflüssigen Weise Raubbau betreiben, aber selbst wenn wir das Überflüssige und Unzulässige ein Stück weit reduzieren, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Raubbau bleiben. Es gibt Schätzungen, dass die industriellen, hochgerüsteten Fangflotten eine Überkapazität von ungefähr 40 Prozent haben. Das heißt, man müsste ungefähr die Hälfte der 100 000 Fischereischiffe einfach stilllegen, um diese Form von Raubbau zu beenden.

Von daher, denke ich, ist es auf der einen Seite eine gute Initiative, diesen Antrag loszuschicken. Nach unserer Ansicht ist die Wettbewerbsverzerrung, wie ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

das richtigerweise heißt – für manche ist es ein Wort, das manche Vorrednerin von mir, insbesondere ein Redner, nicht so gut aussprechen kann –, nicht das erste Kriterium. Das erste Kriterium ist tatsächlich, wie wir es schaffen, diese Ökosysteme zu erhalten.

Da gibt es eine ganze Reihe von Anregungen, die ein bisschen über das hinausgehen, was aufgeführt ist, was ich zunächst wichtig finde. Wir brauchen natürlich ein Fischereimanagement, das heißt, eine Verringerung der Fischerei und auch entsprechende Fangquoten, die überall durchgesetzt werden. Wir brauchen so etwas wie ein Vorsorgeprinzip, aber wir müssen dabei auch berücksichtigen, dass es nicht nachteilige, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen hat.

Das heißt, wir haben jetzt schon den Effekt, dass regionale Fischereien durch große Hochseefischereien in der ganzen Welt vollständig an die Wand gedrückt und auch zerstört werden, obwohl sie in aller Regel für die lokale Nahrungsmittelversorgung ausgesprochen wichtig sind. Denen wird also der Fisch weggefischt, das ist auch etwas, was man bekämpfen muss, und selbstverständlich müssen wir auch diskutieren, dass es so etwas wie Meeresreservate gibt. Die dürfen nicht so groß sein, einmal um die Insel Helgoland herum, sondern man muss wirklich darüber nachdenken, ein großes und weltweites Netz von Meeresreservaten einzurichten – dazu könnte die EU einen Beitrag und eine Initiative leisten –, in denen sich die Fischbestände erholen.

Last, not least muss man – das wäre vielleicht auch ein Thema für die Kolleginnen und Kollegen von der FDP gewesen – noch einmal sehen, ob wir nicht diese Form von Überfischung nicht auch noch durch Subventionen stützen und ob es möglicherweise sinnvoll ist, eine Subventionspolitik zu betreiben, die dann diese Form von moderner Fischerei, die möglicherweise etwas mehr Schutz bietet für die Jungfische, unterstützt.

Da gibt es also noch eine Menge Themen und Punkte, bei denen wir weiterdenken müssen. Ich denke, dieser Antrag ist ein erster Ansatz, und man kann dem zustimmen. Ich glaube aber, wenn es einen Weg gibt, von unserer Seite aus Initiativen zu ergreifen, sollten wir uns bei den Folgepunkten und dem, was es noch zu tun gibt, nicht zurückhalten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, dass wir etwas dagegen tun müssen, wenn Arten ausgerottet werden. Es geht hier nicht um Umwelt-, sondern um Artenschutz und auch um Tierschutz. Wir müssen doch auch mit diesen Tie

ren gerecht umgehen. Wir können nicht Tiere einfach nur umbringen, weil sie Beifang sind. Es geht darum, vernünftig und nachhaltig zu wirtschaften, das heißt, wirklich zu schauen, dass man nur den Fisch aus dem Meer holt, der dann auch vom Menschen verbraucht wird, und nicht Fisch zu fangen und nur aufgrund von rechtlichen Gegebenheiten ihn dann wieder ins Meer zu werfen und nicht zu nutzen.

Es geht darum zu schauen, wie dieser Beifang verwertet werden kann, wie er aber auch auf Fangquoten angerechnet wird und wie er sich im nächsten Jahr bei der Neufestsetzung von Fangquoten auswirkt. Es darf nicht sein, dass es am Ende ein Sport wird, viel Beifang zu produzieren, der vermarktet wird und sich dann wirtschaftlich wieder rechnet, sondern es muss dabei immer noch Nachteile geben, denn Beifang wie Seeteufel ist nicht nur sehr schmackhaft, sondern am Ende auch ein entsprechendes wirtschaftliches Gut. Man muss eben entsprechend damit umgehen, dass dieses ganze Miteinander betrachtet wird, sodass daraus ein nachhaltiges Wirtschaften entsteht. Genauso ist es mit der Frage des Jungfisches. Wir müssen mit entsprechenden Maschenweiten dafür sorgen, dass dieser Jungfisch erst gar nicht gefangen wird, damit er gar nicht erst als Beifang entsteht.

All diese Fragen müssen geklärt werden. Sie müssen nicht nur in einer EU-Fischereipolitik geklärt werden; zu recht ist in dem Antrag der Hinweis auf Island, Norwegen und andere Länder. Genau das ist der richtige Weg. Wir müssen uns mit allen Ländern, die Fischfang betreiben, abstimmen und auch dort versuchen einzuwirken, dass dort der Raubbau aufhört. Wir müssen dazu kommen, dass diese Ressource verantwortungsbewusst und nachhaltig genutzt wird, denn sonst werden wir als Menschen Fischarten ausrotten. Der Kabeljau ist hier genannt worden. Das kann und darf es nicht geben. Deswegen ist es hier richtig und wichtig, auch erneut diesen Punkt aufzugreifen. Es ist keine Sache, die man irgendwann einmal nicht getan hat, sondern eine Sache, die man kontinuierlich weiter tun muss, bis das Ziel erreicht ist. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Senator Nagel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielleicht spricht jetzt der erste Betroffene zu diesem Thema, zumindest vom Sternzeichen her bin ich Fisch. Ich weiß nicht, ob das bei den anderen Rednern der Fall war.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Du warst also Beifang!)

Na ja, ich bin ganz offensichtlich auf jeden Fall im Bremer Netz hängen geblieben! Ich bin allerdings

auch betroffen, meine Damen und Herren, als Wirtschaftssenator, denn das Thema, über das Sie sprechen und das in dem Antrag angesprochen ist, ist von erheblicher Bedeutung für eine ganz zentrale Säule unserer Wirtschaftsstruktur im Land Bremen, nämlich für die Fischverarbeitung in Bremerhaven. Wenn die Entwicklung nicht gestoppt wird, werden wir über kurz oder lang auch Probleme in Bremerhaven bekommen, auch Probleme mit den Arbeitsplätzen in der fischverarbeitenden Industrie.

Die Regelungen, die noch in Kraft sind, waren ursprünglich – auch wenn ich das nicht so ganz nachvollziehen kann – als bestandserhaltende Maßnahmen gedacht. Sie sind aber auf jeden Fall, und das ist im Antrag beschrieben, eine destruktive Ressourcenverschwendung, die so schnell wie möglich beendet werden muss. Was in Island und Norwegen geht, muss doch auch innerhalb der Europäischen Union möglich sein.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Deshalb unterstütze ich diese Forderungen mit dem Antrag ausdrücklich. Es gibt einige Fortschritte auf EU-Ebene. Es ist eine Fischereiaufsichtsagentur eingerichtet worden, Sie wissen das, in Vigo in Spanien. Es finden in diesem Jahr erstmals in Nord- und Ostsee einheitliche Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen der Anrainerstaaten statt, und der Bundeslandwirtschaftsminister hat das schon erwähnte Pilotprojekt „Stopp Discard“ aufgelegt.

Es gibt Themen, die darüber hinausgehen, der Abgeordnete Rupp hat darauf hingewiesen. Die norddeutschen Länder haben sich in einem Neun-Punkte-Programm zum Thema Fischerei und die dazugehörigen Interessen verständigt, diese neun Punkte der Bundesregierung nahezubringen. Unser Problem ist ein Stück weit: Die Fischereipolitik ist eine originäre Zuständigkeit der EU. Wir müssen ganz viel von unten drücken, damit in Brüssel etwas ankommt. Wir könnten auch, Frau Abgeordnete Marken, einmal überlegen, ob wir zusammen mit der Landesvertretung in Brüssel die Fischflagge des Landes Bremen und Bremerhaven zeigen und auf dieses Problem von uns aus noch einmal deutlich hinweisen.

(Beifall bei der SPD)

Auf jeden Fall besteht dazu schon heute Abend Gelegenheit beim Matjesorden in Bremerhaven. Die parlamentarische Staatssekretärin aus dem Landwirtschaftsministerium, Frau Heinen, wird auf unsere Einladung hin anwesend sein; Frau Marken, Sie sind ja auch da. Ich nehme an, Sie haben den Antrag auch schon eingesteckt, um ihn ihr zu geben und unser Interesse noch einmal zu unterstreichen.

(Abg. Frau M a r k e n [SPD]: Genau!)

Wir werden vonseiten des Senats das uns Mögliche tun, um die Ziele, die im Antrag formuliert sind, kräftig zu unterstützen. – Danke!

(Beifall)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU mit der DrucksachenNummer 17/479 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)