Gemäß Paragraph 34 Absatz 1 der Geschäftsordnung findet in der ersten Lesung zunächst eine allgemeine Besprechung statt; ihr folgt in der Regel die Einzelberatung. Ich schlage Ihnen jedoch vor, dass wir die Änderungsanträge der Fraktion der CDU, Drucksache 17/1259, und der Fraktion der FDP,
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die rot-grüne Koalition hat in ihrer Koalitionsvereinbarung im Bereich Wissenschaft unter anderem festgeschrieben, dass sie die Qualität des Studiums verbessern, die Anzahl der Studierenden stabilisieren, den Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte verbessern, die Autonomie der Hochschulen stärken und die Frauenförderung aktiv fördern wird. Mit dem heute vorgelegten Hochschulreformgesetz lösen wir diese Zusagen ein, und ich bin froh, dass wir daran gemeinsam so erfolgreich gearbeitet haben.
Bereits 2007 haben wir ein Hochschulreformgesetz verabschiedet, das dann in das Bremische Hochschulgesetz eingegangen ist. Daraus ergeben sich jetzt Folgeänderungen in den ebenfalls berührten Gesetzen und Verordnungen, die die hochschulrechtlichen Neuregelungen aufnehmen und flankieren müssen, um dann ihre Wirkung entsprechend entfalten zu können. Ebenfalls berücksichtigen wir mit dem jetzt vorliegenden Gesetz die neuen Möglichkeiten und Zuständigkeiten, die sich aus der Föderalismusreform I ergeben haben.
In der letzten Woche hatten wir eine Anhörung im Wissenschaftsausschuss. Dort haben wir uns mit den Hochschulen, aber auch den ASten und den Frauenbeauftragten auseinandergesetzt und überwiegend große Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf erhalten. Es gab den einen oder anderen Hinweis, dass hier vielleicht die Wünsche der Beteiligten noch nicht in Gänze erfüllt sind, und damit werden wir uns selbstverständlich auseinandersetzen und es im nächsten Wissenschaftsausschuss dann noch einmal diskutieren.
Damit unsere Hochschulen sich im überregionalen, aber auch internationalen Wettbewerb behaupten können, brauchen sie rechtliche Rahmenbedingungen, die sowohl beamten- als auch besoldungsrechtliche, aber auch hochschulrechtliche Regelungen für eine bessere Möglichkeit zur Gewinnung von hochqualifiziertem und angesehenem Hochschulpersonal bieten. Wir wissen, dass der Kampf um die Köpfe immer härter wird, und gerade als kleines Bundesland Bremen mit Hochschulen, die in ihrer finanziellen Ausstattung ja nun nicht unbedingt mit vielen anderen mithalten können, ist es umso wichtiger, dass hier
Im Rahmen des Zulassungsrechts brauchen die Hochschulen deshalb größere Handelsspielräume, um den Studierenden ein qualitativ anspruchsvolles Studium zu ermöglichen, aber auch die Möglichkeit, die Profil- und Qualitätsorientierung zu verbessern. All diese Punkte und noch einige mehr setzen wir mit dem Zweiten Hochschulreformgesetz um.
Ihnen liegt heute ein sogenanntes Artikelgesetz vor, das neben dem Bremischen Hochschulgesetz und dem Bremischen Hochschulzulassungsgesetz, die in entscheidenden Punkten novelliert werden, fast alle im Hochschulbereich geltenden Rechtsverordnungen an die genannten Anforderungen anpasst. Gleichzeitig werden aber auch die beamten- und besoldungsrechtlichen Bestimmungen weitgehend angepasst. Ich werde daher nicht auf alle Einzelheiten eingehen können, möchte nur die großen Bereiche hier in der Debatte ansprechen.
Beim Zulassungs-, Vergabe- und Kapazitätsrecht kann zukünftig der Landesgesetzgeber über die Grundsätze der Kapazität in den Studiengängen, die nicht zentral, sondern nur örtlich zulassungsbeschränkt sind, selbstverständlich im verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmen selbst entscheiden. Damit können wir eine qualitätsorientierte Schwerpunktsetzung der Hochschulen berücksichtigen und ermöglichen eine passgenaue und flexiblere Handhabung der Festlegung der Ausbildungskapazitäten, dies aber nur insofern – das sage ich ganz deutlich –, als es durch diese Neuregelung nicht zu einer Verringerung der Studienplätze kommt, denn im Hochschulpakt haben wir uns hierzu verpflichtet, und dazu stehen wir, deshalb ist das Verfahren erst einmal für fünf Vergabeverfahren befristet. Wir werden sehen, welche Erfahrungen wir dann damit gemacht haben.
Als SPD-Fraktion ist es für uns von besonderer Bedeutung, den Zugang zum Studium für beruflich Qualifizierte zu verbessern. Zukünftig erhalten Personen mit Meisterabschluss oder einer vergleichbaren beruflichen Qualifikation eine direkt allgemeine Hochschulzulassungsberechtigung. Ich sage hier aber ganz deutlich, aus meiner Sicht ist das nur der erste Schritt. Damit wir tatsächlich eine große Menge von Menschen mit dieser Qualifikation ansprechen und sie in die Hochschulen bekommen, wird es nötig sein, entsprechende weitere Rahmenbedingungen an den Hochschulen zu organisieren. Es wird nötig sein, auch verstärkt auf berufsbegleitende Studienangebote zu setzen, Teilzeitstudienmöglichkeiten zu schaffen. Darüber hinaus wird es unbedingt nötig sein, die Anerkennung beruflicher Qualifikationen voranzutreiben, darauf komme ich aber im Laufe meiner Rede auch noch extra zu sprechen.
Zukünftig wird der Zugang zur Einstufungsprüfung für Bewerberinnen ohne Hochschulabschluss auch für Externe, also für außerhalb Bremens wohnhafte Menschen, möglich. Die ausgeübte Berufstätigkeit muss für ein Studium nicht mehr einschlägig sein, wissen wir doch, dass es mittlerweile durchaus Studienangebote gibt, für die es gar keine einschlägige vorausgehende Berufstätigkeit gibt. Masterabsolventinnen und –absolventen von Fachhochschulen erhalten zukünftig einen Zugang zum Promotionsstudium, ohne weitere Prüfungen oder sonstige Voraussetzungen erfüllen zu müssen. Das ist aus meiner Sicht im Rahmen des Bologna-Prozesses nur konsequent, gehen wir doch davon aus, dass der Master sowohl einer Universität als auch an den Hochschulen ein gleichwertiger Master ist.
Die Maßnahmen zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft werden mit diesem Gesetz deutlich ausgeweitet. Statt der flexiblen Frauenquote wird es zukünftig eine feste Sollquote von 40 Prozent für die Besetzung aller Wahlgremien geben – und auch das sage ich ganz deutlich – entgegen den Empfehlungen der Hochschulen, die befürchten, dass aus dieser festen Sollquote eventuell Karrierenachteile für die Wissenschaftlerinnen entstehen können. Das sehen wir so nicht. Keine Frau wird gezwungen, in so ein Gremium zu gehen, sich wählen zu lassen. Wir alle wissen, dass es auch in anderen Bereichen häufig nur eine kleine Gruppe von Aktiven gibt, die sich dort betätigen. Uns ist aber wichtig, dass die Frauen, die bereit sind, das zu tun, hier auch eine Möglichkeit haben, in den Gremien Repräsentant zu sein.
Der Aufgabenbereich der Frauenbeauftragten wird deutlich erweitert, künftig wird sie in allen Angelegenheiten der Hochschulen ein Beteiligungsrecht als beratendes Organ erhalten, und sie wird wieder ein Sondervotum bekommen. Dieses Sondervotum stellt kein Vetorecht dar, es wird also nicht zu einer Verzögerung der Abläufe führen, wie es an der einen oder anderen Stelle immer als Szenario aufgebaut wird, sondern es führt lediglich dazu, dass die Entscheidung, die von der Frauenbeauftragten kritisiert wird, hier noch einmal angeschaut wird. Das ganze Gesetz, das ist eigentlich selbstverständlich, aber ich erwähne es trotzdem, wird in einer geschlechtsneutralen Sprache abgefasst werden.
Für behinderte Studierende wird ein sogenannter Nachteilsausgleich aufgenommen, der dazu beiträgt, dass so weit wie möglich Nachteile ausgeglichen werden, die durch körperliche oder seelische Beeinträchtigungen bestehen, ich betone, ohne dass die fachlichen Voraussetzungen oder Anforderungen verändert werden.
bereits debattiert. Den Wünschen der Hochschule für Künste, dass nämlich den künstlerischen Belangen in diesem Gesetz stärker entsprochen wird, sind wir in vielen Einzelheiten gefolgt. Im Rahmen einer größeren Autonomie wird den Hochschulen im Bereich der Berufungs- und Bleibeleistungsverhandlungen die Entscheidungskompetenz übertragen. Wie in den anderen Bundesländern mittlerweile auch üblich, erhält Bremen für besonders qualifizierte Juniorprofessorinnen und -professoren zukünftig die Option eines sogenannten Tenure-Tracks, das bedeutet eine Berufung auf eine ordentliche Professur, ohne dass es hier zu einer erneuten Ausschreibung kommen muss. Auch das ist der Situation geschuldet, dass wir ein hohes Interesse haben, gute Leute auch tatsächlich in Bremen zu halten und im Wettbewerb mit den anderen Hochschulen hier ein Stück weit nach vorn zu kommen.
Wir haben in der Vergangenheit bereits diskutiert, welche Auswirkungen der so genannte Bologna-Prozess gehabt hat, und wir haben festgestellt, dass es durchaus einen Nachsteuerungsbedarf in verschiedenen Bereichen gibt. Deshalb wird jetzt parallel zu dem Verfahren zur Novellierung des Zweiten Hochschulreformgesetzes von uns hier auch debattiert, wie wir das, was wir an Veränderungsbedarf erkannt haben, gleich mit aufnehmen und einfließen lassen.
Wir haben hier allesamt deutlich gemacht, glaube ich, dass die Studierfähigkeit im Rahmen dieses Prozesses auch ein Stück weit hinten heruntergefallen ist, dass es zu einer Überfrachtung von Studieninhalten, aber auch von Prüfungen gekommen ist, und wir werden hier eine bessere Studierbarkeit durch die Reduzierung der zu erbringenden Studien- und Prüfungsleistungen ermöglichen. Das, was wir mit dem Bologna-Prozess verbunden haben, eine stärkere Mobilität, hat sich bisher auch noch nicht so eingestellt. Daher werden wir dem entsprechen, indem durch flexiblere Anerkennung von andernorts erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen hoffentlich die Mobilität größer wird.
Ich komme zum Schluss! Es geht auch darum, dass eine Flexibilisierung des Masterzugangs berücksichtigt werden muss, damit die Studierenden, die vielleicht ihre Bachelorarbeit abgegeben, aber noch nicht zurückbekommen haben, keine Verzögerungen beim Eintritt in das Masterstudium haben. Alles in allem werden diese Veränderungen im parlamentarischen Verfahren in das Gesetz mit einfließen.
Ich schlage vor, die Anträge der FDP und CDU in den Wissenschaftsausschuss zu überweisen, damit das, was wir an Anregungen ja selbst auch noch haben, dort in seiner Gesamtheit betrachtet werden kann. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute hier in erster Lesung das Zweite Hochschulreformgesetz beschließen werden. Der Senat hat der Bürgerschaft ein Artikelgesetz vorgelegt, bei dem durch zwölf Gesetze und Verordnungen im Hochschulbereich Änderungen vorgenommen werden. Das sind unter anderem das Bremische Hochschulgesetz, das Studentenwerksgesetz, das Hochschulzulassungsgesetz, die Verordnung über den Erwerb der fachgebundenen Hochschulreife und einiges mehr.
Darin setzt die rot-grüne Koalition wesentliche Vereinbarungen des Koalitionsvertrags um. Dazu gehören mehr Autonomie und Flexibilität für die Hochschulen, ein erleichterter Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte, mehr Frauenförderung und Gleichstellung in der Wissenschaft, und wir nehmen die Kritik der Studierenden an der Bologna-Reform auf und entlasten sie von Prüfungsdruck. Darüber hinaus sind noch diverse Anforderungen aus der Föderalismusreform I anzupassen.
Ich möchte auf einige Punkte konkret eingehen und komme zunächst zu der Autonomie der Hochschulen! Unsere Hochschulen sind im nationalen und internationalen Wettbewerb sehr erfolgreich. Die Erfolge der Exzellenzinitiative, aber auch das hohe Drittmittelaufkommen pro Hochschullehrer im Bundesländervergleich machen ihre hohe Anerkennung deutlich. Gleichzeitig bilden sie weit über die Maßen aus, mehr als wir in einem Oberzentrum machen müssten, und das ist auch gut so.
Um dieser Herausforderung dauerhaft gerecht zu werden, brauchen die Hochschulen Bewegungsfreiheit, Flexibilität und mehr Autonomie. Deshalb haben wir flexiblere Lösungen zum Beispiel bei der Lehrverpflichtungs- und Lehrnachweisverordnung, bei der Verordnung über die Vergabe von Studienplätzen, der Kapazitätsverordnung oder bei der Leistungsbezügeverordnung geschaffen. Klar ist aber geblieben, dass alle Flexibilisierungen nicht zum Abbau von Studienplätzen führen sollen. Wir werden in den nächsten Jahren die doppelten Abiturjahrgänge in Bremen und Niedersachsen zu bewältigen haben. Wir tragen Verantwortung dafür, dass diese jungen Leute eine Chance auf einen Studienplatz haben.
Zum Hochschulzugang ohne Abitur! Heute sind die Zugangswege zu höherer Bildung ganz vielfältig. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Bildungskarrieren und lebenslangen Lernens ist es ein Gebot der Chancengleichheit, dass man nicht nur Abiturienten den Hochschulzugang ermöglicht, sondern ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
auch beruflich Qualifizierten. Das heißt für uns, Menschen mit Meister- sowie vergleichbaren Abschlüssen und von Fachschulen mit staatlicher Prüfung, dazu gehören zum Beispiel die Erzieherinnen, erhalten die allgemeine Hochschulzugangsberechtigung direkt.
Außerdem können Menschen mit einer fünfjährigen Berufsausbildung und Berufstätigkeit eine Eingangsprüfung ablegen; beim Bestehen erhalten sie die fachgebundene Hochschulreife. Sachfremde Anforderungen, zum Beispiel dass der Wohnsitz in Bremen sein muss, fallen weg.
Für uns ist das einerseits ein wichtiger Beitrag zur Chancengleichheit, zur Gleichwertigkeit von Abitur und Berufsausbildung und andererseits ein wichtiger Beitrag zur demographischen Entwicklung und zur Bekämpfung des Fachkräftemangels.
Nächster wichtiger Punkt ist für uns die Frauenförderung und Gleichstellung in der Wissenschaft. Was Gleichstellungsfragen in der Wissenschaft anbelangt, sind wir in Deutschland im europäischen Vergleich extrem rückschrittlich. Während Länder wie Portugal schon vor Jahren im Ingenieur- und naturwissenschaftlichen Bereich 49 Prozent Professorinnen hatten, schaffen wir es im Lande Bremen nicht einmal auf 20 Prozent. Das, finde ich, ist im 21. Jahrhundert nicht hinnehmbar.