Protokoll der Sitzung vom 20.05.2010

Die These, institutionelle Förderung und Projektförderung einmal eben auseinanderzuziehen, und dann hätten wir schon ein ganzes Stück Klärung, ist in der Theorie schnell gesagt, aber wenn Sie sich die Listen anschauen, muss man konkret werden und sagen, bei welcher Einrichtung wir denn was machen wollen und was das für die Einrichtung bedeutet. Ich glaube, so verantwortungsbewusst müssen wir damit umgehen.

Noch etwas anderes können wir aus diesen Tabellen herauslesen, mit wie wenig Geld mitunter kulturelle Einrichtungen wirklich sehr gutes und, in den Stadtteilen etwa, Segensreiches tun. Das sind nicht immer die großen Beträge, wenn Sie sich das einmal anschauen, das sind manchmal die kleinen Beträge, manchmal einstellige Tausenderbeträge, manchmal 20 000, 30 000, 40 000 Euro für das Jahr, und was damit in den Stadtteilen und in den vielen Einrichtungen

geschieht! Deswegen bitte ich einfach, mit etwas mehr Differenziertheit auf diese Fragen zu schauen und nicht nur zwei, drei Einrichtungen in den Blick zu nehmen und zu glauben, das sei die bremische Kulturlandschaft. Das ist sie nicht! Sie besteht aus Leuchttürmen, aber sie besteht auch aus ganz vielen kleinen Einrichtungen, und die müssen wir anschauen, denen müssen wir gerecht werden. Das ist das, was man aus solchen Tabellen herleiten kann.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich glaube, das ist jetzt nicht der Ort, um sich mit den CDU-Vorschlägen auseinanderzusetzen, zum Theater ist das Nötige gesagt worden.

Ich will nur noch auf eines aufmerksam machen! Ich bin im nordrhein-westfälischen Wahlkampf ein bisschen im Einsatz gewesen, und da hat man eines gesehen, und das habe ich nicht als falsch betrachtet, für die CDU war es im Ergebnis wahrscheinlich auch ein Beitrag, nämlich, wie sehr man sich in den Kommunen zum Beispiel hinter seine kulturellen Einrichtungen gestellt hat und wie sehr die Kommunen unter dieser gegenwärtigen Situation leiden und bluten.

Ich sage einmal, quasi außerhalb des Protokolls, was eigentlich gar nicht geht: Wir sind ja keine Gebietskörperschaft, die nur auf Kassenkredite angewiesen ist. Das heißt, wir sind fähig, Kredite aufzunehmen, mit denen wir manches abfedern können. Eine Kommune in Nordrhein-Westfalen, die mit Kassenkrediten auskommen muss, sah sich ab sofort genötigt, siehe Wuppertal, Theaterschließungen und anderes vorzunehmen, und das haben die Leute nicht akzeptiert und zu Recht nicht akzeptiert. Das ist ein wunderbares Zeichen, dass die Leute sagen, wir wollen unsere kommunale Infrastruktur nicht nur bei Abwasser und Müll schützen, sondern wir wollen sie auch im Bereich der Kultur schützen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Mit der Ernsthaftigkeit sollten wir an die Dinge herangehen. Das ist keine technokratische Veranstaltung, sondern eine, die sich am Ende mit jeder Einrichtung hier in Bremen beschäftigen muss. Wie gesagt, es ist heute hier sicher nicht der Raum, aber ich habe große Lust, diese Auseinandersetzung zu führen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Beilken.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich kann an diesen Appell, die kleinen Events, sage ich jetzt einmal, ernst zu nehmen, anknüpfen, und muss insofern korrigieren, was ich gesagt habe, dass bis jetzt noch immer alles gut gegangen ist. Wir sind wirklich in einer Umbruchphase, in der die Dinge nicht mehr funktionieren, und auch in einem Stadtteil wie Schwachhausen gibt es am nördlichen Ende Kinder, die in den Ferien nicht in den Urlaub fahren und dann dort in einer Sommerholzwerkstatt – von der Kulturbehörde bis jetzt mitfinanziert – gelernt haben, künstlerisch mit Holz umzugehen, das ist aktuell gefährdet. Einmal ein Appell von dieser Stelle, hier auch nicht nachzulassen, dies unbedingt weiter möglich zu machen. Es sind 4000 Euro, genau wie der Bürgermeister gesagt hat, ein kleiner Betrag mit großer Wirkung, und ich kann nur appellieren und auch fordern als LINKE, dass dies weiterhin finanziert wird. – Danke schön!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kau.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Böhrnsen, auch ich freue mich auf die weitere inhaltliche Debatte und die Auseinandersetzung zur Kultur, und ich verspreche Ihnen, dass wir bis zum Ende der Legislaturperiode hier in jeder Bürgerschaftswoche Kulturthemen debattieren werden, und, Herr Senkal, natürlich ist das Wahlkampf! Es ist doch ganz großer Unsinn zu meinen, dass wir hier aus Selbstzweck stehen, sondern wir wollen in der nächsten Legislaturperiode mehr Verantwortung übernehmen als heute, wir wollen hier mit einem größeren Kreis sitzen, wir wollen, dass die SPD nach 60 Jahren nicht weiter regiert, und natürlich ist das Wahlkampf, das ist doch gar keine Frage, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Das ist kein Selbstzweck! Wenn jemand die Verantwortung an sich zieht und wir uns keinen eigenen Kultursenator leisten können, sondern eine Senatskanzlei haben, dann ist es ja gerade da ein Anhängsel, und wenn dann dort die Verantwortung nach unserer Meinung nicht richtig wahrgenommen wird, dann ist es doch selbstverständlich, dass wir daraus die Forderungen ableiten, dass jemand sich richtig um die Sache kümmert.

Zu den einzelnen Themen: Ich teile, Herr Böhrnsen, die Ansicht, dass wir eine unglaublich lobenswerte breite Kulturlandschaft haben. Es gilt, alles daran zu setzen, um diese zu erhalten, aber wir wer––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

den – das ist so sicher wie das Amen in der Kirche – nicht weiter mit dem Füllhorn über diesen Einrichtungen die gleichen Mittel ausschütten können, also werden wir automatisch zu Schwerpunktsetzungen kommen müssen. Es sei denn, wir machen ein komplettes Umdenken und sagen, Kultur ist kein Kostenfaktor, sondern ein Investitionsschwerpunkt, wir wollen da richtig Geld investieren. Nur, wenn man die Hauptausgaben in der Verwaltung hat, wenn man 600 Millionen Euro Zinsen aus SPD-Altschulden bedient und wenn man – als Drittes – den größten Posten, mit wachsender Tendenz, in Arbeit und Soziales hat, wo soll man dann Mittel hernehmen, um richtig in die Kultur zu investieren?

Zum Zweiten: Ich teile Ihr großes Lob für das Mäzenatentum in Bremen, das ist vorbildlich. Es ist eine unglaubliche Bürgergesellschaft, die immer wieder für alles enorme Mittel auftreibt, aber da möchte ich auch gern einmal daran erinnern, dass daran Unternehmer beteiligt sind, auch Besserverdienende, die so gern gescholten werden, auch durchaus Vermögende, denen andere hier am liebsten ihr ganzes Vermögen abnehmen würden. Das Ganze würde nicht funktionieren, wenn diese Klientel, für die wir auch politisch mitverantwortlich sind, nicht dieses Mäzenatentum darstellen und unterstützen würde.

(Beifall bei der CDU)

Herr Senkal, zum Thema Musikfest: Sie haben von mir an keiner Stelle gehört, dass ich fordere, das Musikfest höher oder weiter zu fördern, aber es ist eine vorbildliche Einrichtung, sie hat sich im laufenden Betrieb auf die zugesagten Mittel verlassen. Ich habe in beiden Deputationen – für Wirtschaft und für Kultur – den Beschluss mit gefällt, und zwar meines Wissen einstimmig mit allen Anwesenden, dass wir dieses Kulturkonzept von Herrn Professor Albert weiter fördern und mit 700 000 Euro weiter unterstützen. Zu dem Zeitpunkt – es war, glaube ich, im Sommer vorigen Jahres – war nicht absehbar, dass Sie mit einem meines Erachtens zumindest schlechten Stil Herrn Professor Albert plötzlich mit der Wahrheit konfrontieren, dass im laufenden Betrieb 150 000 Euro gestrichen werden, und die Metropolregion ist ja bereits mit 80 000 Euro Förderung dabei!

Das Konzeptpapier ist lediglich ein Denkmodell und eine Anregung für eine Debatte. Wir haben diese Debatte schon intensiv begonnen. Wir haben an mehreren Abenden alle Verantwortlichen aller Kultureinrichtungen zu Gesprächen eingeladen, wir haben das heftig debattiert, und es ist ja auch nur der Aufschlag für weitere Diskussionen, da sind ja keine Sachen festgeschrieben, wir sind auch nicht in der Regierung, aber man wird ja wohl noch denken dürfen, man wird auch noch einmal kontrovers debattieren dürfen, und warum soll nicht ein Vorschlag, von dem andere uns überzeugen, dass man es besser machen kann, nachher zur Geltung kom

men? Daher verstehe ich Ihr Geschrei nicht, dass Sie es nicht aushalten, dass man einfach einmal Denkansätze zu Papier bringt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grünen]: Davon wünschen wir uns eigentlich mehr!)

Frau Schön, ich bin jetzt erst in der ersten Legislaturperiode, es liegt noch einiges vor uns.

Die alte Leier, nach drei Jahren Regierungsverantwortung immer nur alles auf Vorgänger zu schieben, kann man doch nicht mehr hören. Ich habe in meinem Leben schon so oft Aufgaben von Vorgängern übernommen oder neue Felder besetzen müssen, da kann man doch nicht immer darauf schimpfen, dass vor drei Jahren etwas schlecht gemacht wurde, es muss doch Ehrgeiz und Anreiz für Sie sein, die Latte höher zu legen und es besser zu machen, und das vermissen wir hier deutlich.

(Beifall bei der CDU)

Zu Herrn Beilken kann ich abschließend nur sagen, ich erlebe ihn selten in der Kulturdeputation, meistens fehlt er ja, ich merke das deswegen, weil ich ihn dann vertreten muss. Meistens ist er derjenige, der den geringsten Durchblick hat; und wenn es einen gibt, der meistens von allen belächelt vollständig auf dem Schlauch steht, Herr Beilken, dann sind Sie es! – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 17/1234, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Fachkräftemangel in der Altenpflege in Bremen und Bremerhaven

Große Anfrage der Fraktion der CDU vom 23. Februar 2010 (Drucksache 17/1175)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 20. April 2010

(Drucksache 17/1262)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Dr. Schuster.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große

Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, Herr Staatsrat, dass Sie darauf verzichten wollen.

Deswegen können wir gleich in die Aussprache eintreten.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bartels.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu solch später Stunde nun doch ein für uns alle interessantes Thema, nämlich der drohende Fachkräftemangel in der Altenpflege. Seit einiger Zeit zeichnet sich dieser Mangel an fachlich qualifizierten Pflegerinnen und Pflegern in der Altenpflege ab. Dies ist Anlass für die CDU-Bürgerschaftsfraktion gewesen, hier auch einmal aktuelle Zahlen aus Bremen und Bremerhaven abzufragen, Einschätzungen des Senats zu bekommen und daraus auch letztendlich Schlüsse zu ziehen. Eine Studie der Universität Freiburg hat für die Bundesrepublik Deutschland einmal analysiert, dass wir in der Altenpflege bis zum Jahr 2050, das ist zwar noch eine lange Zeit hin, aber bei 840 000 offenen Vollzeitstellen liegen werden.

Wir nehmen dieses Thema sehr ernst, und die Mitteilung des Senats auf unsere Große Anfrage hat gezeigt, dass aktuelle Zahlen nicht vorliegen, dass es auch schwer ist, sie kurzfristig zu ermitteln. Wir haben zum Beispiel nach den im Verlauf der letzten fünf Jahre offenen Stellen gefragt, getrennt nach den ambulanten, stationären und teilstationären Pflegeanbietern, und schon hier hat sich gezeigt, dass die Daten der Bundesagentur für Arbeit dazu nicht sehr aussagekräftig sind, weil sie teilweise anders verschlüsselt sind, oder die Zuordnung nicht vollständig möglich ist. Im Jahr 2009 gab es, so belegt die Antwort des Senats, 42 offene Stellen, aber auch hier sagt der Senat, so ganz aussagekräftig ist dies nicht. Er erwartet, dass in den nächsten Jahren der Bedarf wachsen wird, und darauf sollten wir uns einrichten, darauf sollten wir als Politik reagieren.

Die nicht transparente Datenlage veranlasst mich, hier an dieser Stelle auch einmal einen Vorschlag zu machen, und dazu bitte ich um eine Aussage des Herrn Staatsrat. In Hessen gibt es einen sogenannten Pflegemonitor, das ist ein onlinegestütztes System, in dem die offenen Stellen erfasst werden und in dem auch Transparenz für die Institutionen, aber auch für die Bewerberinnen und Bewerber vorgehalten wird. Die Aussage, die ich erwarte, ist, ob sich der Senat auch hier in Bremen so etwas vorstellen könnte. Ich denke, es würde sehr hilfreich sein. Die Arbeit in der Altenpflege ist eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit, nicht nur psychisch, physisch auch, sehr emotional, und es ist gut und richtig, dass wir diese ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

offenen Stellen auch mit kompetenten Bewerbern besetzen, weil hier der Dienst am Menschen betrieben wird, und da ist es wichtig, dass wir qualifizierte Kräfte haben.

Wir haben mit der Antwort des Senats zur Kenntnis genommen, dass es auch viele Bewerber auf Ausbildungsplätze gibt teilweise, wenn ich das richtig sehe, auf 150 Ausbildungsplätze 353 Bewerbungen. Das sagt jetzt erst einmal noch nichts über die Qualifizierung der Bewerber aus. Die eine oder andere Schule meldet doch sehr kurzfristig, dass die offenen Ausbildungsplätze besetzt werden, das lässt darauf schließen, dass es nicht unbedingt der Berufswunsch des Lebens war, der da realisiert wurde, sondern dass es auch Bewerber sind, die sich einfach aus der Not heraus darauf bewerben.

Unser Interesse muss es sein, die Menschen in diesen anspruchsvollen Beruf zu bekommen, die ihn auch wirklich leben können. Die Verweildauer in der Altenpflege liegt bei 8,4 Jahren, so sagt die Statistik, bei der Krankenpflege ist sie länger: 13,7 Berufsjahre. Auch hier ist aus unserer Sicht ein Ansatz gegeben, dass wir die pflegerischen Kräfte in ihrer Tätigkeit unterstützen. Das hat nicht nur etwas mit Wertschätzung zu tun, das hat auch etwas mit der richtigen Entlohnung zu tun.