Protokoll der Sitzung vom 25.01.2012

Das erste Grund ist, auch nach den Beratungen im Hafenausschuss bleiben nachhaltige Zweifel an der juristischen Tragfähigkeit des in dem Antrag und in den Beratungen vorgesehenen Vorschlags. Dass es sich nicht um juristisches Hochreck handelt, hat sogar der Bürgermeister eingeräumt. Wer aufmerksam das Gutachten liest, das der Senat in Auftrag gegeben hat, der weiß, dass es sich bei dem jetzt vorgelegten Weg um einen winkeladvokatorischen Weg zur Ermöglichung des von der Koalition gewünschten Ziels handelt.

Aber auch danach haben sowohl ein Gutachten des ehemaligen Senators für Justiz und Verfassung, Volker

Kröning, als auch eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit die begründeten rechtlichen Zweifel an der Zulässigkeit dieses Vorhabens bestätigt. Dies gründet sich auf wiederum drei ganz massive juristische Bedenken.

Erstens, sowohl das Bundesumweltministerium als auch der Gutachter Kröning halten den vorgeschlagenen Weg für unzulässig, weil er verfassungswidrig ist und gegen das Grundgesetz verstößt. Zweitens, sie sind der Auffassung, dass der vorgeschlagene Weg gegen nationales Recht verstößt. Drittens, sie sind der Auffassung, dass auch die Landesverfassung durch den Beschluss über dieses Gesetz nachhaltig verletzt wird.

Der zweite Grund, der zu unserem Aussetzungsverlangen führt, ist, es hat sich in der Folgezeit, auch nach dem Beschluss im Hafenausschuss, gezeigt, dass das Gesetz in unseren bundesstaatlichen Beziehungen für erhebliche Irritationen sorgt. Bremen verabschiedet sich, wenn das Gesetz heute beschlossen wird, nicht nur aus dem breit gesamtgesellschaftlich getragenen und national verabredeten Weg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie, sondern es tut dies auch in Missachtung einer gerechten Lastenverteilung. Wenn alle Länder sich so verhalten würden wie Bremen, dann wäre das Ausstiegsgesetz nicht umsetzbar. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das muss man wissen!

Wir haben als Bremer in der Vergangenheit kaum Lasten aus der friedlichen Nutzung dieser Energie tragen müssen, aber wir haben in erheblichem Umfang Vorteile davon gehabt. Als Industriestandort haben wir aus dieser erzeugten Energie über viele Jahre und Jahrzehnte nicht nur unsere privaten Haushalte versorgt, sondern insbesondere auch industrielle Arbeitsplätze erhalten und geschaffen. Wenn Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern sich so verhalten würden wie Bremen, obwohl sie viel stärker belastet worden sind, weil sie auf der einen Seite Standorte für Atomkraftwerke sind oder weil sie auf der anderen Seite die Endlagerdebatte zu führen haben, dann ist das ein Verstoß gegen die bundesstaatliche Solidarität. Das hat sich nach der Beratung im Hafenausschuss noch einmal durch die Sitzung und die öffentlichen Bekanntmachungen der Hafensenatoren und -minister gezeigt.

Der dritte Grund, weshalb wir darum bitten, das heute auszusetzen, ist, dass auch nach der Beratung im Hafenausschuss das Verhältnis zur Handelskammer maßgeblich gestört ist. Ich finde, wir Bremer haben in der Vergangenheit sehr gut davon profitiert, dass bei aller tagtäglichen Diskussion um die Richtigkeit von politischen Entscheidungen wir uns am Ende immer hinter dem Ziel versammelt haben, dass die Lebensschlagader der beiden Städte unseres Landes der Hafen und die Funktionsfähigkeit des Hafenbetriebs sind.

Wenn Sie dieses Gesetz heute trotzdem verabschieden, obwohl auch nach den bisherigen Beratungen erhebliche Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit, an der bundesstaatlichen Vertretbarkeit und Solidarität bestehen und ein nachhaltig gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen der Handelskammer und dem Senat vorhanden ist, halten wir das für fatal.

(Glocke)

Wir appellieren daher an die Koalitionsfraktionen, unserem Aussetzungsantrag zuzustimmen, um nicht aus ideologischer Verblendung und Kirchturmspolitik heraus mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Wir wollen, dass über Ihr Anliegen mit den Betroffenen und den Bedenkenträgern auch in Anbetracht der neuen juristischen Bedenken noch einmal eingehend beraten wird, und bitten daher darum, dass dieser Tagesordnungspunkt ausgesetzt wird. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollege Röwekamp, Sie haben sehr überzeugend begründet, warum Sie in der kommenden Debatte diesen unseren Gesetzesantrag in zweiter Lesung ablehnen. Sie haben überhaupt nicht begründet, warum wir die Entscheidung heute nicht treffen sollen. Die Geschäftsordnungsdebatte ist dafür da, dass wir uns Gedanken darüber machen, ob wir es heute behandeln oder nicht.

Zu Ihren drei Punkten! Die juristischen Zweifel, die vorgeblich bestehen sollen, sind Zweifel, die Sie haben, die ich persönlich nicht habe und die die beiden Koalitionsfraktionen nicht haben. Die bundesstaatlichen Irritationen bestanden schon, als wir diese Gesetzesinitiative gestartet haben, auch das ist kein Grund, den Tagesordnungspunkt auszusetzen. Das Verhältnis zur Handelskammer zu stören, glaube ich, dabei ist nicht ein entscheidender Punkt, ob und wann wir es hier in diesem Plenarsaal behandeln. Ich teile diese Einschätzung im Übrigen auch nicht.

Alles das, was Sie vorgetragen haben, sind von mir akzeptierte Gründe, warum Sie heute Nachmittag dem Hafenbetriebsgesetz in dieser vorgelegten Form nicht zustimmen. Eine Verschiebung begründen Sie nicht. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte kurz auf die Uhr geschaut, ob wir schon Mittwoch, 14.30 Uhr, haben und mitten in der Debatte sind.

Sie haben überzeugend begründet, dass Sie gut vorbereitet sind, dass Sie wissen, was Sie heute Nachmittag hier sagen werden, dass Sie juristisch das alles aus Ihrer Sicht zu Ende geprüft haben. Sie haben, wie ich finde, einen sehr originellen Aussetzungsgrund für ein frei vom Volk gewähltes Parlament hinzugefügt, nämlich dass es möglicherweise der Handelskammer nicht passen könnte, was heute Nachmittag hier debattiert wird. Auch das, glaube ich, sollte für die Frage, ob das Parlament einen Tagesordnungspunkt behandelt oder nicht, nicht maßgeblich sein.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es geht mir auch so, dass ich aus meinen Gesprächen weder einen grundsätzlichen Dissens zur Handelskammer noch zur Hafenwirtschaft erkennen kann, die im Übrigen bereits mehrfach freiwillig auf diese Art von Atomtransporten verzichtet hat, weil sie sie für schädlich für den wirtschaftlichen Erfolg der Häfen hält. Über all das werden wir heute Nachmittag reden. Sie sind gut vorbereitet, wir auch, und deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt nur einen Weg, endgültig herauszufinden, ob es schwerwiegende juristische Bedenken gegen dieses Gesetz gibt, nämlich es zu verabschieden.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ein kreati- ver Weg!)

Bis dahin bewegen wir uns nur auf der Ebene von Gutachtern und juristischen Einschätzungen. Wenn man versucht, im Vorfeld ein Parlament in irgendeiner Weise unter Druck zu setzen, bestimmte Dinge nicht zu tun, möglicherweise mit juristischen Konsequenzen, dann finde ich das nicht fair. Wir hatten genug Zeit, alle juristischen Bedenken auf den Tisch zu legen, und die überwiegende Mehrheit in diesem Saal sagt, sie sind in der Weise nicht vorhanden, dass man das Gesetz nicht beschließen darf. Deswegen ist es kein Grund, es auszusetzen. Selbstverständlich ist es so, wenn es so kommt, dass es Leute gibt, die ernsthaft sagen, es verstößt tatsächlich gegen die Verfassung, gegen das EU-Recht, gegen das Grundgesetz, dann kann das passieren. Es wäre nicht das erste Mal, und es wird nicht das letzte Mal sein, dass wir ein Gesetz beschließen, das möglicherweise schlussendlich mit irgendeinem anderen Recht kollidiert. Das darf uns doch aber nicht

daran hindern, den politischen Willen der Bevölkerung dieses Landes zunächst in ein Gesetz zu gießen. Deswegen ist der Aussetzungsantrag meines Erachtens nicht zulässig! – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Es liegt nun der Aussetzungsantrag der Fraktion der CDU vor.

Ich lasse nun darüber abstimmen.

Wer diesem Aussetzungsantrag der Fraktion der CDU seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Aussetzungsantrag der Fraktion der CDU ab.

Ich lasse nunmehr über die interfraktionellen Absprachen abstimmen.

Wer mit den interfraktionellen Absprachen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) ist mit den interfraktionellen Absprachen einverstanden.

(Einstimmig)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor wir nun in die Tagesordnung eintreten, darf ich heute jemanden zum Geburtstag gratulieren, das ist Frau Grotheer von der Fraktion der SPD.

Ich gratuliere Ihnen im Namen des Hauses ganz herzlich zu Ihrem ganz besonderen Tag!

(Beifall)

Das Sie heute unter uns verweilen, das ehrt Sie besonders.

Fragestunde

Für die Fragestunde der Bürgerschaft (Landtag) liegen zwölf frist- und formgerecht eingebrachte Anfragen vor.

Die erste Anfrage trägt die Überschrift „Kennen Bremer Kinder ihre Rechte?“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Dr. Schlenker, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bitte, Herr Dr. Schlenker!