Die prekäre Sicherheitslage in unseren Städten wird damit völlig missachtet. Fragen wie die Lage an der Diskomeile oder die hohe Zahl an Gewaltdelikten werden gar nicht erst angesprochen. Überhaupt, das ist in der Debatte auch schon erwähnt worden, bleibt die Finanzierung der Versprechen im Koalitionsvertrag gänzlich unklar. Wir sind dabei auf die Antworten des Senats gespannt. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bürgermeister Böhrnsen, Ihre Regierungserklärung war richtig schön und niedlich, sie ging mir mitten ins Herz! Sie war herzzerreißend, nur glauben kann ich sie nicht so recht! Sie haben viel geredet und noch viel mehr leere Versprechungen abgegeben. Sie fordern zum Beispiel eine effektivere Überprüfung der Gesellschaften, sind auch für einen klimafreundlichen Umbau des Bundeslandes Bremen. Ich darf Sie aber hier einmal in diesem Zusammenhang an das geplante neue Kohlekraftwerk erinnern!
Sie wollen sich für die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne einsetzen – das finde ich gut –, Arbeitsplätze sichern und schaffen. Sie sind für soziale Gerechtigkeit, gleichzeitig ist aber Ihre SPD für den größten Sozialabbau in ganz Deutschland mitverantwortlich, für Agenda 2010, für Hartz IV, für die unsägliche Gesundheitsreform und vieles mehr. Bremerhaven hat die meisten Sozialhilfeempfänger, die höchste Kinderarmut, die größten sozialen Ungerechtigkeiten, die Deutschland jemals nach dem Krieg erleiden musste! All dies trägt unweigerlich den eingebrannten Stempel, und der heißt SPD-Politik auf Kosten und zulasten der Bürgerinnen und Bürger!
Bürgermeister Böhrnsen, in Ihrer Regierungserklärung und auch in Ihrem Koalitionspapier kommt das Wort Bremerhaven so gut wie gar nicht vor. Dabei haben gerade die Bremerhavenerinnen und Bremerhavener am meisten unter Ihrer unsozialen Politik zu leiden und sie zu ertragen. Ich werde aber hier im Landtag lauthals dafür sorgen,
Sie wollen die Selbstständigkeit des Landes Bremen erhalten, das finde ich gut! Das geht aber niemals ohne uns Bremerhavener! Sie haben gesagt, die Finanzen so gut es geht im Griff behalten zu wollen. Was heißt hier eigentlich so gut es geht? Sie wissen doch ganz genau, genauso gut wie ich, dass Sie die Finanzen, das gigantische Schuldenloch, diesen Schuldenberg gerade unter einer grünen Finanzsenatorin niemals, aber auch niemals im Griff behalten werden, ganz im Gegenteil!
Sie haben fast alles versprochen und werden bei diesem finanziellen Desaster doch Ihre Politik nicht halten oder umsetzen können. Sie geben hier Millionen teure Versprechungen ab, müssen aber jetzt schon mit neuen Schulden unzählige Haushaltslöcher stopfen, dabei wissen Sie doch ganz genau, dass wir meines Wissens am Ende des Jahres ein Haushaltsloch – Mehrausgaben also – von sage und schreibe 60 Millionen Euro haben werden, 60 Millionen Euro, 120 Millionen D-Mark, meine Damen und Herren! 30 Millionen fehlen im Sozialressort, 6 Millionen beim Justizressort und so weiter! So geht es immer lustig weiter! Das ist eine unverantwortliche Politik!
Sie sind kaum im Amt, müssen aber schon die ersten Haushaltslöcher stopfen. Sie tragen jetzt schon Ihre Golfsocken, das sind die Socken mit den 19 Löchern, und es werden noch viel mehr Löcher hinzukommen, die Sie alle gar nicht stopfen können! Ihre unseriöse Haushaltspolitik birgt Risiken in einer unverantwortlichen Höhe von mehr als 100 Millionen Euro!
Meine Damen und Herren, abschließend kann man durchaus behaupten, Ihre Regierungserklärung ist nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht, weil Sie kein Geld haben, um alle Ihre leeren Versprechungen umsetzen zu können. Ich frage mich: Wer hat eigentlich die ganzen Jahre dieses Bundesland regiert? Das war doch Ihre SPD, das waren Sie doch selbst!
Sie haben also über Jahre Zeit genug gehabt, Ihre heutigen Versprechungen und Forderungen schon längst im Sinne der Bevölkerung umsetzen zu können, ja sogar umsetzen zu müssen. Das haben Sie nicht getan, darum glaubt Ihnen heute auch kein Mensch mehr, und das ist auch gut so. Das, was Sie betreiben, sind schaumschlägerische Schaufensterreden voll gespickt mit leeren Versprechungen. Es hat mit seriöser, ehrlicher Politik im Sinne unserer Bevölkerung nichts, aber auch gar nichts zu tun!
Tatsache ist, unter Ihrer unsozialen SPD-Politik ist das Bundesland Bremen mit den beiden Städten Bremen und Bremerhaven wirtschaftspolitisch, finanzpolitisch und bildungspolitisch restlos ruiniert worden. Die innere Sicherheit in diesen beiden Städten Bremen und Bremerhaven ist zum Schutz unserer Bürger schon lange nicht mehr gewährleistet, ganz im Gegenteil.
Herr Bürgermeister Böhrnsen, Sie haben sehr viel über Integration geredet. Erstens ist Ihre geplante Integrationspolitik sehr teuer und für Bremen viel zu teuer. Ich habe überhaupt nichts gegen eine realistische Integrationspolitik, aber zweitens müssen Sie bei Ihren ganz unrealistischen Integrationsmaßnahmen sehr darauf aufpassen, dass die unzähligen deutschen Bürgerinnen und Bürger, die schon heute Menschen zweiter Klasse im eigenen Land geworden sind, nicht auch noch Menschen dritter Klasse im eigenen Land werden.
Weiterhin haben Sie ausgeführt, dass Sie in der Tradition der Antifaschisten die braune Brut aufhalten wollen. Viel Spaß, kann ich da nur sagen! Damit meinen Sie wohl, dass Sie – in der Tradition von gewalttätigen Linksfaschisten – genehmigte Demonstrationen im Sinne eines Demonstrationsrechts Hand in Hand mit gewalttätigen Linksfaschisten und anderen Wohlstandskommunisten wie zum Beispiel vielleicht mit der Fraktion der ehemaligen PDS-/SEDPartei, heute Die Linke, undemokratisch einschränken oder sogar abschaffen wollen.
Meine Damen und Herren, so sieht Ihr Demokratieverständnis aus, aber das ist nicht mein Demokratieverständnis! Ich werde auch weiterhin im Sinne der Bürgerinnen und Bürger für mehr Demokratie, für mehr Rechte für die Bürgerinnen und Bürger in Bremerhaven und Bremen kämpfen. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Die Frage ist nicht, ob man bestimmte Situationen und Zustände in diesem Bundesland und in diesem Land insgesamt auf eine gewisse Art und Weise kritisieren muss, einige Dinge liegen natürlich auf der Hand.
Wir kennen die soziale Situation von vielen Menschen in unserem Land, wir kennen die finanzielle Situation in diesem Bundesland. Die Frage ist, wie man zu Lösungen kommt. Es gibt außerhalb des demokratischen Spektrums der Parteien keine Partei, die dazu ernsthafte Vorschläge macht. Von daher ist das, was der Kollege Tittmann gerade gesagt hat, pure Demagogie und bietet keine einzige Form von realistischer Lösung, deswegen ist es nutzlos, was er gesagt hat.
Zwei Vorbemerkungen: Ich habe jetzt mit Spannung zum ersten Mal so etwas wie eine Generaldebatte über eine Regierungserklärung verfolgt. Ich habe auch den Stil, der vonseiten der CDU dort gepflegt wird, zur Kenntnis genommen. Ich persönlich finde ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
es nicht besonders stilvoll, Personalentscheidungen zum Gegenstand einer Generaldebatte zu machen zu einem Zeitpunkt, an dem wir uns über die Zukunft dieses Landes Gedanken machen müssen.
Für unbeteiligte Beobachter kann es auch so aussehen, als ob dort Menschen neidisch sind, dass sie von diesen Posten nichts mehr abbekommen.
Zweite Vorbemerkung: Im Rahmen der Regierungserklärung wurde noch einmal hervorgehoben, dass sich die rot-grüne Landesregierung zum Ziel gesetzt hat, Partizipation und Demokratie in den Stadtteilen zu stärken. Das finde ich ausgesprochen gut. Es sind Ideen, die wir in den Beiräten bereits länger diskutieren und gern aufgreifen. Es gibt zwei Dinge, die mir dabei wichtig sind: Erstens, wenn wir über Partizipation und Beteiligung reden, müssen wir über Partizipation und Beteiligung an realen Entscheidungen, auch an Geld und an „Macht“, diskutieren und nicht nur bei der Beteiligung an der Mängelverwaltung. Das ist ein gewaltiger Unterschied!
Ich weiß auch, dass es Modelle gibt, wie man Projekte in der Stadt finanziert, bei denen es stiftungsähnliche Konstruktionen gibt. Ich sage auch hier ganz deutlich, ich glaube, wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir Beteiligung vom Geldbeutel abhängig machen. Das heißt, wenn wir irgendwo Geld zusammentragen für Projekte in der Stadt, müssen die Bürgerinnen und Bürger der Stadt ein Stück weit berechtigt sein, daran teilzunehmen, wofür das Geld verwendet wird.
Ich hätte mir in der Regierungserklärung in der Tat mehr Kritik an den 12 Jahren Großer Koalition gewünscht, denn ich glaube, wir sind in der Situation, in der wir dies aufarbeiten müssen. Wir dürfen die Augen nicht verschließen vor den Tatsachen, dass wir hochverschuldet sind, dass wir einen großen Teil des öffentlichen Eigentums verkauft haben, dass wir hohe Arbeitslosigkeit und Kinderarmut haben und dass wir ein Stück weit das soziale Fundament dieser Stadt gefährdet haben. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen. Zum Glück ist es so, dass nach diesen 12 Jahren die SPD aus einem Einsichtsprozess heraus die Notbremse gezogen hat, und ich hoffe, dass auch die CDU irgendwann diesen Einsichtsprozess mitmacht.
Ich glaube übrigens nicht, dass es ausgerechnet unser Programm war, das dazu geführt hat, dass diese Formulierung in die Koalitionsvereinbarung, in die Regierungserklärung kommt. Natürlich haben wir
vielleicht ein bisschen dazu beigetragen, aber so selbstherrlich sind wir nicht. Es sind Lösungen und Aufgaben, die einfach auf der Hand liegen, und jeder Mensch, der den Kopf zum Denken zwischen den Ohren hat, weiß, dass da die Aufgaben der Zukunft liegen, deswegen hat niemand ein besonderes Alleinvertretungsrecht.
Ich wollte zwei, drei Sachen zur Finanzierung und zur Finanzsituation in Bremen sagen! Der Koalitionsvertrag formuliert drei Säulen bremischer Finanzpolitik: Eigenleistung, die Klage in Karlsruhe und Föderalismusreform. Ich befürchte, dass Eigenleistungen an einem Punkt angelangt sind, den man sozial überhaupt nicht mehr vertreten kann. Es sind in den letzten 12 Jahren enorme Spar- beziehungsweise Kürzungsanstrengungen unternommen worden, und allein die Absicht, die Personalkosten um nur ein Prozent zu steigern, wir alle wissen, dies sind reale Stellenstreichungen, auch wenn es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt.
Die Ausgaben um 0,8 oder 0,5 Prozent im nächsten Jahr zu senken, ist auch ein Unterfangen, das wiederum an die soziale Substanz geht. Ich glaube, es wird bröckeln, und es wird auch immer wieder Pläne geben, die es fortschreiben, und immer wieder werden diese Pläne scheitern.
Die Klage in Karlsruhe riecht ein bisschen sehr nach Kanzlerbrief; nicht so sehr die Tatsache, dass es derselbe Adressat ist, aber die Hoffnung oder der Kotau, der sich damit verbindet, dass man alles danach ausrichtet, diese Klage zu gewinnen, das riecht nach Kanzlerbrief. Ich hoffe, dass ich nicht recht habe, indem ich sage, entweder wir bekommen gar nichts, oder wir bekommen sozusagen etwas Geld, das uns strukturell nicht wirklich hilft, aber mit Auflagen verbunden, die uns noch weiter knebeln. Ich bin vollständig davon überzeugt, dass es nicht die Lösung dieser Probleme ist!
Dritter Punkt, Föderalismusreform: Ich habe erlebt, dass die Decke insgesamt zu kurz ist. Ich bin mir vollkommen sicher, dass wir ohne eine anständige Finanzierung über die Bundesebene Länder und Kommunen nicht finanzieren können, aber der Weg in den Wettbewerbsföderalismus ist, glaube ich, der falsche Schritt. Wir brauchen eine solidarische Finanzierung von Ländern und Kommunen, dazu muss natürlich die Bundesebene entsprechende Steuern zur Verfügung haben. Ich befürchte, da dies nicht so ist, ist auch hier kein Weg, der Bremen aus der Finanzkrise herausführt.
Wir stehen an einem Punkt, zu dem der Koalitionsvertrag folgende wesentlichen finanzpolitischen Rahmenbedingungen formuliert: Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung, Begrenzung der Ausgabensteigerung auf 1 Prozent und Einnahmesteigerungen von sage und schreibe durchschnittlich 4 Prozent,
das ist die Basis des mittelfristigen Finanzplans. Ich weiß nicht, woher diese Einnahmesteigerungen kommen. Das ist aber die Grundlage dafür, dass wir 2009 einen ausgeglichenen Primärhaushalt haben, das ist die Grundlage dafür, dass wir möglicherweise irgendwann eine Form eines ausgeglichenen Haushalts haben werden.
Ich habe es durchgerechnet: Irgendwann im Jahre 2016 hat Bremen bei einer solchen Zahl einen ausgeglichenen Haushalt. Der Schuldenstand ist dann ungefähr der von heute, und wir haben dann etwa 13,5 Milliarden Euro Zinsen bezahlt. Ich finde insbesondere angesichts von Kinderarmut, es ist eine sehr zynische Zahl, weil ich weiß, dass diese Zinsen durch Eigenleistung und Einsparungen im sozialen Bereich erbracht werden. Diese Zinszahlungen werden nur ermöglicht, wenn wir am sozialen Fundament dieser Stadt kräftig rütteln, und ich finde, das geht nicht!
Wir brauchen eine andere Form von Mut in der Finanzpolitik. Wir müssen uns die Frage gefallen lassen, welche Form von Schulden wir unseren Kindern hinterlassen wollen: Schulden in Form von Geld oder Schulden in Form einer sozial und humanistisch zerstörten Stadt, einer sozial zerstörten Stadt? Ich finde, notfalls ist es besser, Schulden zu hinterlassen, als diese Stadt sozial zu zerstören.
(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Auf Schul- denbergen können Kinder nicht spielen! – Zuruf von der SPD)
Wenn die Berge, auf denen sie spielen, bebaut sind, wenn es keine Kinderspielplätze mehr gibt, auf die man ohne zu bezahlen kommen kann, wenn es keinen öffentlichen Raum mehr gibt, wenn sie nicht mehr betreut werden, dann können sie erst recht nicht spielen!
So ein Unsinn! Ich befürchte auch, dass wir uns einer Frage stellen müssen, die ausgesprochen unpopulär ist und von vielen Wirtschaftswissenschaftlern, von vielen Politikerinnen und Politikern nur mit sehr spitzen Fingern angefasst wird, das ist im Koalitionsvertrag die Frage von Entschuldung. Die Vorschläge, die es gibt, sind Vorschläge, die im Kern eine Umschuldung sind vom Land zum Bund oder umgekehrt. Ich glaube, wir müssen über ernsthafte Entschuldung sprechen. Wenn man über wirkliche Umschuldung redet, müssen wir die Gläubiger – und das sind die Banken – an den Tisch bekommen. Das ist eine wichtige Aufgabe, Bremen sozusagen aus der finanziellen und sozialen Krise herauszuführen. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch an einem Beispiel die Politik der rot-grünen Koalition, wie sie geplant ist, kritisieren, am Beispiel der Wissenschaft.
Es ist von den Studierenden und von den Beschäftigten der Universitäten gefordert worden, die Tendenz zur Privatisierung an den Hochschulen zurückzunehmen, die Tendenz zur zunehmenden Einflussnahme aufgrund vordergründiger und oberflächlicher wirtschaftlicher Interessen. Es ist verlangt worden, die demokratischen Strukturen zu stärken, aus dem Hochschulentwicklungsplan V auszusteigen, der massive Kürzungen, ja sogar eine Schrumpfung der Universität, beinhaltet.