Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Röwekamp, Sie fragen uns nach Vorschlägen, wo unsere Sparvorschläge sind. Es liegt ein Sparvorschlag auf dem Tisch, das ist der Entwurf des Haushalts 2010/2011, den wir Ende August 2009 gemeinsam in der ersten Lesung beschlossen haben.
(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber das reicht doch für 2011 nicht! Das wissen Sie doch, damit kommen Sie nicht hin!)
Hören Sie mir bitte weiter zu, Herr Röwekamp, ich werde es noch ausführen! Es ist ein Sparvorschlag, wie wir mit der Situation umgehen werden.
Sie haben ihn abgelehnt, wir beraten ihn jetzt, ich habe das ausgeführt. In der Föderalismuskommission wurde via verschiedene Experten, via Haushaltsanalyse, Stadtstaatenvergleich, Benchmarking festgestellt, Bremen ist unverschuldet in diese Haushaltsnotlage geraten, und Bremen bekommt Konsolidierungshilfen. Nun liegt ein Vorschlag der Regierungskoalition für 2010/2011 vor, den wir gemeinsam beraten und bewerten werden. Wir haben beispielsweise im letzten Haushaltsausschuss den Personalbericht 2007 miteinander besprochen, und dort ist aufgeführt, dass wir 5 000 Kräfte im Kernbereich der Verwaltung – das ist über ein Drittel – eingespart haben, insgesamt dann über 20 Prozent, das sind 4 000 Beschäftigte.
Wir haben die PEP-Quote nicht aufgehoben, das ist in dem Haushaltsentwurf enthalten. Wir werden weiterhin Grundstücke, Vermögen veräußern, und das häufig gegen den großen Widerstand der Bevölkerung vor Ort, auch das werden wir weiter tun! Wir werden weiterhin die Investitionen anschauen. Wir haben in den letzten Jahren mehrere 100 Millionen Euro an Investitionen eingespart, das werden wir weiter tun! Schauen Sie sich den Haushalt an, dort ist das aufgeführt! Wir werden weiterhin an der Verwaltungsmodernisierung arbeiten. Das geht aber nicht, wenn man so, wie Sie das tun, die Beschäftigten gleichzeitig zu Lohnverzicht auffordert, das ist im Üb––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Noch einmal: Warum lehnen wir diese Art der Enquetekommission ab? Weil sie gleich Vorschläge mitliefert, die den nötigen gesellschaftlichen Konsens für diese schwierige Aufgabe abbricht.
Ich spiele jetzt nicht das Spielchen mit, wer wann seine Meinung ändern darf, offensichtlich darf die CDU das, wir dürfen das nicht, Herr Röwekamp, die Grenze zum Verlust der Glaubwürdigkeit ist da sehr schmal.
Ich verstehe jetzt auch nicht mehr Ihre Sparvorschläge, unsere und Ihre Vorschläge sind ganz andere Vorschläge, das ist nicht nur Hütchenspielen, Herr Röwekamp, das ist Sankt-Florians-Prinzip. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin mir immer sicher gewesen, dass die FDP irgendwo eine Phrasendreschmaschine hat und daraus ihre Rede zusammenbaut. Auf die Bemerkung, ich hätte Textbausteine vergessen: Möglicherweise merken Sie auch daran, dass es manchmal nicht ganz so geschliffen daherkommt, dass das bei uns nicht der Fall ist. Selbst wenn wir eine solche Phrasendreschmaschine hätten, wäre jetzt Folgendes dabei herausgekommen, ich bin im Übrigen sehr dafür, dass wir diese Debatte möglicherweise genauso führen, wie der Kollege Röwekamp vorgeschlagen hat, lassen Sie uns einmal über Strukturreformen reden und was das genau bedeutet! Dazu muss man möglicherweise nicht unbedingt eine Enquetekommission einsetzen, sondern man kann auch als Partei sagen, wir sind für Strukturreformen, wir möchten gern viele Dinge ändern, und unserer Meinung nach müsste man dieses oder jenes tun, das würde so und so viel Geld einsparen. Wenn man diese Idee hat, bin ich auch, wie alle anderen, sicherlich bereit, das zu prüfen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Ich habe aber nur Zweifel daran, dass diese Floskel von der Strukturreform mehr ist als eine Floskel. Ich habe gelernt, dass 95 Prozent der Mittel, auch der Ausgaben, im Lande Bremen gesetzlich und vertraglich gebunden sind, vielleicht sind es 94 Prozent, vielleicht sind es 97 Prozent. Wir reden also über eine Spanne, die weit entfernt ist von den notwendigen 400 bis 500 Millionen Euro. Das heißt, wenn man über Strukturreform redet, muss man genau sagen, welche Verträge wir kündigen und welche gesetzlichen Vereinbarungen wir möglicherweise anders wollen. Wollen wir eventuell eine Sozialsonderzone haben, wo bestimmte Dinge aus dem Sozialgesetzbuch in Bremen nicht gelten, weil die Sozialausgaben so hoch sind? Über solche Formen von Struktur müsste man dann aber reden, wenn man es denn will.
Die Finanzsenatorin sagt gerade Quatsch. Ich sage nur, wenn man eine Strukturreform vorschlägt, muss man angesichts von 95 Prozent gebundenen Mitteln sagen, wie man diese Mittel entbinden will.
Wenn man sagt, wir wollen eine schlanke und moderne Verwaltung, dann muss man den Mut haben zu sagen, wo die Verwaltung in Bremen alt und fett ist! Wenn es keine alte und fette Verwaltung gibt, ist es nicht notwendig, über eine schlanke und moderne Verwaltung zu philosophieren. Nach meiner Kenntnis der Sachlage, so wie ich es in den letzten zwei Jahren kennengelernt habe, ist es so, dass wir an ganz vielen Stellen nicht nur eine schlanke und moderne Verwaltung haben, sondern wir haben eine Verwaltung, die ungeheuer große Probleme hat, den ihr übertragenen Aufgaben mit vorhandenem Personal nachzukommen. Das ist Realität in diesem Land, das schafft man auch nicht mit einer Strukturreform. Da muss man sagen, an welchen Stellen das nicht der Fall ist. Das führt sogar zu der absurden Situation, dass wir an einer Stelle, wo wir auch für Bremen Mehreinnahmen generieren könnten, nämlich bei der Großbetriebsprüfung, im Finanzamt deutlich unterbesetzt sind, damit andere laufende Abgaben überhaupt erledigt werden können. Wenn Sie also Strukturreformen sagen und moderne Verwaltung, müssen Sie sagen, wo sie nicht modern und wo sie fett ist.
Wenn Sie über Strukturen reden, müssen Sie auch sagen, wie Sie möglicherweise mit den investiven Mitteln im Lande Bremen umgehen wollen. Mir ist bekannt, dass die Mittel zum großen Teil schon durch Verträge gebunden sind, die Sie zur Zeit der Großen Koalition gemacht haben. Wenn wir da über Strukturreformen reden, wenn das Strukturen sind, die nicht zukunftsfähig sind und zum Erfolg der Haushaltssanierung beitragen können, muss man sagen, welche Verträge man kündigen muss und wie man möglicherweise frei werdende Mittel anders einsetzt oder einspart. Dann hat man Vorschläge für strukturelle Reformen gemacht.
Sie sagen, wir müssen Aufgaben abgeben und eine Aufgabenkritik vornehmen. In Ordnung, das können wir machen! Ich weiß, dass alle bisherigen Diskussionen, die ich in dieser Richtung geführt habe, dazu geführt haben, dass ein Teil der Aufgaben, nämlich meistens die, die man in irgendeiner Weise marktlich verkaufen konnte, in irgendeiner Weise privatisiert sind, meistens in eine Richtung, wo für weniger Geld mehr gearbeitet wird. Ein Großteil der anderen Aufgaben im Rahmen einer Strukturreform ist dann in ein Ehrenamt überführt worden. Das heißt, Aufgaben, die qualifizierte Menschen für die Sicherung ihres Lebensunterhalts gemacht haben, sind dann von ehrenamtlich tätigen Menschen gemacht worden. Wenn das die Strukturreform ist, die Sie wollen, müssen Sie das sagen, dann können wir gern darüber reden. Ich bin der Meinung, dass Sie es deswegen nicht tun, weil sich hinter Ihren Gedanken von Strukturreform genau diese Dinge verstecken, und Sie wollen über diese Ecke eine schwarz-gelbe Politik auch in diesem Land durchsetzen, wo Sie noch keine Mehrheit haben
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin zufrieden und enttäuscht zugleich, dass Frau Kummer ihren BremenPlan zur Haushaltskonsolidierung jetzt verkündet hat. Sie hat gesagt, wir haben unser Sparprogramm vorgelegt, das ist der Entwurf des Haushalts für das Jahr 2011. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Jahr 2011 ist das erste Jahr der FöderalismusreformII-Sanierungshilfen des Bundes. Die 300 Millionen Euro sind noch nicht eingerechnet. Gut, man könnte sagen, das kann man schnell im Haushaltsgesetzgebungsverfahren machen, die Einnahmen kann man schnell einstellen. Was aber viel entscheidender ist: Im Jahr 2011 wird es nur dann die erste Rate geben, wenn es uns als Bremen insgesamt gelingt, gegenüber dem Stabilitätsrat nachzuweisen, dass wir einen Sanierungsplan für unser Bundesland haben.
Dieser Sanierungsplan, Frau Kummer, muss eben vorsehen, dass wir bis zum Jahr 2020 ohne neue Schulden auskommen. Ein Haushalt, Frau Kummer, in dem Sie vorschlagen, 900 Millionen Euro neue Schulden aufzunehmen, ist doch kein Fahrplan, dem Stabilitätsrat nachzuweisen, ohne Schulden auszukommen. Sie müssen im Jahr 2011 bereits die erste Rate für die Konsolidierungseigenanstrengung unseres Bundeslandes in die Haushalte einstellen. Dazu gibt es bis heute keinen einzigen Vorschlag dieser Regierung und dieser Regierungsfraktionen.
Deswegen ist es Augenwischerei, was Sie hier betreiben. Wenn Sie den Eindruck vermitteln, als könne man mit einem schlichten „Weiter so“ unser Bundesland retten, ist es falsch. Mit einem schlichten „Weiter so“ gefährden Sie die Selbstständigkeit unseres Bundeslandes, das ist abstrakt, aber Sie gefährden damit eben gerade auch die vielen Vorteile, die wir als Bremerinnen und Bremer und als Bremerhavenerinnen und Bremerhavener aus der Selbstständigkeit unseres Landes generieren.
Herr Dr. Kuhn hat immer noch nicht gesagt, warum das, was er 2004 gut fand, 2009 schlecht sein soll, aber die Frage können wir auch so lassen. Ich habe übrigens nie gesagt, dass wir in einer Enquetekommission nicht streiten müssen um den richtigen Weg. Gerade das soll doch der Weg sein, sich auch fachkundig über Themen zu streiten, die wir im politischen Alltag eben nicht miteinander vertiefen. Wer aber glaubt, Herr Dr. Kuhn, dass man mit Parteipolemik unser Bundesland sanieren kann, der irrt!
Wenn Sie nur das Interesse an parteipolitischen Auseinandersetzungen haben, fehlt Ihnen das Interesse daran, konstruktiv über die Zukunft unseres Bundeslandes nachzudenken. Ich bleibe dabei: Mit einem schlichten „Weiter so“ wird es nicht gehen. Wenn die einzige Antwort der rot-grünen Landesregierung dieses schlichte „Weiter so“ ist, werden wir um den besseren Weg in den übrigen parlamentarischen Verfahren miteinander streiten müssen. Ich sage nur, meine feste Überzeugung ist, Sie verpassen damit eine vielleicht einmalige Chance, zu einem Konsens zu kommen und Dinge umzusetzen, die wir im Alltag vielleicht nicht miteinander auf die Reihe bekommen,
weil sich Regierung und Opposition – übrigens unabhängig davon, wer auf welcher Seite steht – beim strukturellen Sparen immer im Wege gestanden haben. Diese Enquetekommission sollte der Versuch sein, gerade dieses Sich-gegenseitig-im-Wege-Stehen tatsächlich zu überwinden. Wenn Sie die Enquetekommission heute ablehnen, bedeutet das für uns, dass Sie an einem Zusammenwirken bei den Sparanstrengungen mit der CDU und der FDP kein Interesse haben, sondern dass Sie den verbohrten ideologischen Weg der Vergangenheit auch für die Zukunft beschreiten wollen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zwei Kleinigkeiten korrigieren: Nicht durch Parteipolemik werden wir die richtigen Wege und die Lösungen finden, das mag wohl sein, aber durch politische Meinungsbildung, die sich bei uns im Wesentlichen nun einmal auch in Parteien abspielt, weil sich da Gruppeninteressen, Strömungen, Kulturen konzentrieren und ihren Ort finden, durch parteipolitische Auseinandersetzung und parteipolitischen Wettbewerb werden wir allerdings zu diesen Lösungen kommen, dabei bleibe ich. Diesen kleinen Unterschied sollten Sie schon beachten.
Ich habe Ihren letzten Satz so verstanden, als wollten Sie schon einmal vorweg begründen, warum Sie in Zukunft jeden Vorschlag von uns ablehnen werden.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wenn einmal einer käme!)
Herr Röwekamp, Sie haben einen zweiten Fehler gemacht, das ist eine kleine, aber sehr wichtige Unterscheidung: Wir haben bei der Einbringung der beiden Haushalte 2010/2011 gesagt, wir legen Ihnen den Haushalt 2010 vor – die Finanzsenatorin hat das gesagt –, wir legen Ihnen auch den Haushalt für 2011 vor. Das ist zunächst einmal eine Weiterführung, eine Überrollung des Haushalts 2010, wir wissen aber, dass dies nicht das letzte Wort sein wird, weil wir im nächsten Frühjahr zu der Verwaltungsvereinbarung kommen und dann die genauen Rahmenbedingungen bestimmen. Das heißt, wir diskutieren jetzt im Dezember 2009 ganz hart, auch mit Beschlussfassung, den Haushalt 2010, und da warte ich auf Ihre Änderungen, wenn Sie da andere Auffassungen haben. Wir wissen gemeinsam, dass 2011 die Diskussion noch einmal aufgenommen werden muss, und das ist in der Tat der Zeitpunkt, zu dem wir hier die Karten auf den Tisch legen müssen, da haben Sie vollkommen recht. So ist die Situation, aber lassen Sie uns jetzt nicht sagen, wenn wir diese Chance nicht haben wollen, gibt es keinen Konsens! Ich lasse mich von Ihnen bei vernünftigen Dingen überzeugen.
Doch! Nein, nein! Man kann über eine Reihe von Dingen, die Sie in Ihrem Vorschlag haben, gern diskutieren. Ich mache nur nicht den Fehler, dass ich sage, wir Grünen finden dies und jenes richtig, sondern wir müssen auch sagen können, wie wir es ma
chen. Bei den meisten Stichpunkten ist das nicht klar, wie man es machen kann, und viele dieser Dinge, die schon länger auf der Agenda sind, stehen nicht deswegen so lange darauf, weil die Leute alle so mutlos sind und Flaschen, sondern weil sie auch tatsächlich kompliziert und schwierig sind und man da neue Mehrheiten finden muss. Das ist unsere Aufgabe, wir können uns eben nicht – ich sage es noch einmal – damit bescheiden, unsere Zettel aus dem Kasten zu holen und hochzuhalten, sondern wir müssen Vorschläge machen, die tragen, und auch Mehrheiten dafür finden.
Das unterscheidet uns, und deswegen vertrauen wir auf das, was wir hier als Parlament mit seinen Instrumenten, auch mit den Möglichkeiten, externen Sachverstand zu holen, und die vielen Dinge, in einem ordentlichen Verfahren machen können. Mit Ihrem Zwischenruf haben Sie zwischendurch einmal gefragt, welchen Weg wir vorschlagen. Hier, das ist der Weg, dieses Parlament und seine Institutionen und die Kräfte, die dieses Parlament tragen, mit denen werden wir das schaffen. Das werden Sie sehen!