Nächster wichtiger Punkt ist für uns die Frauenförderung und Gleichstellung in der Wissenschaft. Was Gleichstellungsfragen in der Wissenschaft anbelangt, sind wir in Deutschland im europäischen Vergleich extrem rückschrittlich. Während Länder wie Portugal schon vor Jahren im Ingenieur- und naturwissenschaftlichen Bereich 49 Prozent Professorinnen hatten, schaffen wir es im Lande Bremen nicht einmal auf 20 Prozent. Das, finde ich, ist im 21. Jahrhundert nicht hinnehmbar.
Frauen machen heute die besseren Schulabschlüsse und die besseren Hochschulabschlüsse, aber sie haben anschließend weder in Wirtschaft noch in Wissenschaft adäquate Chancen. Gleichzeitig ist mittlerweile völlig unumstritten, dass eine ausgewogene Beteiligung beider Geschlechter zu besseren und umfangreicheren Forschungsergebnissen führt. Mein Lieblingsbeispiel an dieser Stelle ist immer, dass bei der Entwicklung des Airbags nicht an schwangere Frauen gedacht wurde und dieser somit nie an solchen getestet wurde. In einem Team mit Frauen wäre das so nie passiert.
Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt, dass es da auch solche Überlegungen gibt. Das hat auch die DFG erkannt, denn sie fordert mittlerweile ein Gender-Konzept.
Wir wollen also exzellente Frauenförderung und exzellente Forschungsergebnisse. Deswegen wollen wir die Rechte der Frauen an den Hochschulen stärken und folglich eine 40-prozentige Sollquote für Gremien, insbesondere in Berufungskommissionen, einführen und die Rechte der Frauenbeauftragten stärken. Frauen erhalten nun ein garantiertes Recht, zu 40 Prozent zum Beispiel in Berufungskommissionen vertreten zu sein, aber selbstverständlich keine Verpflichtung, wenn sie für sich andere Schwerpunkte setzen. Die Frauenbeauftragten haben das Recht auf ein Sondervotum und sind an den Entscheidungen des Rektorats beratend beteiligt, und zwar nicht nur, wenn sie Frauenangelegenheiten betreffen, sondern an allen, weil wir davon ausgehen, dass alle Entscheidungen auch gender-relevant sind.
Bologna! Im letzten Jahr wurde nach zehn Jahren Bologna – der Einführung von Bachelor und Master – Bilanz gezogen. Es gab bundesweit Studierendenproteste, in Bremen blieb es vergleichsweise ruhig. Das heißt, dass wir sicherlich eine ganze Menge richtig gemacht haben; dennoch gibt es Nachsteuerungsbedarf. Die Studierenden haben insbesondere über zu hohe Prüfungsbelastung geklagt. Meiner Auffassung nach darf eine Hochschule keine Sekundarstufe III sein, deshalb darf es künftig keine zwingende Benotung von Modulen mehr geben. Wir wollen wieder mehr Freiräume zum Denken schaffen.
Beim Entschlacken der Lehrpläne, was ja auch ein wichtiger Punkt ist, sind wir als Gesetzgeber allerdings nicht gefordert. Das ist Sache der Hochschulen, hier Verantwortung zu übernehmen, die gesetzlichen Voraussetzungen dafür sind längst geschaffen. Wir werden allerdings noch Verbesserungen vornehmen, indem wir wechselseitige Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen in das Gesetz einarbeiten. Wir wollen damit den Studienplatzwechsel von einer Hochschule zur anderen erleichtern.
Ich möchte noch auf zwei Punkte kurz eingehen, die uns Grünen besonders wichtig sind. Wir werden erstmals im Hochschulzulassungsrecht einen erleichterten Zugang für Studienbewerberinnen und Studienbewerber mit Migrationshintergrund ermöglichen, soweit sie über bilinguale Sprachkenntnisse auf anerkanntem Level verfügen. Wir werden weiter behinderten und chronisch kranken Studierenden im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetzes einen Nachteilsausgleich für den gesamten Studien- und Prüfungsverlauf als gesetzlichen Anspruch zugestehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus meiner Sicht liegt der Bürgerschaft nunmehr ein gelungenes und modernes Gesetz für den Hochschulbereich vor. Das Gesetz wird nur in erster Lesung beschlossen und in den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung überwiesen und beraten. Natürlich werden nach diesem Beratungsprozess noch einige Details eingearbeitet, bevor das in zweiter Lesung dann hier im Parlament beschlossen wird.
Ich möchte an dieser Stelle auch als Vorsitzende des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung noch anmerken, wir haben in der letzten Ausschusssitzung letzte Woche schon vorab eine Anhörung mit den Hochschulen, den Frauenbeauftragten der Hochschulen, dem Landesbehindertenbeauftragten als auch den ASten der Hochschulen sowie den Studierendenvertretern der einzelnen Fachbereiche der Universität durchgeführt. Sie haben ihre Position eingebracht, es war eine sehr konstruktive Diskussion. Es gibt einige Änderungswünsche, das Gesetz wird aber, so wie es da ist, in seiner Gänze getragen.
Ich freue mich darauf, wenn wir hier im Juni in zweiter Lesung ein modernes und richtungsweisendes Hochschulreformgesetz verabschieden werden. Das wird ein großer Schritt für die Hochschulentwicklung hier im Lande Bremen sein. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Reform des Bremischen Hochschulgesetzes stand schon seit längerer Zeit an, und sie ist dringend notwendig. Beinahe alle anderen Bundesländer haben mittlerweile modernere Hochschulgesetze als Bremen, geben ihren Hochschulen mehr Freiheiten und bieten mehr Flexibilität. Eine Situation, die wir uns nicht leisten können! Unsere Hochschulen sind auf größtmögliche Freiheit, auf ein liberales Hochschulgesetz angewiesen, um im Wettbewerb – Frau Böschen hat es richtig gesagt – mit den deutlich besser ausgestatteten Konkurrenten in anderen Bundesländern mithalten zu können.
Der hier vorliegende Gesetzentwurf enthält dabei durchaus Regelungen, mit denen wir uns anfreunden können. Einige wichtige Punkte sind aufgegriffen und gut gelöst worden. Ich nenne hier nur als Beispiele die Eröffnung des Studiums für Nichtabiturienten und die Verschlankung der Prüfungslast.
Sehr positiv bewerten wir auch einige Detailvorschläge, etwa die Möglichkeit, Nachwuchsgruppenleitern zeitweise den Professorentitel verleihen zu können. Vor dem Hintergrund des viel zu engen finanziellen Spielraums benötigen wir solche Regelungen, die es für Nachwuchswissenschaftler ein kleines Stück attraktiver machen, nach Bremen zu kommen.
Gleichwohl gibt es im Gesetzentwurf Regelungen mehrerer Punkte, die ihn für uns leider nicht zustimmungsfähig machen. Mit unserem Änderungsantrag haben wir die wichtigsten aufgegriffen und einige Wünsche, die von Hochschulseite genannt wurden, berücksichtigt. Ungeachtet dessen – aus liberaler Sicht kann dies auch mit unseren Änderungen nur ein erster Schritt sein – bleibt der Reformbedarf bestehen. Im Hochschulgesetz gibt es noch zu viele Regelungen, die zu kompliziert, zu unflexibel und nicht zeitgerecht sind.
Doch zunächst einige Worte zu unseren Änderungsvorschlägen! Der gravierendste Punkt ist die viel diskutierte und heute schon mehrfach angesprochene Frage der Quotenregelungen. Hier ist die Koalition eindeutig über das Ziel hinausgeschossen. Sie erschwert den Frauen sogar in vielen Fällen ihre Arbeit. Die von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, angestrebte Quotenregelung in den Gremien belastet gerade die Frauen in den Fächern, in denen sie den Anteil zu Recht erhöhen wollen.
Diese Regelung wird den wenigen Frauen in den technischen und den naturwissenschaftlichen Fächern ein Übermaß an Arbeit auflasten, wodurch die eigentlichen Kernaufgaben – die Lehre und die Forschung – in den Hintergrund gedrängt werden. Damit erreichen Sie keine Förderung der Frauen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz im Gegenteil!
Symptomatisch für die Halsstarrigkeit, mit der hier die Quotenregelungen verfolgt werden, ist im Übrigen auch der Brief mehrerer Wissenschaftlerinnen der Universität, die unisono die Quotenregelungen abgelehnt haben.
Weshalb wird auf diese Einwände gar nicht eingegangen? Auch im Ausschuss bei der Anhörung wurde über diesen Punkt geschwiegen. Wir wollen die Frauen, die in der Wissenschaft arbeiten, nicht mit zusätzlichen Aufgaben belasten, wir setzen auf Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit statt auf fehlgeleitete Politik, die aus reiner Ideologie unsinnige Quoten durchsetzt.
Bleibeverhandlungen. Wir sehen keinen Grund, wieso die Hochschulen diese, wie auch die Ausschreibungen, nicht selbstständig durchführen sollten. Mit den Ziel- und Leistungsvereinbarungen, die die Hochschulen mit dem Senat abschließen, ist der Korridor vorgegeben. Eine weitere Einmischung ist unserer Ansicht nach unnötig. Hiermit wollen wir einen ersten Schritt gehen, um den Hochschulen Stück für Stück vollständige Personalautonomie zu geben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Zu den weiteren Punkten, die in unserem Antrag stehen, noch einige kurze Bemerkungen! Die Sonderbehandlung ehemaliger Rektoratsmitglieder sehen wir als nicht notwendig an. Unser Vorschlag für die Einführung einer wissenschaftlichen Hilfskraft greift die Regelung anderer Bundesländer auf und wertet die Studenten, die schon einen Bachelorabschluss haben, auf. Wesentlich ist im Weiteren für uns auch die Beschränkung des Beteiligungsrechts der Frauenbeauftragten auf die Frauenbelange. Für uns ist kein sachlicher Grund erkennbar, wieso diese an allen Rektoratsentscheidungen beteiligt werden sollen. Dies ist sachfremd und rein ideologisch begründet.
Abschließend noch einige Bemerkungen zum Anhörungsverfahren selbst! Dieses ist in der Form doch sehr bedenklich, und wir Liberale sind verwundert, dass hier von der Praxis anderer Bundesländer abgewichen wird. Es ist schon bemerkenswert, dass Bremen – ich verweise hier auf die Ausschussunterlagen – bei der Anhörung nicht die Hochschulen an erster Stelle nennt. Stattdessen findet sich dort die Anhörung sogenannter Spitzenverbände, in dem Fall beschränkt auf DGB und Beamtenbund. Das macht man nirgendwo sonst und ist ein deutliches Zeichen dafür, welcher Stellenwert hier den Hochschulen eingeräumt wird.
Ebenfalls finden wir es bemerkenswert, dass unter den angehörten Verbänden nur die beiden genannten Gremien zu finden sind. Da heißt es dann etwas pikiert, der Deutsche Hochschulverband habe unaufgefordert eine Stellungnahme abgegeben. Zeigen Sie mir einmal ein Bundesland, in dem der Deutsche Hochschulverband wie auch andere Institutionen nicht bei einer großen Reform des Hochschulrechts angehört werden! Wieso haben Sie beim Wissenschaftsrat nicht um eine Stellungnahme gebeten? Auch das Zentrum für Hochschulentwicklung gibt oft genug sachkundige Hinweise.
Verwundert sind wir im Übrigen ebenso, dass man von den Studenten keine schriftlichen Stellungnahmen mehr erbeten hat. Offenbar legt Rot-Grün doch keinen so großen Wert auf die verfasste Studenten
schaft, sonst wäre doch diesen mehr Gelegenheit zur Beteiligung gegeben worden als ein paar Alibiminuten im Wissenschaftsausschuss.
Wir hoffen nun, in der weiteren Beratung im Ausschuss noch einige Verbesserungen erreichen zu können. Dabei sehen wir auch im Antrag der Kolleginnen und Kollegen der CDU mehrere bemerkenswerte Ansätze, einige hingegen können wir nicht teilen. Der ganz große Wurf wird die Reform allerdings noch nicht, hierfür muss noch eine Menge mehr getan werden. Daher werden wir im kommenden Jahr das Thema Hochschulen auch noch einmal hier in der Bürgerschaft aufgreifen, um eine wirklich durchgreifende Strukturreform zu erreichen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute das Hochschulreformgesetz von RotGrün. Ich habe mich gefragt, ob dieser Gesetzentwurf seinen Namen verdient hat, und ich bin zu dem Schluss gekommen, leider nein! Leider, weil sich in der Tat seit der Hochschulreform, die wir im Jahr 2007 zusammen mit der SPD durchgeführt haben, im Land Bremen vieles verändert hat, aber dies ist im Hochschulreformgesetz nicht wiederzufinden. Nein, weil Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, die Sache nur halb anpacken oder vielleicht auch gar nicht anpacken wollen. Ich will dies an einem Beispiel deutlich machen.
Das Thema, das die Wissenschaftspolitik der letzten Monate bestimmt, ist wie kein anderes Bologna! Bologna ist im Entwurf der Wissenschaftssenatorin nicht berücksichtigt. Der Wissenschaftsausschuss hat sich intensiv mit dem Anpassungs- und Nachsteuerungsbedarf der Bologna-Reform befasst. Alle Welt spricht von Bologna 2.0 und fordert mehr Studierfähigkeit, aber das Thema wird mit einem nachgereichten Änderungsantrag der Koalition abgehandelt. Dabei hat die Kultusministerkonferenz bereits Empfehlungen abgegeben, diese sind uns zwar im Wissenschaftsausschuss zur Kenntnis gegeben worden, aber wirklich angepackt wurde das Thema noch nicht.
Es ist jedenfalls meiner Meinung nach nicht sinnvoll, auf die Benotung von Studienmodulen als Regelfall zu verzichten. Das ist keine Antwort auf die Probleme, die wir im Zuge der Umsetzung von Bologna erkannt haben, und es ist auch kein Ersatz, sich in Anwesenheitslisten einzutragen. Dadurch bekommt man keine Studiennachweise. Herr Prof. Müller hat ja klargemacht, er möchte im ersten Semester keine Benotung von Modulen, weil er das ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Ich will nun aber im Folgenden deutlich machen, worum es uns als CDU beim sogenannten Hochschulreformgesetz geht. Zunächst einige positive Punkte: In der Drucksache sind einige Detailregelungen enthalten, die Entscheidungen des ersten Hochschulreformgesetzes umzusetzen. Das ist notwendig und richtig, bezieht sich aber auf das Kleingedruckte zahlreicher Verordnungen. Auch die Neuregelungen für Studierende mit Beeinträchtigungen oder Behinderungen sind wichtig und finden unsere Unterstützung.
Im Bremischen Hochschulgesetz werden zum ersten Mal die besonderen Bedürfnisse der Hochschule für Künste berücksichtigt. Auf diese besonderen Bedürfnisse haben wir als CDU mit unserem Antrag aufmerksam gemacht, und es freut uns deshalb, dass unser Vorschlag zumindest indirekt umgesetzt wird, denn für die Hochschule für Künste ist das von sehr großer Bedeutung.
Die Hochschulen und die Universität sollen mehr Eigenverantwortlichkeit bekommen. Wenn es um Profilschärfung, Exzellenz und Tenure-Track für Juniorprofessoren geht, findet das auch unsere Zustimmung, aber genau an diesem Punkt Eigenverantwortlichkeit wird auch deutlich, warum ich „leider nein“ gesagt habe.