Protokoll der Sitzung vom 27.01.2010

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu diesen aparten Bemerkungen von Herrn Woltemath! Herr Woltemath, ich gönne Ihnen persönlich das Allzeithoch der FDP von ganzem Herzen, mit Sicherheit! Das war ein Allzeithoch, es wird anders kommen, aber ich gönne es Ihnen! Ich bin nur überzeugt davon, dass es nicht gut für Deutschland ist, und das, was Sie gegenwärtig machen, Ihre Partei in Berlin, zeigt, dass es nicht gut ist für Deutschland. Das ist mein Grund, warum ich hier darüber rede, und nichts anderes.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich bedanke mich sehr dafür, dass Sie wenigstens in ganz allgemeiner vager Form gesagt haben, dass Sie als Fraktion hier in der Bürgerschaft die Interessen Bremens höher stellen als das, was in irgendwelcher Parteiideologie beschlossen wird. Das ist gut, dass Sie es wenigstens in allgemeiner Form tun. Ob es im Einzelnen dann immer so ist, daran werden wir uns dann gegenseitig messen lassen, aber ich bedanke mich dafür, dass Sie das allgemein sagen.

Die dritte Bemerkung: Sie verweisen auf Beschlüsse, etwa der Grünen in Bayern, die Mehrwertsteuer für die Hoteliers zu senken. Ja, das stimmt! Das macht eben den Unterschied aus zwischen unserer Partei und Ihrer. Bei uns gibt es solche regionalen Interessen auch, da gibt es solche Sonderinteressen, verständlich aus der besonderen Situation, die auch eine Lobby

machen. Ja, das gibt es! Aber wenn man solche Lobbyinteressen und solche Klientelpolitik zur allgemeinen Richtlinie der Partei insgesamt macht und das umsetzt, das ist eben der Unterschied, das machen wir nicht, meine Damen und Herren, sondern da bleibt es regionales Interesse, was abgewogen werden muss mit anderen Dingen, und dann wird es eben nicht übernommen, wenn es nicht für die Gesamtheit zuträglich und richtig und gut ist.

Herr Schrörs hat sich beklagt, dass wir so oft über die Steuerpolitik des Bundes reden. Herr Schrörs, da war ich jetzt überrascht, weil eigentlich nicht wir darüber reden, sondern die Spitzen von CDU, CSU, FDP, alle Länderfürsten reden darüber. Wissen Sie, warum die darüber reden? Weil die Wirkungen ankommen in den Städten, Gemeinden, bei den Menschen, in ihren Parteigliederungen, die dort spüren, dass dort etwas falsch läuft. Deswegen reden Sie, und deswegen reden Sie in den letzten Wochen mit täglich neuen Wasserstandsmeldungen. Jetzt versuchen Sie, ein bisschen Ruhe hineinzubringen. Sie haben es ja auch versucht, lange Ausführungen zu machen, warum das gerade jetzt in der Mai-Woche der richtige Termin ist. Sie gestatten mir trotzdem die Vermutung, die naheliegt, dass das doch vielleicht gerade in der Verbindung damit, dass Sie vorher nicht sagen wollen, und zwar überhaupt nicht sagen wollen, nicht die Einzelheiten und Feinheiten, sondern überhaupt nicht sagen wollen, Sie und Herr Schäuble, wo er denn sparen will, von den 100 Milliarden Minus herunterkommen will. Dann gestatten Sie mir doch die Überlegung, die auch anderenorts geäußert wird, dass es vielleicht etwas mit dem Wahltermin zu tun hat. Ich sage noch einmal: Nicht wir reden über diese Steuerpolitik, sondern Sie selbst reden darüber, höchst kontrovers, und das liegt daran, dass es so wichtig ist für die Leute und dass es überhaupt nicht gut ankommt.

Sie haben noch einmal gesagt, es gibt so ein Viereck, vier Ziele, und das bringen wir zusammen. Dieses Viereck, diese Ziele insgesamt kann man so unterschreiben. Es glaubt nur keiner, dass die Art und Weise, wie Sie das gegenwärtig machen, dazu geeignet ist, diese Ziele gemeinsam zu erreichen.

(Abg. D r. S c h r ö r s [CDU]: Warten Sie einmal ab!)

Ich sage nur, ich bin davon nicht überzeugt, und diese Behauptung, Steuersenkungen führen automatisch zu Steuermehreinnahmen und Wachstum, ich meine, das ist doch eine Zauberformel und ein Ammenmärchen! Es gibt ausreichend Beispiele dafür, dass das Gegenteil eingetreten ist. Das hängt von unendlich vielen Umständen ab, und zu glauben, je mehr man die Steuern senkt, desto höher wird der Boom, was ja offensichtlich Teile dieser Koalition meinen, dass es so ist, das ist doch wirklich ein Irrglaube.

Im Moment ist nicht erkennbar, dass die von Ihnen wunderbar formulierten Ziele gemeinsam erreicht werden können. Dass das, was Sie machen mit der Steuerpolitik, nicht zu dem passt, was Sie wollen mit der Schuldenbremse, das ist das Problem, das die Menschen sehen und das auch ich sehe, und weswegen ich gegen solche unsinnigen Sachen bin, die das Steuersystem nicht einfacher und gerechter, sondern komplizierter, undurchschaubarer, ungerechter machen wie jetzt diese vereinzelte Mehrwertsteuersenkung.

Wenn man dann auch noch sieht, dass reiche Erben noch reicher und schneller reich werden können durch die Erbschaftsteuer, das leuchtet niemandem ein. Das überzeugt einfach nicht, Herr Schrörs, und das hat mit wirtschaftlichem Aufschwung auch überhaupt nichts zu tun. Sie haben da ein Glaubwürdigkeitsproblem. Wir werden sicherlich auf die eine oder andere Weise auch in dem nicht ständigen Ausschuss darüber reden. Wir werden auch über die andere Seite reden, die Sie völlig zu Recht genauso benannt haben. Wir haben die Aufgabe, in diesem Ausschuss beide Dinge zu behandeln. Das werden wir morgen weiter bereden, aber das eine gehört zu dem anderem dazu.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Woltemath.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte noch zwei Dinge sagen: einmal zu der Schuldenuhr, weil das als demagogisch vorhin angeklungen ist. Ich finde, diese Schuldenuhr ist nicht demagogisch, sie bildet einfach die Schulden ab. Ich glaube schon, dass man sich vor Augen führen muss, wenn man auch von Generationengerechtigkeit spricht, dass die Schulden ständig mit einer unheimlichen Geschwindigkeit steigen und man eigentlich die Verpflichtung hat, hier dafür zu sorgen, eine sparsame Haushaltsführung zu etablieren, sparsam mit dem Geld der Steuerbürger umzugehen und zu versuchen, diesen schnellen Abfluss von Geld, den wir da sehen können, zu stoppen.

Damals hatte sich die Bremische Bürgerschaft dagegen ausgesprochen, diese Schuldenuhr aufzuhängen, die übrigens nicht uns gehört, sondern dem Bund der Steuerzahler, und die FDP hat sich nach ausführlichen Debatten über das Für und Wider für die Schuldenuhr am FDP-Haus ausgesprochen. Man kann natürlich auch sagen, warum müsst ihr denn diese Schulden immer den Leuten vor Augen führen, damit rückt man doch auch das Bundesland in ein schiefes Licht. Dies ist uns ja auch schon entgegengerufen worden. Da sage ich: Nein, vor bestimmten Dingen kann man sich einfach nicht drücken, diese Schul

den sind nun einmal da, und wir müssen sie uns vor Augen führen.

Das Zweite, weil das vorhin auch angeklungen ist: Wenn wir vom mündigen Bürger und vom Steuerbürger reden und dann im Zusammenhang mit Steuern davon sprechen, dass das Geld natürlich den Bürgern und dem Steuerzahler gehört, dann ist das richtig.

Wir dürfen die Steuerdebatte nicht immer auf den Kopf stellen und sagen, wo können wir denn noch mehr Steuern einnehmen, sondern auch die Frage stellen, wo man denn Steuern senken kann und wo man das System effizienter machen kann. Ich habe es gesagt: Mir wäre es in bestimmten Zusammenhängen lieber gewesen, wir hätten erst einmal eine Steuerstrukturreform, auch bei der Mehrwertsteuer durchgeführt. Aber es hat das Wachstumsbeschleunigungsgesetz gegeben, und dazu stehe ich auch, weil ich – und da gehe ich noch einmal auf den Kollegen Schrörs ein – sage, es muss auch Wachstumsimpulse geben.

Das haben alle Regierungen bislang gemacht, und wir müssen hier ein deutliches Zeichen setzen. Das Hauptaugenmerk muss nämlich sein – und deshalb finde ich diese Debatte ein wenig schräg –, das Vertrauen in das Wirtschaftssystem und in die soziale Marktwirtschaft zu stärken und nicht das Misstrauen durch jede Bewegung zu schärfen und zu sagen, da ist aber immer Misstrauen angesagt. Das finde ich nicht in Ordnung, und deshalb sage ich, der Weg, den diese Bundesregierung eingeschlagen hat, ist richtig. Wir müssen auf der anderen Seite aber natürlich die bremischen Interessen – und dafür sind wir alle in diesem Haus gewählt worden – an erster Stelle betrachten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP – Präsident W e b e r übernimmt den Vorsitz.)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal zu der Schuldenuhr! Der Grund, warum ich darauf so herumreite und warum ich das fragwürdig finde, ist, weil Sie sagen, es dokumentiert nur unseren Schuldenstand. Aber es ist auch eine Form von Unwahrheit, wenn man nur einen Teil der Wahrheit in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt und den Rest verschweigt. Diese Schuldenuhr verschweigt, dass nicht etwa diese Schulden zustande gekommen sind, weil Bremen über die Verhältnisse gelebt und aus dem Vollen geschöpft hat, insbesondere nicht im sozialen Bereich – möglicherweise an einem Punkt, wo wir über Investitionen und über Wirtschaftsförderung reden müssen, aber nicht in der Größenordnung, wie die Schulden zustande gekommen sind –, das ist meine feste Meinung, weil wir in den letzten 13 Jahren viele Ausga––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ben deutlich gesenkt haben, in Bremen ist Personal abgebaut worden und so weiter. Von einer überbordenden Ausgabenpolitik kann also nicht die Rede sein. Die Schulden kommen von etwas, das Sie nicht begreifen wollen, nämlich von fehlenden Einnahmen. Kommunen und Länder im Land haben nicht genug Einnahmen, um ihre Aufgaben zu erfüllen.

Zweitens, der nächste Teil der Wahrheit ist bei dieser Schuldenuhr auch: Die fiskalischen Schulden sind eben nicht die einzigen Schulden. Wir haben in ganz vielen Bereichen dieser Stadt einen Nachholbedarf an Investitionen, insbesondere im sozialen Bereich, im ökologischen Bereich und mittlerweile auch im infrastrukturellen Bereich. Das will ich Ihnen noch einmal sagen. Das sind die beiden Gründe: Weil diese Schuldenuhr nur einen Teil der Wahrheit abbildet und sie Verursacherinnen und Verursacher dieser Schulden verkleistert und nicht benennt, ist eine solche Schuldenuhr demagogisch. Deswegen finde ich sie fehl am Platz, und ich würde sie erst recht fehl am Platz finden, wenn sie hier vor der Tür hängen würde. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Mützelburg.

Herr Präsident, meine verehrten Abgeordneten! Sie werden von mir nicht erwarten, dass ich mich in die Polemik, die zum Teil mit sehr einfachen Bildern von den Fraktionen, die hier an der linken und an der rechten Wand dieses Saales sitzen, einmischen werde. Der Senat selbst hat im Dezember von der Bürgerschaft einen Auftrag bekommen, der damals auf der Grundlage eines Koalitionsantrags beschlossen wurde. Der Senat hat in der Haushaltsdebatte im Dezember seine eigenen Leitlinien zu den Fragen, die hier angesprochen sind, schon deutlich formuliert, und ich wiederhole es noch einmal: Bremen hat sich durch seine Stimme im Bundesrat der Grundgesetzänderung mit der Einführung der Schuldenbremse verpflichtet, und wir sehen uns auch in der Pflicht, in den nächsten zehn Jahren das strukturelle Defizit des Landes Bremen so weit zurückzuführen, dass wir keine neuen Schulden aufnehmen müssen.

Zugleich vertritt der Senat ganz eindeutig die Position, dass wir uns der zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung – wir haben jetzt in dieser Bürgerschaftssitzung schon wieder einige Debatten und einige Fragen in der Fragestunde zu dem Problem gehabt – annehmen müssen. Wenn wir das weiter wachsen lassen, bekommen wir Schwierigkeiten, die wir in einer Kommune wie Bremen und in einer Kommune wie Bremerhaven eigentlich auf Dauer nicht ertragen können und die auch die städtische Quali––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

tät, die Möglichkeiten, in dieser Stadt weiter voranzukommen und die Chance aller Menschen, insbesondere aller Jugendlichen, die hier leben, Perspektiven zu haben – berufliche Perspektiven, materielle Perspektiven –, sehr beeinträchtigen.

Als Drittes ist die Leitlinie, dass wir natürlich mit dem, was der Senat tut und mit dem, was er über den Haushalt tun kann, zugleich dafür sorgen wollen, dass Bremen sich selbst als Kommune den Zwängen, aber auch den modernen Ideen anpasst, dass neue Wirtschaftszweige aufblühen, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, sodass die soziale Lage in dieser Stadt besser und nicht schlechter wird. Das alles ist unter den Bedingungen der Schuldenbremse schwierig, das wissen Sie, wir sind da nur eingeschränkt handlungsfähig.

Weil das so ist, hat der Senat den Auftrag der Bürgerschaft gern entgegengenommen, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln der weiteren Einschränkung seiner Handlungsfähigkeit entgegenzuwirken. Eine Einschränkung dieser Handlungsfähigkeit ist der Entzug von bisher noch Bremen zufließenden Steuermitteln durch Steuerreformen, die in erster Linie die Kommunen und die Länder belasten. Ob sie auch den Bund belasten, ist jetzt nicht in erster Linie unsere Frage, sondern, wenn ich Herrn Woltemath ernst nehme – er hat eben gesagt, Bremen zuerst –, in Bremen müssen wir darauf achten! Deshalb hat der Senat den Beschluss der Bürgerschaft aus der vergangenen Sitzung auch ernst genommen und am 19. Dezember des vergangenen Jahres dem – ich sage den Namen jetzt lieber nicht mehr, weil jeder daraus wieder eine andere Formulierung macht – Gesetz, das wir heute den ganzen Tag schon hier diskutieren, im Bundesrat ausdrücklich nicht zugestimmt, weil es jährlich knapp 40 Millionen Euro weniger in die Kassen des Landes Bremen und seiner Kommunen spülen wird.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

So einfach ist das, und ich hätte mir von Ihnen und Ihrer Partei und den Ländern, in denen Sie mitregieren, Herr Abgeordneter Woltemath, auch gewünscht, dass sie da entschiedener gewesen wären.

Bremen belässt es aber nicht dabei, wir ergreifen finanzpolitische Initiativen auch im Steuerbereich. Die Finanzministerkonferenz wird sich im Februar mit einem Bremer Vorschlag zu einer grundlegenden Reform der Grundsteuer befassen, der mittlerweile schon die Unterstützung der Hälfte aller Bundesländer gefunden hat, und wir hoffen, dass wir es dann anschließend auch in eine Debatte in den Bundestag bekommen. Da geht es wirklich um ein einfacheres und gerechteres Steuersystem bei der Besteuerung von Grund und Boden, und da geht es perspektivisch auch darum, den Städten mehr Einnahmen in diesem Bereich zu verschaffen. Das ist tatsächlich eine Steuerreform,

die eine Chance hat, auch Bremen und sowohl den Bürgern als auch dem Haushalt Nutzen zu schenken.

Darüber hinaus arbeitet der Senat mit anderen Bundesländern zusammen, um genau das zu beeinflussen, was der Abgeordnete Schrörs hier angekündigt hat, nämlich die große strukturelle Steuerreform. Vor zehn Tagen hat Bürgermeister Böhrnsen hier in Bremen ein längeres Gespräch mit Ministerpräsident Carstensen geführt. Wir haben vereinbart, dass diese Gespräche im Februar gemeinsam mit den Ministerpräsidenten und den Finanzministern fortgesetzt werden. Heute, gerade in diesem Moment, sprechen in Berlin Herr Bürgermeister Böhrnsen und Frau Senatorin Linnert – und deshalb rede ich hier auch, weil sie dort in Berlin ist – mit dem saarländischen Ministerpräsidenten Müller und seinem Finanzminister über eine engere Zusammenarbeit, um weitere Schwächungen zu vermeiden, vor allen Dingen der Länder, die gezwungen sind, in den nächsten zehn Jahren aufgrund der Zinsbeihilfen, die ihnen der Bund zukommen lässt, ihre Haushalte sehr restriktiv zu behandeln und die es sich einfach nicht leisten können, steuerlich noch in ihren Einnahmen nach und nach so weit heruntergefahren zu werden, dass letztlich die Sparzwänge nicht eingehalten werden können und damit das Grundgesetz auch nicht.

Das sind Aktivitäten, die dringend nötig sind, und, Herr Abgeordneter Schrörs, ich betrachte das jetzt einmal nicht so wie der Abgeordnete Kuhn und sage: Wenn ich Ihre Ausführungen ernst nehme, die Sie hier gemacht haben, dann werden Sie zu dem Schluss kommen müssen, dass im Mai nach der Steuerschätzung keine Steuererhöhung auf der Tagesordnung steht. Dann werden Sie der FDP sagen, sie muss jetzt auf das zurückkommen, was ja viele führende Politiker der FDP – darunter auch der Wirtschaftsminister – schon angedeutet haben: dass man die große Strukturreform erst einmal um ein Jahr verschiebt, und wir hätten als Land Bremen auch keine Bedenken, wenn Sie es auch noch weitere Jahre verschieben würden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herr Schrörs, Sie haben gesagt, wir wissen heute nicht, was im Mai auf uns zukommt, wir hätten das ja im letzten Jahr erlebt. Ich muss Sie da leider aus Bremer Sicht korrigieren: Wir haben die Steuerschätzung im Mai gehabt, die Bürgerschaft hat einen Nachtragshaushalt beschlossen. Wir haben im November eine zweite Steuerschätzung gehabt, die die vom Mai im Grunde, was Bremen betrifft, bestätigt hat. Wir haben bei der Steuerentwicklung bis zum Oktober tatsächlich noch gedacht, es wird besser. Im November kam der Einbruch, und im Dezember kam der totale Rückgang: keine Körperschaftsteuer mehr, die Einkommensteuer ist um über zehn Prozent eingebrochen, andere Steuern wie die Umsatzsteuer um

18 Prozent. Das sind die Tatsachen, und jetzt stehen wir am Jahresende so da, dass wir gerade so den Nachtragshaushalt, den wir im Sommer hier im Parlament beschlossen haben, einhalten.

Was heißt also, von Mai bis zum November hat sich für Bremen nichts Wesentliches geändert, und das, was im Mai beschlossen worden ist, ist jetzt auch tatsächlich eingetreten? Selbst wenn die Wachstumsprognosen für das Jahr 2010 zutreffen, die jetzt auf dem Tisch liegen, die auch nicht so überwältigend sind, dann wird es garantiert im Jahr 2010 noch keine erheblichen Wirkungen auf die Steuereinnahmen haben. Insofern haben wir jetzt den Fakt: Wir rechnen mit 40 Millionen Euro weniger Einnahmen im kommenden Jahr, wir haben aber aus heutiger Sicht keine Hoffnung, dass es da eine großartige Kompension geben wird.

Insofern, Herr Kollege Schrörs, überdenken Sie anhand dieser Zahlen noch einmal Ihre Aussage, und wenn ich die Zahlen in Ihre Bilder mit den vier Kriterien einfüge, dann sage ich: Im Sommer dieses Jahres ist nicht der richtige Zeitpunkt, eine ernsthafte Debatte mit Konsequenzen und Beschlussfassungen im Bundestag und Bundesrat über eine strukturelle Steuerreform durchzuführen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will jetzt nicht auf alle Fragen eingehen – wir haben das schon in den Haushaltsberatungen gemacht –, wie und mit welchen Instrumenten Bremen die Schuldenbremse einhalten kann. Sie werden ja morgen, das vermute ich, hier einen nicht ständigen Ausschuss der Bürgerschaft einsetzen. Der Senat sichert Ihnen zu, dass er das Rahmenkonzept für diesen Prozess in den nächsten zwei Monaten vorlegen wird, dass wir dann im Ausschuss auch über Details beraten können und Sie Ihre Informationen, Ihre Vorschläge, Ihre Ideen einbringen, sodass wir hier am Ende vielleicht gemeinsam mit dem Haushalt 2011 beginnend ein Konzept haben, wie wir – wenn nicht aus Berlin rabiate Einbrüche in der Steuerfrage kommen – gemeinsam künftig die Probleme lösen können, die wir von 2011 bis 2020 zu lösen haben. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/1073 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!