Protokoll der Sitzung vom 17.10.2007

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn ich gestern Abend um 22.51 Uhr den Auftrag gehabt hätte, einen Artikel über die heutige Sitzung zu schreiben, dann hätte ich ihn genauso geschrieben, wie die Sitzung abgelaufen ist. Es hat nämlich keiner meinem Redebeitrag zugehört.

(Widerspruch bei der SPD und beim Bünd- nis 90/Die Grünen)

Alle haben das gestern ganz wunderbar Vorbereitete vorgelesen.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Ich habe ge- nau zugehört!)

Ja, Herr Günthner hat zugehört, das habe ich beobachtet, das bestätige ich auch fürs Protokoll. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass wir dieses singuläre Ereignis auf der Sielwallkreuzung jetzt nicht hochstilisieren wollen, und ich habe auch in der Innendeputation sehr deutlich zugehört. Ich finde es sehr überraschend, dass die Regierungskoalition das, was der Polizeipräsident da vorgetragen hat, einfach so, ohne Nachfrage widerspruchslos aufgenommen hat. Das war, ich sage einmal – darf ich es? – „Mordhorsts

Märchenstunde“, wie man im Nachhinein eine Polizeireform begründet. Das finde ich auch in Ordnung, das soll so sein. Wenn Populisten diejenigen sind, die die Wahrheit aussprechen, und nicht diejenigen, die demjenigen die Worte im Mund umdrehen, dann muss das so sein, dann muss ich es hinnehmen.

(Abg. E h m k e [SPD] meldet sich zu ei- ner Zwischenfrage.)

Von Herrn Tittmann distanziere ich mich natürlich ausdrücklich, das ist völlig klar, das ist keine Frage.

(Glocke)

Herr Kollege Woltemath, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Ehmke?

Eigentlich wollte ich gerade zu ihm kommen, aber ich gestatte sie natürlich, ich bin ja freundlich!

Herr Kollege Ehmke, bitte!

Danke! Wenn Sie dann sowieso zu mir kommen, dann könnten Sie vielleicht noch einmal ausführen, in welcher Ausführlichkeit Sie als FDP dort die Ausführungen des Polizeipräsidenten hinterfragt haben und inwieweit Sie sich in dieser Sitzung mit dieser Fragestellung auseinandergesetzt haben!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU – Zuruf von der SPD: Darüber erst einmal nachden- ken!)

Da muss ich nicht nachdenken, ich habe sie zur Kenntnis genommen, und das war es. Das habe ich getan, ich sage Ihnen das ganz offen, weil wir in der letzten Legislaturperiode für bestimmte Dinge gar keine Verantwortung getragen haben. Ich hätte mir als Opposition bei den Grünen schon gewünscht, bestimmte Dinge nachzufragen und einmal dort anzusetzen, aber das ist ja letztlich nicht meine Aufgabe, die Politik der Grünen aus der vergangenen Legislaturperiode zu betreuen.

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Das wollte ich dazu sagen! – Ich bedanke mich!

(Beifall bei der FDP)

Als Nächster hat das Wort Herr Senator Lemke.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Was machen wir denn, wenn die FDP die Probezeit hier nicht übersteht? Wer bekommt dann die Sitze?)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich schmunzele ein bisschen, weil Herr Röwekamp gerade das ausgesprochen hat, was ich auch gedacht habe, als ich der Debatte zugehört habe, sehr aufmerksam übrigens auch Ihrem Beitrag, Herr Woltemath! Ich glaube, Sie lagen mit dieser Aktuellen Stunde völlig daneben.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU und bei der Linken)

Der Polizeipräsident – insofern verwahre ich mich auch ausdrücklich dagegen, hier dem Parlament von „Mordhorsts Märchenstunde“ zu berichten –

(Beifall bei der SPD)

hat sehr ausführlich und korrekt und sachlich in der Deputation für Inneres zu den Vorfällen Stellung genommen, und es gab keine Widersprüche, es kamen auch keine Nachfragen. Das ist ja gerade durch die Frage auch von dem Abgeordneten Ehmke sehr deutlich geworden. Die Deputation hat es zur Kenntnis genommen und hat ausdrücklich festgestellt, dass es hier überhaupt keinen Bedarf für diese Fragestunde gibt, weil die inhaltlichen Dinge aufgeklärt worden sind.

Aus einem harmlosen Gekicke wurde eine Gewalt, der wir sofort begegnen konnten. Vier Minuten, meine Damen und Herren, hat es gedauert, bis der erste Streifenwagen vor Ort war. Die Kollegen haben dort festgestellt, dass nach einem grandiosen Werder-Auswärtssieg fröhlich gefeiert wurde. Der Ball wurde konfisziert, weil die Beamten gesagt haben, das geht hier nicht, das ist eine wichtige Kreuzung, gebt einmal den Ball her, und um es nicht eskalieren zu lassen – und das findet doch ausdrücklich unsere Zustimmung –, hat der Streifenwagen gesagt, wir behalten das in Beobachtung, aber wir machen hier jetzt nicht ein Riesen-Bohei. Die Situation kippte allerdings wenige Minuten später um, und dann ist ganz schnell umgeschaltet worden. Als die ersten Scheiben zerbrachen und wir die Information bekamen, und zwar vom Streifenwagen, vom Lokal, haben wir sofort und dank der Polizeireform reagieren können. Sofort, innerhalb von kürzester Zeit, wurden Einsatzkräfte zum Ziegenmarkt zusammengerufen, nachdem sie sich ausrüsten und schützen lassen konnten, zum Einschreiten auf der Sielwallkreuzung, und zwar ohne dass irgendjemand zu Schaden gekommen ist, meine Damen und Herren. Insbesondere hat kein Polizist Schaden genommen durch eine geworfene Bierflasche oder durch einen geworfenen Stein.

Wenn wir dann ein Fazit ziehen, was passiert ist, es ist doch eigentlich keiner, übrigens auch nicht von den Randalierern, verletzt worden. Es sind vier Scheiben zerbrochen und zwei Streifenwagen auch durch Flaschen- oder Steinwurf beschädigt worden, ein Reifen hat noch Schaden davongetragen. Das ist Fakt,

und ich sage und schließe mich auch ausdrücklich dem Dank an, es ist mehrfach gesagt worden: Die Polizei hat besonnen, gut ausgerüstet, sehr schnell dort die Sache in den Griff bekommen, und ich schließe mich ausdrücklich dem Dank der Abgeordneten, die das ausgesprochen haben, an die Polizei an! Ausdrücklich will ich es hier so sagen.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU und bei der Linken)

Zwei kurze Bemerkungen noch zu Herrn Hinners und auch zu Herrn Woltemath! Herr Hinners, ich fand Ihren Beitrag sehr beachtlich, weil er natürlich hier auch eine tiefe Sachkenntnis zum Ausdruck gebracht hat. Sie wissen, wovon Sie reden, Sie sind lange genug dabei gewesen, und wir haben in der neuen Koalition von Beginn an gesagt: Wir wollen die Reformen auf den Prüfstand stellen, wir wollen sehr sachlich überprüfen, in welchen Fällen etwas gut läuft wie in diesem Fall, liebe FDP, in dem etwas gut, schnell und flexibel eingesetzt oder umgesetzt werden konnte, aber wir wollen auch genau schauen: In welchen Bereichen haben die Bürger und auch die Polizei noch Sorgen? Wo ist das nicht so optimal umgesetzt?

Es ist doch völlig normal, wenn man eine solch große Reform so erfolgreich umsetzt, lieber Herr Kollege Röwekamp, dann muss man natürlich auch schauen: Ist alles zum Wohl des Bürgers und auch im Interesse der Polizei umgesetzt? Das haben wir uns als Koalition vorgenommen, insofern kann ich Ihrem Wunsch auch nur positiv entsprechen. Wir werden es – das ist ja unser Programm – auf die Tagesordnung der Innendeputation setzen, aber wir wollen es natürlich vorher auch mit den Betroffenen sehr ausführlich diskutiert haben.

Herr Woltemath, Sie haben, als Sie gemerkt haben, dass das hier nichts bringt, dann schnell auf die Sorgen der Bürger umgeschaltet. Diese Aktuelle Stunde gibt dies aber nicht her. Wir nehmen die Sorgen der Bürger sehr ernst und haben in vielen Bereichen schon versucht, auch durch bessere Kooperation mit Justiz – –.

Mir gefällt überhaupt nicht, wenn ich die Zeitungen im Augenblick aufschlage und sehe, was alles in unserer Stadt an Kriminalitätsentwicklung passiert. Wir müssen dort deutlich besser werden, um dem Bürger nicht nur das Gefühl, sondern die Sicherheit zu geben, dass Bremen weiterhin eine liebens- und lebenswerte Stadt bleibt, und hier, ausnahmsweise an dieser Stelle, Herr Woltemath, haben Sie uns, auch, glaube ich, in der Deputation für Inneres an Ihrer Seite. Da nehmen wir die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst.

(Beifall bei der SPD)

Herr Hinners hatte vorhin gefragt – es ist nun das erste Mal, dass ich hier ein richtig ernsthaftes Thema

zur inneren Sicherheit, zur Polizei behandeln darf –, hat das etwas mit Fußball zu tun? Auf diesen Ball muss ich noch einmal zurückkommen! Herr Woltemath, Sie haben ganz charmant gesagt, dass Sie noch nicht so lange dabei sind, aber Sie müssen sich in Zukunft vorsehen, bei solchen Dingen Eigentore zu schießen! Dies war ein klassisches Eigentor!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU und bei der Linken)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen dann zum zweiten Thema der Aktuellen Stunde:

Veranstaltungsmarketing fortsetzen – Tourismus-, Sport- und Kulturstandort Bremerhaven und Bremen nachhaltig sichern!

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bödeker.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Es geht hier um 3 wichtige Bestandteile Bremer Politik. Es geht um das verstärkte Standortmarketing, um Standortmarketing insgesamt, und in Bremerhaven um den Veranstaltungsfonds. Es ist gerade diskutiert worden, was ist eigentlich notwendig in einer Aktuellen Stunde? Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir hier als Opposition aufzeigen, wo wir unsere Sorgen sehen, wo wir sehen, dass etwas nicht erfüllt werden kann, obwohl wir sehen, dass Fehler durch die Regierenden begangen werden, und in dem Fall sind es ganz klare Fehler, die sich abzeichnen. Staatsrat Dr. Heseler hat gestern Abend beim Mahl des Handwerks in Bremen erklärt, dass die gesamte Wirtschaftsförderung umstrukturiert wird. Er hat erklärt, dass im Bereich der Finanzstärken Veränderungen herbeigeführt werden. Das heißt natürlich, dass in diesen Bereichen gespart wird.

Die Fragen, die sich stellen müssen, sind: Warum machen wir Marketing? Warum haben wir ergänzendes Standortmarketing, und warum haben wir in Bremerhaven den Veranstaltungsfonds? Ich glaube, man wollte bei beiden Oberzentren – Bremen und Bremerhaven – erreichen, dass wir vernünftige Veranstaltungen privat durchführen können und dass diese Veranstaltungen dann mit Mitteln der öffentlichen Hand gestärkt werden. Das ist ein ganz wesentlicher und wichtiger Punkt, und ich glaube, dass viele dieser Veranstaltungen gar nicht stattfinden können, wenn nicht ein Standortmarketing erfolgt oder ein Veranstaltungsfonds aufgelegt wird.

Was ganz wichtig ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ja die Frage der Finanzierung der Veranstaltungen. Ich will einmal ein Beispiel nennen. Wir haben die Tischtennisweltmeisterschaften in Bremen

mitfinanziert, und wir haben dabei Übernachtungsquotensteigerungen gehabt von 14,5 Prozent im April und von 18,8 Prozent im Mai. Das heißt, diese Mittel, die wir hier einsetzen, schlagen sich wieder nieder, sie werden wieder an anderer Seite eingenommen. Es ist hier also ein Rundlauf, und deswegen ist es kein reines klassisches Sparen. Wenn man sich in einer Haushaltsnotlage natürlich Posten heraussucht und sagt, hier können wir Gelder einsparen, ist das nachvollziehbar, aber das ist ein großer Fehler, wenn wir in einem Kreislauf sind, in dem Wirtschaftsförderung, Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze dadurch gesichert werden.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz wichtig sind die City-Kampagne, City-Marketing Vegesack und Grünanlagenevents. Allein bei den Grünanlagenevents ist die Frage: Warum macht man so etwas? Wir haben in Bremen und Bremerhaven große Parkanlagen, die von der Bevölkerung nicht so angenommen werden, wir haben viel Geld dafür ausgegeben, und es wird jetzt versucht, diese Anlagen auch mit Leben zu füllen. Das ist eine sinnvolle Maßnahme, die durchgeführt werden muss, die einfach nicht gespart werden kann. Auch die Entwicklung von ergänzendem Standortmarketing und vom Veranstaltungsfonds zeigt ja auf, dass wir auf dem richtigen Weg sind und die letzte Regierung ja auch diesen Kurs eingeschlagen hat. Ich glaube, dass auch der Versuch der einzelnen Institutionen in Bremen und Bremerhaven, gemeinschaftlich bei „Wissenswelten“ zusammenzuarbeiten und das dann auch zu vermarkten, genau das Richtige ist, und die Besucherzahlen sprechen ja für uns. Es gibt sicher viele Initiativen, die keine Veranstaltung durchführen könnten, wenn es keine staatliche Absicherung gäbe. Es gibt ja auch einige Initiativen, die die Gelder gar nicht in Anspruch genommen haben. Ich will einmal in den Bremerhavener Teil hineingehen, wo ja der Veranstaltungsfonds komplett gestrichen werden soll, und wir haben im Bremerhavener Anteil beim Stadttheater Bremerhaven eine Musical-Veranstaltung durchgeführt, die das Stadttheater allein so nicht hätte leisten können. Wir haben enorme Besucherzahlen gehabt, und ich glaube, es war richtig. Wir haben im Gesamtbereich des Veranstaltungsfonds 660 000 Euro zur Verfügung gestellt. Abgefordert, meine Damen und Herren, sind aber nur 378 000 Euro. Private Mittel, die akquiriert werden konnten, waren 2,82 Millionen Euro. Ich glaube, das spricht schon dafür, dass wir hier nicht eine reine Sparquote haben, und wenn man dann nach dem Ergebnis fragt, sind das 648 351 Euro. Gerade für Bremerhaven gibt es wichtige Events, die nicht mehr durchgeführt werden können. Wir haben vor einigen Jahren das historische Fischereihafenrennen wieder aufgelegt. Das historische Fische

reihafenrennen war im ersten Jahr ja schon ein Reinfall, weil es dort eine verregnete Veranstaltung gewesen ist. Wir haben dann weiter gefördert, haben an diese Veranstaltung geglaubt, und diese Veranstaltung kann durchgeführt werden. Sie kann aber eben nur mit öffentlichen Zuschüssen durchgeführt werden, das ist eben so! Von solchen Veranstaltungen müssen wir uns befreien. Es gibt einen Streit zwischen dem Oberbürgermeister und mir wegen des Marathons.

(Zurufe von der SPD)

Die Veranstaltung wird durchgeführt, aber sie kann nicht durchgeführt werden, wenn öffentliche Gelder nicht zur Verfügung gestellt werden. Nein, man muss das ja auch dann eingestehen, wenn Veranstaltungen erfolgreich sind, und der Marathon scheint sich in den letzten Jahren wohl ganz gut entwickelt zu haben. Dann ist die Frage eben: Geht es weiter?

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Hat der Ober- bürgermeister recht behalten!)