Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

Wer dem Antrag der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 18/142 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 18/164 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Sanierungsvereinbarung zwischen dem Land Bremen und den Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven zur Umsetzung und Einhaltung des Konsolidierungskurses 2010/2020

Mitteilung des Senats vom 29. November 2011 (Drucksache 18/148)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Strehl.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Eversberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir werden heute die Sanierungsvereinbarungen zwischen unseren drei Gebietskörperschaften zur Kenntnis nehmen. Es ist eine Vereinbarung darüber, wie der Sanierungspfad, der ja zwischen dem Land Bremen und dem Bund verhandelt wurde, nachgeordnet zwischen dem Land Bremen auf der einen Seite und den Kommunen Stadt Bremen und Stadt Bremerhaven auf der

anderen Seite geregelt werden soll. Vereinbart werden die bis zum Jahr 2020 jeweils zu erbringenden jährlichen Sparbeiträge der drei Gebietskörperschaften und im Gegenzug die Aufteilung der vom Bund gewährten Konsolidierungsmittel. Vereinbart werden aber auch weitere Maßnahmen zwischen den Gebietskörperschaften, auf die ich gleich näher eingehen möchte. In zehn Schritten müssen das Land und die beiden Städte ihre Neuverschuldung auf null senken, das ist schon ausführlich besprochen worden, und ich glaube, ich brauche jetzt hier nicht mehr darauf einzugehen. Das ist ja eigentlich auch kein Grund zum Jubeln, der Zwang zum Sparen ist für Politiker ja nicht unbedingt ein Grund oder ein schöner Anlass zu reden. Dennoch ist aber der Abschluss dieser Vereinbarung für Bremen und Bremerhaven zumindest ein bemerkenswertes und, ich denke, auch ein gutes Ereignis.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Vor einigen Wochen habe ich schon in der Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven zu dieser Vereinbarung gesprochen. Ich habe dort Bremen sehr gelobt. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Heute möchte ich in meiner Rolle als Bürgerschaftsabgeordneter dieses Lob an Bremerhaven zurückgeben. (Heiterkeit)

So viel Eigenlob sei dann auch erlaubt. Lassen Sie mich dies erläutern! Bremerhaven verpflichtet sich, den Sanierungspfad mitzugehen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, sind doch die Möglichkeiten für Bremerhaven, in größerem Umfang zu sparen, der sozialen Lage geschuldet extrem schwierig und eher kleiner vielleicht als in Bremen. Zudem rühren der Umfang und die Tiefe der gegenseitigen Berichterstattung über den Haushalt und über den Haushaltsvollzug an, vielleicht nicht immer rational erklärbar, aber nichtsdestoweniger vorhandenen Ängsten um die Autonomie Bremerhavens. Die freieste Gemeinde Europas legt sich mit dieser Vereinbarung freiwillig ein Korsett an, ein Korsett, das mir bis vor ein paar Jahren undenkbar schien.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dass es zudem von bekannter Seite Versuche gab, die Unterzeichnung der Sanierungsvereinbarungen an Bedingungen zu knüpfen, zum Glück nach der Wahl im letzten Jahr Geschichte. So viel von hier aus, mein Dank an die Kommune Bremerhaven! Unter dem Strich ist diese Vereinbarung für Bremerhaven aber auch positiv, lassen Sie mich das näher erläutern! Es wird zum Beispiel das Prinzip der Konnexität vereinbart. Dies bedeutet, dass vom Land in der Kommune ausgelöste Aufgaben vom Land auch finanziell zu kompensieren sind.

Im Zuge dieser Vereinbarung wird festgehalten, dass die Vergleichbarkeit der Haushalte verbessert werden soll. Allein hinter dieser kleinen Ankündigung versteckt sich einmal mehr eine ganze Menge Arbeit, die die Verwaltungen in Bremen, aber auch in Bremerhaven geleistet haben und sicherlich auch noch weiter leisten müssen. Für diese Arbeit möchte ich mich im Namen der grünen Fraktionen in der Bürgerschaft und der Stadtverordnetenversammlung ausdrücklich bedanken.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Durch diese bisher nicht vorhandene Vergleichbarkeit ergibt sich für die Zukunft eine große Arbeitserleichterung, wenn zum Beispiel die Finanzbeziehungen der Kommunen und des Landes weiter verhandelt werden müssen. Weiter wird festgehalten, dass die Sanierungsvereinbarungen nur so lange gelten, solange Land und Bund diese einhalten, und dass Bremen sie nicht einseitig ändern darf. Vielleicht ist das fast eine Selbstverständlichkeit, aber es muss eben festgehalten werden! In einer Nebenvereinbarung wurde festgehalten, dass Bremerhaven für Investitionen im Bereich der Versorgung der unter Dreijährigen insgesamt acht Millionen Euro verteilt über zwei Jahre erhält. Ohne diese Mittel hätte Bremerhaven keine Chance, den vom Bund vorgegebenen Anspruch auf Betreuung zu erfüllen. Für mich ist ein wesentliches Element dieser Vereinbarung eigentlich gar nicht in der Schriftform zu finden. Diese Vereinbarung wurde auf Augenhöhe zwischen den Körperschaften vereinbart. Probleme und Problemlösungen konnten in bisher ungewohnter Offenheit, Sachlichkeit und ohne Medienrummel diskutiert werden. Es wird wenig verwundern, dass ich dies auch auf die neue Regierung in Bremerhaven zurückführen möchte, die nun im politischen Einklang mit der Stadtgemeinde Bremen und dem Land agiert. Mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung beweisen die rot-grüne Koalition in Bremen und die nun auch rot-grüne in Bremerhaven, dass sie sich der Verantwortung für die Konsolidierung der Haushalte in den Städten und dem Land stellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

In diesem Sinne ist die Vereinbarung gut, auch wenn sie zum Sparen auffordert, und sinnvoll und sollte beispielhaft für die weitere Zusammenarbeit zwischen Bremen und Bremerhaven sein. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Piontkowski.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ab jetzt muss stramm ge

spart werden, so war das Presseecho auf den Abschluss der Sanierungsvereinbarung zwischen Bremen und Bremerhaven. Das, meine Damen und Herren, ist zutreffend. Die Vereinbarung, so sehen wir das, ist eine Herausforderung und eine Chance zugleich, eine Chance, insbesondere die extremen Haushaltsprobleme, die auch in Bremerhaven bestehen, in den Griff zu bekommen.

(Abg. W i l l m a n n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: In fünf Minuten fordern Sie dann mehr!)

Wir denken, dass eine Lösung der Haushaltsprobleme im Land Bremen nicht ohne die beiden Kommunen Bremen und Bremerhaven eingehalten werden kann. Sowohl im Land als auch in beiden Städten bedeutet das, dass wir den Gürtel enger schnallen wollen und müssen, wenn wir das Sanierungsziel einhalten wollen. Das bedeutet auch, sparen, ohne dass es der Bürger merkt, geht eben gerade nicht und ist reine Augenwischerei. Selbst wenn der Bürgermeister, Herr Böhrnsen, früher etwas anderes behauptet hat, insbesondere vor der Wahl, so hat uns die Realität inzwischen längst eingeholt. Wir haben das auch in den Debatten in den letzten Tagen immer wieder gemerkt, das Wort sparen stand im Mittelpunkt vieler Debatten.

Die Haushaltsprobleme des Landes Bremen, des Stadtstaats Bremen, liegen überwiegend auf der kommunalen Ebene. Wenn man jetzt die Zahlen herunterbricht, dann zeigt sich, dass im Landeshaushalt die Lücke bei nur 484 Millionen Euro liegt, während in den beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven ein strukturelles Defizit von zusammen rund 735 Millionen Euro besteht. Das ist schon enorm. Allein auf die Stadt Bremerhaven entfallen 126 Millionen Euro, auf Bremen 608 Millionen Euro. Der Abbau der Schulden wird daher nur gemeinsam mit den beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven gelingen.

Das Land ist verpflichtet, den Gemeinden eine angemessene Finanzausstattung zu gewähren, so steht es in der Landesverfassung, so steht es aber auch im Grundgesetz, das ergibt sich aus dem Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Mit dieser Verwaltungsvereinbarung wird die Sanierungsvereinbarung auf die kommunale Ebene heruntergebrochen. Für die Stadtgemeinden bedeutet das auch, jetzt wird es ernst mit dem Sparen. Bremerhaven hat sich auf der einen Seite auf einen langfristigen Sparkurs verpflichtet. Jährlich bedeutet das für Bremerhaven 12,6 Millionen Euro, die eingespart werden müssen, auf der anderen Seite bekommt Bremerhaven aber auch seinen Anteil aus den Sanierungshilfen, nämlich 31 Millionen Euro pro Jahr. Es ist ein ehrgeiziges Ziel.

Eine Frage stellt sich mir jetzt – und bei mir ist es immer so, dass ich genau hinschaue –: Welche Gebietskörperschaft soll eigentlich die offenen noch 100 000 Euro aus den jährlichen Abbauschritten des strukturellen Defizits von insgesamt 121,9 Millionen

Euro erbringen? Wenn ich die Einzelbeträge, die die beiden Städte und das Land zahlen müssen, zusammenrechne, dann komme ich auf nur 121,8 Millionen Euro, das allerdings nur am Rande, vielleicht kann das ja noch jemand erklären.

Ich möchte vier Punkte herausheben, die von besonderer Bedeutung sind! Das ist einmal die gleichberechtigte Wahrung der Interessen des Landes und seiner beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven. Auch das ist von meinem Vorredner bereits angesprochen worden. Das bedeutet, Bremen und Bremerhaven müssen sich auf Augenhöhe begegnen. Das gilt auch, wenn es um die Fortführung des kommunalen Finanzausgleichs geht, das steht ab dem Jahr 2013 an. Wir als CDU-Fraktion werden sehr genau ein Auge darauf haben, denn es darf auf keinen Fall passieren, dass es dadurch zu einer Schlechterstellung Bremerhavens kommt.

Wir müssen die unterschiedlichen Ausgangslagen der beiden Städte berücksichtigen, denn auch wenn die Verwaltungsvereinbarung jetzt für Bremerhaven positiv ist, kann es nicht darüber hinwegtäuschen – auch die vielen Investitionen, die in Bremerhaven getätigt worden sind –, dass die soziale und wirtschaftliche Lage in Bremerhaven immer noch deutlich schlechter ist als die in Bremen.

Wir brauchen – das ist Punkt drei, auf den ich hinweisen möchte – auch eine Flexibilität für den Fall, dass sich die Rahmenbedingungen ändern, auch darauf geht die Verwaltungsvereinbarung ein. Wenn Bundesgesetze oder Landesgesetze zu zusätzlichen Belastungen für Bremerhaven führen, aber auch zu Entlastungen, das ist dann die Gegenseite der Medaille, dann muss es eine entsprechende Flexibilität geben. Auch das sagt letzten Endes das Recht auf kommunale Selbstverwaltung.

Schließlich finde ich es gut, und es ist zu begrüßen, dass eine enge Begleitung und Steuerung des Konsolidierungsprozesses durch eine Arbeitsgruppe stattfindet, um rechtzeitig Handlungsbedarfe zu erkennen und gegebenenfalls dann auch gegenzusteuern. Im Ergebnis ist also auch unsere Einschätzung, dass die Verwaltungsvereinbarung positiv für Bremerhaven ist.

Bremerhaven erhält neben den Sanierungshilfen auch noch jene acht Millionen Euro für die Schaffung von Plätzen für unter Dreijährige. Das ist sehr zu begrüßen, allerdings war es auch ein langer Weg dorthin. So, wie ich es jedenfalls vernommen habe, war man hier von Bremen aus – die Finanzsenatorin – zunächst nicht so besonders gewillt, das Geld für den Ausbau der Plätze für unter Dreijährige bereitzustellen, es bedurfte erst erheblicher Proteste aus Bremerhaven. Genauso musste auch der Bremerhavener Stadtkämmerer erst erheblich protestieren und mit einem Nachtragshaushalt drohen. Er hat die Verhandlungspolitik – ja, ich kann es Ihnen nicht ersparen – der Bremerhavener rot-grünen Koalition gegenüber der Bremer Landesregierung öffentlich kritisiert.

Wichtig ist, dass sich jetzt alle an diese Verwaltungsvereinbarung halten und dass Rot-Grün sowohl in der Stadt als auch im Land zeigt, dass es ihm mit der Sparpolitik ernst ist. Ich hoffe, wir können irgendwann etwas davon erkennen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, was ich gerade in solchen Debatten immer extrem schwierig finde, ist, wenn wir selbst als Politikerinnen oder Politiker durch eine sehr unscharfe Beschreibung der Situation dazu beitragen, Begriffsverwirrung zu stiften.

Meine Vorrednerin von der CDU, Frau Piontkowski, und der Kollege von den Grünen haben gesagt, die Sanierungsvereinbarung verpflichtet Bremen und somit auch Bremerhaven zum Sparen, und zwar in den entsprechenden Größenordnungen. Das stimmt nicht! Die Sanierungsvereinbarung verpflichtet Bremen und Bremerhaven zur Reduzierung des Haushaltsdefizits. Das ist ein Unterschied, den sollten insbesondere Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker nicht außer Acht lassen.

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Es geht aber nicht ohne sparen!)