Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

Antwort des Senats vom 31. Mai 2011 (Drucksache 17/1783)

5. Praxis der Scheineheermittlung

Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 13. April 2011

Antwort des Senats vom 31. Mai 2011 (Drucksache 17/1784)

II. Sonstige Eingänge

1. Mitteilung des Senats über die vom Senat beschlossene Einbringung der Bundesratsinitiative „Entwurf eines Gesetzes zur Demonstration und Anwendung von Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid“

Mitteilung des Senats vom 24. Mai 2011 (Drucksache 17/1781)

2. Mitteilung des Senats über die vom Senat beschlossene Einbringung der Bundesratsinitiative „Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts“

Mitteilung des Senats vom 24. Mai 2011 (Drucksache 17/1782)

Zur Abwicklung der Tagesordnung wurden interfraktionelle Absprachen getroffen, die Sie dem Umdruck der Tagesordnung mit Stand von heute, 9.00 Uhr, entnehmen können.

Wird das Wort hierzu gewünscht? – Das ist der Fall.

Das Wort hat der Abgeordnete Timke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bekanntlich werden vor Bürgerschaftssitzungen interfraktionelle Absprachen getroffen, um einen reibungslosen Ablauf der Sitzung zu gewährleisten. In der vergangenen Legislaturperiode sind diese Absprachen von mir auch oftmals mitgetragen worden, auch wenn ich als Einzelabgeordneter nicht unmittelbar an diesen Vereinbarungen beteiligt war.

Wenn diese interfraktionellen Absprachen aber dazu führen, dass die Rechte eines Abgeordneten unverhältnismäßig eingeschränkt werden, dann kann dieser Konsens nicht mehr meine Zustimmung finden. Konkret geht es mir um die interfraktionell vereinbarten Redezeiten anlässlich der morgigen Wahl des Senats und der Regierungserklärung am 6. Juli 2011. Während sich die Fraktionen bei der morgigen Wahl für die ersten Redner bis zu 15 Minuten je Fraktion und weitere Redezeiten nach der Geschäftsordnung genehmigen wollen, hat man interfraktionell vereinbart, mir nur insgesamt drei Minuten Redezeit zur Verfügung zu stellen.

(Abg. G ü n g ö r [SPD]: Das sind drei Mi- nuten zu viel!)

Die Fraktionen wollen sich also die Redezeit – gemessen an der Geschäftsordnung – verlängern, hingegen meine Redezeit im Hinblick auf die Geschäftsordnung verkürzen. Meine Damen und Herren, das ist undemokratisch.

Außerdem dürfte jedem hier im Haus klar sein, dass man sich nicht einmal ansatzweise in drei Minuten mit der Wahl des Senats, geschweige denn mit einer Regierungserklärung auseinandersetzen kann.

Deshalb beantrage ich abweichend von den interfraktionellen Absprachen, dass mir Redezeiten morgen bei der Wahl des Senats und am 6. Juli bei der Regierungserklärung von jeweils zehn Minuten zur Verfügung gestellt werden. – Vielen Dank!

Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Timke, wir haben uns soeben verständigt, dass Ihnen die Redezeit, die Sie nach der Geschäftsordnung haben, selbstverständlich zukommen soll. Ich bin gespannt, was Sie hier erzählen werden. Ich kann Ihnen sagen, dass mir persönlich weniger lieber wäre, aber als aufrechte Demokraten werden wir Ihnen das gewähren. Ich glaube aber, dass Sie in diesem Haus auch mit mehr Zeit wenig ausrichten könnten. – Danke!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. An dieser Stelle möchte ich der Abgeordneten Frau Peters-Rehwinkel zu Ihrem heutigen Geburtstag die herzlichen Glückwünsche des Hauses aussprechen! – Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall)

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, lasse ich über die interfraktionellen Absprachen hinsichtlich der Redezeit abstimmen. Wer dafür ist, dass der Abgeordnete Timke entsprechend der Geschäftsordnung mehr Redezeit bekommt, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend. (Einstimmig)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) für die 18. Wahlperiode Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und der CDU vom 28. Juni 2011 (Drucksache 18/4)

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE vom 22. Juni 2011 (Drucksache 18/3)

Die Beratung ist eröffnet. Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns entschlossen, einen Änderungsantrag für die Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft und später auch noch für das Gesetz über die Deputationen einzubringen, weil wir der Meinung sind, dass es eine gute Gelegenheit ist, unmittelbar vor der Wahl der Ausschüsse und Deputierten noch einmal die Frage aufzuwerfen, ob wir eigentlich genug Öffentlichkeit haben oder ob es weitere Möglichkeiten gibt, Bürgerinnen und Bürger an der Arbeit dieser Ausschüsse zu beteiligen. Nach unserer Erfahrung ist es sinnvoll, die Ausschüsse selbstverständlich öffentlich zu machen. Meiner Ansicht nach war es ein guter Schritt, alle Ausschüsse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Viele Menschen haben diese Gelegenheit genutzt, die Arbeit der Ausschüsse zu begleiten. Wir haben in der letzten Legislaturperiode auch sehr gute Erfahrungen mit runden Tischen zu vielen Themen gewonnen, insbesondere beispielsweise die A 281. Dort hat sich herausgestellt, dass Bürgerinnen und Bürger oft viel Sachkunde haben, die in die konkrete politische Arbeit so einfließen kann, dass sie uns nicht nur die Arbeit erleichtert, sondern dass auch die Ergebnisse oft besser sind, als wenn wir „im eigenen Saft geschmort“ hätten. Wir schlagen daher vor, dass man Menschen, die sachkundig sind und Interesse an diesem Thema aufweisen und eine entsprechende Vorlage gemacht haben, in den Ausschüssen und später auch in den Deputationen Antragsund Rederecht gibt. Das würde bedeuteten, dass diese Menschen nicht nur dasitzen und zuhören dürfen, sondern dass der Ausschuss sie praktisch in die konkrete Arbeit einbinden kann, indem er ihnen Antragsund Rederecht gewährt. Meines Erachtens wäre es ein guter Schritt, so etwas zu tun. Es würde die Arbeit der Ausschüsse erleichtern, es wäre ein weiterer Schritt zur Bürgerinnenund Bürgerbeteiligung und würde uns möglicherweise davor schützen, an der einen oder anderen Stelle zunächst in die falsche Richtung zu gehen, um dann von den Bürgerinnen und Bürgern bei runden Tischen oder ähnlichen Dingen wieder zurückgeholt zu werden. Ich bitte Sie, diesem Änderungsantrag zuzustimmen, in dem es jetzt konkret darum geht, die Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft dahingehend zu ändern, dass Personen oder Vertreter von Personengruppen in diesen Ausschüssen Rederecht und Antragsrecht bekommen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Rupp, diesen Antrag werden wir ablehnen. Es ist seit Langem in dieser Bürgerschaft üblich, dass Menschen Rederecht in Ausschüssen haben, weil sie nämlich als Gäste eingeladen werden können, und wenn sie Gäste sind, können sie auch jederzeit reden. Das heißt, Sie fordern in dieser Geschäftsordnung nichts Neues.

Das Einzige, was Sie an Neuem fordern, ist, dass Menschen, die nicht Mitglied des Parlamentsausschusses sind, ein Antragsrecht bekommen. Das hört sich im ersten Moment vordergründig ganz schön an, aber wenn Sie einmal ein bisschen in die Analyse der Diskussion zum Thema Volksgesetzgebung und Bürgerantrag gehen – in dem entsprechenden Ausschuss haben Sie ja auch gesessen –, dann wissen Sie doch ganz genau, welche Instrumente wir dafür vorhalten, dass dieses Parlament sich mit den Begehren von Bürgerinnen und Bürgern beschäftigt. Da haben wir eine sehr moderate Lösung des Bürgerantrags, für den 5 000 Menschen unterschreiben müssen. Dann beschäftigt sich nicht ein Ausschuss, sondern das Parlament damit.

Wir haben eine geordnete Form, wie hier Gesetzesvorlagen vom Volk direkt eingebracht werden. Das, was Sie vorschlagen, ist, dass ein ungeordnetes Sammelsurium von willkürlich ausgewählten Menschen Anträge im Parlament stellen kann. Das ist nicht die Vorstellung von parlamentarischer Demokratie, die ich habe. Ich weiß auch nicht, welche Vorstellung von Demokratie das sein soll, denn Volksherrschaft ist das nicht, das ist Funktionärstätigkeit von Verbänden, das lehnen wir ab. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde, dass der Kollege Tschöpe die treffenden Worte gefunden hat. Ich möchte es nur in einem anderen Punkt noch ergänzen, denn ich möchte Sie einmal auf den Punkt 2 des Antrags der LINKEN aufmerksam machen. Ich habe es ein paar Mal gelesen und mich dann gefragt, ob ich es vielleicht falsch verstanden habe, das kann aber eigentlich nicht sein. Dort steht, dass Betroffene von dem Thema, das in dem jeweiligen Ausschuss besprochen werden soll, hier nun hinzugezogen werden sollen und gar Antragsrecht in diesem Zusammenhang haben, eine negative Befangenheitsregelung also: Je betroffener man ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

von einem Thema ist, desto mehr kann man direkt mitentscheiden, wie es dann am Ende behandelt werden soll.

Das kann, ehrlich gesagt, wohl nicht Ihr Ernst sein! Wir haben vollständige Transparenz, wir haben es in der letzten Legislaturperiode zum ersten Mal im Land Bremen geschafft, dass die Ausschüsse und Deputationen öffentlich sind. Ich finde, das ist ein riesiger Schritt. Wir haben ständige Gäste, in den Deputationen haben wir externe Deputierte, und wir haben die Öffentlichkeit dort. Damit ist allen diesen Punkten Genüge getan. Dem Punkt 4 kann ebenfalls schon heute Genüge getan werden. Ich würde es auch sehr begrüßen, wenn wir in Zukunft auf der Webseite die entsprechenden nicht vertraulichen Unterlagen einstellen würden, aber auch zu diesem Aspekt gibt es bisher keinen Hinderungsgrund, das können wir machen.

Der Punkt, die Betroffenen nun zu den Entscheidern zu machen, lässt mich etwas zweifeln, wie Sie vorhaben, in dieser Legislaturperiode – die letzte haben wir Sie ja schon in Ihrer Oppositionsarbeit begleitet, sage ich einmal ganz neutral – hier in diesem Haus Politik zu machen. Wir lehnen den Antrag ab. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, wir müssen als Parlamentarier diese Debatte mit großem Selbstbewusstsein bestreiten, denn der Antrag der LINKEN scheint den Eindruck vermitteln zu wollen, dass wir durch die Wählerinnen und Wähler bei der letzten Landtagswahl nicht ausreichend legitimiert worden seien. Das Gegenteil ist der Fall, wir leben in einer repräsentativen Demokratie, und das bedeutet, dass diejenigen, die diesem Parlament angehören, auch die Geschicke unseres Landes und der beiden Städte – also in diesem Fall der Stadt Bremen und der Stadt Bremerhaven – zu führen haben. Wir haben keine Volksherrschaft, sondern eine repräsentative Demokratie, die wir in unserem Auftrag auch, finde ich, selbstbewusst wahrnehmen müssen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dabei darf man nicht unberücksichtigt lassen, dass die Parlamentsausschüsse und Deputationen nichts anderes sind als ein Abbild dieses Parlaments, die wir wählen und einsetzen, um unsere Arbeit fachlich zu strukturieren und am Ende dann auch die inhaltliche Beratung zu führen. Wenn das konsequent wäre, was Sie sagen, Herr Rupp, dann müssten Sie auch bean

tragen, dass Bürgerinnen und Bürger hier im Parlament Rede- und Antragsrecht bekommen. Das wollen Sie selbst nicht. Das wäre aber nur logisch, denn die Ausschüsse und Deputationen sind nichts anderes als ein Teil des Parlaments, und ich finde, damit müssen wir als Abgeordnete auch selbstbewusst umgehen. Wir haben diesen Auftrag, und wir müssen diesen Auftrag auch erfüllen.

Das ändert nichts daran, dass wir viele Möglichkeiten haben – einige sind von Herrn Tschöpe und Herrn Dr. Güldner schon genannt worden –, die den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, an diesen demokratischen Entscheidungsprozessen teilzunehmen. Natürlich haben wir immer anlassbezogen in den Ausschüssen und Deputationen Expertenoder bestimmte Interessengruppen vertreten gehabt, und das werden wir auch in Zukunft so machen. Ein höheres Maß an Transparenz, als dass wir in den wesentlichen Teilen fast ausnahmslos öffentlich tagen, kann es auch nicht geben. Das heißt, die Kontrollfunktion wird durch die Öffentlichkeit – zwischenzeitlich im Einvernehmen aller Fraktionen dieses Parlaments – hergestellt.

Ich will nur noch einen Punkt hinzufügen. Jeder hat auch die Möglichkeit, das Parlament selbst zu befassen, indem er zum Beispiel von seinem Petitionsrecht Gebrauch macht. Ich finde, dass der Petitionsausschuss in der Vergangenheit mit den Anliegen und Sorgen von Bürgerinnen und Bürgern sehr sorgsam umgegangen ist.