Solche Erfahrungen muss man einfach weitergeben, hier gilt es, Geschichte aufrecht zu erhalten und Erfahrungen weiterzugeben. Das, finde ich, ist ein sehr wichtiger Punkt, deswegen finde ich es gut, wenn sich Schulen, Lehrer und Lehrerinnen auf den Weg machen, dies weiterzugeben, und dass das in den Bildungsplänen entsprechend Eingang findet. Ich fin
de es allerdings etwas entlarvend – und dabei will ich jetzt einmal auf die Auseinandersetzung zurückkommen, was Rahmenbildungspläne sind, was Lehrpläne sind, was verordnet und was freiwillig gemacht wird –, dass die CDU hier auffordert, dass das von oben regelt wird. Ich glaube nicht, dass man diesen Unterricht von oben regeln kann, sondern dass es darum geht, Rahmensetzungen vorzunehmen und nicht direkt vorzuschreiben, was unterrichtet wird. Da quillt doch noch eine ziemlich alte Vorstellung aus Ihrer Frage heraus, Herr Rohmeyer.
Ja, dazu haben wir eine unterschiedliche Vorstellung, das mag so sein, aber dann darf man das auch benennen! Nichtsdestoweniger ist es doch so, dass dieses Thema aufgegriffen werden muss, dass bei allen Themen – und das habe ich mich dann auch gefragt, als ich die Debatte vorbereitete – ökonomische Bildung mehr berücksichtigt, politische Bildung mehr berücksichtigt, Geschichte mehr berücksichtigt werden muss. All das können wir fordern, all das ist richtig, und keiner wird sagen, das ist falsch. Genauso werden wir sagen, wir brauchen mehr Grundfertigkeiten. All das ist richtig.
Mehr Sport, auch eine richtige Sache! Die Frage, die sich dann aber in der Summe stellt – und die können nicht wir beantworten –, ist die, die in der Schule beantwortet werden muss: Was muss den Schülern prioritär nähergebracht werden? Wenn es Schüler gibt, die ein unzureichendes Leseverständnis haben, wie sollen sie denn Geschichte nachlesen und mitbekommen? Dort ist doch die Priorität eindeutig erst einmal anders zu setzen, und dann ist nach entsprechend geeigneten Texten zu suchen, die sie dann auch verstehen können, die vielleicht auch die Geschichte umfassen und darauf hinweisen, was war, und an denen man das Textverständnis entsprechend üben kann.
Ich will damit darauf hinweisen, dass es dann in der Verantwortung der Lehrer und Lehrerinnen liegt zu schauen, wie es mit den konkreten Schülern an der konkreten Stelle aussieht. Es ist doch klar, dass es darauf ankommt, die einzelnen Schüler individuell fit zu machen, sodass sie das Ganze verstehen, einordnen können, und dafür müssen sie eben auch andere Kompetenzen mitbringen. Eines ist klar, und dabei bleibe ich mit Jean Paul: „Ohne die Geschichte bleibt man ein unerfahrenes Kind.“ Das gilt für jeden Einzelnen und auch für die Gesellschaft. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vieles, was man unterstützen kann, wurde bereits durch meine Vorredner Anja Stahmann und Markus Buhlert hier sehr eindringlich geschildert. Ich denke einmal, darin konnten sich viele von uns wiederfinden, die diese Ausführungen ganz ausdrücklich unterstützen.
Ich mache hier an dieser Stelle auch noch einmal deutlich: Wir müssen erinnern, es ist ein Segen, wenn es Zeitzeugen gibt. Wir müssen Kindern und Jugendlichen die Geschichte möglichst anschaulich darstellen, und zwar nicht nur die Geschichte der DDR, sondern ebenso die Geschichte des Nationalsozialismus, auch das wurde mir gerade eben noch einmal eindringlich deutlich.
Anders als meine Vorredner möchte ich den Blick aber in diesem Zusammenhang noch auf einen anderen Punkt lenken! Vor dem Hintergrund der Studie des Forschungsverbundes SED-Staat der Freien Universität Berlin, die auf der Befragung von Schülerinnen und Schülern des neunten bis elften Jahrgangs aus Bayern, Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen fußt und die teilweise wirklich bemerkenswerte Ergebnisse zutage brachte, stellt die Fraktion der CDU auch die Große Anfrage „Geschichte der DDR im Unterricht der Schulen im Lande Bremen“.
Bevor ich nun auf die Mitteilung des Senats dazu eingehe, möchte ich auch ein paar Worte zu dieser Studie sagen! Ich möchte schon darauf hinweisen, dass diese Studie wissenschaftlich keineswegs unumstritten ist. Der vom Berliner Bildungssenator Jürgen Zöllner beauftragte Hamburger Geschichtsprofessor Bodo von Borries erarbeitete ein Gutachten zu dieser Studie und bescheinigte ihr elementare methodische Mängel. Von Borries glaubt dennoch, dass sie die Realität durchaus abbildet, wenn auch nicht perfekt, warnt aber – und dem möchte ich mich anschließen – ausdrücklich davor, den Einfluss von Geschichtsunterricht bei der Herausbildung eines Geschichtsbewusstseins zu überschätzen; ein Satz, den man noch einmal sacken lassen sollte und über denman nachdenken müsste! Wer sich die Fragen im Zusammenhang mit dieser Studie anschaut, wer sich anschaut, wie die Fragen formuliert sind, welche Antwortmöglichkeiten vorgegeben sind und welche Schlussfol––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
gerungen am Ende gezogen werden, der sollte auch nachdenklich werden und die Ergebnisse wenigstens nicht zu hoch bewerten.
Die Fragebögen unterscheiden sich nämlich kaum von denen allgemeiner Meinungsumfragen. Es finden sich auf plakative Fragen ähnlich plakative Antworten. Mit „Ja“, „Nein“, „Ich weiß nicht“ ist zu antworten, und ich meine, das wirkliche Leben, Konflikte und individuelle Erfahrungen finden dabei überhaupt keinen Raum.
Persönliche Biografien von Familien, Erinnerungen oder Erfahrungen können dabei nicht formuliert werden. Ich bin mit meiner Fraktion der SPD durchaus der Meinung, dass Schülerinnen und Schüler des zehnten Jahrgangs – gern auch schon früher – ein gutes Grundwissen haben und erlangen müssen, wie es zum Beispiel zur Teilung Deutschlands kam, dass es nicht die Alliierten waren, die die Mauer gebaut haben, dass Willy Brandt und Konrad Adenauer keine DDRPolitiker waren. Solche Dinge haben mich genauso entsetzt wie Sie, Herr Rohmeyer. Da ist einiges zu tun, ganz ohne Frage, aber ich glaube auch, dass kurze Fragen und noch kürzere Antworten einer Studie zu diesem Thema nicht gerecht werden können und schon gar nicht solche Schlussfolgerungen erlauben.
Daten und Fakten kann man so abfragen, aber wenn es um Lebensbedingungen und Erfahrungen in unterschiedlichen Systemen geht, dann reichen Kreuzchen auf dem Antwortbogen meines Erachtens nicht aus, um belastbare Ergebnisse daraus zu ziehen. Die Jugendlichen wollen mehr wissen, das ging ja auch aus diesen Studien hervor. Sie haben ein Interesse und beklagen, dass sie nicht mehr darüber hören. Das sollten wir aufgreifen, und dem sollte auch Rechnung getragen werden.
Nichtsdestoweniger, die Sorge, dass Schülerinnen und Schüler die DDR als Sozialparadies verklären und die Begriffe Stasi, Gefängnismauer und Tote einfach nicht verinnerlichen, konnte man erkennen, diese Angst haben viele Presseberichte zum Ausdruck gebracht, ich habe dazu hier auch ein bisschen gehört. Leider ging dabei aber auch unter, dass die Studie durchaus ergeben hat, dass – Gott sei Dank, sage ich einmal – 75 Prozent der befragten Schülerinnen und
Schüler das mörderische Grenzregime der DDR durchaus verurteilten und es als solches erkannt haben und nur eine Minderheit von 4,7 Prozent im Osten und weniger als ein Prozent im Westen die DDR insgesamt verklärt. Darüber müssen wir froh sein.
Ich denke, plakative Fragen und ebensolche Antworten sind nicht ausreichend und werden nicht der deutschen Geschichte, der Geschichte der DDR und der Lebenssituation aller Deutschen gerecht. Wir müssen das hier nicht weiter vertiefen, nur so viel: Die Antworten der Jugendlichen waren sehr unterschiedlich, je nachdem, ob sie aus Ost oder aus West kamen. Milieu, Elternhaus und Familie hinterlassen Spuren, und das ist erst einmal auch in Ordnung. Schule hat hier im Rahmen ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags eine grundsätzliche und ergänzende Aufgabe.
Damit komme ich jetzt zur Beantwortung des Senats. Ich bedanke mich zunächst für die umfangreiche Beantwortung, die auch deutlich machte, dass die Behandlung des Themas „Geschichte der DDR“ in unseren Bildungsplänen bei der curricularen Rahmensetzung bereits für die Sekundarstufe I, also ab Klasse 5, Berücksichtigung findet.
Es wird ausgewiesen, welche Aufgaben und Ziele und vor allen Dingen – und das halte ich für wichtig – welche Kompetenzen in den einzelnen Schularten und Klassenstufen in den relevanten Fächern Welt-Umweltkunde, Geschichte, Wirtschaft, Arbeit/ Technik, Politik, Deutsch, Soziologie und Geografie, Kunst und Musik zu erarbeiten sind. Man hat festgestellt, es ist ein breiter Fächerkanon, der hier angesprochen wird, und es gibt vielfache Möglichkeiten, sich dem Thema zu nähern und einen wirklich interessanten Unterricht für die Schüler zu machen. Meine Fraktion teilt ausdrücklich die Auffassung des Senats, dass die deutsche Geschichte und die Geschichte beider Teilstaaten nach 1949 aus fachlichen und pädagogischen Gründen im Zusammenhang unterrichtet werden müssen.
Die Angebote des Landesinstituts für Schule und der Landeszentrale für politische Bildung sind geeignet, eine gute Grundlage dafür zu schaffen, dass ein ausreichendes – wenn nicht gutes – Geschichtswissen zum Thema DDR gewährleistet werden kann. Wie der Senat gehe auch ich davon aus, dass die qualifizierten Fachkräfte aktuelle und zugängliche Quellen für die Auswahl von Materialien und Medien nutzen. Gerade im Sinne der von uns angestrebten Eigenständigkeit der Schulen ist diese Auswahl von Materialien in die Befugnis der Fachlehrkräfte in Abstim
mung mit den Fachkonferenzen gestellt. Die SPD ist grundsätzlich auch im Hinblick auf die in den Jahren 2009 und 2010 anstehenden Jubiläen der Meinung, dass zentral gesetzte Themenvorgaben einen unangemessener Eingriff in die Eigenständigkeit der Schulen und ihrer Gremien darstellt, und lehnt daher eine entsprechende Vorgabe ab. Unterstützend werden die Schulen jedoch gerade im Zusammenhang mit dem Thema im Vorfeld der Jahrestage auf aktuelle Materialien, Wettbewerbe und Medien hingewiesen, die geeignet sind, zur inhaltlichen und didaktischen Aufbereitung des Themas beizutragen.
Dazu gehört nicht zuletzt das Bildungsportal zum Thema „Deutsch-deutsche Geschichte“, das seit Sommer 2008 unter der Schirmherrschaft der Bundesbildungsministerin sehr gute Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung aufzeigt. Wenn wir am 3. Oktober 2010 20 Jahre deutsche Einheit feiern, werden wir sicherlich ein guter Gastgeber der Feierlichkeiten sein. Damit nicht genug, ich bin zuversichtlich, dass unseren Schülerinnen und Schülern auch in angemessener Form eine kritische Auseinandersetzung mit der deutsch-deutschen Geschichte, mit der Geschichte der DDR ermöglicht wird und ein entsprechendes Grundwissen erarbeitet wurde.
Ich kann, bevor ich zum Ende komme, einfach noch einmal von einer Form des Unterrichts berichten, die ich kürzlich selbst erst wahrgenommen habe! Ich finde es ganz toll, dass an der Wilhelm-Wagenfeld-Schule am beruflichen Gymnasium derzeit ein Musical erarbeitet wird, das sich genau mit dieser Problematik beschäftigt.
Es ist ganz toll, was dort einfließt. Es hat etwas mit den Jahren zu tun, als die Mauer errichtet wurde, es hat etwas mit jungen Menschen zu tun, die in Ost und West lebten, die noch Begegnungsmöglichkeiten hatten, und wie sich diese Menschen dort mit der Situation auseinandergesetzt haben, wie es auch Darsteller, junge Menschen im Osten gab, die sagten, ich will hier nicht weg, ich will etwas verändern, und wie schwierig das war. Wenn man die Proben mitbekommt, geht es einem schon ein bisschen unter die Haut. Auch das ist eine Möglichkeit, den Menschen so etwas nahezubringen. Ich glaube, es wird sehr viel Fantasie vorhanden sein, und ich glaube auch, dass wir die jungen Menschen erreichen werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zu Anfang an etwas positiv anknüpfen, was Herr Dr. Buhlert hier eingebracht hat, dass es nämlich gut wäre, diese Dinge nicht so im Einzelnen von oben zu regeln. Ein Stück weit Liberalität ist auch eine Errungenschaft einer demokratischen Zivilisation, und die wollen wir ja gerade erhalten. Gerade dazu soll ja auch der Politikunterricht unter anderem dienen, damit sich die jungen Bürgerinnen und Bürger dieses nicht nehmen lassen und sich gerade nicht vorschreiben lassen, was sie zu denken haben. Wir wollen auch den Lehrern nicht im Einzelnen vorschreiben – um Gottes Willen nicht! –, was sie zu unterrichten haben. Es ist deswegen absolut richtig, zeitgemäß und demokratisch, dass der Senat in der Antwort darauf hinweist, dass sich die Regierung nicht im Detail in den Unterricht der Schulen einmischt und keine Weisung erteilt, wie was zu unterrichten ist.
In der Tat sind Curricula auch auf Empfehlung der KMK hin weitgehend auf Themenfelder und zu erwerbende Kompetenzen umgestellt worden. Das ist moderne Pädagogik, das ist ein Stück weit freiheitlicher als Auswendiglernen, und das wollen wir ganz gern auch so behalten.
Wir haben keinen Anlass dazu, das in diesem Zusammenhang zu ändern; ich habe gerade eine Zitatquelle herangezogen. Es ist so, dass diese Kompetenzen sehr wohl Bestandteil des Lehrplans sind.
Ich möchte mit Genehmigung des Präsidenten aus der Antwort des Senats zitieren, da wird nämlich aufgezählt: „Curriculare Rahmensetzung für die Behandlung des Themas Geschichte der DDR.“ Wir haben hier für die Gesamtschule und Sekundarstufe, Klasse 9 bis 10, das Thema „Systemvergleich BRD und DDR – zwei Staaten, zwei Systeme“. Wir haben für die Gesamtschule und Sekundarstufe „Unterschiede zwischen den politischen gesellschaftlichen Systemen der BRD und DDR benennen“, „Unterschiede zwischen dem Selbstverständnis der BRD und der DDR“, auch – in Klammern – noch etwas genauere Bezeichnungen.
Wir haben weiterhin bei den Gymnasien in der Klasse 7 bis 10 nicht ganz so systematisch die Anforderung, dass die Schüler die deutschen Bundeskanzler und die wichtigsten Politiker und Staatsführer der DDR benennen sowie die jeweilige Amtszeit datieren und kennzeichnen können. Gut, das ist ein ein bisschen anderes Lernkonzept, sie sollen aber auch Systeme in Ost und West vergleichen und erklären ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
können. Das geht alles in die richtige Richtung, wenn es alles gemacht wird, dann ist das schon in Ordnung.
Es wird dann weiter in der gymnasialen Oberstufe gesagt, man lernt etwas über bürokratischen Zentralismus als Beispiel gesellschaftlicher Machtverteilung. Wenn da nicht die DDR als Beispiel vorkommt, würde mich das doch sehr wundern, auch wenn sie hier nicht direkt genannt ist. Direkt genannt ist sie sehr wohl am Ende noch für die gymnasiale Oberstufe, nämlich bei dem Thema „Politik im Rahmen der fächerübergreifenden Konzeption“.
(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Herr Beil- ken, der Senat hat aus gutem Grund die Ant- wort nicht verlesen!)
Ja, aber das ist ein Auszug, den Sie anscheinend nicht gelesen haben. Es ist allerdings wesentlich, dass dies hier gesagt wird, denn es ist deswegen so, dass die Anfrage ins Leere geht. Ich zitiere zum letzen Mal aus dieser Antwort, es ist bei Politik, „Politische Systeme BRD und DDR“. Das heißt, es ist nun nicht mehr in Zweifel zu ziehen, dass dieses Thema in den Curricula reichlich vorkommt, und es ist auch klar, wir sind uns alle einig, dass das sehr wichtig ist, dass sehr viel daraus zu lernen ist.