Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

Dabei – das möchte ich noch einmal betonen – ist uns auch klar, dass es bereits viele Einrichtungen und Ämter an den Hochschulen gibt, die sich um die Belange der Studierenden kümmern. Hier ist aber zu prüfen, ob diese Angebote überhaupt ausreichend bekannt sind, ob es Überschneidungen gibt, ob es vielleicht sinnvoll ist, bestehende Angebote und Anlaufstellen an den Hochschulen zu bündeln, wie man solche von uns vorgeschlagenen Lösungen möglichst innerhalb der bestehenden Ressourcen finden kann und ob beziehungsweise wie sinnvoll es überhaupt ist, eine solche Ombudsperson einzusetzen.

Ich denke, dass eine solche Prüfung im Interesse aller hier Anwesenden liegen sollte, und bitte Sie daher, den Ihnen vorliegenden Antrag auf Prüfung zu unterstützen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Wir werden dem Antrag zustimmen, aber wir haben ein paar Fragen, die wir in die Debatte einbringen müssen. Wir haben gelesen, dass Sie sich da offensichtlich am amerikanischen System orientieren wollen und dass die Ombudsperson am Rektorat angesiedelt sein soll. Deshalb stellen wir ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

einige Fragen, denn zum Beispiel lässt die Organisationsstruktur an der Universität Bremen da einige Fragen zu.

Eine Frage lautet: Wie verteilen sich die Zuständigkeiten zwischen der Ombudsperson und der Konrektorin für Lehre und Studium, und was passiert mit dem Dezernat 6 beim Rektorat, das schon heute für studentische Angelegenheiten zuständig ist? Was passiert auf Fachbereichsebene? Dort gibt es ebenfalls Zuständige für Lehre und studentische Angelegenheiten wie Studiendekane. Außerdem werden natürlich alle Mitglieder der Fachbereichsräte bei Problemen dieser Art von Studierenden selbst angesprochen. Das gehört auch zu ihrer Aufgabe. Wie verteilen sich also die Zuständigkeiten zwischen der zentralen Ombudsperson und den dezentralen Fachbereichsleitungen? In den Studiengängen und in einigen Instituten gibt es ebenfalls zuständige Personen, die sich um Probleme, die hier angesprochen werden, kümmern. Dann gibt es natürlich noch die studentischen Gremien, AStA und Stugen.

Insgesamt gibt es einige Dutzend Menschen, mit denen diese Ombudsperson dann verzahnt werden müsste, damit keine Doppelstrukturen und keine unnötige Bürokratie entstehen. Das wird nicht so einfach! Deswegen ist es schade, dass Sie sich in Ihrem Antrag dazu wenig Gedanken gemacht haben. Zumindest müsste da noch einmal nachgebessert werden.

In einem Punkt muss ich aber widersprechen: Sie schreiben, die Ombudsperson könnte helfen, strukturelle Mängel, die durch wiederholtes Auftreten individueller Schwierigkeiten erst sichtbar werden, abzustellen. Die strukturellen Mängel sind auf dem Tisch, und das wird Ihnen jeder bestätigen. Die Hochschullehrerinnen und -lehrer haben die im Zuge der Bologna-Reform aufgetretenen strukturellen Missstände immer wieder benannt, die Studierenden aus ihrer Sicht ebenfalls. Die Gewerkschaften haben auch intensiv aufgezeigt, wo es an Geld und an verlässlichen Arbeitsverhältnissen fehlt. Sie müssten diese Menschen dann mit einbeziehen, die sie immer wieder kritisieren und häufig genug detaillierte Lösungsvorschläge anbieten. Dafür braucht es meiner Meinung nach keine Ombudsperson.

Die Arbeitnehmerkammer hat im Sommer einiges herausgearbeitet. Es fehlt an auskömmlichen Arbeitsplätzen an der Universität, an beruflichen Perspektiven, und es fehlt an Geld. Die Ausrichtung der Universität auf die Exzellenzinitiative ist nach Ansicht der Arbeitnehmerkammer falsch und schadet auch anderen, die nicht zu dieser Gruppe gehören, die zuarbeitet.

Die Studiengänge sind verschult, und das verhindert Kreativität und eigenständiges Lernen. Die Antragsbürokratie nimmt den Hochschullehrerinnen und -lehrern den Raum, den sie für bessere Forschung und vor allem für bessere Lehre bräuchten.

Das sind die zentralen strukturellen Probleme, die auf dem Tisch sind, und die müssen gelöst werden. Dafür reicht unserer Meinung nach eine Ombudsperson definitiv nicht aus. Sie kann aber, zumindest wenn man die anderen Gremien mit einbezieht, vielleicht ein Teil der Lösung sein. Wir stimmen deswegen Ihrem Antrag zu! – Danke!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Häsler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie, die Regierungskoalition, sprechen in Ihrem Antrag davon, dass Studierende oft mit Problemen konfrontiert sind. Da muss ich sagen, das ist richtig. Sie sprechen aber auch davon, dass sich Studierende oft nicht trauen, überhaupt etwas gegen diese Probleme zu unternehmen. Als ich das gelesen habe, habe ich mir nicht nur die Frage gestellt, welcher statistischen Untersuchung Sie überhaupt diese pauschale Aussage entnommen haben, sondern auch, wann Sie das letzte Mal eine Hochschule von innen gesehen haben.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: In meinem Fall in der letzten Woche!)

Wann haben Sie das letzte Mal überhaupt ausführlich mit einer breiten Anzahl von Studierenden über deren Probleme und Sorgen gesprochen?

(Beifall bei der CDU)

Ich selbst bin Studierende an der Universität Bremen, bin zudem engagiertes Mitglied im Studentenparlament, und ich kenne daher sowohl die Strukturen an der Universität Bremen als auch die Probleme der Studierenden sehr genau. Daher habe ich zunächst gedacht, ein guter Antrag, Sie wollen sich an die Seite der Studierenden stellen. Auf den ersten Blick scheint das ganz nett zu sein. Ich muss Ihnen aber leider sagen, dass Ihr Antrag nicht ansatzweise ein Instrument bietet, um die Situation der Studierenden ernsthaft zu verbessern.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte Ihnen auch gern erläutern, warum das so ist. Fakt ist, Sie wollen eine Ombudsperson als eine Art Vertrauensperson an den Bremer Hochschulen installieren. Dazu frage ich Sie erstens: Wie soll zum Beispiel an der Universität Bremen eine einzige Person 18 000 oder 20 000 Studierenden wirklich bei ihren Problemen behilflich sein?

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Sie brau- chen doch nicht alle Hilfe, oder?) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Ich frage Sie zweitens: Wie soll zum Beispiel eine Ombudsperson, die beispielsweise aus dem Fachbereich Produktionstechnik kommt, einem Rechtswissenschaftler, der auf Staatsexamen studiert, bei der Lösung seiner Probleme kompetent helfen können? Ich frage Sie drittens, ob Ihnen überhaupt bewusst ist, dass es an der Universität bereits Strukturen gibt, die eine angemessene Betreuung sicherstellen! Haben Sie schon einmal etwas vom AStA, vom Studierendenrat oder vom Studierendenparlament gehört? Ha-ben Sie schon einmal etwas von einer Studiengangsvertretung gehört, die extra vom Studiengang dafür da ist, von Studierenden für Studierende eine Betreuung sicherzustellen? Haben Sie schon einmal etwas von Prüfungsämtern gehört, die extra Leute für jeden Fachbereich eingestellt haben, die sich um die Anliegen der Studierenden kümmern? Abgesehen davon, dass ich persönlich nicht glaube, dass Ihnen diese Strukturen sonderlich bekannt sind, möchte ich Sie letztlich fragen: Wie wenig Selbstständigkeit trauen Sie uns Studierenden eigentlich zu? (Beifall bei der CDU)

Das Studium soll Selbstständigkeit lehren. Ich kenne zum Beispiel keinen 25-jährigen Studenten, der nicht in der Lage ist, bei einer nicht bestandenen Klausur zur Klausureinsicht zu gehen, um entweder vor Ort oder aber in einer Sprechstunde des Professors, die es wöchentlich gibt, man glaubt es kaum, über seine Probleme zu sprechen und sie zu lösen. Deswegen muss ich Ihnen sagen, bin ich der festen Überzeugung, dass alle diese Strukturen, diese Vielzahl an Ansprechpartnern auch wirklich wichtig sind, um überhaupt eine differenzierte, fachgerechte und kompetente Betreuung der Studierenden an der Universität und an den Hochschulen im Land Bremen sicherzustellen.

(Beifall bei der CDU)

All das, was ich gerade aufgeführt habe, kann eine einzige Ombudsperson nicht leisten, sie wäre damit sogar völlig überfordert, höchstens wenn man vielleicht in jedem Fachbereich eine Ombudsperson ansiedeln würde, was aber bürokratisch und finanziell in keinem Leistungsverhältnis stehen würde, sodass das überhaupt nicht machbar wäre. Ich muss Ihnen leider sagen, dass Ihr Antrag völlig ins Leere läuft.

(Beifall bei der CDU)

Da Sie also nachweislich – wie so oft – nichts weiter als heiße Luft versprühen und Ihr Antrag völlig sinnlos und auch realitätsfremd ist, können wir als CDU-Fraktion Ihrem Kuschel-Show-Antrag leider nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Als Abgeordnete, besonders aber als Studentin, würde ich mich sehr darüber freuen, wenn Sie ernsthaft anstrebten, etwas für die Situation der Studierenden an den Universitäten und Hochschulen zu tun.

(Abg. Frau A y t a s [SPD]: Beispiel!)

Dennoch muss ich Ihnen, wie gesagt, leider sagen, dass Sie damit nur heiße Luft versprühen, und ich würde Ihnen raten – das ist jetzt noch einmal mein Appell zum Schluss –, weniger Kraft in solche sinnlosen Anträge zu stecken oder, das geht insbesondere an die Adresse von Frau Schön, weniger Wahlkampf an der Universität zu machen, was ohnehin verboten ist, und an die grüne Jugend, die regelmäßig Flyer in den Mensen austeilt, dass sie weniger Kraft in solche Aktivitäten, die ohnehin verboten sind, stecken sollten.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Hat der RCDS das noch nie ge- macht?)

Der RCDS darf es natürlich, weil er eine hochschulpolitische Gruppe ist, die Junge Union macht das nicht! Ich muss Ihnen leider sagen, Sie haben mit diesem Antrag leider völlig am Ziel vorbeigeschossen. Ich möchte Sie bitten, dass Sie einfach einmal in die Hochschulen und an die Universität gehen, um mit den Studierenden und den Lehrenden zu sprechen, und dann fangen Sie mit uns gemeinsam an, eine ernstzunehmende, vernünftige Hochschulpolitik zu betreiben. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Häsler, eines kann ja nur stimmen: Wann haben Sie zuletzt mit Studierenden gesprochen, und machen Sie doch keinen Wahlkampf an den Hochschulen. Das ist doch schon einmal ein Zeichen dafür – also die CDU geht ja nicht in den Wahlkampf an die Hochschulen, das haben wir jetzt auch gehört –, dass wir sehr wohl an den Hochschulen sind. Auf Ihre Frage, wann wir zuletzt mit Studierenden gesprochen haben, antworte ich Ihnen, das war vor zwei Wochen. Auf die Frage, ob wir den AStA kennen und ob wir überhaupt wissen, was das ist, kann ich nur sagen: Ja, erstens, ich war selbst einmal AStAVorsitzende, zweitens, ich habe mehrere Jahre im Fachbereichsrat gesessen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich war in mehreren Berufungskommissionen, im Übrigen zu Geowissenschaften, und ich war mehre

re Jahre Mitglied in der zentralen Forschungskommission. Soviel zu der Kenntnis der internen Strukturen an der Universität!

Ihre Frage zur nicht bestandenen Klausur, man solle dann mit dem Hochschullehrer reden: Ja, es geht aber genau nicht um die nicht bestandenen Klausuren, sondern es geht um die bewältigten Klausuren, die eben nicht rechtzeitig korrigiert werden, nur darum geht es.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es geht nicht um nicht bestandene Klausuren, sondern darum, dass sie rechtzeitig korrigiert werden. Frau Häsler, wenn Sie diese Probleme als Studierende an der Universität nicht haben, dann freuen Sie sich, dass Ihnen das Problem entgangen ist, andere haben das, und darum wollen wir uns auch kümmern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Frau Vogt, Sie hatten mehrere Fragen gestellt, die ich gern noch beantworten möchte! Es geht nicht darum, etwas nach amerikanischem Modell zu machen, sondern es ging lediglich darum, einen Hinweis zu geben, dass an amerikanischen Hochschulen das Modell der Ombudsperson positiv läuft. Deswegen erfinden wir hier nichts Neues, sondern wir sagen, es ist ein Weg, mit bestimmten Problemen umzugehen. Letztendlich geht es auch nicht darum zu klären, wer hier welche Zuständigkeiten im Einzelnen hat. Herr Öztürk hat es ja angesprochen, es geht auch darum, sich die ganzen Zuständigkeiten, die in verschiedenen Fachbereichen vorhanden sind, anzusehen und zu prüfen, was zu bündeln ist.

Bei der Ombudsperson geht es genau darum, eine Vertrauensperson zu haben – das haben Sie ja auch gesagt –, die dann gezielt bei spezifischen Problemen ansprechbar ist, um dann zu vermitteln, wenn zum Beispiel Studierende besonders unter Druck stehen, dass die Prüfungsarbeit endlich einmal korrigiert werden muss, damit sie den nächsten Schritt machen, in das Master-Programm gehen oder den Hochschulort wechseln können, wie auch immer. Dass dort ein bisschen mehr Dampf hineinkommt, darum geht es an der Stelle, und dazu reichen die gegenwärtigen Strukturen offenbar nicht aus.

Noch einmal zu dem letzen Punkt, Sie hatten es auch erwähnt: Die Angst, weil es eine Abhängigkeitssituation ist, ist nicht zu unterschätzen. Da bin ich ein bisschen fassungslos, Frau Häsler, dass Sie das so vom Tisch wischen. Das ist aber auch Ihre Sache. Wenn Sie da nicht auf der Seite der Studierenden stehen, dann muss ich es hinnehmen. Dass Sie den Antrag nicht unterstützen wollen, müssen wir auch so hinnehmen. In der Sache ist es sehr schade, und Sie erweisen den Studierenden, die das dringend brauchen,

auch keinen Dienst. Es ist der Auftrag an die Senatorin ergangen, einen Vorschlag zu unterbreiten, wie das im Einzelnen ausgestaltet werden soll und wie wir das dann umsetzen können. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Öztürk.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich geschockt bin, dass ich hier in eine zweite Runde gehen muss.

(Beifall bei der SPD)

Es wurde in den Raum gestellt, dass wir durch die Einführung einer Ombudsperson die Studentinnen und Studenten für unselbstständig erklären würden. Eine Ombudsperson unterstützt Studierende, sie bekräftigt sie in ihrer Autonomie.