Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht schon wieder um Geld. Wenn wir heute über die Haltung Bremens zum zukünftigen Haushalt der Europäischen Union debattieren, dann ist das aber eher eine europapolitische Debatte, nämlich über die Tiefe und die Inhalte der europäischen Integration.
Ausgangspunkt ist der Vorschlag der Kommission vom Juni dieses Jahres für die mittelfristige Finanzplanung 2014 bis 2020. Wir haben heute leider nicht die Möglichkeit, über die überwiegend guten Vorschläge der Kommission im Einzelnen zu debattieren, also zum Beispiel über die Weiterentwicklung der Strukturpolitik, zur Forschungsförderung, von der wir gut profitieren, den Ausbau der Bildungsprogramme, wie ERASMUS, den Ausbau europäischer Netze, der heute Vormittag in der Fragestunde eine Rolle gespielt hat.
Unser Antrag heute konzentriert sich auf zentrale Fragen: die Höhe des Haushalts insgesamt, und die Einnahmeseite! Die Kommission schlägt 1,05 Prozent des Bruttosozialprodukts aller EU-Staaten als Ausgaberahmen vor. Wir halten das für die absolute Untergrenze. Ich persönlich bin – und damit bin ich parteiübergreifend mit der großen Mehrheit des Europäischen Parlaments einig – der Auffassung, dass das eher zu wenig sein wird. Die Bundesregierung will mit einer kleinen Zahl anderer Staaten den Haushalt auf ein Prozent festlegen und damit real absenken. Die CDU folgt dem in dem Änderungsantrag, den sie heute eingebracht hat. Ich bin da anderer Meinung: Wenn man jemandem eine Aufgabe zuweist, wie wir es auch mit den Kommunen im föderalen System machen, dann muss man ihm auch die Mittel geben, diese Aufgabe wahrzunehmen.
Die Regierung und die Parlamente von 27 Staaten haben der Europäischen Union mit dem Vertrag von Lissabon viele neue Aufgaben zugewiesen, zum Beispiel eine gemeinsame Energiepolitik oder den Ausbau der EU-Außenpolitik mit einem gemeinsamen diplomatischen Dienst. Es macht wenig Sinn, wenn etwas Neues hinzukommen soll, dass man die Mittel gleichzeitig real kürzt. Sinn würde es machen, gleichzeitig die nationalen auswärtigen Dienste abzubauen, wenn man auf europäischer Ebene einen gemeinsamen einrichtet. Davon ist aber überhaupt nichts zu sehen, weil Berlin, im Widerspruch zu den Verträgen, in Wahrheit keine Macht abgeben möchte. Die Aufgaben der EU wachsen, und wer in dieser Situation den Haushalt der Europäischen Union kürzen will, der schwächt Europa.
Ich möchte darauf hinweisen, dass der Haushalt der Europäischen Union in einem sehr hohen Maße ein investiver Haushalt ist. Die auf dem letzten EUGipfel in der vergangenen Woche vereinbarte Verpflichtung auf eine solide Haushaltspolitik ist richtig, aber nur ein Teil nachhaltiger Lösungen. Ebenso wichtig sind Investitionen, die Förderung von Kohäsion, von Konvergenz der verschiedenen Volkswirtschaften und sozialem Zusammenhang, Investitionen in Forschung, Klimaschutz und in die Energiewende. Auch das ist eine Verbindung zu dem Thema Investitionen, das wir eben hatten. Viele dieser Investitionen sind nur durch europäische Politik voranzubringen oder nachhaltig zu fördern. Bremen profitiert stark davon, denken Sie an die Strukturpolitik, die Forschung oder die großen Raumfahrtprojekte! Es muss doch völlig klar sein, wenn man den EU-Haushalt so absenkt, dann sinken gleichzeitig die Chancen Bremens, davon auch vernünftig profitieren zu können.
Der zweite Punkt sind die Einnahmen, konkret die Einführung einer Finanztransaktionssteuer als europäische Steuer. Die CDU behauptet jetzt sogar, sie hätte das erfunden, zum Glück ist sie jetzt dafür, aber sie sagt dann gleichzeitig, das Geld darf auf keinen Fall an die Europäische Union gehen. In den europäischen Verträgen steht aber, dass der Haushalt der Europäischen Union vorwiegend aus Eigenmitteln gespeist werden soll, also aus eigenen Einnahmen. Die klassischen Eigenmittel, die Zölle, spielen inzwischen keine große Rolle mehr, das war am Anfang anders. Die Haushaltsmittel kommen inzwischen vor allen Dingen aus den Zuweisungen der Staaten, verbunden mit dem berüchtigten britischen Rabatt und mit den Rabatten auf den Rabatt und dem endlosen Streit, der jedes Mal darüber entsteht.
Die Finanztransaktionssteuer wäre ein echtes Eigenmittel, wie die Verträge es verlangen, auch deshalb, weil die Erträge, wie die Zölle, nicht genau national zuzuordnen sind. Mit der Erhebung dieser Steuer würden die Zuweisungen aus den Mitgliedstaaten na
türlich entsprechend sinken. Das ist klar, das kommt nicht obendrauf. Deswegen würde ich sagen: Wer grundsätzlich keine solchen Eigenmittel der Europäische Union möchte, möchte eigentlich im Kern die Kompetenzen und die Handlungsfähigkeit der EU klein halten, der möchte die gemeinschaftlichen Institutionen an der kurzen Leine der Hauptstädte der Nationalstaaten führen. Damit sind wir bei dem Kern der Auseinandersetzung! Frau Merkel stellte ihr Agieren zuletzt auch unter die Überschrift „mehr Europa“. Das wäre auch sehr notwendig, aber die schwarz-gelbe Bundesregierung meint mit „mehr Europa“ nicht mehr gemeinschaftliches Handeln, nicht die Stärkung von Parlament und Kommission, nicht mehr Brüssel, sondern sie meint damit ausdrücklich mehr Berlin und höchstens noch mehr Paris, oder wie der Fraktionschef der CDU, Herr Kauder, es so erschreckend schlicht und einfach sagte: „Es wird wieder Deutsch gesprochen in Europa!“ Diese Haltung spiegelt sich auch in der Debatte um den Haushalt der EU wider. Wenn sie sich durchsetzt, schwächt und gefährdet sie den europäischen Zusammenhalt, den wir gerade in der gegenwärtigen Krise so dringend brauchen. Das Land Bremen – meine ich, meinen die Grünen – muss eine andere Haltung einnehmen, und deshalb bitte ich Sie um die Zustimmung zu unserem gemeinsamen Antrag der Koalition. – Danke sehr!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte hier heute zum Europahaushalt sprechen, wobei unser Antrag die Überschrift „Die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union sicherstellen!“ hat. Einen solchen Titel kann man in den jetzigen Zeiten natürlich ganz anders interpretieren, und man kommt vielleicht nicht immer gleich darauf, dass es um einen Haushalt von 2014 bis 2020 gehen soll. „Die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union sicherstellen“, das ist etwas, was uns in diesen Tagen oder auch Monaten sehr stark beschäftigt, und für eine Handlungsfähigkeit braucht man natürlich auch finanzielle Ressourcen. Wir haben gestern und heute gemerkt, wenn es um Bremen geht, dass man immer, wenn man etwas tun möchte, wenn man aktiv sein und Verantwortung übernehmen möchte, dafür auch Geld braucht. Sicherlich werden in diesen Zeiten, in denen die öffentlichen Finanzen insgesamt in Europa durch die Finanz- und Wirtschaftskrise immer stärker in Mitleidenschaft gezogen worden sind, die Verhandlun––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
gen um einen europäischen Haushalt immer schwieriger werden. Wir sind erst am Anfang, es ist ja nicht so, dass dieser Haushalt jetzt schon beschlossen ist. Es wird die Frage sein, wie viele öffentliche Finanzen die Mitgliedstaaten auch bereit sind, in dieses Gemeinschaftsprojekt hineinzugeben. Auch daran wird erkennbar sein, inwieweit die Regierung und die Mitgliedstaaten diesen Weg wirklich solidarisch und gemeinschaftlich auch weiter gehen wollen.
Ich finde das nach wie vor eine ganz wichtige Frage, weil wir da momentan in den Debattenlagen häufig auch aus Deutschland ganz andere Tendenzen haben und es beim Projekt Europa schlussendlich immer bei den Finanzen zum Schwur kommen wird, ob es auch wirklich den Willen gibt, sich solidarisch gemeinschaftlich aufzustellen. Ich bin auch sehr gespannt, wie sich die CDU heute zu dieser Frage in diesem Haus stellen wird.
Die schwierigen Verhandlungen werden weitergehen, und es wird dabei Aufgabe und auch das Ziel sein, dass wir das wachsende Ungleichgewicht in den Mitgliedstaaten auch ausgleichen. Das ist das Ziel dieser Sache. Es geht nicht nur darum, dass man nett beieinander sein möchte, sondern es geht darum, auch gemeinsam Ungleichheiten in der Europäischen Union damit auszugleichen, was man dort hineingibt.
Meine Meinung ist auch – das nur am Rande –, wenn wir dieses gemeinsame Projekt Europa nicht weiterführen werden, dass es dazu führen wird, dass wir weltweit noch weiter in die Isolation kommen und es gar nicht möglich oder immer schwieriger sein wird, auch zu profitieren. Die USA und Asien werden dann an uns vorbeigehen. Niemand wird etwas davon haben, wenn er nur nationalstaatlich auf seine Finanzlage und auch auf seine Politik schauen wird. Die Debatte hatten wir aber schon hier im Haus, ich wollte das nur noch einmal kurz anmerken!
Die Frage neben der Größe des Haushalts wird sein – neben dem, was neue und ältere Mitgliedstaaten in diesen Haushalt geben würden –, wie wir ihn strategisch und politisch ausrichten. Das wird davon abhängen, welche Aufgaben die Europäische Union insgesamt auch für sich in der Zukunft sieht. Das ist zum größten Teil formuliert worden, ich will das hier nur in Stichworten erwähnen: Es geht um ein nachhaltiges Wachstum, es geht auch darum, die Beschäftigung in der EU zu fördern, es wird aber auch um das Thema Forschung, Innovation und Energieeffizienz gehen. Die vorherige Debatte hat uns gezeigt, wie wichtig gerade diese Themen sind und wie wichtig dort die Europäische Union ist, um diese Ziele auch wirklich weiter zu verfolgen.
Es geht also nicht nur darum, dass man eine Bürokratie in Brüssel unterstützt und fördert, wie es häufig dargestellt wird, sondern es geht um politische Ausrichtung, um gemeinsame Ziele, worauf man sich insgesamt in der Europäischen Union einigt und die man auch umsetzen will. Neben diesem politischen
Grundsatz muss es natürlich auch noch weitere Grundsätze geben, dass die Gelder effizient verwendet werden. Das ist häufig ein Problem in der Praxis. Wir kennen alle das berechtigte Stöhnen über das Schreiben der Anträge und die Kontrollen, die es von dort geben würde, wo man nicht weiß, ob man dann eine Förderung erhält. Allerdings sind es aber öffentliche Mittel, die auch kontrolliert werden müssen. Das ist die Aufgabe, die dort auch vorgegeben werden muss und wo genau hingeschaut wird, was darüber finanziert wird. Deshalb ist es wichtig, dass es diese Kontrollen gibt.
Ein weiterer Grundsatz, der, glaube ich, sehr wichtig ist, ist die Frage: Was ist eigentlich der Mehrwert, und zwar nicht nur der, dass es Geld für irgendwelche Projekte gibt, die den Kommunen gerade einfallen, sondern was ist der europäische Mehrwert? Was finanzieren wir darüber? Meiner Meinung nach heißt das, dass wir eine gemeinsame Finanzierung von grenzüberschreitender Bedeutung und von europäischer Solidarität brauchen. Es kann nicht sein, dass man denkt, dass jedes kleine Projekt darüber finanziert wird, sondern es geht eben auch um grenzüberschreitende Projekte, für die wir auch die Solidarität benötigen.
Diese Aufgaben hat dieser Haushalt. Es ist wichtig, dass deutlich wird, dass Bremen von diesem Haushalt bislang sehr profitiert hat und wir auch zukünftig – gerade wenn es auch noch mehr Aufgaben geben wird, die auf der europäischen Ebene formuliert sind und gefordert werden – weiter gut darüber finanziert werden und unsere Projekte und Initiativen darüber auch weiter mit finanziert bekommen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, einen Appell an die Solidarität für ein Europa brauche ich nicht zu halten, darüber sind wir uns einig. Ich bin ganz anders als Frau Hiller in Ihren Antrag eingestiegen und habe gesagt, ich finde die Überschrift „Die Handlungsfähigkeit der Europäische Union sicherstellen!“ eigentlich gut. Das konnte ich erst einmal bejahen. Ich habe gesagt, das ist klar, genau das ist eigentlich auch unser Ziel. Bei genauerer Betrachtung fiel dann aber doch einiges auf, und ich will mich ganz konkret an Ihrem Antrag abarbeiten!
Sie fordern, dass der Finanzrahmen der EU so ausgestaltet sein muss, dass eine angemessene Wahrnehmung der der Union zugewiesenen Aufgaben gewährleistet ist. Ja, sage ich, das stimmt! Zu Ihrer For––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
derung aber, dass der von der Kommission vorgeschlagene mehrjährige Finanzrahmen die vorgeschlagene absolute Untergrenze darstellt, sage ich Nein! Ich sage deshalb Nein, weil es auch in den nächsten Jahren – davon gehe ich doch aus – keine Obergrenze geben wird. Wir wollen realistisch bleiben. Es handelt sich aus unserer Sicht auch um einen realistischen Rahmen, denn die Position Deutschlands als dem größten Nettozahler der EU ist ja, das Ausgabenvolumen des EU-Haushalts auf ein Prozent des Bruttonationaleinkommens zu begrenzen.
Ihre Forderung aber nach der absoluten Untergrenze widerspricht dem Ziel übrigens, da sich europäische Organe mehr als bisher auch der Sparverpflichtung stellen müssen.
Darüber hinaus ist die vorgeschlagene Ausgabenbegrenzung gerechtfertigt, weil das Haushaltsvolumen in absoluten Zahlen mit steigendem Bruttonationaleinkommen ohnehin anwächst. Ein ausschließlich am Bruttonationaleinkommen orientierter EU-Beitrag, der einfach und transparent ist, wird übrigens auch von den Bürgerinnen und Bürgern als gerecht angesehen.
Dann haben Sie zu meiner Verwunderung in einem zweiten Punkt die Prioritäten der europäischen Gemeinschaftspolitik in einen Zusammenhang mit dem GMES-Programm und einem Schattenhaushalt gesetzt. Darauf sind Sie jetzt gerade nicht eingegangen, aber ich habe mich deshalb gewundert, weil dieses Global Monitoring for Environment and Security ja eine moderne, leistungsfähige Infrastruktur für Erdbeobachtung und Dienstleistung auf dem Gebiet der Geoinformation schafft und eben auch durchaus für die Luft- und Raumfahrt in Bremen eine ganz erhebliche Bedeutung hat. Über die Veranschlagung der Programmmittel im Haushalt der EU haben der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament gemeinsam als Haushaltsbehörde zu entscheiden. Deshalb hatte ich eigentlich versucht zu verhandeln, aber daraus ergibt sich dann eben auch unser eigener Antrag.
Des Weiteren sprechen Sie zur Finanzierung der EU durch Eigenmittel. Die Finanzierung der EU erfolgt eben über die Eigenmittel, auf die sie einen rechtlichen Anspruch hat, das haben Sie gerade auch ausgeführt. Diese Eigenmittel bestehen vor allen Dingen aus Zöllen, denen Sie heute nicht mehr so eine Bedeutung beimessen wie früher, sagen Sie, einem Anteil an der Umsatzsteuer sowie zu einem ganz überwiegenden Teil auch aus den Beitragszahlungen der Mitgliedstaaten, die sich an ihrer jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientieren. Diese Mittel werden von den Mitgliedstaaten erhoben und für den EU-Haushalt bereitgestellt. Es besteht also kein
Die EU hat kein Einnahmeproblem, ihr stehen ausreichend Eigenmittel zur Verfügung. Eine eigene Steuerkompetenz würde dem Charakter der Europäischen Union als Staatenverbund aus unserer Sicht eben nicht gerecht.
Genau! Das haben Sie ja für uns schon ausgeführt! Insofern lassen Sie mich das aber auch noch einmal sagen, weil Sie das jetzt in den Worten von Frau Merkel gesagt haben –
oder von Herrn Kauder und Frau Merkel! –, die sind sich glücklicherweise einig. Sie würde darüber hinaus auch zu mehr Bürokratie und weniger Transparenz und zu mehr Skepsis bei den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber der EU führen. Eine EU-Steuer ist daher weder sachgerecht noch erforderlich, und der Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer, über deren Notwendigkeit übrigens ein breiter politischer Konsens besteht, steht das ja nicht entgegen. Der Vorschlag der EU-Kommission dazu geht auf eine deutsche Initiative zurück. Über eine Finanztransaktionssteuer soll der Finanzsektor an den Kosten der Krisenbewältigung beteiligt werden. Sie muss allerdings, wie alle anderen Steuern auch, in die nationalen Haushalte fließen. Eine europaweite Finanztransaktionssteuer ist nämlich ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur weltweiten Finanztransaktionssteuer, die ja weiter anzustreben ist. Insofern haben wir einen eigenen Änderungsantrag vorgelegt. Sie können sich vorstellen, dass ich darum bitte, ihm zuzustimmen. Ich gehe davon aus, dass ich weiß, wie Sie abstimmen, und kündige aber auch an, dass ich damit Ihrem Antrag nicht zustimmen werde. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt einen Antrag der Frak––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
tionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD, mit dem die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union sichergestellt werden soll. Wir haben über die Frage, was Handlungsfähigkeit eigentlich heißt und diese sicherzustellen, im anderen Zusammenhang hier schon öfter diskutiert. Mein Eindruck ist in vielfältiger Hinsicht, dass man bestimmte Formen von Handlungsfähigkeit erst einmal herstellen muss, weil es sie noch gar nicht gibt.
Bei vielen Dingen, die wir hier diskutieren, insbesondere wenn es beispielsweise um Umweltproblematik, soziale Standards in der Europäischen Union, Regulierung der Finanzmärkte geht, wenn es um die Frage geht, ob wir eigentlich eine Schuldenkrise oder eine Steuerkrise haben, oder um die Frage des Ausgleichs zwischen den europäischen Ländern und Ähnlichem, überall dort gibt es meines Erachtens noch sehr viele offene Fragen, die wir dringend beantworten müssen und die selbstverständlich mit der Frage gekoppelt sind, ob die notwendigen Aufgaben eigentlich finanziert werden können oder nicht.
Nach meiner Kenntnis und Betrachtung verschiedener Haushalte auf verschiedenen Ebenen haben wir ungefähr seit 15 Jahren, möglicherweise auch schon etwas länger, eine Situation, in der die öffentlichen Ausgaben im Wesentlichen auf allen möglichen Ebenen, auch auf Ebene der Europäischen Union, vielleicht an der einen oder anderen Stelle stärker oder schwächer unterfinanziert sind und ein Teil der Ursache für die sogenannte Schuldenkrise darin besteht, dass öffentliche Ebenen, Staaten, Kommunen, Länder, vielleicht auch die EU, gar nicht in der Lage sind, ihre Aufgaben zu erfüllen, ohne Schulden zu machen.
Dessen ungeachtet möchte ich hier gern zu diesem konkreten Antrag kommen, weil ich es wichtig finde, die Handlungsfähigkeit der Union herzustellen oder sicherzustellen, und es auch wichtig ist, dass das mit einer Haushaltsdebatte verbunden ist. Genauso, wie Mehrwert vergegenständlichte Arbeit ist, sind Haushalte sozusagen vergegenständlichte Handlungsfähigkeit von Kommunen; ohne Geld geht es eben nicht. Dabei ist jetzt die Frage zu klären, ob dieser Antrag, so wie er hier steht, dem helfen kann.
Ich würde gern auf die drei Punkte eingehen, die hier gefordert werden! Herr Dr. Kuhn, Sie haben vorhin berechtigterweise gesagt, dass die Aufgaben zugenommen haben. Nach einer gewissen Grundlogik hieße das eigentlich auch, dass die Haushaltsmittel mehr werden müssten, um diesen Aufgaben gerecht zu werden. Warum man dann eigentlich im selben Atemzug konstatiert, dass der jetzige Haushalt die Untergrenze ist, verstehe ich nicht. Wenn er die Untergrenze bildet, dann bedeutet es auch, dass das, was jetzt da ist, eigentlich auskömmlich ist, wenn auch gesagt wird, nichts geht mehr. Den Unterschied zwischen einer Untergrenze und einer absoluten Untergrenze, wie es hier steht, muss mir auch noch einmal jemand erklären, weil man sich manchmal auch
Vielleicht ist es manchmal auch in der Politik notwendig – das machen Sie ja auch ganz gern –, sprachlich auf Sauberkeit zu achten und einmal die Frage zu stellen, was ist das eigentlich, eine absolute Untergrenze! Deswegen können wir dem Buchstaben a) einfach nicht zustimmen.
Eigentlich müsste die Forderung sein, dass wir eine angemessene und auskömmliche Finanzierung brauchen. Unserer Einschätzung nach ist eine auskömmliche Finanzierung, wohlgemerkt der europäischen Aufgaben, im Rahmen des jetzigen Haushalts nicht möglich. Deswegen können wir einer Forderung, dass das jetzt die Untergrenze ist, nicht zustimmen. Ich hätte es auch vorgezogen, weil ich gerade dieses Wort benutzt habe, statt „angemessene Wahrnehmung“ „auskömmliche Wahrnehmung“ zu sagen, weil wir alle wissen, dass das Wort angemessen ungefähr so lang wie ein Gummiband ist.