Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir debattieren heute über das Aktionsprogramm „Klimaschutz 2010“ des Bremer Senats und damit verbunden den von der Koalition eingebrachten Antrag zum Beitritt zum Konvent der EU-Bürgermeister/-innen des EU-Aktionsplans für Energieeffizienz.

Zum Thema Klimaschutz ist spezifisch für Bremen, dass wir zum einen in Bremen direkt von Sturmfluten betroffen sind, durch den Ausbau der Weser ist im Prinzip das Meer in die Stadt geholt worden. Der Küstenschutz kostet uns viel Geld, aber er ist erforderlich, und wir können nicht auf ihn verzichten. Zum anderen ist Bremerhaven der Standort und das Kompetenzzentrum für Windenergie und leistet damit auch ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

einen erheblichen Beitrag zum Ausbau regenerativer Energien und ist wirtschaftlich von Bedeutung für das ganze Land. Der dritte spezifische Punkt ist, dass Bremen der sechstgrößte Industriestandort in Deutschland ist mit einer sogenannten energieintensiven Industrie, nämlich mit den Stahlwerken.

Meine Damen und Herren, in diesem Spannungsfeld, nämlich auf der einen Seite die Klimaschutzziele und auf der anderen Seite die Industrien mit den daran hängenden Arbeitsplätzen, aber auch mit sehr viel CO2-Ausstoß, muss sich der Klimaaktionsplan bewegen. Das ist in der Tat keine kleine, leichte Übung. Der vorliegende Aktionsplan beinhaltet Maßnahmen, die kurzfristig – es ist ja der Aktionsplan 2010 – in zwei Jahren umzusetzen sind, und in dieser kurzen Zeit sollen sechs Prozent CO2-Ausstoß eingespart werden. Das ist in der Tat ambitioniert.

Ein wesentlicher Punkt, den man hier auch mit im Auge haben muss, ist, dass Sie uns in diesem Zeitraum in der Tat daran messen können, ob die entsprechenden Maßnahmen realisiert wurden. Wir stellen uns also auch der Prüfung, dass das tatsächlich umgesetzt wird. Bremen hat in der Tat in der Vergangenheit mit einigen Klimaschutzmaßnahmen begonnen, auch erfolgreichen. Wenn wir aber die vom Bund und der EU angestrebten Klimaschutzziele mindestens erreichen wollen, dann muss viel mehr passieren als in der Vergangenheit. Verschiedene Bereiche müssen hierbei integriert und ausgebaut werden: Erneuerbare Energien, Kraft-Wärme-Kopplung, energieeffiziente Gebäude, dazu gehört natürlich auch die energetische Sanierung von Altbauten und auch von öffentlichen Gebäuden, Steigerung der Energieeffizienz in Unternehmen, umweltfreundliche Mobilität und so weiter. All dies gehört zusammen, und ich kann aufgrund der kurzen Zeit nur auf einige Punkte eingehen.

Die erneuerbaren Energien sollen ausgebaut werden, die Erzeugung soll von derzeit 146 000 Megawattstunden bis 2010 auf 364 000 Megawattstunden gesteigert werden. Das entspricht im Übrigen 40 Prozent des Bedarfs der Privathaushalte in Bremen. Den größten Anteil haben hier die Wind- und die Wasserkraft, aber auch die Potenziale der Solarenergienutzung sind in Bremen noch nicht hinreichend ausgeschöpft, und hier ist dringender Handlungsbedarf.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der Ausbau der Fernwärme ist übrigens ein Thema, das in der Vergangenheit verschlafen wurde, das wird auch offensiv angegangen. Ich möchte das aber an der Stelle auch nicht vertiefen, hierzu gibt es ja noch einmal eine gesonderte Debatte.

Die Industrie, hier vor allem die Stahlwerke, können auch einen erheblichen Beitrag leisten, und ich hoffe nur inständig, dass nicht aufgrund der Finanzkrise das Beabsichtigte, nämlich die Nutzung des

Konvertergases und des Gichtgases nicht mehr realisiert wird. Hier ist der Wunsch an die Stahlwerke, das weiter durchzuführen, sodass auch diese entsprechenden CO2-Einsparungen realisiert werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Umweltfreundlicher Verkehr! Hier ist auch vielleicht noch einmal zu erwähnen, dass Bremen insbesondere mit Carsharing schon sehr weit vorn steht, was auch durch die Präsentation in Shanghai bei der Expo demonstriert wurde. Hier ist man schon vorangeschritten, aber es gibt noch erhebliche Bedarfe, auch dort CO2 einzusparen.

Meine Damen und Herren, Klimaschutz fängt natürlich zu Hause an, es muss aber auch weiter fortgeführt werden, und hier wird insbesondere deutlich – und das macht die aktuelle politische Lage mit dem Ausscheren von der Bundeskanzlerin Merkel, was die Frage der Klimaschutzziele EU-weit und weltweit letztendlich dann bedeutet, deutlich –, wie dringend notwendig es ist, dass wir auch lokal handeln, dass die Städte handeln. Daher unser Antrag, und ich bitte um Zustimmung. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dennhardt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Die Mitteilung des Senats und das Aktionsprogramm „Klimaschutz 2010“ zeigen, es ist eine Vielzahl von Maßnahmen, die der Senat zum Klimaschutz ergreift. Manches davon wurde bereits von der Großen Koalition begonnen und einiges von der rot-grünen Koalition hinzugefügt.

Erneuerbare Energien werden von der Windkraft bis zur Sonnenenergie genauso weiter ausgebaut, wie die Fernwärmeerzeugung mit dem neuen Kraftwerk auf der Basis der Verbrennung von Abfällen mit mittlerem Heizwert, Mittelkalorik, und das Fernwärmenetz in der Überseestadt. Zusätzlich zu den Fördermöglichkeiten durch KfW-Kredite unterstützt das Land Bremen verstärkt die energetische Sanierung des Gebäudebestandes und senkt auch den Energieverbrauch und die CO2-Belastungen durch die eigenen öffentlichen Gebäude. Unternehmen werden bei Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz unterstützt, die Fahrzeuge der BSAG entsprechend modernisiert und der öffentliche Personennahverkehr weiter ausgebaut.

Durch die Umsetzung dieser und vieler von mir nicht genannten Maßnahmen wird 2010 eine jährliche Ein––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

sparung von 370 000 Tonnen CO2 erreicht. Noch nicht gerechnet sind dabei weitere CO2-Einsparungen, die durch die von Frau Dr. Mathes schon angesprochenen geplanten Maßnahmen der Stahlwerke erreicht werden können. Im Land Bremen mit seinem wichtigen Flughafen der Stadtgemeinde Bremen müsste eigentlich auch die CO2-Minderung beim Flugverkehr in ein solches Aktionsprogramm gehören. Damit das europäische Ziel erreicht werden kann, die Treibhausgasemission bis 2020 insgesamt um 20 Prozent zu senken, sind diese Anstrengungen wichtig. Nur so kann Bremen seinen notwendigen Beitrag dazu leisten, die Erderwärmung mit ihren Folgen für Sicherheit und Gesundheit der Menschen zu bremsen.

Deshalb bitten wir Sie auch, der Ernsthaftigkeit unserer Klimaschutzpolitik Ausdruck zu verleihen, indem Sie unserer Entschließung zum Beitritt Bremens zum Konvent der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Rahmen des Aktionsplans für Energieeffizienz der EU zustimmen. Die rot-grüne Koalition wird das Land Bremen weiter zum Kompetenzzentrum des Nordens für Energieeinsparung, erneuerbare Energien, effiziente Energieerzeugungs- und -nutzungstechniken und Klimaschutz ausbauen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Energiepolitik ist für die SPD-Fraktion jedoch nicht ausschließlich Klimaschutzpolitik. Energiepolitik ist für uns auch Infrastrukturpolitik. Wir brauchen eine leistungsfähige Energieversorgung im Land Bremen, mit der unsere Wirtschaft international wettbewerbsfähig bleiben kann. Hierfür spielt die Energieerzeugung im Land Bremen eine wichtige Rolle. Die eigene Energieerzeugung steht auch für wichtige Arbeitsplätze im Land Bremen. Das vom Senat angekündigte Energie- und Klimaschutzprogramm 2020 steht also nicht nur vor der Herausforderung, weitere Maßnahmen zu bestimmen, mit denen Bremen die angestrebte CO2-Reduzierung erreichen kann, sondern der Senat und die rot-grüne Koalition insgesamt müssen in diesem Programm Antworten auf die Fragen zur Energieversorgung, zur Energieerzeugung und zur Beschäftigungsentwicklung finden.

Gleichzeitig setzen wir uns als SPD-Fraktion dafür ein, dass wir dabei auch die Entwicklung der Energiepreise und ihre sozialen Folgen im Blick behalten. Es ist wichtig, dass ein solches Energie- und Klimaschutzprogramm 2020 vom Senat im Dialog mit den dafür relevanten Akteuren im Land Bremen entwickelt wird. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren hier heute den Bericht zum Antrag „Perspektiven in der Energiewirtschaft“ und über den „Aktionsplan Klimaschutz“ des Senats. Als Erstes möchte ich der rot-grünen Koalition natürlich ganz herzlich gratulieren, denn Sie haben immerhin anderthalb Jahre gebraucht, um diesen sogenannten Aktionsplan aufzuschreiben, worin im Wesentlich steht, was bis jetzt eigentlich schon läuft.

(Beifall bei der CDU)

Als Zweites möchte ich anmerken, dass es schon ganz schön frech ist, die im September 2007 beschlossene Berichtspflicht zum Antrag „Perspektiven in der Energiewirtschaft“ mit Ihrem Aktionsplan abtun zu wollen. Der Senat gibt in der Vorlage sogar noch dreist zu, dass er die Fragen nicht alle beantwortet hat, und dass er das im Jahr 2010 nachholen wird. Meine Damen und Herren, das ist für mich eine Missachtung des Parlaments!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Kommen wir zum Aktionsplan! Sie wollen den weiteren Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Das ist gut, das ist richtig, doch das machen wir schon seit Jahren. Über Windkraft oder das Weser-Wasserkraftwerk brauchen wir hier, glaube ich, nicht weiterzusprechen. Sie wollen die Kraft-WärmeKopplung und die Abwärmenutzung fördern und ausbauen. Das schon länger geplante Mittelkalorikkraftwerk jetzt als Ihre Neuheit zu präsentieren, ist meines Erachtens unlauter, genauso wie den Ausbau der Fernwärmeanbindung in der Überseestadt, der ist nämlich nicht verschlafen worden, sondern der ist langfristig schon geplant worden. Das sind alles Dinge, die gut sind, aber die eben nicht neu sind.

Was wollen Sie weiter mit Ihrem Aktionsplan erreichen? Sie möchten die Energieeffizienz an Gebäuden verstärken. Dabei wollen Sie den Vollzug der Energieeinsparverordnung in Neubauten kontrollieren. Das finde ich irgendwie selbstverständlich. Bei Neubaugebieten wollen Sie die Modellprojekte mit 25 Prozent höheren energetischen Standards verwirklichen, als sie in der Energieeinsparverordnung vorgeschrieben sind. Das ist schon in der letzten Legislaturperiode beschlossen worden, nur dass Sie sich vornehmen, mindestens zehn Prozent der Neubauten so zu bauen. Das wird allerdings schwierig, glaube ich, wenn es auch gut ist, weil die Baukonjunktur natürlich auch krankt.

Bei dem bestehenden Gebäudebestand ist durch die Sanierungsanstrengungen in den letzten Jahren schon viel für die Energieeffizienz getan worden. Dass ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

diese Förderprogramme weitergeführt werden, ist keine Errungenschaft, sondern zwingend erforderlich.

Meine Damen und Herren, die Sanierung der öffentlichen Gebäude ist in den letzten 14 Jahren massiv vorangetrieben worden, was wegen des enormen Sanierungsstaus auch zwingend erforderlich war und ist. Jetzt so zu tun, dass die Gebäudesanierung nur noch energetische Gründe hätte, ist schon lächerlich und nimmt Ihnen auch keiner ab. Weiterhin wollen Sie das Instrument des Energiespar-Contractings nutzen, und das ist auch schon in der letzten Legislaturperiode beschlossen worden. – Auch nichts Neues!

Auch nichts Neues sind die Förderprogramme für den Klimaschutz, die Energieeffizienz und Innovationen in den Bremer Betrieben steigern und fördern sollen. Carsharing und eine saubere Fahrzeugflotte der BSAG sind auch keine neuen Schlagwörter. Insofern kann ich nur sagen, dass das Aktionsprogramm vor allem eine Weiterführung der vernünftigen Klimapolitik der vergangenen Legislaturperioden ist.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU-Fraktion hätte schon etwas mehr von dem von Rot-Grün beschlossenen Aktionsprogramm „Klimaschutz“ erwartet. Selbstverständlich ist für uns dieses Programm nur ein erster Schritt bis 2010, sonst wäre es jetzt ja auch ein totaler Flop!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist eine lustige Rede, die Sie da halten!)

Das ist ja schön! Wenn sie so lustig wäre, dann könnten Sie ja einmal lachen, Herr Dr. Güldner! Aber mit Lachen haben Sie es ja nicht so!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie haben alles verhindert oder ver- suchen alles zu verhindern, was wir ange- stoßen haben!)

Ja, was ich selbst denk und tu, das traue ich auch dem anderen zu, das ist immer so im Leben, und durch die Schreierei wird es nicht besser!

(Beifall bei der CDU)

Klar ist für uns, dass dies nur ein erstes Programm bis 2010 ist, sonst wäre es total daneben! Doch wo ist zum Beispiel die Weiterentwicklung des aus dem Jahr 2003 stammenden Zielplans „Fahrrad“? Zumindest hätte es angesprochen und weiterentwickelt werden müssen, diesen Anspruch muss man in diesem Bericht schon formulieren!

Zum Stichwort Solarstrom: Legen Sie doch die Scheuklappen ab, und bauen Sie dort, wo es landschaftlich passt, auch Solaranlagen in die Fläche!

Was mir viel zu kurz kommt, ist der elementare Punkt der Stadtentwicklung. Verkehrsminderung ist dabei nämlich ein ganz wichtiger Punkt. Zehntausende Autos fahren jeden Tag in unsere beiden Städte ein, um die Menschen an ihre Arbeitsplätze zu bringen. Das ist mit Sicherheit nicht klimafreundlich. Einerseits kann man dem mit einem vernünftigen Ausbau von Nahverkehrsmitteln entgegentreten, aber andererseits muss man auch eine Baupolitik betreiben, die die Menschen in der Nähe ihrer Arbeitsplätze wohnen lässt. Da reicht es eben nicht aus, nur auf die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans hinzuweisen. Die beste Umweltpolitik ist schon immer das Wohnen in Oberzentren gewesen und nicht die Zersiedelung der Bevölkerung in die Umlandgemeinden.

(Beifall bei CDU)

Noch ein Punkt, Herr Senator Dr. Loske! Ich bitte Sie, fangen Sie endlich an, die von Ihnen angekündigte Expertenrunde zur Energieerzeugung einzuberufen. Denn ohne die Wirtschaft wird man allein keine vernünftige Energieerzeugung betreiben können. Wenn es um Klimaschutz geht, ziehen wir mit Ihnen an einem Strang, kreativ, manchmal auch kritisch, aber immer sachorientiert. Wir verstehen Klimaschutz nämlich nicht nur als ökologische, sondern auch als ökonomische Chance. Das ist für uns ganz wichtig!

Nur ganz kurz noch ein Satz zu dem vorliegenden Antrag. Den werden wir unterstützen, weil es ein Begrüßungsantrag ist. Es sind drei Punkte zu beschließen, der eine unterstützt das Ziel, der andere begrüßt und der dritte begrüßt auch noch einmal. Dem werden wir zustimmen, weil wir denken, es ist eine vernünftige Maßnahme. – Danke!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon angeklungen, Klimaschutz ist für Bremen essenziell. Das heißt, wir sind diejenigen, die mit betroffen sind. Es wurde schon über Küstenschutz gesprochen, und wenn es nicht gelingt, den CO2-Ausstoß global einzuschränken und den Temperaturanstieg damit entsprechend zu bremsen, wird es eben auch nicht gelingen, die Nordsee und die Meere dort mit den Küstenschutzmaßnahmen, die wir ergreifen können, im Zaum zu halten. Insofern ist es eine Frage, wie wir auf den Klimawandel reagieren, und was wir an CO2-Einsparungen tun.

(Beifall bei der FDP)