Antrag der Fraktionen der FDP und der CDU vom 25. August 2009 (Neufassung der Drucksache 17/894 vom 19. August 2009) (Drucksache 17/907)
Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antworten auf die Großen Anfragen in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den nächsten zehn Jahren werden wir in Bremen und Bremerhaven mehr als 2 600 Lehrer neu gewinnen müssen. Es ist nicht so, dass wir das als einziges Bundesland tun müssen und das überall anders kein Problem sei, sondern es geht allen Bundesländern mehr oder weniger so. Mecklenburg-Vorpommern bildet dabei eine der wenigen Ausnahmen. Wenn wir das im Auge behalten, bedeutet dies, wir stehen hier in einem Wettbewerb um die besten Lehrer, die die bestmögliche Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen hier im Lande überhaupt erst ermöglichen.
Es war heute so schön eindrucksvoll bei der 150Jahre-Feier von Kippenberg. Dort wurde gesagt, wir brauchen Lehrer, die für ihr Fach brennen und begeistern können. Und genau das ist es, wir brauchen Lehrer, die fachlich qualifiziert sind, Spaß an dem Beruf haben und das gern vermitteln und nicht etwa als Job sehen, sondern als Berufung! Das ist für uns wichtig. (Beifall bei der FDP)
Neben diesem qualitativen Problem gibt es ein quantitatives Problem, nämlich die Frage: Gibt es nicht Menschen, die irgendwie im Laufe ihres Berufslebens feststellen, dass sie ganz gute Lehrer sein könnten, aber eben ihren Berufsweg anders gegangen sind? Wie sieht es denn bei Leuten aus, die ein Bachelor-Studium gemacht haben, das nicht einschlägig auf den Lehrerberuf vorbereitet? Warum gelingt es nicht, da Master-Aufbaustudiengänge anzubieten, die den Quereinstieg ins Studium, den Umstieg, so will ich es nennen, ermöglichen? Welche Möglichkeiten können wir dort schaffen? Diese Fragen wollen wir weiterhin geklärt wissen, dafür haben wir unseren Antrag und unsere Anfrage gestellt. Uns geht es darum, kontinuierliche Verbesserungsprozesse zu implementieren. Deswegen finden wir es an dieser Stelle auch schade, dass die Verbesserung der Bachelor-Studien erst wirklich angegangen werden soll, wenn die ersten durch ihre Referendariatsausbildung gegangen sind, so verstehe ich die Antwort des Senats. Ich würde mir wünschen, dass es einfach kontinuierliche Verbesserungsprozesse gibt. Wenn man immer nur in Etappen arbeitet, kommt manche Verbesserung, die vielleicht vorher schon sinnvoll wäre, für diejenigen zu spät, die wir dort schon im Prozess haben. Wir haben mit dem neuen Schulgesetz auch Dinge, die wir als FDP sehr gut finden, die Inklusion ist einer dieser Punkte, eine Sache, die unserer Meinung nach hätte schneller kommen können, das ist jetzt anders. Aber was auf jeden Fall wichtig ist, ist, ob und wann wir dafür entsprechend qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer haben, weil man das nicht machen kann ohne Personen, die dazu in der Lage sind. Auch das heißt etwas an Änderung für die universitäre Ausbildung auf der einen Seite, aber auch für die Fortund Weiterbildung auf der anderen Seite. Dort müssen wir uns in den weiteren Diskussionen, die wir hier zu diesem Thema auch noch haben werden und haben müssen, weiter Gedanken machen, wie da das Zusammenspiel von universitärer Ausbildung, universitärer Fort- und Weiterbildung und den Angeboten des Landesinstituts für Schule ist. Das ist ein Zusammenspiel, das wir dort genau sehen müssen und wo mir aus den Antworten und aus den bisherigen Debatten nicht ganz klar ist, welche Rolle wer hat und welche Aufgabe wer schultert und welche Aufgaben da in Zukunft geschultert werden sollen. Insofern ist auch das eine Frage, die noch weiter geklärt werden muss.
Ich möchte bei dem Antrag noch auf einen weiteren Punkt, der uns wichtig war, eingehen. Wir brauchen, wenn denn solche Dinge gemacht werden, wie sie in Bremerhaven auch erfolgreich gemacht werden, Lehrer aus dem Ausland zu gewinnen, um in Bremerhaven zu unterrichten, dafür verbindliche, qualitativ hochwertige Begleitprogramme, damit diese Lehrer mit dem, was hier gefordert ist, auch vertraut gemacht werden und entsprechend qualifiziert werden.
Wir müssen auch Ideen entwickeln für Leute, die ein Lehramtsstudium dort abgeschlossen haben, was bisher nicht anerkannt wird. Ich kenne solche Menschen, die haben hier, als sie nach Deutschland gekommen sind, ganz andere Berufe ergriffen. Die hätten sich aber durchaus vorstellen können, weiter als Lehrerin oder Lehrer zu arbeiten, konnten das aber nicht aufgrund der Nichtanerkennung. Dann ein ganzes Studium wieder zu absolvieren, haben sie dann nicht eingesehen, was ich auch verstehen kann, denn es ist falsch, dass die Ausbildung dort gänzlich nichts taugt. Es gibt Wissen, das man dann hätte durch Aufbaustudien oder Weiterqualifikation vermitteln können, sodass kurzfristig Lehrkräfte zur Verfügung gestanden hätten. Ich glaube, wir haben hier auch noch ein großes Reservoir von Akademikern, die dort im Ausland ausgebildet wurden und hier weitergebildet werden können, um im Lehrerberuf tätig zu werden. Auch in diesem Fall müssen wir die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um diese Möglichkeiten auszuschöpfen.
2 600 Menschen in den nächsten zehn Jahren ist nicht wenig, deswegen erwarten wir auch eine Antwort vom Senat auf die Frage, wie die Ausbildungskapazität am Landesinstitut für Schule in Zukunft sein soll. Dazu gibt es Debatten. Ich habe jetzt auch Stellungnahmen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft dazu gehört. Aber die Frage, die ich mir gestellt habe, ist, was wir denn brauchen. Eines ist klar, das ist meine Erfahrung, Leute, die hier ihr Referendariat gemacht haben und sich hier eine Wohnung gesucht haben, sind ein bisschen immobiler. Das hat den Vorteil, dass sie zum guten Teil hier bleiben. Das müssen wir uns zunutze machen, um hier dann unsere Bedarfe und insbesondere die in Bremerhaven zu decken. Dort sind ja Abwanderungstendenzen stärker als in Bremen, und es ist noch schwerer, Lehrer für die Seestadt zu gewinnen. Wir müssen dem entgegenwirken. All das ist notwenig, wie gesagt, um diese große Lücke, die sich dort auftut, qualifiziert zu schließen.
Insofern ist der Gedanke ja auch ein spannender, wie man es schaffen kann, dass die ganzen Lehrer, die fachfremd unterrichten, so qualifiziert werden, dass sie zukünftig durch entsprechende Fort- und Weiterbildung nicht mehr fachfremd unterrichten. Ich habe das letztens bei einer Veranstaltung der Sportjugend gehört, das kann man auch in anderen Fachveran
staltungen hören: Es ist ein Unterschied, ob Unterricht qualifiziert unterrichtet wird oder fachfremd. Es gehört eben doch etwas dazu. Man kann wirklich nur begeistern und Methodenvielfalt an den Tag legen, wenn man sich in dem Thema zu Hause fühlt, wenn man ausgebildet ist und spielerisch mit dem Wissen umgehen kann und deutlich machen kann, welchen Schatz dieses Wissen einem im Leben bieten kann.
Wir kennen doch alle die Situation, in der die Fragen im Mathematikunterricht gestellt werden: Wofür lerne ich das überhaupt? Dazu eine Methodenvielfalt den Lehrkräften beispielsweise an die Hand zu geben, um zu sagen, da kann man das gebrauchen, dafür taugt das, und so kann man damit zu begeistern. So begeisternde Menschen zu erleben wie beispielsweise Professor Dr. Peitgen in seinen Vorträgen, ist beeindruckend. Da muss man sagen: Leute, die so für ihre Fächer brennen, die brauchen wir viel mehr, und die brauchen wir vor allem an den Schulen, weil sie es sind, die das prägen, was die Kinder am Ende dann in ihrem Leben aus dem, was sie an Rüstzeug mitbekommen haben machen. Das gilt für Musik ebenso wie für die anderen Mangelfächer, die wir haben, für die Physik, die Biologie, die Chemie und für die anderen Naturwissenschaften will ich das auch noch einmal explizit sagen. Das fachfremd zu unterrichten ist schwierig, und es macht dann eben auch Probleme, das so zu vermitteln, was man schon in frühen Jahren vermitteln kann.
In diesem Sinne wollten wir mit unserer Großen Anfrage die Qualitätsverbesserung anschieben. Ich hoffe, das ist damit gelungen, und wir werden weiter darüber diskutieren. In der Bildungsdeputation wird dazu sicherlich noch an vielen Stellen die Gelegenheit sein. Wir wollten das quantitative Problem angehen, das durch die andere Anfrage auch deutlich geworden ist. Ich möchte einmal sagen, bei Berichten und Anfragen muss man nicht immer erst einen Tag vorher die Anträge dazu generieren, das kann man auch rechtzeitig und früher, so wie unseren Antrag, den wir dann jetzt gemeinsam mit der CDU nach kleinen Änderungen erneut eingebracht haben.
Wir haben eben gesehen, man muss dann auf einen Bericht entsprechend reagieren und Vorschläge machen, was getan werden kann, oder weitere Berichtsbitten in gezielte Richtungen äußern, damit klar wird, wie dieses Problem gelöst wird. Wenn wir das Problem nicht lösen, leidet die Zukunftsfähigkeit Bremens und Bremerhavens. Wir können nicht darauf bauen, dass wir gute Hochschulen haben, wir brauchen auch gute Schüler, die überhaupt diese Schulen erfolgreich besuchen können. Nur dann gelingt es, hier diesen Standort langfristig zu sichern. Außerdem brauchen wir diese guten Schüler auch, um in der dualen Ausbildung gute Ergebnisse zu erzielen. Denn es ist nicht so, dass nur Akademiker unseren Standort tragen, sondern wir brauchen dazu auch die breite Menge der Menschen im Handwerk
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich den Worten von Herrn Dr. Buhlert anschließen. Wir brauchen Lehrer, die die Schüler begeistern können. Wenn wir solche Lehrer haben wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass in der Ausbildung diese Begeisterung auch auf die Lehrer überspringt und wir ihnen damit auch die Chance geben, in den Fächern, in denen wir auch bei den Lehrern besonderen Mangel haben, nämlich in den MINT-Fächern, zu unterrichten, damit wir dort genügend Lehrer haben, die dann auch unsere Schüler dazu bringen können, nachher – wie schon angesprochen – auch in den Universitäten dafür zu sorgen, dass der Gesamtkreislauf, der dadurch produziert wird, auch genutzt werden kann.
Wir haben gesehen, die FDP hat ja durch diese Große Anfrage auch ein breites Feld in Bezug auf die Lehrerausbildung abgedeckt. Ich habe gesehen, dass der Senat darauf zwar geantwortet hat, aber ich finde, dass wir an einigen Stellen mehr machen können und auch mehr machen müssen.
Diese Stellen möchte ich jetzt gern nennen! Es ist natürlich so, das wurde schon angesprochen, dass wir die Reakkreditierung dazu nutzen können, gerade in dem Master-Studiengang of Education Veränderungen anzustreben. Nur ist es einfach deutlich zu spät dazu. Wir müssen sehen, dass wir nicht nur Erfahrungen nutzen, die wir hier gerade vor Ort machen, sondern dass wir auch in der Kommunikation mit den anderen Bundesländern Erfahrungen, die dort gemacht werden, vielleicht auch einbringen können und auch nutzen können, sodass wir einen direkten Zugang zwischen Veränderung und Studium schaffen können.
Wir müssen die Phase des Bologna-Prozesses in den Modulen, die sich eignen, dazu nutzen, zum Beispiel Quereinsteigern Chancen zu geben, sie dazu befähigen, das Lehramtsstudium aufzunehmen. Es ist ja auch angesprochen worden, dass eine Entscheidung darüber, ob ich das Lehramtsstudium annehme oder nicht, in der ersten Phase der Bachelor-Ausbildung fällt, sodass man laut KMK auch schulpraktische Ausbildung haben muss, um überhaupt ein Lehramtsstudium aufnehmen zu können.
Aber wir haben zum Beispiel gerade in den MINTFächern, wenn wir die Ingenieurwissenschaften oder ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
auch Mathematik in den Hochschulen nehmen, sehr hohe Abbrecherquoten in den Studien selbst. Warum versuchen wir nicht, gerade diese Möglichkeit auch zu nutzen, diesen Menschen ein Lehramtsstudium nahezubringen und ihnen durch einen Quereinstieg die Möglichkeit zu geben, so wie wir das hier in dem Antrag auch fordern, ein Lehramtsstudium durchzuführen? Dazu muss eben auch der MasterStudiengang verändert werden.
Wir haben gesehen, dass es natürlich schon Bestrebungen gibt, diese Quereinsteiger haben die Möglichkeit, im Bereich der Berufsschulen dies zu nutzen und da eben auch den Quereinstieg zu schaffen und dort zu unterrichten. Das soll mit Hilfe des LIS auch so gestaltet werden, dass man versucht, Studienanfänger oder Quereinsteiger für den Gesamtbereich auszubilden. Diese Intention gibt es schon länger, Frau Senatorin. Ich frage mich, warum Sie hier in Bremen immer noch nicht weitergekommen sind und warum sie noch nicht umgesetzt werden kann.
Des Weiteren ist ja auch der Ansatz, dass wir fordern, dass bestimmte Möglichkeiten geschaffen werden, das Studium mit der Modularisierung zu verändern, noch nicht umgesetzt worden. Das heißt also, wir haben einen Bachelor-Studiengang, wo dann die Bachelor-Absolventen auch noch nicht wissen, wenn sie keinen Master-Studiengang aufnehmen, welche Perspektiven sie haben, im schulischen Dienst überhaupt eine Anstellung zu finden, oder was sie für Möglichkeiten haben. Auch hier liegt seitens des Senats noch keine Aussage vor. Ich finde, wenn wir Studierende motivieren wollen, ein solches Studium abzuschließen, dann brauchen wir Perspektiven. Diese Perspektiven sind zurzeit eben nicht geschaffen.
Wir wollen, dass sich die Lehrerausbildung verändert, weil sich auch die Strukturen verändert haben. Wir können den Bologna-Prozess dazu nutzen, weil sich auch gerade im Zuge des Bologna-Prozesses die Strukturen für ein Studium geändert haben. Was ich mich aber frage, ist, wie die Kooperation dann zwischen Universität und LIS läuft. Eigentlich läuft sie gar nicht, und das bedauere ich sehr. Da muss deutlich mehr gemacht werden. Wir haben ein Zentrum für Lehrerbildung, das habe ich nicht ein einziges Mal in der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der FDP gesehen. Ich frage mich, wozu wir ein Zentrum für Lehrerbildung haben, wenn es nicht genutzt wird. Ich finde einfach, dass man ganz deutlich einmal aufzeigen muss, wir haben Möglichkeiten, diese zu nutzen, und wir nutzen sie nicht. Da muss einfach mehr geschehen. Wenn wir das tun würden, hätten wir auch mehr Perspektiven gerade auch für diesen Beruf.
Zu den Anträgen, die gestellt worden sind: Der Antrag der SPD und der Grünen zur Weiterentwicklung der Lehrerausbildung hat noch immer gefordert, dass sich die Lehramtsausbildung dem neuen Bremer Schulsystem anpassen muss. Ich finde es gut, dass in dem neuen Dringlichkeitsantrag auch die Anpassung an die schulartenspezifische Ausbildung dargestellt worden ist, diese ist uns nämlich als CDU besonders wichtig. Hier muss eine schulartenspezifische Ausbildung stattfinden, nur das macht dann auch Sinn in der Lehrerausbildung.
Wir haben gesehen, dass der Dringlichkeitsantrag hier natürlich sehr viele Dinge abfordert. Das finde ich gut, denn das zeigt ja, dass die Koalition zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen auch Handlungsbedarf sieht, dem die Senatorin noch nicht nachgekommen ist. Wir können auch nur noch einmal ausdrücklich fordern, dass wir hier schneller und auch gezielter zu Perspektiven und auch zu Ergebnissen kommen müssen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die rot-grüne Koalition hat es geschafft, eine Schulstruktur zu entwickeln, die unserem Ziel der gemeinsamen Schule für alle einen großen Schritt näher gekommen ist;