Protokoll der Sitzung vom 10.09.2008

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Böschen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der LINKEN wird wieder einmal deutlich, dass die Situation für die Dozentinnen und Dozenten in der Weiterbildung zwar überhaupt nicht einheitlich, aber ganz häufig richtig schwierig ist. Auch das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung hat 2006 die Veröffentlichung herausgebracht, dass es Honorarentgelte gibt, die sich zum Teil bei 8 Euro die Stunde bewegen, und da ist die Vor- und Nachbereitungszeit nicht eingerechnet.

Ver.di und die GEW kämpfen um Mindestlohn in der Weiterbildungsbranche, stoßen dabei allerdings ganz häufig auch auf den erbitterten Widerstand in den eigenen Reihen, denn auf dem Weiterbildungsmarkt gibt es auch durchaus viele Anbieter mit Aufträgen aus der Privatwirtschaft, und da werden dann ganz andere Honorare gezahlt.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir natürlich die Initiative des Senats, sich im Bundesrat für einen

Mindestlohn einzusetzen, und sind selbstverständlich froh darüber, dass auch in den senatseigenen Bereichen nicht weniger als 7,50 Euro gezahlt werden. Aber wie der Senat selbst anerkennt, wird damit keine angemessene Vergütung der Honorarkräfte garantiert. Im Übrigen, muss ich sagen, finde ich den Begriff des Mindestlohns in diesem Zusammenhang sehr missverständlich. Schließlich geht es hier nicht um die Definition einer unteren Lohngruppe, sondern es geht um angemessene Bezahlung für qualitativ hochwertige Arbeit, es geht um Lehrtätigkeit, und dazu gehört natürlich die Berücksichtigung von Vorund Nachbereitung.

Dazu gehört auch, das hat Frau Schön eben schon ausgeführt, dass man genau hinschaut, ob es sich um eine Nebentätigkeit oder um eine Haupterwerbstätigkeit handelt, denn bei der Nebentätigkeit, das wissen Sie auch, haben wir im Rahmen der Steuerfreibetragspauschale von 2100 Euro bei vielen Personen durchaus die Situation, dass sie Brutto für Netto bekommen. Da haben wir durch die Resolution gerade der Dozentinnen und Dozenten bei der VHS noch einmal deutlich gezeigt bekommen, wie sie mit ihren 18 Euro letztlich bei etwa 11 Euro landen.

(Abg. B e i l k e n [DIE LINKE]: Noch weniger!)

Ja! Aus der Antwort des Senats wird deutlich, dass je nach Einrichtung und Struktur eines Projektes sehr unterschiedliche Honorare gezahlt werden. Bemerkenswert finde ich, dass die Vergütung im Bereich der beruflichen Orientierung im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik häufig deutlich unter den möglichen Höchstgrenzen liegt, die die Förderung tatsächlich zulässt. Hier, da müssen wir uns nichts vormachen, spielt natürlich auch der Wettbewerb um entsprechende Projekte eine Rolle, der dazu zwingt, möglichst geringe Kosten für Honorare einzusetzen.

Aus meiner Sicht wäre es gut, wenn die Träger hier selbst zu einer Vereinbarung auf freiwilliger Basis kämen, die sich über eine einheitliche Bezahlung definiert. Dies wäre eine Möglichkeit, die Konkurrenz untereinander nicht auf dem Rücken der Honorarkräfte auszutragen. Noch besser wäre es aus meiner Sicht allerdings, wenn es einen Tarifvertrag für die Beschäftigten in der Weiterbildung gäbe.

Dass, was der DGB auf Bundesebene fordert, nämlich ein Weiterbildungsgesetz auf Bundesebene, halte ich für die richtige Herangehensweise, denn hier könnten zu den Qualitätsmerkmalen der Einrichtungen vernünftige Arbeitsbedingungen fixiert werden, die neben den Honoraren auch berücksichtigen, dass bestimmte Stundenzahlen entsprechend definiert werden müssen und dass es natürlich eine soziale Absicherung für die Dozentinnen und Dozenten geben muss.

Aber ich stimme meiner Vorrednerin Frau Schön zu, dass selbstverständlich auch in Bremen Überle

gungen getroffen werden müssen, die Gebührenordnung noch einmal genau anzuschauen, da ist aber dann der Betriebsausschuss der Volkshochschule zum Beispiel der richtige Ort.

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Spieß.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon hervorgehoben worden, wie wichtig die Rolle der Dozenten und Lehrbeauftragten für die Weiterbildungseinrichtung und auch den Hochschulen hier in Bremen ist. Auch ich möchte das noch einmal würdigen. Ich finde, die Arbeit, die diese leisten, ist hervorragend, und ich glaube – und das kommt ja auch ein bisschen zu kurz –, dass sie diese Arbeit auch gern machen. Sie engagieren sich für etwas, sie bringen zum Beispiel in die Hochschulen einen Praxisbezug hinein, und sie geben uns auch die Möglichkeit, sich in bestimmten Dingen selbst weiterzubilden und auch ihr Wissen an andere weiterzugeben. Das macht, glaube ich, den meisten Spaß, und es hörte sich bei der Diskussion der LINKEN ein bisschen so an, dass es da einfach nur ein Zwang ist. Das ist nicht der Fall, und ich glaube auch nicht, dass das so ist.

Natürlich ist es so, dass es Unterschiede gibt, das haben wir in der Antwort des Senats gehört. Die Varianz in bestimmten Bezahlungen geht von unteren Gruppen, die schon genannt worden sind, bis zu höheren Gruppen bei Masterstudiengängen, wo also auch bestimmte Honorare gezahlt werden können. Weil die Studenten dieses Masterstudium zahlen, ist dort natürlich auch eine ganz andere Möglichkeit vorhanden, und da kann man dann natürlich auch ganz anders handeln. Nichtsdestoweniger müssen wir uns nichts vormachen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir hier in Bremen aufgrund der heterogenen Struktur der Weiterbildungsträger auch nur sehr schwer eine Bewertung vornehmen können und dass wir keine einheitliche Bezahlung und keinen einheitlichen Grundpreis irgendwo einführen können, denn wir dürfen Folgendes nicht vergessen: Es richtet sich immer nach dem, was dort angeboten werden soll. Es ist auch durchaus unterschiedlich, wie die Qualifizierungen der einzelnen Personen sind und ob sie das, was gefordert ist, auch leisten können. Auch das dürfen wir nicht vergessen.

Die LINKEN haben im Juli letzten Jahres eine Kleine Anfrage im Bundestag zu dieser Thematik gestellt. Ihnen werden die Antworten sicherlich bekannt sein, die daraus hervorgehen. Da ist es auch schon genannt worden, dass man sich sehr wohl auch um die Gruppe derjenigen bemüht, die davon abhängig sind, die auch bemüht sind, eine Existenz daraus zu bilden, aber man hat auch ganz deutlich darauf

hingewiesen, dass die Qualität gesichert sein muss, und die Qualität der Weiterbildungseinrichtungen ist für uns auch ganz wichtig.

Frau Schön hat es schon angesprochen, es ist so, dass wir das sehr wohl wissen, gerade weil wir uns in dem Betriebsausschuss Musikschule beziehungsweise VHS auch mit dieser Thematik schon teilweise auseinandergesetzt haben. Es ist nichts Neues für uns, und ich glaube auch nicht, dass wir das dementsprechend jetzt hier so dramatisieren müssen. Ich bin der festen Überzeugung, dass man gerade für solche Problematiken, wie sie hier angesprochen worden sind, nämlich Vor- und Nachbereitung, die nicht bezahlt werden – –.

(Abg. B e i l k e n [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage – Glocke)

Frau Dr. Spieß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Beilken?

Nein, die gestatte ich nicht!

(Zuruf des Abg. B e i l k e n [DIE LINKE])

Die Abgeordnete Frau Dr. Spieß gestattet es nicht! Das müssen Sie kommentarlos zur Kenntnis nehmen und wieder Platz nehmen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir gerade in solchen Fällen Lösungen finden müssen, können und werden. Ich möchte aber hier auch noch einmal auf folgende Problematik eingehen: Wir alle wissen, dass der Haushalt und die wirtschaftlichen Mittel der Weiterbildungsmaßnahmen natürlich begrenzt sind, und auch das muss berücksichtigt werden! Ich glaube nicht, dass wir hier Forderungen stellen können, die dann gegebenenfalls die Weiterbildungseinrichtungen an den Rand ihrer Existenz führen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit einem gemeinsamen Umgehen auch im Betriebausschuss für die Gruppe derer – und das möchte ich hier auch betonen –, die davon abhängig sind, sehr wohl Lösungen finden. Aber wie gesagt, es gibt auch einen sehr großen Teil von Honorarkräften und Lehrbeauftragten, die dieses nebenberuflich ausüben, und auch die, finde ich, darf man nicht vergessen und sagen, das wäre also nicht so wichtig wie die Arbeit der anderen. Nein, die Arbeit aller ist gleich, das sollte man nicht vergessen, aber nichtdestoweniger bin ich der festen Überzeugung, dass wir mit dem, was wir auch schon auf den Weg gebracht haben, zu einer Lösung kommen werden. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Dr. Spieß, Herr Kollege Beilken hat eine Kurzintervention angemeldet. Sie haben dann die Möglichkeit, noch darauf zu antworten. Sie haben also die Möglichkeit, jetzt am Rednerpult stehenzubleiben und dann auf das, was er argumentiert, zu antworten. Herr Beilken, Sie haben jetzt eineinhalb Minuten Zeit. – Bitte sehr!

Danke schön, Herr Präsident! Meine Damen und Herren, ich mache es ganz kurz!

(Beifall bei der SPD)

Ich sage einmal: Es tut auch nicht weh! Es geht um die Frage, ob Sie mir zustimmen, dass die Qualität auch bezahlt werden muss und dass eine zu niedrige Bezahlung auch irgendwann die Qualität beeinträchtigen kann, wenn es nämlich so ist – das Problem haben wir in anderen Bereichen auch –, dass die Kolleginnen und Kollegen sich andere Arbeit suchen, wenn Sie nicht besser bezahlt werden. Die Qualifizierten und alle, die dort sind, suchen alle, so ist mir gesagt worden, eine andere Arbeit. Sie sind auf dem Sprung, wir haben Fluktuationen. Die Qualität leidet auch durch schlechte Bezahlung, und es ist ein Wunder, dass die Kolleginnen und Kollegen aufgrund Ihres Idealismus, den Sie beschrieben haben – es macht Spaß –, immer noch diese Qualität liefern. Stimmen Sie mir zu, dass das auf die Dauer auch durch eine Bezahlung unterfüttert werden muss?

Zweite Frage, wir haben das im Betriebsausschuss schon einmal angesprochen, da hatte ich keine Unterstützung: Würden Sie dieses Mal, wie die anderen Kollegen auch, dieses Thema dort unterstützen im Sinne einer Anhebung der Honorare?

Frau Dr. Spieß, Sie haben jetzt auch eineinhalb Minuten Zeit, darauf zu antworten!

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Qualität in unseren Weiterbildungseinrichtungen gesichert ist, dass wir diese auch halten können. Da bin ich einfach der Meinung, dass das so ist. Ich glaube nicht, dass Sie diesen Zustand, den Sie jetzt gerade beschreiben, als, sagen wir einmal, gängigen Zustand beschreiben könnten, denn ich glaube, es trifft nur Vereinzelte oder wenige Personen. Insofern sollten wir das hier nicht in dem Sinne verallgemeinern.

Zu Ihrer zweiten Frage in Bezug auf den Betriebsausschuss: Wir können das gern auf die Tagesordnung setzen, dafür bin ich nicht zuständig, das müssen sie dann natürlich die Staatsrätin fragen, ob sie das dort debattieren oder zumindest diskutieren möchte. Ich kann Ihnen aber ganz offen sagen, dass wir hier dann erst einmal eine Diskussion führen wer

den und dann werden wir sehen, zu welchem Ergebnis wir kommen.

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ohne Zweifel sind die Zahlen, die wir der Antwort des Senats entnehmen können, nicht als positiv zu bewerten. Wer würde es den Dozentinnen und Dozenten und Lehrbeauftragten in Bildungseinrichtungen – egal, ob sie jetzt in der Volkshochschule, in den Hochschulen oder der Wirtschafts- und Sozialakademie tätig sind – nicht gönnen, dass sie mehr für ihre Arbeit bekommen? Die Forderung nach einer regelmäßigen Anpassung der Honorare ist durchaus berechtigt.

(Beifall bei der FDP)

Es ist übrigens eine Forderung, die ich ausschließlich an die Wirtschafts- und Sozialakademie der Arbeitnehmerkammer weitergeben möchte, Frau Ziegert und Dr. Sieling! So ganz konnte ich es nicht glauben, als ich las, dass gerade dort die Honorare seit 1993, seit nunmehr 15 Jahren, nicht mehr angehoben wurden. Das Problem dieser Anfrage liegt aber bereits in ihrer Konstruktion – es ist allzu offensichtlich, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE –, was ja ausschließlich dazu dienen soll, einen kurzfristigen populistischen Effekt zu erzielen. Sie haben diese Anfrage von vornherein tendenziös geschrieben!

Wieso fragen Sie in der Anfrage nicht auch danach, wie viele der Dozentinnen und Dozenten diese Arbeit zusätzlich zur ihrer regulären Tätigkeit ausüben? Frau Schön sprach es an. Glauben Sie denn wirklich, dass ein Großteil dieser Menschen allein davon leben muss? In meinem Bekanntenkreis habe ich einige Freunde, die als Dozenten alle nebenberuflich tätig sind, und ich denke, dass es da auch die Norm ist.

(Beifall bei der FDP)

Es verdreht die Tatsachen, wenn Sie hier eine große Zahl von Armutssituationen konstruieren! Natürlich gibt es Betroffene, die mit dieser Tätigkeit allein ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen und deren Lebenssituation als durchaus prekär zu bezeichnen ist; aus deren Schicksalen aber eine große Betroffenheitskulisse herauszulesen, ist schlichtweg falsch. Gerade an den Hochschulen, aber auch an den Volkshochschulen, gibt es eine Vielzahl von Dozentinnen und Dozenten, die diese Tätigkeit zusätzlich zu ihrer normalen Arbeit ausüben und dies als Zuverdienst oder Bereicherung betrachten oder die sich trotz Rente weiter engagieren möchten oder müssen. Wir kön

nen dankbar sein, dass es eine große Zahl dieser Menschen gibt, da durch sie die Angebote finanziert werden können, die eben aufgrund der Haushaltslage sonst nicht möglich wären.

Etwas verwundert war ich im Übrigen aber auch über Ihre Frage nach der sozialen Absicherung von freiberuflichen Dozentinnen und Dozenten. Anhand der Fragestellung gehe ich davon aus, dass Ihnen die Regelungen, nach denen ALG I und ALG II beantragt und ausgezahlt werden, nicht bekannt sind.

(Beifall bei der FDP)

Ehrlich gesagt, ich hätte von einer Partei, die so tut, als würde sie sich das Soziale auf die Fahnen schreiben, schon eine grundlegende Kenntnis der Sozialsysteme erhofft.

Weiterhin fehlt unserer Ansicht nach auch die Frage danach, wie viel die Universität dadurch spart, dass wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mittlerweile ohne Honorar Lehraufträge annehmen; eine Praxis, die auch nicht gerade für die Wertschätzung dieser geleisteten Arbeit spricht, aber leider aus finanzieller Not geboren ist, Herr Beilken!

(Abg. B e i l k e n [DIE LINKE]: Das macht es alles schlimmer!)

Ebenso – dies ist jetzt natürlich auch eine hochschulpolitische Frage – muss in diesem Kontext das Problem diskutiert werden, dass immer mehr Studiengänge zu einem Großteil durch Honorarkräfte verantwortet werden. Hier haben wir in der Tat eine untragbare Situation, ein Missverhältnis zwischen langfristig orientierter Arbeit und der Notwendigkeit des Einsatzes von Honorarkräften. Diese freiberuflichen Dozentinnen und Dozenten sind tatsächlich falsch eingesetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider haben Sie es versäumt, solche Aspekte mit einer angemessenen Fragestellung herauszuarbeiten!