Protokoll der Sitzung vom 01.10.2009

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Zum Schluss noch ein ganz wichtiger Punkt aus stadtentwicklungspolitischer Sicht! Das ist die Möglichkeit, zukünftig Schrottimmobilien unter bestimmten Voraussetzungen zu beseitigen. Wir finden in der Tat, das ist ein sehr großer Schritt im Interesse stabiler Nachbarschaften und attraktiver Stadtquartiere in Bremen und Bremerhaven.

Lieber Kollege Richter, Ihren Antrag zu den Rauchwarnmeldern werden wir ablehnen, mein Kollege

Hamann wird gleich noch genauer darauf eingehen, warum. Insgesamt sind wir sehr zufrieden mit dieser Landesbauordnung und hoffen, dass sie auf breite Zustimmung hier im Parlament stößt. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Richter.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Novellierung der Landesbauordnung war eine – darauf ist Frau Krusche schon eingegangen – sehr lange Geburt. Das Ziel sollte eine echte Entbürokratisierung, eine Deregulierung sein, die Novellierung sollte zu einem System möglichst einheitlicher Landesbauordnungen in den Ländern führen. Dies ist, so die Meinung der FDP, mit dem jetzt endgültig vorliegenden Entwurf nur zum Teil gelungen. Wir hätten uns gewünscht, dass etwas weniger von der Deregulierung wieder zurückgenommen worden wäre.

(Beifall bei der FDP)

Hier hätte es weit mehr Spielräume gegeben, die leider doch nicht genutzt wurden.

Trotzdem hätten wir zustimmen können, wenn dann nicht nach meiner Erinnerung etwa im Juni noch zwei Ergänzungen urplötzlich nach der letzten Anhörung auf den Tisch gekommen wären. Eine der beiden Ergänzungen ist eben auch schon angesprochen worden und fand die Zustimmung aller Fraktionen, ich meine den neu eingeführten Paragrafen 79 Absatz 2 der Landesbauordnung. Insbesondere die Situation in manchen Stadtbereichen Bremerhavens verdeutlicht, das es wichtig ist, etwas gegen die sogenannten Schrottimmobilien zu tun.

(Beifall bei der FDP und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Nach Paragraf 79 Absatz 2 Landesbauordnung kann die Bauaufsichtsbehörde bei baulichen Anlagen, die nicht mehr genutzt werden und im Verfall begriffen sind, den Abbruch oder die Beseitigung anordnen, es sei denn, dass ein öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse gegeben ist. Es bleibt zu hoffen, dass diese Regelung auch, wenn es denn einmal zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt, von den Gerichten so gesehen wird, wie sie gemeint ist und letztendlich dann auch bestehen bleibt.

(Beifall bei der FDP)

Bis zum Juni waren sich auch alle Fraktionen darüber einig, dass es für Bestandswohnungen keiner gesetzlichen Nachrüstpflicht für Rauchwarnanlagen

bedarf. Natürlich helfen entsprechende Anlagen, wenn sie denn funktionsfähig sind, Rauchtote zu verhindern, aber der Appell an die Eigentümer hätte sicherlich auch Wirkung gezeigt.

(Beifall bei der FDP)

Was nützt eine in der Bremer Landesbauordnung geregelte Nachrüstverpflichtung, wenn der Einbau und vor allen Dingen die Funktionsfähigkeit kaum kontrolliert werden kann?

(Beifall bei der FDP)

Die Hersteller würden auch ohne Nachrüstverpflichtung wegen des großen Kuchens – schließlich müssen die Flure, Kinderzimmer und Schlafzimmer nach der jetzt vorgesehenen Regelung ausgestattet werden – genügend Werbung für dieses Produkt machen. Wir haben rund 345 000 Wohnungen in Bremen und in Bremerhaven, und ich vermute einmal, mit Sicherheit sind 340 000 dieser Wohnungen noch nicht mit Rauchwarnanlagen ausgestattet. Wenn man diese mit mindestens drei multipliziert – das kann man sich ausrechnen –, ergibt das eine Million, diese multipliziert mit 15 Euro, dann ergeben sich 15 Millionen Euro. Das ist nicht schlecht, aber es nützt nichts, wenn letztendlich wirklich andere Probleme dadurch entstehen.

Rauchmelder müssen regelmäßig auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft werden. Spätestens beim ersten Batteriewechsel, der in der Regel nach zwei bis drei Jahren ansteht, kommt es dann zum eigentlichen Problem. Nachts piept es dann irgendwo in der Wohnung, man weiß gar nicht, woher das Piepen kommt, man wundert sich, und irgendwann findet man dann den Rauchmelder. Es mag ja sein, dass man dann noch einmal die Batterie auswechselt, aber beim zweiten Piepen dann nicht mehr.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das Problem hatte ich auch schon, aber das kann man hinbekommen!)

Das ist nicht einfach nur so dahergeredet, das ist die gängige Praxis! Man kann es natürlich mit entsprechenden Verträgen hinbekommen, die dann aber auch wieder Geld kosten. Der Weisheit letzter Schluss, so meinen wir jedenfalls, ist das noch nicht.

(Beifall bei der FDP)

So weit, so gut! Nun kommt es zu einem Kurzschluss, zur Rauchentwicklung – sie ist übrigens häufiger die Todesursache als ein Brand –, das Haus brennt ab, und es stellt sich die Versicherungsfrage. Hier steht dann die absolute Sicherheit bei der jetzigen Formulierung aus. Ich habe hier einmal die VGB 2008 V 2 mitgebracht, das sind die allgemeinen Wohngebäudeversicherungsbestimmungen, die jeder Versiche

rungspolice zugrunde liegen. Danach handeln die Versicherungen, und in Paragraf 23 dieser Bestimmung steht deutlich: Wenn es eine gesetzliche Verpflichtung, eine Anordnung, eine Verordnung, eine Landesbauordnung gibt, die etwas vorschreibt und hinterher die Versicherungsgesellschaften im Falle eines Brandes feststellen müssen, dass diese Geräte und Einrichtungen nicht funktionieren, kann der Versicherungsschutz zum Teil oder auch ganz abgelehnt werden.

Ich habe hier eine weitere Erklärung, ein Schreiben einer Versicherungsgesellschaft, die sich mit diesem Thema der Wohngebäudeversicherung beschäftigt, die eindeutig erklärt hat, wenn es in ihrem Fall zu einem solchen Schaden kommt mit diesen Versicherungsbedingungen, dass sie dann nicht zahlt. Es ist ja ganz gut und schön, wenn dann hier letztendlich in die Landesbauverodnung hineingeschrieben wird, dass die Nachrüstverpflichtung erst einmal bei den Eigentümern liegt und die Wartung dann bei den sogenannten Besitzern, also den Mietern oder Nutzern dieser Wohnung. Wenn dann aber die Versicherung letztendlich ablehnt, wenn es brennt und sich hinterher die Frage stellt, wie das Geld wieder ersetzt werden kann, damit wieder ein Neuaufbau möglich ist, wird es sehr schwierig.

(Beifall bei der FDP – Glocke)

Das Bauressort hat eine anderslautende Stellungnahme eingeholt, aber eine absolute Sicherheit ist damit leider nicht gegeben. Weniger Bürokratie nein, Rechtsunsicherheit ja!

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Absolute Si- cherheit ist nie im Leben gegeben!)

Übrigens, dass solche Verpflichtungen leider nicht funktionieren, lässt sich auch an dem Beispiel der seit einigen Jahren vorgeschriebenen Trinkwasserfilter vor Wasseruhren festmachen. Die Notwendigkeit der regelmäßigen Reinigung zur Vermeidung von Keimbildung hat fast jeder Eigentümer und fast jeder Mieter schnell vergessen. Dann kann man gleich auf Vernunft setzen und unnötige Bürokratie vermeiden.

(Beifall bei der FDP – Glocke)

Noch bis zum Frühsommer hat auch Herr Senator Dr. Loske auf Freiwilligkeit gesetzt. Dann, so sein Kommentar in der Sitzung der Baudeputation am 13. August 2009, wollte er nicht zu den letzten Mohikanern in Deutschland gehören, schließlich hätten schon sieben Bundesländer eine entsprechende Regelung in ihren Landesbauordnungen getroffen. Eine sehr schwache Argumentation, meinen wir!

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: War auch FDP- Regierung dabei?)

Solange also letztendlich die Versicherungsfrage nicht endgültig geregelt ist, können wir leider der Landesbauordnung in dieser Form nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen bitten wir darum: Streichen sie, solange diese Frage offen ist, den Paragrafen 48 Absatz 4! Insofern beantragen wir auch getrennte Abstimmung der Artikel 1 bis 3, und dann wollen wir einmal sehen, wie gehandelt wird! – Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich will es in diesem Punkt ganz kurz machen, weil es schließlich auch um das Ingenieurswesen geht, wie der Titel so schön sagt. Leider aber ist unser Ingenieur erkrankt, und daher haben wir uns heute Morgen in der Fraktionssitzung nur verständigt, wie wir den Themenpunkt behandeln werden.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Da kommt der Krankenpfleger!)

Von daher werden wir dieser neuen Bauordnung zustimmen, werden aber keine weiteren Erklärungen dazu abgeben. – Danke sehr!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden uns der Stimme enthalten, weil – es ist schon angesprochen worden, Kollegin Frau Krusche hat es ausführlich besprochen – wir in unserer letzten Legislaturperiode mit unserem damaligen Koalitionspartner hier ein sehr gutes Papier und einen guten Referentenentwurf vorgelegt haben, der Deregulierung, Entbürokratisierung und alles vorsah, der eine Entlastung der Bauherren vorsah, indem man nämlich 700 000 Euro Gebühren hätte einsparen können, was dazu geführt hätte, dass vielleicht hier mehr gebaut werden könnte, was Personal entlastet hätte oder wodurch vielleicht sogar eingespart worden wäre in der Bauverwaltung, was auch sehr wichtig ist, weil der Haushalt nämlich im Grunde genommen keine Ausweitung von Personal zulässt, und wir hätten vielfache Entbürokratisierung gehabt. All das, was eigentlich verlangt war und was ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

nach Musterbauordnung auch gemacht werden sollte, war in diesem Referentenentwurf enthalten.

Nun kam Rot-Grün und hat das alles wieder zurückgedreht, jedenfalls in den entscheidenden Punkten, die hier eben angesprochen wurden. Das, finden wir, ist nicht nur ein unfreundlicher Akt, sondern das wird der Sache auch nicht gerecht, weil nämlich dadurch die Entbürokratisierung nicht stattfindet, eine Deregulierung, die wirklich überflüssig ist, weiter vorhanden bleibt, und, wie ich eben auch gesagt habe, das auch die Bauherren noch zusätzlich Geld kostet. Es gibt also weitere Kostenbelastungen, die in anderen Bundesländern nicht mehr sind, und deswegen können wir der Landesbauordnung in diesem Sinne nicht zustimmen. Wir wollen sie aber auch nicht ablehnen, weil sie sich ja vielfach an die Musterbauordnung anlehnt und auch positive Aspekte hat, aber solange bei dieser Novellierung die beiden für uns wichtigsten Punkte nicht geklärt worden sind, werden wir uns der Stimme enthalten.

Zu dem Antrag der FDP möchte ich sagen: Wir sind für die Rauchmelder, und uns hat auch die Erklärung des Senators, was die Versicherungsfrage betrifft, ausgereicht, denn es ist ja nicht nur eine Erklärung des Senators gewesen, es ist auch ein Gutachten eingeholt worden, es ist darüber in der Baudeputation berichtet worden. In mehreren anderen Bundesländern gibt es das auch, und ich habe nicht gehört, dass es dort riesige versicherungstechnische Probleme gegeben hat, wo man sich um Millionen-Summen streitet, ich habe noch von überhaupt keinem Fall gehört. Insofern vertraue ich einmal dem Gutachten des Ressorts. Wir lehnen den Antrag der FDP ab und enthalten uns bei der Landesbauordnung.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hamann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollegin Krusche hat es schon angekündigt, das meiste hat sie auch schon erzählt, ich möchte nur kurz noch auf einige Punkte eingehen, die für uns als SPD-Fraktion in diesem Prozess, der ja sehr langwierig war, sehr wichtig sind.

Punkt eins, die breite Beteiligung! Kollegin Krusche hat es angesprochen, zwei Anhörungen sind durchgeführt worden und sämtliche Einwände sind im Großen und Ganzen abgearbeitet worden. Also erst einmal vielen Dank an die Verwaltung dafür, das Verfahren so durchgeführt zu haben!