Protokoll der Sitzung vom 24.08.2010

Die achte Anfrage trägt die Überschrift „Positivkennzeichnung für die Gastronomie einführen“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Dr. Mathes, Fecker, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bitte, Frau Kollegin Dr. Mathes!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie bewertet der Senat den Nutzen eines verpflichtenden Smiley-Bewertungssystems als Positivkennzeichnung für das Gastronomiegewerbe?

Zweitens: Hält der Senat die Einführung eines entsprechenden Pilotprojekts für sinnvoll, wenn ja, in welchem Rahmen?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Günthner.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Die derzeitige Rechtslage sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene lässt eine verpflichtende Teilnahme gastronomischer Betriebe an einem „Smiley-Bewertungssystem“ nicht zu. Ein derartiges System mit Aushang eines lachenden Smileys bei guter Erfüllung der Kontrollkriterien im Gewerbebetrieb lässt sich daher nur auf freiwilliger Basis realisieren.

Über den Nutzen eines Smiley-Bewertungssystems als Positivkennzeichnung lassen sich keine belastbaren Aussagen treffen. Der Aspekt der Verbraucherinformation in Bezug auf den täglichen Ernährungsbedarf im Hinblick auf Lebensmittelerwerb sowie Lebensmittelverarbeitung und -verzehr bliebe auf den Teilbereich der freiwillig teilnehmenden bremischen Gastronomiebetriebe beschränkt. Dies erschwert eine deutliche Wahrnehmbarkeit des Bewertungssystems. Weiterhin ist zu bedenken, dass aus einer fehlenden Kennzeichnung wegen Nicht-Teilnahme eines Betriebes am Bewertungssystem nicht auf ein schlechtes Abschneiden bei der Kontrolle geschlossen werden darf. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Smiley-System zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnte.

Zu Frage 2: Entsprechende Pilotprojekte anderer Bundesländer zeigen, dass die freiwillige Beteiligung des Gastronomiegewerbes nicht groß ist. Intensiver zu prüfen wäre nach Auffassung des Senators für Wirtschaft und Häfen insoweit ein bundesweit einheitliches Vorgehen, das sich zudem nicht nur auf eine Branche beziehungsweise eine Betriebsart beschränkt, sondern neben den Gastronomiebetrieben zum Beispiel auch Lebensmitteleinzel- und -fachhandel sowie verarbeitende Betriebe einbezieht. Im Rahmen des Verbraucherschutzes befürwortet der Senat grundsätzlich Initiativen, die zu mehr Verbraucherinformation und Transparenz führen. Bremen arbeitet derzeit, auch in Form von länderübergreifenden Initiativen, in mehrfacher Hinsicht an Projekten für eine aktive Verbraucherinformation. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Kollegin Dr. Mathes, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator, Sie haben gesagt, dass die Beteiligung an Projekten, die durchgeführt worden sind oder werden, nicht sehr groß ist. Können Sie mir denn einmal sagen, auf welche Projekte Sie sich beziehen?

Bitte, Herr Senator!

Es gibt nach unserer Kenntnis zwei Projekte: Es gibt ein Pilotprojekt in NordrheinWestfalen. Wenn man sich die veröffentlichten Informationen anschaut, stellt man fest, dass es sich hierbei um einige Kommunen und Kreise handelt, die sich daran beteiligen, und dass sich daran in diesem Bereich wiederum offenbar ein eher geringer Teil des Gastronomiegewerbes beteiligt. Es gibt ein weiteres Pilotprojekt in Berlin-Pankow, das nach unserer Auffassung insofern nicht wirklich aussagekräftig erscheint, als es sich lediglich auf einen Stadtteil bezieht.

Frau Kollegin Dr. Mathes, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich möchte noch einmal auf die letzte Aussage, Berlin-Pankow, zurückkommen. Sie sagen, es sei nicht aussagefähig. Diese Meinung teile ich nicht. Ich wollte hieran die Frage anschließen, ob Sie eine Verbindung, wie sie auch in Pankow praktiziert wird, der freiwilligen Positivkennzeichnung mit einer Negativliste im Internet, begrüßen würden. Halten Sie dies für eine Möglichkeit, dass Bremen sich hier besser im Verbraucherschutz aufstellt?

Bitte, Herr Senator!

Nach meiner Auffassung geht es um zwei Dinge, auf die wir achten müssen: Das eine ist, dass wir, wo immer wir können, eine bessere Information der Verbraucherinnen und Verbraucher in Bezug auf ihre täglichen Ernährungsgewohnheiten sicherstellen müssen. Dazu gehört nach meiner Auffassung, dass wir nicht nur über Gastronomiebetriebe sprechen, sondern dass wir uns auch Lebensmittel herstellende und verarbeitende Betriebe anschauen und sie einbeziehen. Das ist der eine Aspekt. Der andere Aspekt ist: Wir haben natürlich ein Interesse daran, wenn wir zu wie auch immer gearteten Regelungen kommen können, dass es dann weder zu Wettbewerbsverzerrungen noch dazu führt, dass Betriebe und Unternehmen in ihrer Entscheidungsfreiheit und unternehmerischen Verantwortung unzumutbar eingeschränkt werden. Aus der Tatsache, dass ein Unternehmen nicht den Smiley vorn an der Tür kleben hat, an der inzwischen schon das eine oder andere klebt, soll nicht geschlossen werden, dass die Speisen, die in diesem Unternehmen zubereitet werden, von schlechter Qualität sind.

Bei Positiv- und Negativkennzeichnungen entsteht unter Umständen der Effekt, dass man den einen hervorhebt – möglicherweise zu Recht, möglicherweise auch nicht – und andere zurücksetzt. Es ist insofern ein sehr sensibles Thema, das man sich auch mit der nötigen Sensibilität anschauen muss. Nach meiner Auffassung ist es natürlich sinnvoll, ebenfalls mit den Unternehmensverbänden – in diesem Fall dem

DEHOGA – darüber zu sprechen, inwieweit die sich einbringen würden, denn – ich habe bereits auf die Grundlagen hingewiesen – es ist bisher nur freiwillig möglich. Wenn wir es freiwillig machen, ergibt es nur Sinn, wenn sich möglichst alle daran beteiligen und wir nicht eine Situation haben, in der aus unterschiedlichen Gründen der eine mitmacht, der andere nicht.

Frau Kollegin Dr. Mathes, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Sie sagen, wenn der eine den Smiley hat und der andere nicht und das freiwillig ist: Erstens könnte man es aber mit einer Negativliste kombinieren, zweitens hat es jeder Betrieb freiwillig in der Hand. So, wie er heute sein Schaufenster schön gestaltet, um besser im Wettbewerb dazustehen, ist es auch eine Möglichkeit, die aber doch in der Hand des jeweiligen Restaurants und Gaststättenbetriebs liegt. Insofern kann ich diese Frage der Wettbewerbsverzerrung nicht so richtig nachvollziehen.

Bitte, Herr Senator!

Frau Abgeordnete, erstens ist es eine Frage, wie und in welchem Unfang Sie es kontrollieren und welchen Effekt die Kontrollen am Ende haben. Zum Zweiten haben Sie das Thema Pranger angesprochen. Wenn Sie über einen InternetPranger sprechen – –.

(Abg. Frau D r. M a t h e s [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das ist kein Pranger! Ich habe nicht von einem Pranger gesprochen, und es ist auch kein Pranger!)

Wenn Sie es im Internet darstellen wollen, haben Sie am Ende den Effekt, dass Sie den einen negativ darstellen und den anderen nicht, und das, ohne eine wirklich belastbare Basis zu haben, auf der das Ganze kontrolliert werden kann. Ich halte insofern von einer wie auch immer gearteten Darstellung im Internet herzlich wenig.

Frau Kollegin Dr. Mathes, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich muss leider noch eine Frage stellen, weil sich der Senator gerade dahingehend geäußert hat, es gäbe keine belastbare Basis dafür. Das würde jetzt unterstellen, dass unsere amtliche Lebensmittelkontrolle keine belastbaren Aussagen erbringen würde, da dies ja in ihrem Rahmen geschehen würde. Wir haben glücklicherweise eine sehr gute Lebensmittelkontrolle, die in Bremen gut aufgestellt ist und in der Tat auch belastbare Aussagen liefert. Ich finde, das kann

man an dieser Stelle leider nicht so stehen lassen, oder würden Sie dem so zustimmen?

Bitte, Herr Senator!

Ich habe es an dieser Stelle auch nicht so gesagt, wie Sie es jetzt versucht haben, hineinzuinterpretieren. Ich habe darauf hingewiesen, dass eine Darstellung immer auf dem Moment basiert, in dem geprüft worden ist. Die Erfahrung – wenn Sie sich hierüber informiert haben – zeigt, dass es auch Betriebe mit höchsten Standards gibt, in denen das eine oder andere Problem temporär auftritt, und dass das abgebildet werden muss. Ich glaube aber, dass es herzlich wenig Sinn macht, mit dem großen Finger über das Thema zu gehen und zu sagen, da wir in dieser gefühlten Sekunde, in der wir jetzt bei ihm etwas gefunden haben, ihm eigentlich ein negatives Zeugnis ausstellen müssen, hat er für das nächste Jahr, bis wir ihn das nächste Mal überprüfen und ihm das nächste Mal eine Möglichkeit geben, einen negativen Smiley an der Eingangstür kleben. Ich halte das nicht für ein geeignetes Instrument, um zur Verbraucheraufklärung beizutragen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Dr. Mathes, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Würden Sie mir denn zustimmen, dass man dies durch die Art, wie man es durchführt, durchaus korrigieren kann beziehungsweise entsprechende Mechanismen einbauen kann, dass es nicht passiert? So, wie es eben auch in Berlin-Pankow vorgesehen ist: Dann hätte ein Betrieb, der jetzt auf die Negativliste kommt, weil es vielleicht irgendwie einmal passiert ist, was ich auch verstehen kann, die Möglichkeit, innerhalb von 14 Tagen den Antrag zu stellen, wieder nachkontrolliert zu werden. Dann würde die Eintragung im Internet verschwinden, und das ganze Problem hätte sich gelöst. Gleichzeitig – das wäre die anschließende Frage – würde es dazu führen, dass sich der ordnungsrechtliche Aufwand erheblich reduziert. Dies wäre im Sinne eines Haushaltnotlagelands doch gut geeignet, um zur Verbesserung beizutragen.

Bitte, Herr Senator!

Ich habe doch soeben versucht, Ihnen eine ganz breite Brücke zu bauen, wenn Sie das auch der Antwort entnommen haben, dass wir bei den Möglichkeiten, die wir über Freiwilligkeit haben, in Gespräche mit den Unternehmensverbänden eintreten und mit denen darüber sprechen, in welchem Rahmen diese der Auffassung sind, dass so etwas natürlich auch dazu beitragen kann, die Position einzelner Betriebe, die besonders vorbildlich sind,

in der einen oder anderen Weise hervorzuheben! Sie arbeiten an einer solchen Stelle immer mit positiven und negativen Effekten, sie arbeiten mit Lob und Tadel, sie arbeiten natürlich auch ein Stück weit mit Ängsten, die es bei der einen oder anderen Verbraucherin gibt. Ich glaube insofern, dass man sensibel mit diesem Thema umgehen muss, sensibel dadurch, dass man möglichst alle, die davon betroffen sind, einbezieht.

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Richter! – Bitte, Herr Kollege!

Es stehen einige hier, die noch Zusatzfragen stellen wollen. Ich habe eine, da Sie von Lebensmittelkontrollen gesprochen haben. Es ist so, dass in der letzten Zeit viel über Lebensmittelkontrollen zu lesen war. Wie häufig werden gastronomische Betriebe im Schnitt überprüft, haben Sie dazu eine Aussage?

Bitte, Herr Senator!

Das kann ich Ihnen gern nachliefern, ich weiß es nicht.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Können Sie mir vielleicht auch nachliefern, wie häufig die Inhaber gastronomischer Betriebe wechseln?

Bitte, Herr Senator!

Schreiben Sie mir einfach auf, welche Detailfragen Sie zu dem Thema noch haben, und dann liefern wir Ihnen alle Antworten nach.

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Nitz! – Bitte sehr! Abg. Frau Nitz (DIE LINKE): Es geht hier möglicherweise darum, ein System zu etablieren, das Verbraucherinnen und Verbraucher auf Lokalitäten, Gastronomien aufmerksam machen soll, die sie doch gern besuchen möchten. Würden Sie mir zumindest zustimmen, dass derartige Vergleiche beispielsweise heutzutage schon üblich sind, wenn man Urlaubsbuchungen über das Internet vornimmt und sich vergleichende Hotelbewertungen anschaut?

Bitte, Herr Senator!

Ich habe in dem einen oder anderen Zusammenhang im vergangenen halben Jahr die Erfahrung gemacht, dass das, was im Internet steht, nicht immer zwingend richtig und mit großer Vorsicht zu genießen ist.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Genau!)

Man muss eine belastbare Basis für das Thema bekommen, Frau Kollegin! Vor allem, was so ein bisschen auf Gefühl beruht, auf Gefühltem – war die Currywurst lecker oder nicht, hat mir das Ambiente gefallen, waren da nun Fingerabdrücke am Glasrand oder nicht –, würde ich warnen, weil wir dann ganz schnell in eine schräge Diskussion kommen.

(Beifall bei der SPD)