(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. T i m k e [BIW]: Dann ist das in Bremen anders als in anderen Städ- ten und Gemeinden, da findet das nämlich statt!)
Herr Senator, weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Die dritte Anfrage trägt den Titel „Sicherungsverwahrung“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Winther, Strohmann, Röwekamp und Fraktion der CDU. Bitte, Frau Kollegin Winther!
Wir fragen den Senat: Erstens: Was für Vorstellungen hat das Land Bremen bezüglich der Unterbringung von Sicherungs
verwahrten und der Personen, die unter das Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter fallen sollen? Zweitens: Wo ist eine von den Nordländern gemeinsam betriebene Einrichtung für die Personen, die unter das Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter fallen sollen, geplant?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Sicherungsverwahrung wird in der Regel nicht in Bremen vollstreckt. Auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung wird die Sicherungsverwahrung vorwiegend in niedersächsischen Einrichtungen vollzogen. Diese Ländervereinbarung wird auch zukünftig in Kraft bleiben. Die künftige Gestaltung der Sicherungsunterbringung wird mit dem Land Niedersachsen abgestimmt. Das Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – EGMR – erfordert, dass die Einrichtungen, in denen Sicherungsverwahrung vollzogen wird, sich zukünftig hinsichtlich der Unterbringung, Betreuung und Behandlung deutlich vom Strafvollzug abheben. Über die Gestaltung der zukünftigen Sicherungsunterbringung findet ein ständiger Austausch zwischen dem Bund und den Ländern statt. Im Februar 2010 hat unter Begleitung Bremens eine Arbeitsgruppe des Strafvollzugsausschusses der Länder zu dem Thema Qualitätssicherung und Mindeststandards für den Vollzug der Sicherungsverwahrung unter der Federführung Niedersachsens ihre Arbeit aufgenommen. Abschließende Ergebnisse liegen noch nicht vor. Das vom Bund geplante Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter, ThUG, befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren. Bremer Sicherungsverwahrte werden davon aller Voraussicht nach nicht betroffen sein. Zu Frage 2: Vom Therapieunterbringungsgesetz wird bundesweit allenfalls eine sehr geringe Zahl von Personen erfasst werden. Konkrete Planungen einer gemeinsamen örtlichen Unterbringung in Norddeutschland sind hier nicht bekannt. – Soweit die Antwort des Senats!
Ist es denn richtig, dass in der Justizministerkonferenz überlegt worden ist, eine gemeinsame Einrichtung zu organisieren? Jetzt habe ich Sie eben so verstanden, dass mit Niedersachsen zusammen ohne die anderen Bundesländer ein Projekt erarbeitet wird. Ist das dann nur eine Organisation, die Niedersachsen trägt und an der sich Bremen beteiligen kann?
Bremen hat drei Sicherungsverwahrte, die in Niedersachsen in der Unterbringung sind, und ein weiterer befindet sich in Bayern. Wir sprechen mit Niedersachsen darüber, wie jetzt für diese drei die zukünftige Sicherungsverwahrung auszugestalten ist. Es gibt auch ganz konkrete Vorstellungen wie etwa: Die Räume sollen doppelt so groß sein wie die Räume von Gefangenen und eine ganze Reihe mehr. Es gibt wesentlich mehr Freizügigkeit innerhalb der Unterbringung als im Strafvollzug. Da gibt es eine ganze Liste von Kategorien, die abgearbeitet wird, und die Bedingungen sind zügig anzupassen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat festgestellt, dass die jetzige Sicherungsverwahrung menschenrechtswidrig ist, und deshalb ist das Wichtigste, dass wir an den Bedingungen arbeiten und sie deutlich verbessern.
Herr Staatsrat, ist denn mittlerweile klar, dass die Gesetzgebungskompetenz für diese Frage beim Bund liegt, oder könnte es auch sein, dass es sich um eine unterbringungsrechtliche Frage handelt, die auch nach dem Landesgesetz geregelt werden könnte?
Zu der Frage des Therapieunterbringungsgesetzes hat es eine Anhörung im Bundestag gegeben, und es gibt auch Äußerungen von Anwaltsverbänden, die durchaus Zweifel daran haben, ob für das Therapieunterbringungsgesetz tatsächlich der Bund zuständig ist. Der Bund hat jetzt die Gesetzgebungskompetenz angenommen. Dieses Therapieunterbringungsgesetz erfasst nur die Altfälle, also die Parallelfälle zu den Fällen, die in Straßburg entschieden worden sind, und das ist durchaus im Zweifel. Der Bund hat die Kompetenz angenommen, und ich erwarte, dass es zu diesem Therapieunterbringungsgesetz eine Mehrheit geben wird.
Dieses Gesetz für die Altfälle erfasst nur einen ganz kleinen Kreis dieser Personen. Wir werden ungefähr 80 Altfälle haben. Darunter sind auch sehr gefährliche Personen, und die gesetzlichen Tatbestände dieses Gesetzes sind so eng geschnitten, dass höchstens vielleicht fünf Personen davon erfasst werden. Das wirkliche Problem wird durch dieses Gesetz nicht gelöst.
eine weitere gesetzliche Regelung zu schaffen, und unterläge diese dann weiterhin der Bundeskompetenz, oder würden sich da die Zweifel noch stärker stellen, dass das eine Bundesangelegenheit ist?
Die Länder gehen in der Justizministerkonferenz davon aus, dass für die zukünftige Sicherungsunterbringung, für die Art und Weise der Unterbringung, die Länder die Gesetzgebungskompetenz haben. Darüber kann man streiten, aber die Länder gehen davon aus, und es ist so, dass die Länder dafür Gesetze erlassen müssen. Genauso wie für die Unterbringung in Untersuchungshaft muss es eine gesetzliche Grundlage für diese Unterbringung geben, und jetzt laufen die Vorarbeiten dazu. Das muss in großer Eile geschehen.
Es gibt Grundlagen für einen ersten Bericht, in dem alle Modalitäten der Unterbringung abgearbeitet werden. Man sagt genau, wie man das jetzt zum Beispiel mit dem Kontakt nach außen, mit der Größe der Zellen, mit dem Freigang, mit Besuch, mit Einkauf von Lebensmitteln regeln muss. Alle diese Punkte werden abgearbeitet, und da gibt es auch schon relativ konkrete Vorstellungen. Es muss so sein, dass es sich von einer Strafhaft deutlich unterscheidet, weil man in der Sicherungsunterbringung nur das an Restriktionen auferlegen darf, was diese Unterbringung tatsächlich erfordert, was aus Sicherungsgründen erforderlich ist. Das darf keinen Strafcharakter haben, dann wäre es nach der Rechtsprechung menschenrechtswidrig.
Daher erfordert das jetzt doch genauere Arbeiten, und die Länder sind da relativ weit. Es gibt zum Beispiel Berichte aus Baden-Württemberg, in denen genau beschrieben wird, wie die Baden-Württemberger ihre Sicherungsverwahrten zukünftig unterbringen wollen. Das ist von den Umständen sehr genau, und jetzt müssen die Länder den Gesetzgebungsprozess einleiten.
Die vierte Anfrage betrifft den Einsatz von Störsendern in den Justizvollzugsanstalten des Landes Bremen. Die Anfrage ist unterschrieben von dem Abgeordneten Timke.
Erstens: Wie viele Mobiltelefone wurden in 2008, 2009 sowie den ersten neun Monaten des Jahres 2010 in den Justizvollzugsanstalten des Landes Bremen sichergestellt beziehungsweise beschlagnahmt?
Zweitens: Welche Maßnahmen hat der Senat in den letzten drei Jahren konkret ergriffen, um den unerlaubten Mobilfunkverkehr auf dem Gelände der JVA Bremen und Bremerhaven zu unterbinden?
Drittens: Plant der Senat den Einsatz von Störsendern, wie zum Beispiel in der JVA Offenburg, und wie hoch wären die Kosten für den Einsatz dieser Sender in den einzelnen Standorten?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Eine Statistik über sichergestellte beziehungsweise beschlagnahmte Mobilfunktelefone wird in der Justizvollzugsanstalt Bremen seit dem zweiten Halbjahr 2008 geführt. Daraus ergeben sich folgende Zahlen: Zweites Halbjahr 2008: 113, 2009: 162, erstes bis drittes Quartal 2010: 196.
Zu Frage 2: In der Justizvollzugsanstalt Bremen werden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um das Einbringen von Mobilfunktelefonen zu verhindern und um eingebrachte Mobilfunktelefone aufzufinden. Alle externen Besucher sowie Ausgänger und Urlauber werden im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten beim Betreten der Justizvollzugsanstalt durchsucht. Mit einem seit Oktober 2007 zur Verfügung stehenden Gepäckdurchleuchtungsgerät werden daneben alle Pakete und eingebrachten Gegenstände durchleuchtet. Zudem werden eingebrachte Elektrogeräte geöffnet, auf verbotene Gegenstände kontrolliert und danach versiegelt. Sämtliche Hafträume und Nebenräume werden regelmäßig revidiert. In den Abteilungen der Justizvollzugsanstalt stehen „Mobilfinder“ zum Aufspüren von Mobilfunktelefonen zur Verfügung.
Zur Eindämmung von Mauerüberwürfen laufen Mitarbeiter die Höfe und Mauerbereiche mehrmals täglich ab. Zudem wird die Außensicherung des Anstaltsgeländes im Rahmen der Anstaltssanierung verbessert, unter anderem durch eine detektierte Innenzaunanlage mit einer Höhe von 4,50 Metern mit SDrahtsicherung, eine stellenweise Erneuerung der Außenmauer sowie durch eine Videoüberwachung. Der Innenzaun und Teile der neuen Außenmauer, die eine Höhe von 6,50 Metern hat, sind bereits errichtet, die Videoüberwachungsanlage befindet sich in der Ausschreibung. Die Sicherheitslage wird dadurch wesentlich verbessert.
Zu Frage 3: Konkrete Planungen zum Einbau von Störsendern verfolgt der Senat derzeit nicht. Demzufolge liegen auch keine Kostenberechnungen vor. Der Senat beobachtet den Einsatz von Störsendern in Justizvollzugsanstalten anderer Bundesländer. In einer länderübergreifenden Arbeitsgruppe findet ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch über die weitere technische und fernmelderechtliche Entwicklung statt.
Als bisher einzige Justizvollzugsanstalt ist für die JVA in Offenburg nach Durchführung des vorgeschriebenen Testbetriebs die Genehmigung zum
Dauerbetrieb durch die Bundesnetzagentur für das Jahr 2010 vorgesehen. Die Kosten für den Bau dieser Anlage wurden mit circa 1,1 Millionen Euro für circa 500 Haftplätze veranschlagt. Eine Hochrechnung von Kosten auf die Haftplätze in Bremen ist indes nicht möglich, da die Kosten stark von baulichen Gegebenheiten, der auszuwählenden Technik und dem Unfang des einzubeziehenden Bereichs abhängen. Der Betrieb eines Störsenders in Bremen wäre grundsätzlich möglich, dürfte nach derzeitigem Stand der Technik aber durch die Lage der Justizvollzugsanstalt inmitten eines Wohngebiets technisch besonders anspruchsvoll sein. – Soweit die Antwort des Senats!
Herr Staatsrat, Sie haben eben von den umfangreichen Maßnahmen gesprochen, die es in den Justizvollzugsanstalten gibt, um den Mobilverkehr einzudämmen. Wie erklären Sie sich dann, dass die Zahl der Funktelefone angestiegen ist, die aufgefunden werden? Wir hatten im Jahr 2009 162 Mobiltelefone und im ersten bis dritten Quartal 2010 schon 196 Mobiltelefone, das heißt, wir kommen vielleicht über 200 Telefone. Wie erklären Sie sich das vor dem Hintergrund, dass die Maßnahmen ja nun umfangreich sind, die Sie gerade beschrieben haben?
Die Zahlen sind schwankend. Es gibt da keine strukturelle Entwicklung. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ständig Überprüfungen stattfinden. Ich habe jetzt gerade noch einmal für Ihre Frage ermittelt, in welchem Umfang zum Beispiel Hafträume durchsucht werden. Wir haben im ersten Halbjahr 2010 knapp 10 000 Durchsuchungen von Hafträumen gehabt. Das heißt, im Jahr 2010 werden wir 20 000 Durchsuchungen von Hafträumen haben, und es hat Personenkontrollen in der Revision beim Zugang in die JVA gegeben, das waren im ersten Halbjahr 2010 9 090 Durchsuchungen, also kommen wir auch auf eine Größenordnung von knapp 20 000 Durchsuchungen. Dann gibt es Kontrollen des Außenbereichs. Wir machen alles, was an Kontrollen möglich ist. Es gibt immer Schwankungen bei der Anzahl der Geräte. Wir haben im Grunde die Kontrollen verschärft, auch beim Einbringen von technischen Geräten: Alle Geräte werden geöffnet, sie werden untersucht, dann wird versiegelt, und es darf daran nichts mehr geschehen. Das, was man an Kontrollen machen kann, wird gemacht.
Diese Störsender sind sehr problematisch, denn sie haben eine hohe technische Anforderung. Der, auf den Sie Bezug genommen haben, liegt in einem Gewerbegebiet, die JVA in Bremen liegt mitten im Wohngebiet. Man muss damit rechnen, dass diese
Störsender auch den Telefonverkehr außen stören und Probleme machen, und deshalb hat man Schwierigkeiten mit der Genehmigung. Außerdem sind das natürlich erhebliche Kosten. Was man an Kontrollen machen kann, das machen wir.
Die fünfte Anfrage bezieht sich auf die Sanktionsproblematik gemäß Paragraf 31 SGB II im Land Bremen. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Nitz, Frau Troedel, Erlanson und Fraktion DIE LINKE.
Erstens: Gibt es im Land Bremen beziehungsweise in den Kommunen Bremen und Bremerhaven eine von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber den Kundinnen und Kunden umzusetzende Quote in Sachen Sanktionen gemäß Paragraf 31 SGB II, allgemein auch Sanktionsquote genannt?
Zweitens: Gibt es in der BAgIS und/oder der ARGE Bremerhaven Zielvereinbarungen, die eine Kürzung der Passivleistungen beinhalten?
Drittens: Wie bewertet der Senat – unabhängig von der beim Bund liegenden Gesetzgebungskompetenz – das Ansinnen, den „Sanktionsparagrafen“ nicht anzuwenden?