Protokoll der Sitzung vom 21.01.2009

Zu dem Satz, den Herr Timke gerade zum Schluss gebracht hat, nämlich dass er den Wahlhelfern dankt: In seinen gesamten Anschuldigungen, die er geführt hat, hat er den Eindruck erweckt, dass in ganz Bremerhaven bei der Wahl manipuliert worden ist. Es wurden Fehler begangen, aber ich weise ausdrück––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

lich den Vorwurf zurück, dass im Land Bremen und in den Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven Wahlen manipuliert werden. Das weise ich ausdrücklich zurück!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der LINKEN und bei der FDP)

Den vielen Wahlhelfern in den Wahlvorständen, den Ehrenamtlichen, die ihre Freizeit opfern, um demokratische Wahlen durchzuführen, gebührt unser Dank, und denen kann man keine Vorwürfe machen, auch wenn Sie scheinheilig zum Schluss dies wieder revidieren wollten.

Die Frage ist doch: Warum wollen Sie – nachdem Sie, und das zu Recht, beim Staatsgerichtshof durchgefochten haben, dass im Wahlbezirk Eckernfeld neu gewählt wird – jetzt einen Untersuchungsausschuss? Der Staatsgerichtshof hat in keiner Weise irgendwo niedergeschrieben, dass strafrechtliche Dinge passiert sind. Insofern frage ich: Was wollen Sie damit? Da muss man weiter in die Tiefe gehen. Wenn man weiß, dass gerade ein Gerichtsverfahren in Bremerhaven läuft, in dem versucht wird – ich kann nicht beurteilen, ob es richtig ist oder nicht –, mit Mc Donalds-Quittungen und Strafmandaten zu beweisen, dass man in dem Wohnort länger gewohnt hat, denke ich einmal, will man davon ablenken, dass vielleicht der Abgeordnete Timke hier im Hause nicht richtig untergebracht ist. Ich glaube, bei Frau Laue in der Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven, bei der das gleiche Problem war – die ja schon zurückgetreten ist, die dann, wenn Herr Timke hier im Hause nicht mehr sein sollte, ihn hier vertreten wird –, hat sich ja schon deutlich gezeigt, dass mit den Wohnorten irgendetwas nicht richtig ist.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Ich glaube, es ist ärgerlich gewesen, was in Bremerhaven passiert ist, aber es ist außerordentlich fragwürdig, infrage zu stellen, wie solche Wahlen durchgeführt werden. Dass in allen Wahlen und bei allen Nachzählungen immer Differenzen entstanden sind, ist doch ein Selbstverständnis. Wir haben in Bremerhaven ein Verfahren mit Wahlzetteln und mit Kuverts, und wenn die Kuverts mit den Wahlzetteln nicht in Einklang gebracht werden können, gibt es schon die ersten Probleme, und wir haben ja auch bei der Nachwahl gesehen – wir waren ja alle anwesend –, dass plötzlich Kuverts abgegeben worden sind, in denen keine Wahlzettel waren. Das heißt, die Leute haben in den Urnen die Wahlzettel in die Tasche gesteckt und das leere Kuvert dann in die Wahlurne geworfen, und schon kommt man, wenn man nicht ganz genau aufpasst, zu Differenzen in den Zahlen. Inso

fern glaube ich, dass Sie, Herr Timke, hier lieber politisch arbeiten sollten.

Ich habe beim Konjunkturpaket II und bei Missständen in Seniorenheimen in Bremerhaven hier nicht gehört, was Bürger in Wut wollen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das interessiert ihn gar nicht!)

Ich sehe die erschreckende Arbeit von Bürger in Wut in Bremerhaven in der Stadtverordnetenversammlung. Da äußern Sie sich nicht!

(Abg. T i m k e [BIW]: Polemik! Reine Polemik!)

Das ist hier keine Selbstdarstellung für Sie, sondern Sie sollten hier parlamentarisch mitarbeiten!

Ich sage eindeutig: Wir haben Vertrauen zu der Durchführung der Wahlen, und wir akzeptieren das, was der Staatsgerichtshof entschieden hat. Wir haben die Nachwahl durchgeführt, und auch das Ergebnis der Nachwahl muss ja unter einem ganz anderen Gesichtspunkt gesehen werden: Wir haben zu der Zeit eine Diskussion über den Frischwasserkanalanschluss der Bürger in einer Straße gehabt, die natürlich zu großer Aufgeregtheit geführt hat. Das war im Timing nicht glücklich, aber auch das beeinflusst natürlich Wahlergebnisse, und ich bin fest davon überzeugt, dass Bürger in Wut bei der nächsten Wahl weder in der Stadtverordnetenversammlung noch in der Bürgerschaft vertreten sein werden. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Timke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bödeker, Sie sprachen in Ihrem Redebeitrag eben das Strafverfahren gegen mich an, und damit möchte ich gern beginnen! Warten wir doch erst einmal das Urteil ab, und bis dahin nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis, Herr Bödeker, dass in Deutschland die Unschuldsvermutung als eines der Grundprinzipien des rechtsstaatlichen Strafverfahrens gilt!

(Abg. Frau A l l e r s [CDU]: Das ist das Rechtsstaatsprinzip!)

Das heißt, dass jeder Beschuldigte so lange unschuldig ist, bis seine Schuld erwiesen wird, und das nehme

ich einerseits für mich in Anspruch und gestehe es andererseits auch jedem anderen zu.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Nur Wahlhelfern nicht!)

Jetzt zum eigentlichen Antrag: Selbstverständlich hat sich der Staatsgerichtshof bereits umfassend mit den Vorgängen im Wahlbereich 132/02, Freizeittreff Eckernfeld, befasst, allerdings nur aus wahlrechtlicher Sicht, und das wissen Sie ganz genau. Die Frage, ob hierbei das Wahlergebnis bewusst manipuliert wurde, wurde hingegen überhaupt nicht thematisiert. Das herauszufinden ist Aufgabe des Untersuchungsausschusses, den ich heute beantrage.

(Zuruf von der FDP: Wäre! Konjunktiv bitte!)

Dass die FDP hier möglicherweise diesem Untersuchungsausschuss nicht zustimmen wird, hat sie ja schon in der Presse verlautbaren lassen. Allerdings liegen die Ursachen für die Verweigerung woanders, denn die Bremer FDP hatte ja schon in der Vergangenheit Probleme damit, bei Nominierungsveranstaltungen zur Bürgerschaftswahl oder zur Bundestagswahl ihre Kandidaten aufzustellen, ohne Fehler beim Wahlakt zu begehen.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Letzt- endlich war doch alles okay!)

Wer also nicht einmal in der eigenen Partei in der Lage ist, Wahlen ordnungsgemäß durchzuführen, von dem kann man nun wirklich nicht erwarten, dass er ein so komplexes Thema wie das der Wahlmanipulation bei einer Bürgerschaftswahl versteht.

Reden Sie doch nicht so! Der Einzige, auf den Sie setzen können, ist Ihr Freund Tittmann!)

Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus der „Nordsee-Zeitung“ vom 22. Mai 2007, die über die Sitzung des Wahlbereichsausschusses vom 21. Mai 2007 berichtete. Wie Sie ja wissen, ist der Wahlbereichsausschuss für die Feststellung des amtlichen Endergebnisses der Bürgerschaftswahl im Wahlbereich Bremerhaven zuständig. Die „Nordsee-Zeitung“, die bei dieser öffentlichen Sitzung anwesend war, schreibt, ich zitiere: „Wahlbereichsleiter Ulrich Freitag mochte allerdings kaum ein Haar in der Suppe bei den Auszählungsergebnissen erkennen. Lediglich in zwei Wahllokalen gab es geringe Beanstandungen, die jedoch auf das Ergebnis keine Auswirkung hatten.“

Das rechtswidrige Verbringen von Stimmzetteln in das Stadthaus, und dazu noch auf Anweisung eines bis heute unbekannten städtischen Mitarbeiters, das

Nichtausfüllen von wichtigen Wahlunterlagen wie etwa des Wahlprotokolls für den Wahlbezirk 132/02, was eine Nachvollziehbarkeit des Auszählvorgangs unmöglich machte, oder das Auszählen von Stimmzetteln von unbefugten, nicht dem Wahlvorstand angehörenden Personen, das sind alles gravierende Verstöße gegen die Landeswahlverordnung und waren dem Wahlbereichsleiter bei der Sitzung des Wahlbereichsausschusses am 21. Mai 2007 wohlbekannt. Trotzdem hatte er es unterlassen, die Mitglieder des Wahlbereichsausschusses und die Öffentlichkeit hierüber zu informieren, und da drängt sich doch die Frage auf: Was hat er durch sein gezieltes Schweigen eigentlich verbergen wollen? Warum wurde die Öffentlichkeit bewusst getäuscht und in dem Glauben gelassen, dass die Wahl ordnungsgemäß abgelaufen sei? Dies zu klären ist Aufgabe des Untersuchungsausschusses, den ich heute hier beantrage, und wenn Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht zu viel Angst vor dem Ergebnis hätten,

(Heiterkeit bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

dann würden Sie auch der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen. – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bödeker.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt wird es langsam spannend! Nach dem Konstrukt von Herrn Timke muss es ja so gewesen sein, dass der Wahlbereichsleiter die Auszähler im Eckernfeld dazu aufgefordert haben muss, die Stimmzettel in das Stadthaus zu verbringen.

(Zuruf des Abg. T i m k e [BIW])

Die Wahrheit ist, wenn er richtig gehandelt und versiegelt hätte, und man hätte mit einem neuen Wahlkomitee ausgezählt, wären Sie heute nicht im Haus!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. R ö w e - k a m p [CDU]: Vielleicht will er wieder heraus! – Heiterkeit)

Sie haben Glück gehabt, dass diese Fehler passiert sind, sonst wären Sie heute nicht hier, denn die Auszählung der anderen beiden Wahllokale hat ja genau ergeben, dass es Stimmendifferenzen von einer Stimme gegeben hat. Auch hier wäre trotz der ungültigen Stimmen mit Sicherheit keine Veränderung gewesen, und insofern ist es nie möglich gewesen, in dem Bereich zu manipulieren. Hier sind ganz klare ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

menschliche Fehler vonstatten gegangen, die man nicht akzeptieren kann, das ist vollkommen richtig, deswegen hat der Staatsgerichtshof auch eine Neuwahl beschlossen, aber es sind menschliche Fehler gewesen. Es ist keine Absicht gewesen, und darauf weise ich noch einmal ausdrücklich hin!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Timke.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bödeker, Sie haben nicht richtig zugehört! Das Verbringen der Wahlzettel erfolgte auf Anweisung eines noch unbekannten Mitarbeiters des Stadtamtes. Das hat der Staatsgerichtshof nicht ermitteln können. Jetzt kommt es, weil Sie sagen, man könnte nicht manipulieren: Manipulationsmöglichkeiten waren möglich, und wenn Sie sich das Gerichtsurteil durchgelesen haben – –.

(Abg. B ö d e k e r [CDU]: Damit kennen Sie sich ja aus! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Es ist ja spannend, wer dann verurteilt wird am Ende des Ta- ges!)

Das wäre möglich gewesen, und ich sage Ihnen auch wo: Nach Auszählung der Wahlunterlagen im Wahllokal gab es 14 ungültige Stimmen. Nachher, nach dem Verbringen waren es plötzlich 15 ungültige Stimmen, und wir lagen eine Stimme unterhalb der 5-Prozent-Hürde. Und jetzt wollen Sie mir doch nicht erzählen, dass das in irgendeiner Form reiner Zufall ist! Allein die mathematische Wahrscheinlichkeit, dass so etwas passiert, ist so gering, dass wir garantiert nicht von Zufällen reden können. – Danke schön!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Timke mit der Drucksachen-Nummer 17/597 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!