Protokoll der Sitzung vom 10.09.2008

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, diese Aktuelle Stunde ist von außerordentlicher Wichtigkeit, weil wir alle erstaunt waren, welche Diskussion wir mit einem Mal führen müssen. Es ist schon verwunderlich, und wenn man in die Vergangenheit geht und den Koalitionsvertrag von Rot-Grün betrachtet, kann man schon auf die Vermutung kommen, dass die Grünen bei der Außenweservertiefung zumindest nicht mit vollem Herzen dabei sind, und nach der Diskussion in der letzten Woche hat man den Verdacht, dass die Außenweservertiefung verhindert werden soll.

Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag auf Seite 16 bei „Weserausbau, naturnahe Gestaltung, Flusslandschaft und Hochwasserschutz“ die Außenweservertiefung als Prüfung unter Naturschutzgesichtspunkten eingetragen. Das ist auch in Ordnung so.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn wir dann weiter in Ihren Koalitionsvertrag hineingehen, und wir schauen unter „Häfen und Logistik“, wo es dann um den maritimen Standort Bremens und Bremerhavens geht, da erwähnen Sie die Außenweservertiefung nicht mit einem Wort. Das ist schon entlarvend.

(Beifall bei der CDU)

Schon in der Bürgerschaftsdebatte am 7. Oktober 2004, als die Große Koalition einen Antrag zur schnellen Umsetzung der Außenweservertiefung durch den Bund gestellt hat, hat der damalige Bremerhavener Abgeordnete der Grünen, Herr Lehmann, einen Antrag zum nationalen Seehafenkonzept gestellt und in seinem Redebeitrag die Außenweservertiefung nur ein einziges Mal erwähnt. Auch die Abstimmung hat ergeben, dass alle, selbst der FDP-Abgeordnete Wedler, zugestimmt haben bis auf Bündnis 90/Die Grünen, die die Außenweservertiefung als Antrag abgelehnt haben.

Welche Motivation hatten wir damals, diesen Antrag zu stellen? Wir haben als Bremerhavener die Baumaßnahmen CT IV, und wir haben die Erkenntnis, dass die Großreedereien MSC und Maersk-See––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

land Bremerhaven mit immer größeren Schiffen anlaufen wollen. Das geht im Moment nicht. Die Schiffe können tideunabhängig Bremerhaven im Moment nicht anlaufen. Das ist ein großer Nachteil. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt. Wir haben, denke ich, Selbstverständnisse gefordert, lieber Herr Günthner! Wir haben gefordert, sich bei der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass der Bedarf der Außenweservertiefung anerkannt wird. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet wird, und ich denke, das war richtig! Alles das ist von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt worden.

Die Frage, die sich jetzt stellt, ist die Frage, wie ernsthaft Sie die Außenweservertiefung betreiben wollen. Das Planfeststellungsverfahren ist am Laufen. Man hat noch nachträglich Planunterlagen zur Auslegung gebracht, aber auch die Voruntersuchungen haben schon gezeigt, dass die Außenweservertiefung ökologisch und ökonomisch für Bremerhaven möglich ist. Wir als Bremerhavener und wir als Bremer und wir als Christdemokraten in diesem Haus sagen, dass wir die Außenweservertiefung wollen.

(Beifall bei der CDU)

Ich befürchte, dass Bündnis 90/Die Grünen jetzt langsam erkennt, dass die Außenweservertiefung möglich ist und sie diese Außenweservertiefung eben nicht wollen.

Das Planfeststellungsverfahren ist in einem ordentlichen Gang. An dieser Stelle muss man auch einmal die Wasser- und Schifffahrtsdirektion in Aurich für das hervorragende Verfahren loben!

Im „Weser-Kurier“ wird Senator Loske zitiert, dass ohne umfassende Ausgleichsmaßnahmen im Bereich der Weser und ihrer Aue für ihn eine Außenweservertiefung nicht in Frage kommt. Ich denke, das ist ein Selbstverständnis. Das Verfahren, Herr Senator, läuft, und wir fragen uns, warum Sie zu dieser Zeit plötzlich eine solche Diskussion vom Zaun brechen und alles immer nur im Bereich der Umwelt und nicht im Bereich der Ökonomie sehen.

(Beifall bei der CDU)

Insofern ist das, was am Montag im „Weser-Kurier“ geschrieben worden ist, vollkommen richtig. Sie setzen gerade ein katastrophales Zeichen für die maritime Wirtschaft, und ich glaube, wenn wir uns als Bürgerschaft in Bremen nicht voll hinter die Außenweservertiefung stellen, geben wir der maritimen Wirtschaft ein außerordentlich schlechtes Signal, und ich denke, hier ist der Präsident des Senats gefordert. Aber ich glaube, bei einem Teil des Senats ist eine Außenweservertiefung gar nicht gewollt, und man versucht, dies mit Scheinargumenten zu verhindern,

und das soll jetzt schon vorbereitet werden. Das wäre katastrophal für die maritime Wirtschaft.

(Beifall bei der CDU)

Wenn in den nächsten Jahren, nachdem wir die Wendestelle für die Großcontainerschiffe geschaffen haben, Großcontainerschiffe Bremerhaven anlaufen können, haben wir in Bremerhaven für die nächsten Jahre an der norddeutschen Küste ein Alleinstellungsmerkmal. Das ist eine hervorragende Chance, die wir haben. Warum wollen wir diese Chance nicht ausnutzen?

Wenn man, was in der letzten Legislaturperiode geschehen ist, die FFH-Richtlinie eingeführt hat und wenn diese jetzt deutlich zeigt, dass trotzdem eine Außenweservertiefung möglich ist, dann halte ich es für ein ganz katastrophales Signal, wenn sich zwei Senatoren in Bremen darüber streiten, ob wir den maritimen Standort in Bremerhaven unterstützen wollen oder nicht. Insofern müssen wir hier in diesem Haus ganz klar erklären, wir wollen die Außenweservertiefung, und der Senat darf sich nicht hinter Scheinargumenten verstecken! – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nicht nur in der Weser, auch in der Frage der Weservertiefung bedarf es mehr Tiefgang! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, Sie haben es mit dem Thema für die Aktuelle Stunde schon richtig ausgedrückt: Wir brauchen keine Scheindebatten. Das Problem ist nur, manche Senatoren führen diese trotzdem.

(Beifall bei der FDP)

An dieser Stelle verzichte ich darauf, zum wiederholten Mal die besondere Bedeutung der Häfen für Bremen und Bremerhaven darzustellen, allen Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft dürfte bekannt sein, dass unsere Städte ohne die Häfen nicht existieren könnten. Leider ist das kein Grund für Senator Dr. Loske, sich beim Thema Weservertiefung auf die Sacharbeit zu beschränken.

(Beifall bei der FDP – Abg Frau S t a h - m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das soll jetzt ein Vorwurf sein?)

Stattdessen glänzt er durch unnötige Debatten, die unser Land kein Stück voranbringen, aber Herrn Dr. Loske immer wieder prominent in den Medien erscheinen lassen. Dazu gehören nicht nur Schnapsi

deen wie die Schließung von Parkhäusern in der Innenstadt und die ideologisch aufgeladenen und ökologisch unsinnigen Feldzüge gegen Plastiktüten in den bundesweiten Medien. Dazu gehört leider seit Kurzem auch die Absicht, die Weservertiefung in Frage zu stellen.

(Beifall bei FDP)

Fassen wir deshalb kurz die Fakten zusammen! Herr Bödeker hatte schon angedeutet, wesentliche Teile der Weser sind FFH-Gebiet. Das EU-Recht schreibt vor, dass bei Eingriffen in solche Gebiete Ausgleichsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Ebenso ist geregelt, in welchem Maß dies geschehen muss, und es ist erforderlich, eine alternative Prüfung vorzunehmen.

Dem Senat, Sie sagen es zu Recht, schien dies auch bekannt gewesen zu sein. Senator Dr. Loske, zu Ihrer Erinnerung möchte ich dazu mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident, aus dem Koalitionsvertrag der rot-grünen Regierung zitieren. Dort heißt es, Herr Bödeker sprach es auch schon an, auf Seite 16, ich zitiere: „Über die rechtliche Zulässigkeit des Ausbaus von Unter- und Außenweser wird im Rahmen der laufenden Planfeststellungsverfahren durch die Planfeststellungsbehörde des Bundes entschieden. Träger der beiden Vorhaben ist der Bund.“

Herr Senator, ich gehe davon aus, dass Sie den Koalitionsvertrag kennen und dass Sie sich mit dem europäischen Recht auskennen. Ihnen ist bekannt, dass Sie für die Festlegung der notwendigen Ausgleichsmaßnahmen gar nicht zuständig sind.

(Beifall bei der FDP)

Wieso machen Sie dieses Fass aber wieder auf? Die hohe Wichtigkeit der Ausgleichsmaßnahmen für die Natur steht doch vollkommen außer Frage. Sie müssen sich nicht als Anwalt des Naturschutzes positionieren, wie es Ihr Sprecher in der Presse verlauten ließ. Ihr Kollege, Herr Senator Nagel, hat es ziemlich treffend gesagt, als er formulierte, Ihre Mäkeleien seien nicht hilfreich, Herr Senator!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Dr. Loske, die FDP-Fraktion fände es wünschenswert, wenn Sie sich zukünftig sachbezogen mit solch wichtigen Themen auseinandersetzen würden.

Da es im Zusammenhang mit der Weservertiefung bereits öfter thematisiert wurde, auch noch einige Worte zur Deichsicherheit! Selbstverständlich muss diese unter allen Umständen gewährleistet sein, auch unter Berücksichtigung des steigenden Meeresspiegels und auch unter Berücksichtigung einer zunehmenden Zahl von Sturmfluten. All das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind technische Fragen, die gelöst werden können. Wir haben hier nicht die glei

che Situation wie an der Elbe, und wir haben die technischen Lösungsmöglichkeiten.

(Beifall bei der FDP)

Haben Sie, Herr Senator Dr. Loske, in dieser Frage kein Vertrauen in die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest? Wenn dem so ist, dann äußern Sie das an geeigneter Stelle klar und deutlich! Dass Sie dabei auch kein Auge für die Notwendigkeiten der lokalen Politik haben und weder bereit noch fähig sind, eine Abwägung Ihrer Interessen und der des Landes vorzunehmen, ist aus Sicht der FDP erschreckend!

(Beifall bei der FDP)

Der Streit, der hier zwischen den Senatoren Herrn Dr. Loske und Herrn Nagel aufbricht, ist nicht neu. Die beiden Ressorts sind das Paradebeispiel für die von der FDP immer wieder geäußerte Kritik an den Zuständigkeitsstreitereien und Eifersüchteleien im Senat. Hier wird nicht zusammengearbeitet, sondern es werden kleine Fürstentümer verteidigt, und manche Fürsten können dabei nicht darauf verzichten, zwischendurch einmal beim Nachbarn zu plündern.

(Beifall bei der FDP)

Währenddessen thront über alldem reichlich hilflos als König ohne Durchsetzungskraft der Bürgermeister. Dieser glänzt dann in der Presse mit folgender Äußerung, ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident: „Die rot-grüne Koalition spricht nicht mit zwei Stimmen.“ Wenn es doch nur zwei Stimmen wären, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es handelt sich um einen handfesten Streit um eines der wichtigsten Themen für Bremens Zukunft. Es ist eine Auseinandersetzung, die, wie Herr Senator Nagel richtigerweise feststellte, zu einer Rufschädigung für eine verlässliche Wirtschaftspolitik führen kann. Es bleibt dabei: Der rot-grüne Senat agiert ohne Konzept und ohne Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft unseres Landes. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Müller.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass die CDU und FDP hier von Scheindebatten sprechen, zeigt eigentlich schon die umweltpolitische Ausrichtung beider Parteien. Um Ihnen aufzeigen zu kön

nen, worüber wir sprechen, warum hier debattiert wird, verweise ich auf zwei Aussagen! Laut Aussage von Herrn Wilfried Rodiek von der Wasser- und Wirtschaftsdirektion ist die Vertiefung der Weser auf über 100 Kilometer unabdingbar, damit die Weserregion im Containerhafen noch wettbewerbsfähiger werden kann. Weiter erklärte er, dass immer größere Schiffe immer mehr Container beförderten, und diese riesigen Schiffe hätten eben immer mehr Tiefgang.

Jetzt kommen wir zur Kontra-Seite, und zwar argumentiert Herrn Martin Rhode, Geschäftsführer von B.U.N.D. Bremen, dass die geplante Weservertiefung eine ökonomische Katastrophe ist. Er sieht in den Anliegen nur die Interessen von ein paar Investoren vertreten, die sich aber über die negativen Langzeitfolgen der Weservertiefung keine Gedanken machen.

(Beifall bei der LINKEN)