Protokoll der Sitzung vom 18.03.2009

Es bleibt nur der Verdacht, dass die Kriterien den Projekten angepasst wurden und nicht umgekehrt, Herr Dr. Güldner.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Blablabla!)

Das Paradebeispiel für die Verschwendung von Mitteln aus dem Konjunkturpaket, Herr Dr. Güldner, ist dabei natürlich die botanika. Hier von einem Ort des außerschulischen Lernens zu sprechen, wie wir es auch heute gehört haben, ist eine derart dreiste Umwidmung von Geldern für die Bildung, dass den Verantwortlichen die Ohren glühen müssten. Von den Schulen werden weit über die verfügbaren Mittel hinaus Bedarfe für Sanierungen angemeldet, und der Senat subventioniert sein missratenes Prestigeobjekt. Wir sind ja viel gewohnt; so viel Dreistigkeit lässt aber auch mich verwundert dastehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Ebenso halten wir es für verfehlt, sich aus ideologischen Gründen Schulen in privater Trägerschaft zu verschließen, Herr Röwekamp hat es schon erwähnt. Wieso geht bei Kindertagesstätten, was bei Schulen nicht geht? Genauso bleibt die Frage, wieso in Bremerhaven nur eine städtische Klinik profitieren darf, ein privat gemeinnützige aber nicht. Hier stehlen Sie sich aus der Verantwortung und beweisen zum wiederholten Male fehlendes Fingerspitzengefühl!

(Beifall bei der FDP)

Herrn Röwekamp muss ich aber in einem Punkt widersprechen: Wir brauchen gerade Investitionen in Bildung, in Forschung und in die Lehre! Das ist aktive Wirtschaftsförderung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Leider komme ich nicht umhin, auch etwas zu den Anträgen der LINKEN sagen zu müssen, zu allem Überfluss sollen diese auch noch einzeln abgestimmt werden. Im Haushalts- und Finanzausschuss wurde es schon formuliert, Herr Dr. Kuhn und Frau Kummer haben es schon erwähnt: „Unerlaubte Doppelförderung ist nicht Gegenstand des Konjunkturpaketes und ist beschäftigungspolitisch zweifelhaft.“ Das reicht hier auch zu Ihren Anträgen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es bleibt wie letzte Woche intransparent, unausgewogen und kaum nachhaltig. Daher, auch wenn wir einzelne Investitionen für richtig und notwendig erachten, ist das Gesamtpaket für uns nicht zustimmungsfähig. – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dem Haushaltsausschussvorsitzenden möchte ich mich für den fairen Bericht und die zügige Beratung im Haushaltsausschuss bedanken!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Erstes möchte ich mich mit der Kritik auseinandersetzen, dass der Senat Politik macht! Bis heute habe ich gedacht, dass wir vom Parlament und von den Bürgerinnen und Bürgern einen Auftrag erhalten haben, Politik zu machen,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

und zwar eine, die aus Sicht des Senats nachhaltig ist, konjunkturwirksam bezüglich des Konjunkturprogramms, beschäftigungswirksam. Die Richtlinien waren, dass innerhalb der Richtlinien des Bundes die Maßnahmen vorgeschlagen werden sollen, die gut vorbereitet und schnell zu realisieren sein sollten, sie sollten gerecht über die Stadt und zwischen Bremen und Bremerhaven verteilt sein, sie sollen auf der Basis der fachlichen Prioritäten, die Sie alle in den Fachdeputationen besprochen haben, erfolgen, und natürlich haben wir auch versucht, auf Konsens zu setzen. Diese Kriterien habe ich hier in der Einbringungsrede vorgetragen – das zu der Geschichte, das hätte man vorher alles gar nicht gewusst –, und außerdem ist das auch jeweils in den Deputationen besprochen worden. Diese Leitlinien sind die Leitlinien des Senats bei der Politik, die wir machen und für die wir auch ein Mandat bekommen haben. Wenn die Politik für die CDU darin besteht, dass nur das gut ist, wo „Wirtschaft“ darauf steht, ist das allerdings nicht die Linie des Senats.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herr Röwekamp, welche Gewerbefläche in Bremen meinen Sie denn, die diesen Kriterien, wenigstens den Kriterien der auch von der CDU gestellten Bundesregierung entspricht, wie in Bremen jetzt schnell mit dem Konjunkturprogramm angefangen werden soll? Dass wir auch im Bereich Wirtschaft alle möglichen Förder- und Handlungsbedarfe haben, ist mir wohl bekannt, aber dass es sich in Bremen um Gewerbeflächenprobleme handelt, ist mir, ehrlich gesagt, ziemlich neu. Sagen Sie einmal, welche Fläche schnell, gut vorbereitet im Rahmen der Richtlinien des Konjunkturprogramms ist? Ansonsten bauen Sie hier einen Popanz auf.

Was ich überhaupt nicht richtig finde, ist, dass Sie hier versuchen, eine Meinung festzusetzen, dass Wirt

schaft nur das ist, was im Wirtschaftsressort stattfindet. Das vertritt nun wirklich niemand.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zigmillionen Aufträge an das Bremer Handwerk und das Handwerk der Region, ist das keine Wirtschaftspolitik? Ich falle vom Glauben ab! IT-Beschaffung ist keine Wirtschaftspolitik? Die Lesum-Brücke ist keine Wirtschaftspolitik? Oder vier Millionen Euro für das Rote-Kreuz-Krankenhaus, ist das keine Wirtschaftspolitik? Man ahnte es! Also, Wirtschaftspolitik der CDU findet im Wirtschaftsressort statt; der Senat findet, sie findet überall statt, und das machen wir übergreifend in allen Ressorts.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Am Beispiel Rotes-Kreuz-Krankenhaus können Sie übrigens auch sehen, dass es keineswegs so gewesen ist – –.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das ist ja Wirtschaftsressort!)

Wenn da ein ehemaliger Wirtschaftssenator im Aufsichtsrat sitzt, reicht das nicht. Die von Ihnen aufgestellte Behauptung, wir hätten gezielt freie Träger ausgeschlossen am Rotes-Kreuz-Krankenhaus, aber auch mehreren Kindertagesstätten in freier und kirchlicher Trägerschaft, stimmt nicht. Es ist schlicht und einfach so, dass in den Prioritätenlisten der Anmeldung der Ressorts die Schulen in freier Trägerschaft von ihrem Bedarf her jetzt nicht dran waren.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das stimmt nicht!)

Doch, das stimmt! Der Anbau an das Ökumenische Gymnasium wird so teuer werden, dass wir darüber noch reden werden müssen. Ich weiß, dass das gewünscht ist, trotzdem hätte das jeden Rahmen gesprengt, und wir müssen darüber sprechen, ob wir das wollen, und wenn ja, auch mit welchen Mitteln. Nein, wir haben nicht gesagt, wir wollen das nicht, sondern ich habe gesagt, dass sie nicht dran sind.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Die SPD-Po- litiker in der Deputation haben gesagt, sie wollen es nicht!)

Ja, weil die Prioritätenliste so war, dass es jetzt nicht dran war. Wir müssen uns noch darüber unterhalten, ob es generell abgelehnt wird. Ihr Vorwurf war ja, es ist ideologiegeleitet zu einem Ausschluss freier Träger gekommen. Objektiv ist das falsch! Im Bil

dungsbereich ist es dazu gekommen, dass staatliche Schulen einen höheren Bedarf haben.

Zu den LINKEN möchte ich gern sagen: Ja, das Konjunkturprogramm löst nicht alle Probleme. Auch wenn wir noch zehn davon hätten, würden wir nicht alle Probleme lösen können, und ich finde auch nicht, dass man es behaupten sollte. Was ich, glaube ich, überhaupt nicht gut finde, ist diese Instrumentalisierung, mit der Sie hier Armutslagen besprechen. Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, das ist ein Problem, das nämlich sehr viele Arme und von Armut bedrohte Menschen in Bremen, aber auch in vielen anderen Großstädten und überhaupt in Deutschland betrifft, als könnte man eine Entwicklung, die über viele Jahre hinweg stattgefunden hat, hier kurz einmal so mit ein paar Maßnahmen beseitigen. Sie wissen, dass das so nicht ist.

Sie wissen auch, dass der Senat sich mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen darum bemüht, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich nicht weiter öffnet, und im Bereich der Jugendhilfe, dem kostenlosen Mittagessen für Kinder, der Schwerpunktsetzung der Stadtentwicklung für benachteiligte Stadtteile, versucht, im Rahmen der verfassungsmäßigen Vorgaben und auch dessen, was wir finanzieren können, Armut entgegenzuwirken. Es ist unseriös, hier zu behaupten, dass man locker mit einmal 30, 40, 80 Millionen Euro wirklich etwas bewirken kann. Es ist viel komplizierter. Wir werden uns alle auf eine Wirkung über einen längeren Zeitraum einstellen müssen, wenn wir ernsthaft daran interessiert sind, dieses Problem zu beseitigen und ihm zu begegnen, und wenn wir uns viel ernsthafter auf eine veränderte Politik gefasst machen müssen. Das ist etwas anderes, als hier den Eindruck zu erwecken, man nimmt einmal ordentlich Geld in die Hand, und dann kommt man schon irgendwie gut voran.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Liste! Du liebe Güte, die Liste! Heute war die CDU ja nicht mehr so auf Liste, letztes Mal war das der große Kritikpunkt an der Koalition, dieses Mal kam die Kritik vor allen Dingen von den Linken. Die Liste ist eine Fata Morgana, und je näher man ihr kommt, desto weniger existiert sie. Es gibt diese Liste nicht, es hat sie nie gegeben.

Versuchen Sie sich einmal das Verwaltungsverfahren vorzustellen. Der Senat ist verpflichtet, Ihnen einen Vorschlag zu machen. Der Senat muss Politik aus den Anmeldungen der Ressorts machen, die über einen verschieden langenen Zeitraum auf dem Schreibtisch eines Mitarbeiters in meinem Ressort eingetroffen sind. Er hat es versäumt, weil es auch nie sinnvoll gewesen wäre. Also ist es richtig, dass es versäumt wurde, daraus eine Liste für die Opposition zu erstellen, mit der man dann ohne jede Fachkenntnis über den jeweiligen Bearbeitungsstand der Projekte, ob sie den

Richtlinien entsprechen, ob sie schon geplant sind, ob man noch Planungsmittel braucht, ob der Beirat zugestimmt hat, informiert werden sollte. All das wollten Sie ja gar nicht wissen, Sie wollen eine Liste. Diese Liste existiert nicht! Das Multiple-Choice-Verfahren, das Sie hier gern anwenden wollen, kann man gar nicht anwenden, weil wir nämlich anders vorgehen. Wir schauen uns einzelne Anmeldungen der Ressorts an, schauen, ob sie den Richtlinien entsprechen, und dann findet eine Abwägung zwischen all den Kriterien statt, die ich hier genannt habe, und dann entsteht eine Liste, die der Senat Ihnen vorgelegt hat.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Dann ist doch alles klar, warum diskutieren wir das denn nicht? – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Gegenvorschläge können Sie ja machen!)

Es ist deshalb nicht alles klar, weil der Senat dem Parlament einen Vorschlag unterbreitet hat, und diesen Vorschlag diskutieren wir hier. Wir können einzelne Vorschläge begründen, die den Kriterien entsprechen, aber es ist unsere Aufgabe als Senat – das ist auch noch einmal eine Frage von Demokratieverständnis –, Ihnen in Anwendung der Kriterien, die wir hier transparent machen, einen Vorschlag zu machen. Im Übrigen ist es möglich, in allen Fachdeputationen nicht nur das, was das Konjunkturprogramm jetzt leistet, zu beraten, sondern auch im Haushaltsausschuss die Investitionsprobleme, die IB-Bremen hat, zu diskutieren. Ich würde mich sehr freuen, wenn das Parlament sich mit dem Sanierungsstau, den wir in allen Bremer Einrichtungen haben, beschäftigen würde und wir zusammen die Kriterien für die Haushalte 2010/2011, 2012/2013 und Folgejahre entwickeln könnten. Dann würden wir nämlich sehen, dass wir da noch ganz viel machen müssen, und dann werden Sie sehen, dass die Frage der Prioritätenbildung sinnvoll ist, dass man versuchen muss, es gerecht über die Stadt zu verteilen, und dass da viele Kriterien eine Rolle spielen und Dinge zu berücksichtigen sind. Ich will das gern mit Ihnen gemeinsam machen, aber diese Fata-Morgana-Liste gibt es nicht.

Der Senat bekommt, das will ich vielleicht noch einmal sagen, ganz viel Lob für das Konjunkturprogramm. Ich habe eigentlich beim Reisen durch die Stadt eher viel Unterstützung dafür erfahren, auch für ein, aus Sicht der anderen Menschen, transparentes und ordentliches Verfahren, und schnell sollten wir auch noch sein. Wir werden die Anregung von Herrn Dr. Kuhn – vielen Dank! – gern aufnehmen, über eine Internetpräsentation die einzelnen Projekte noch einmal vorzustellen und auch die ControllingBerichte einzustellen, damit jeder sich davon überzeugen kann, wie weit wir gekommen sind und wo es vielleicht auch hakt. Damit werden wir offen umgehen, das halte ich für einen guten Vorschlag. Ich finde auch, dass das, was wir hier vorgelegt haben, vorbildlich für weitere Investitionsplanungen in den

Haushalten ist, mit den Details und der Transparenz und der Möglichkeit, es auch daraufhin zu diskutieren, ob es ausgewogen ist. Wir werden uns bemühen, viel von dem, was wir da jetzt versucht haben, auch für die Haushalte 2010/2011 modellhaft zu übernehmen. Ansonsten freue ich mich, wenn Sie das Konjunkturprogramm und den Nachtragshaushalt hier heute beschließen. Es ist sicher, dass Ausschreibungen schon in der nächsten Woche stattfinden können, und dann werden Sie auch bald sehen, wie gewerkelt und geschafft wird. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Beilken.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das hat sich ja eben so angehört, als wenn doch eine gewisse Kooperation in Sachen gemeinsame und möglichst dann eben auch mit genügend Zeit und Information versehene Beratung noch verbessert werden kann. Das hört sich doch ganz anders an als nur das einfache Ablehnen einer angeblich vorhandenen Liste. Wir haben das auch zum Teil positiv in den einzelnen Deputationen und auch im Ausschuss besprochen, jedenfalls in der Kultur- und in der Bildungsdeputation, dass die Opposition da schon gewisse Informationen bekommen soll, die der Behörde vorliegen, das ist eigentlich auch selbstverständlich. Wir haben dazu noch Zeit, und wir werden dies im Hinblick auf die Haushalte 2010/2011 dann hoffentlich nutzen können.

Wir haben hier jetzt aber eine Krisenintervention als Thema, und diese Krise wirkt sich natürlich auch auf die Lebensbedingung der Kinder und Jugendlichen aus. Die soziale Spaltung der Stadt, die sowieso bekannt ist auch durch den Armuts- und Reichtumsbericht für Bremen, ist in einer Situation sich selbst verstärkend und vertieft und erfordert ein sehr massives Eingreifen. Massives Eingreifen haben wir kennengelernt. Dazu ist die Politik in diesem Land in der Lage, allerdings ging es da um die Finanzmärkte und was da so dazugehört. Mit sehr zweifelhafter Qualität wurde da sehr viel Geld sehr schnell ausgegeben.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Sie reden jetzt Unsinn!)

Massives Eingreifen ist auch im Sozial- und Bildungsbereich nötig und nicht dieses „haben wir nicht“, „geht nicht“, „machen wir in kleinen Schritten später“. Damit wird sich die Situation immer weiter zuspitzen, und wir werden dann auch Zuspitzungen haben, die sich dann unter anderem auch in solchen Ka––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

tastrophen, wie wir sie in Bremen erlebt haben, oder wie sie jetzt in Winnenden erlebt wurden, auswirken. Dann ist es möglich, wieder ein bisschen mehr Geld auszugeben. Wir können darauf nicht warten. Hier in Bremen wollen wir darauf nicht warten, die soziale Spaltung der Stadt müssen Sie schon massiv bekämpfen, so wie das in anderen Politikfeldern auf der Bundesebene geschafft wurde.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Man kann doch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen!)