Protokoll der Sitzung vom 07.04.2011

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rupp hat es bereits erwähnt, ich möchte aber zitieren, was wir am 24. August vergangenen Jahres hier auf Antrag der SPD und der Grünen beschlossen haben. Wir haben beschlossen, ich zitiere: „Die Bürgerschaft interjection: (Landtag) fordert den Senat auf, erstens, dafür einzutreten, dass die Gewerbesteuer als wichtigste Steuereinnahmequelle der Kommunen erhalten bleibt und weiterentwickelt wird, wie dies die kommunalen Spitzenverbände fordern“. Das ist genau das, was Sie jetzt in Ihren Antrag hineingeschrieben haben. „Wie dies die kommunalen Spitzenverbände fordern“, ist die Beschreibung dessen. „Zielsetzung muss sein, eine gestärkte und stabile Einnahmequelle für die Kommunen zu sichern, zweitens, weiteren Steuersenkungen, die zulasten der kommunalen Haushalte und damit auch Bremens und Bremerhavens gehen, im Bundesrat nicht zuzustimmen, und drittens, sich in einem breiten Bündnis der Kommunen für eine Stabilisierung der Einnahmebasis und eine Entlastung bei den Sozialausgaben – insbesondere bei den kommunalen Anteilen an den Kosten der Unterkunft und der Grundsicherung im Alter – einzusetzen.“ Wir können heute, ein gutes halbes Jahr danach, feststellen, dass der Senat in der Tat auf dieser politischen Linie tätig geworden ist, und wenn das auch nur zum Teil mit Erfolg geschehen ist, dann liegt es an den immer noch leider herrschenden Mehrheitsverhältnissen im Bund. Wir haben ja mit dem breiten Bündnis der Kommunen und eines inzwischen größer gewordenen Teils der Länder durchgesetzt, dass die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Hartz-IV-Kompromiss den Kommunen eine ansteigende Beteiligung an der Grundsicherung im Alter zugesagt hat. Das ist ein guter und richtiger Schritt, und er wird das, was wir so mit Sorge im letzten Jahr diskutiert haben, zwar nicht beseitigen – die zunehmende Verschuldung der Kommunen –, aber immerhin den Anstieg der Verschuldung etwas flacher werden lassen. Es bleibt dabei, dass die Kommunen die Gewerbesteuer in der Tat brauchen, wie die kommunalen Spitzenverbände dies fordern, wie wir es schon einmal beschlossen haben, als eine verstetigte und verbreiterte Form als kommunale Wirtschaftssteuer.

Das ist unsere Linie. Wir wollen die Gewerbesteuer stabilisieren und verstetigen durch Verbreiterung der Basis. Die Stichworte sind Einbeziehung der Freiberufler, Ausweitung der Bemessungsgrundlagen, und wir gehen davon aus, dass dies von unserer Seite die Debatte auch weiter prägen wird. Nun ist es so, dass dort gar nichts Neues passiert ist, und das ist der grundlegende Irrtum in Ihrem Antrag. Es gibt keine neue Lage, es gibt nur die Situation, dass sich nach wie vor im Wesentlichen die Kräfte in der Gemeindefinanzkommission mit unterschiedlichen Konzepten gegenüberstehen. Die Kommunalverbände und die rot-grün regierten Länder vertreten eine klare Beibehaltung der Gewerbesteuer, und Schwarz-Gelb weiß nicht, was es will, sie blockieren sich gegenseitig. Dort tut sich gar nichts, wie bei der Reform der Mehrwertsteuer, wie beispielsweise der Mövenpickrabatt. Insgesamt ist dort in der Steuerpolitik Stillstand. Wir brauchen keinen neuen Antrag, um unsere Haltung darzulegen.

Es schadet zwar nicht, dort noch einmal etwas von Ihrer Seite aus zu machen. Für uns ist es vollkommen überflüssig, und wir werden den Antrag aus diesem Grund ablehnen. Er versucht, den Senat auf Verhandlungspositionen im Detail festzulegen, die so unsinnig sind. Um es noch einmal zu sagen, dieser rot-grüne Senat hat im Verein mit anderen erfolgreiche Politik gemacht, und das wollen wir auch fortsetzen. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Kummer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Rupp, es ist ja nicht nur ein Antrag von Ihnen, den Bremer LINKEN und ein Antrag der nordrhein-westfälischen LINKEN vom Oktober 2010. Dort wurde er übrigens anlässlich einer Sondersitzung des dortigen Landtags zur Finanznot der nordrhein-westfälischen Kommunen gestellt. Es war also eine Sondersituation des dortigen Parlamentarismus, wo es natürlich sinnvoll ist, Anträge auch gezielt zu stellen. Es gibt aber auch noch einen Antrag der Bundestags-LINKEN vom Februar 2010, der genauso heißt. Den haben dann die nordrhein-westfälischen LINKEN offensichtlich auch wieder abgeschrieben. Der Neuigkeitswert ist also an der Stelle auch begrenzt. Der vorliegende Antrag aus Bremen ist aus diesen beiden Anträgen zusammengestellt, ein Satz ist neu, in dem das Wort Bremen vorkommt. Dass wir dem Beschlusspunkt 1 gar nicht zustimmen können, weil Bremen keinen – wie Nordrhein-Westfalen – Sitz in der Gemeindefinanzkommission, GFK, hat, möge beim Abschreiben durchgerutscht sein. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Herr Rupp, ich habe es Ihnen schon im Februar gesagt, ich finde es ärgerlich. Wenn es jetzt wesentliche Neuigkeiten gegeben hätte, beispielsweise in Sachen GFK, hätte ich das ganze Antragsprojekt ja verstanden. Das ist aber nicht so. In diesem Behördenspiegel, den Sie heute oder gestern alle in der Post hatten, steht: „Eigentlich sollte die dritte und letzte Sitzung der GFK schon im Oktober 2010 stattfinden. Stattdessen steht noch nicht einmal ein Termin für ein nächstes Treffen fest“. Woher Sie es haben, dass es jetzt irgendwie neu eingesetzt wird und beginnt, weiß ich nicht. Vielleicht können die Kollegen von FDP und CDU dort Aufklärung schaffen, die sind möglicherweise näher daran. Bei mir ist es noch nicht angekommen, das mag aber auch an mir liegen.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Bei mir aber auch nicht!)

Über die Grundsicherung im Alter hat Herr Dr. Kuhn schon das Nötige gesagt, das haben wir gestern auch getan. Herr Dr. Möllenstädt, in der gestrigen Debatte haben Sie sinngemäß gesagt, den Gemeinden würde es besser gehen. Das stimmt einfach nicht. Deren finanzielle Lage hat sich nicht verbessert, das ist einfach falsch. Das Defizit der Kommunen betrug laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2009 7,2 Milliarden Euro und im Jahr 2010 7,7 Milliarden Euro. Die Steuergesetzgebung der letzten drei Jahre hat zu diesem Defizit mit 6,8 Milliarden Euro Mindereinnahmen beigetragen, so eine Antwort der schleswig-holsteinischen Regierung auf eine Frage der Grünen im dortigen Landtag.

Ich will es dabei belassen und stelle hier auch nicht den Antrag der SPD-Bundestagsfraktion, klare Perspektiven für Kommunen – Gewerbesteuer stärken, zur Abstimmung, obwohl der Antrag gut ist, sondern verweise, wie es schon Herr Dr. Kuhn getan hat, auf den bereits beschlossenen Antrag der rot-grünen Fraktion mit den Stimmen der LINKEN in Bremen vom August letzten Jahres. Dem habe ich nichts hinzuzufügen, den Antrag der LINKEN lehnen wir ab. – Ich bedanke mich!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Schrörs.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann die Koalition beruhigen, wir sind an der Stelle auch nicht näher daran. Wir werden dem Antrag auch nicht zustimmen. Es gibt in der Tat wirklich nichts Neues. Es gibt die Kommission der Bundesregierung, die im Februar 2010 eingesetzt worden ist, die aus Mitgliedern der Länder, Spitzenverbände,

der Kommunen und des Bundes besteht. Es war eine Erarbeitung von Vorschlägen zur Neuordnung der Gemeindefinanzierung angedacht. Darüber ist auch in drei Arbeitsgruppen diskutiert worden. In einer Arbeitsgruppe Standards ging es um die Frage Flexibilisierung von Vorgaben, die durch das Bundesrecht den Kommunen Vorgaben geben oder in der Vergangenheit gaben. Dort ist diskutiert worden, diese Standards so zu verändern, dass die Kommunen zukünftig mehr Freiheiten haben.

In der zweiten Arbeitsgruppe Rechtsprechung ging es um die Frage des Verhältnisses von Kommunen, Bund und EU. Dort ist konsensual auch ein Ergebnis erfolgt. Es gibt aber eine dritte Arbeitsgruppe, und über die haben wir soeben alle drei gesprochen, nämlich über die Frage der Kommunalsteuern. Das ist auch die Arbeitsgruppe, die bisher keinen Konsens gefunden hat. Diese Gruppe hat sich weiter vertagt. Es sollen jetzt noch einmal weitere Modelle geprüft werden. Es gibt ein neues Modell aus Niedersachsen, das auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens basiert, aber hier gibt es keine abschließenden Ergebnisse. Dies soll Ende des Jahres vorliegen. Diese Kommission soll dann über diese drei Arbeitsgruppen hinaus einen Abschlussbericht fertigen. Bis dato kann man trefflich darüber philosophieren. Ich halte es für wichtig, da alle Gremien in dieser Arbeitsgruppe versammelt sind, zunächst in Ruhe abzuwarten, was dort herauskommt, um dann politisch weiter zu debattieren. Insofern gibt es nichts Neues, Herr Rupp, und deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Jetzt erst recht! Steuersenkungen! Klare Kante zeigen!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Weder bestimmen Sie mit Ihren Zwischenrufen, was ich sagen werde, noch interpretiert Herr Rupp gern und richtig, was die FDP will, sondern das macht die FDP in der Bremischen Bürgerschaft immer noch selbst.

(Beifall bei der FDP – Widerspruch)

Der FDP geht es darum, dass es dazu kommt, dass die Gemeinden eine auskömmliche, konjunkturunabhängigere Finanzierung erhalten.

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Gut, dass wir unsere vier gestandenen Männer hier haben!)

Darum geht es uns, und es geht uns auch darum, darauf hinzuweisen, dass – trotz all dem, was Sie immer wieder beklagen und konjunkturell eingetreten ist – hier von Ihnen mit steigenden Einnahmen geplant wird. Das ist das, worauf Herr Dr. Möllenstädt gestern hingewiesen hat, und wenn Sie mit steigenden Einnahmen rechnen, dann werden Sie jawohl davon ausgehen, dass auch die Gemeinden steigende Einnahmen haben. Nichts anderes hat er gesagt.

(Beifall bei der FDP – Abg. R u p p [DIE LINKE]: Genau, und das erreichen Sie mit Steuersenkungen!)

Gestatten Sie, eine Frage vom Kollegen Rupp anzunehmen, Herr Dr. Buhlert?

Ja! Ich bin nun aber gespannt!

Bitte, Herr Rupp!

Ich will nur einmal kurz zwei Fragen stellen. Wissen Sie eigentlich, wie hoch die Steuerausfälle sind, wenn man die Gewerbesteuer für Bremen abschafft und wie hoch die Steuersätze sind, die erhoben werden müssen, um den entsprechenden Ausgleich herzustellen? Können Sie mir diese Zahlen sagen?

Sehr geehrter Herr Rupp, ich kann Ihnen das nicht auf Punkt und Komma sagen, das will ich auch gar nicht. Ich will Ihnen das Modell der FDP vorstellen, wie wir nämlich die Finanzierung haben wollen.

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das haben wir jetzt davon! – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Wollen wir das hören?)

Wir wollen, dass die Kommunen einen höheren Anteil an der Mehrwertsteuer bekommen. So! Das muss man mit dem Bund und mit den anderen Ländern verhandeln, denn dann gelingt es, hier eine Finanzierung der Kommunen zu machen, die von der Konjunktur unabhängiger als die Gewerbesteuer ist. Außerdem hat die FDP den Ansatz, dass es einfachere Steuersysteme geben soll.

(Beifall bei der FDP)

Eine Steuer, wie die Gewerbesteuer, die Sie in einem komplizierten Verfahren ermitteln, berechnen und dann zu einem Gutteil wieder von der Körperschaft- respektive Einkommensteuer abziehen können, ist doch ein Musterbeispiel für bürokratische Verfahren, die dazu führen, dass Steuerberater die

Arbeit gut machen können und Unternehmen gut damit beschäftigt sind, aber nicht, dass es entsprechend vernünftige und konjunkturunabhängige Einnahmen gibt. Deswegen plädiert die FDP in der Bremischen Bürgerschaft dafür, wie die FDP an anderer Stelle auch, dass hier die konjunkturunabhängigere Mehrwertsteuer mit einem größeren Anteil herangezogen wird. Das würde den Kommunen helfen, denn es ist wichtig, dass sie auskömmlich finanziert sind.Deswegen wollen wir nicht eine Steuer abschaffen, sondern eine Steuer ersetzen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich gar nicht zu Wort gemeldet, denn wozu es keinen neuen Sachverhalt gibt, kann der Senat auch nichts Neues beitragen.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Wenn er sich das einmal hinter die Ohren schreiben würde!)

Ich glaube, diesen Zwischenruf müssen wir nicht ganz ernst nehmen! Die Frage der Gemeindefinanzreform – Herr Dr. Schrörs hat darauf hingewiesen – ist ein komplexes Unternehmen, das betrifft nicht allein die Frage der Gewerbesteuer, und weil es nicht allein die Frage der Gewerbesteuer gibt, kommt die Kommission auch nicht voran. Ich glaube, die Differenzen zwischen CDU, SPD und Grünen sind da geringer als die Differenzen zur FDP, und das ist im Augenblick das Problem.

Der Senat selbst – und deshalb sage ich noch einmal, es gibt nichts Neues – hält sich in diesem Fall wie auch in vielen anderen Fällen an die Beschlüsse der Bremischen Bürgerschaft. Er teilt sie nämlich einfach, er findet es richtig, dass die Gewerbesteuer, solange es kein wirklich besseres Modell gibt – –. Herr Abgeordneter Dr. Buhlert, wenn ich bedenke, welche Schwierigkeiten die FDP schon macht, wenn es um den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Schnittblumen oder für Hotels oder Ähnliches geht!

(Beifall bei der SPD)

Da würde ich mich jetzt ungern auf eine grundsätzliche Debatte über Anteile an der Mehrwertsteuer einlassen, bevor wir nicht diese Fragen geklärt haben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

Der Senat wird, ich hoffe, auch in der nächsten Legislaturperiode wenigstens, wenn er so zusammengesetzt ist wie jetzt, die Beschlüsse der Bürgerschaft in diesem Punkt nicht nur beachten, sondern auch versuchen, sie umzusetzen. Im Augenblick ist eine gesicherte Finanzierung über die Gewerbesteuer das Beste für die Kommunen, und zwar über eine Gewerbesteuer mit erweiterter Bemessungsgrundlage. Ob sie dann Gemeindewirtschaftssteuer oder wie auch immer heißt, ist nicht die entscheidende Frage, Hauptsache ist, es kommt so. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/1584 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!