Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben alle unterschiedliche Stellen in der Entscheidung des Staatsgerichtshofs gefunden. Ich will Ihnen meine Lieblingsstelle nicht vorenthalten, sie lautet: „Gelingen kann unter den bestehenden Bedingungen die parlamentarische Arbeit nur durch die Tätigkeit der Fraktionen. Ihre Bedeutung für die parlamentarische Arbeit wird daher auch bereits von der Bremischen Landesverfassung und dem Bremischen Abgeordnetengesetz klar hervorgehoben. Für die Strukturierung der parlamentarischen Arbeit, für die Funktion des Parlaments schlechthin sind sie unentbehrlich; sie sind dessen maßgebliches politisches Gliederungselement. Ohne ihre Koordinierungs-, Integrations- und Kanalisie
Meine Damen und Herren, wir sollten uns dieser Bedeutung der Fraktionen untereinander viel öfter versichern.
Insofern lohnt es sich, hin und wieder einmal die Entscheidung zu lesen. Es gibt auch eine andere Stelle, die nicht meine absolute Lieblingsstelle ist. Diese möchte ich mit Ihrer Erlaubnis ebenfalls kurz zitieren: „Die von den Fraktionen (auch des Teilzeitpar- laments) zu erfüllenden Aufgaben müssen professionell und sachgerecht erledigt werden.“ Darin sind wir uns wahrscheinlich noch einig. Jetzt kommt die Stelle, die ich nicht so gern mag: „Sie würden nach vernünftiger Einschätzung eine einzige Person (Frak- tionsvorsitzender) überfordern.“
Das ist in der gesamten Entscheidung die einzige Stelle, an der der Staatsgerichtshof sich selbst Gedanken darüber macht, wie eine Fraktion sich intern organisieren muss.
Alles, was Sie zitiert haben, Frau Bernhard, ist der Vortrag der damaligen Fraktionen: der SPD-Fraktion mit damals über 30 – gefühlt mehr – Abgeordneten, Bündnis 90/Die Grünen etwas kleiner, aber ich würde einmal sagen, immer noch doppelt so stark wie die LINKEN heute, und die CDU-Bürgerschaftsfraktion, die damals größer war als heute.
Aber alle drei dort vortragenden Fraktionen haben zumindest eine Größe gehabt, die vielleicht nicht ganz dem Betreuungsschlüssel in Kindergärten entspricht. Wenn man einmal nach Vergleichsmaßstäben sucht, Frau Bernhard, so ist das ein Betreuungsverhältnis von einem Abgeordneten auf drei hauptamtliche Funktionsträger innerhalb der Fraktion.
Wenn wir das flächendeckend in unseren Kindertagesstätten und unseren Schulen hätten, hätten wir, glaube ich, wesentlich weniger Probleme.
Größe unserer Fraktionen zugeschnitten. Deswegen irrt Ihr Antrag auch und vermittelt den Eindruck, als hätte der Staatsgerichtshof das entschieden. Die Größe des Fraktionsvorstandes und die Frage, wie viele Stellvertreter und wie viele Fraktionsvorsitzende man hat, hängen definitiv sehr maßgeblich von der Größe einer Fraktion ab, weil das Aufgabenspektrum eines Fraktionsvorstands bei einer großen Fraktion ein ganz anderes ist als bei einer kleinen Fraktion.
Ich will Ihnen ja zugestehen, dass auch in Ihrer Fraktion der politisch-inhaltliche Koordinierungsaufwand vielleicht groß ist. Vielleicht ist er sogar größer als bei uns.
Auf jeden Fall rechtfertigt er nicht ein Betreuungsverhältnis von eins zu drei. Deswegen, glaube ich, muss man die Entscheidung des Staatsgerichtshofs von Anfang bis Ende lesen. In dieser Frage hat er nur entschieden, dass er einen hauptamtlichen Fraktionsvorsitzenden und bis zu zwei Stellvertreter für vertretbar hält. Er hat an keiner Stelle geschrieben, wie Sie den Eindruck hier vermitteln, dass das erforderlich sei.
Deswegen haben wir auch schon bei den Beratungen zum Abgeordnetengesetz in der letzten Legislaturperiode diese Frage diskutiert – übrigens auch in Anwesenheit der LINKEN – und auch bei den Beratungen zum Abgeordnetengesetz schon festgestellt, dass wir uns vorstellen könnten, die Anzahl der Stellvertreter an die Größe der Fraktion zu koppeln. Dies ist im Übrigen auch in einigen Kommunalparlamenten in Deutschland der Fall. Ein 60 Kilometer von hier entferntes Kommunalparlament hat von dieser Regelung Gebrauch gemacht. Dort hängt die Anzahl der anteilig besoldeten stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden auch von der Größe der Fraktion ab. Das ist von Ihnen in Bremerhaven im Übrigen auch noch nie beanstandet worden. Daher glaube ich, dass der von Ihnen erhobene Einwand, es sei verfassungswidrig und stünde nicht im Einklang mit der Entscheidung des Staatsgerichtshofs, falsch ist.
Wir werden heute dem Änderungsantrag nach den Beratungen im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss zustimmen, obwohl der Kollege Tschöpe zu Recht darauf hingewiesen hat, dass wir im Hinblick auf die Vereinbarkeit und Unvereinbarkeit von ehrenamtlicher Tätigkeit in Kammern und Verbänden anderer Auffassung sind. Wir empfinden es insbesondere als schade – wir haben heute Morgen miteinander über die Möglichkeiten des Deputationswesens geredet –, dass jemand, der sich in der Handels- oder Handwerkskammer ehrenamtlich für die Interessen der bremischen Wirtschaft und des bremischen Handwerks einsetzt, in Zukunft nicht als Deputierter unsere Arbeit bereichern kann. Sie haben
Alle anderen Änderungen sind, wie ich finde, als erste Evaluation und gemessen daran, dass wir in der letzten Legislaturperiode eine relativ große Gesetzesänderung miteinander vereinbart hatten, überschaubar. Deswegen komme ich für die CDU-Bürgerschaftsfraktion zu dem Ergebnis, dass wir damals alles richtig gut gemacht haben, und wir sollten uns davor schützen, aus Einzelinteressen die, finde ich, Ausgewogenheit und Modernität dieses Bremischen Abgeordnetengesetzes mit irgendwie politisch motivierten oder parteitaktischen Erwägungen unterfallenden tagespolitischen, aktuellen Diskussionen zu infizieren. Wir haben ein richtig gutes Abgeordnetengesetz, das an Kleinigkeiten nachgebessert wird, aber insgesamt bleibt es vorbildhaft. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen. Ich möchte nur noch einmal darauf eingehen, dass, wenn man etwas zitiert und ein Urteil heranzieht, es einfach in den falschen Kontext gestellt wird. Es ging damals um etwas ganz anderes. Es ist damals klargestellt worden – und das haben wir im Übrigen in anderen Parlamenten auch –, dass die oberste Gerichtsbarkeit festgelegt hat, dass sie glaubt, dass mit maximal drei Menschen in der Fraktionsführung ausreichend bezahlte Funktionsträger in den Fraktionen zur Verfügung stehen, weil – und zwar in Abgrenzung damals gar nicht zu dem, was wir heute diskutieren – sie der Meinung war, dass darüber hinaus erweiterte Fraktionsvorstände, fachpolitische Sprecherinnen und Sprecher eben nicht zusätzlich besoldet werden sollen.
Maximal drei hat aber nie bedeutet, dass es quasi eine verfassungsmäßige Verpflichtung, wie Sie das auch in der Öffentlichkeit insinuiert haben, gibt, dass es nun immer drei sein müssen. Die Entscheidung damals lautete, dass es nicht mehr als drei sein dürfen. Ich finde, dass man so redlich sein muss, diese beiden Aussagen noch als einen Unterschied zu erkennen, denn es sind zwei völlig verschiedene Dinge.
Sie haben den Eindruck erweckt, als ob Sie direkt betroffen seien. Vielleicht muss man Folgendes in aller Deutlichkeit sagen: In dieser Legislaturperiode der Bremischen Bürgerschaft ist die Fraktion der LINKEN von dieser Regelung nicht betroffen. Die Regelung zum Inkrafttreten dieses Punkts besagt ausdrücklich, dass sie zur 19. Wahlperiode eingeführt ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
wird. Wenn Sie ein bisschen optimistischer oder dynamischer wären und ein bisschen mehr nach vorn schauten, dann würden Sie doch sagen: In der nächsten Wahlperiode haben wir mit Sicherheit mehr Abgeordnete, das ist ein Gesetz, das uns gar nicht betrifft. Doch Sie scheinen erhebliche Bedenken zu haben, dass es nach der nächsten Wahl so sein wird.
Im Prinzip ist es ein Entgegenkommen, das ich vollkommen richtig finde, und hier möchte ich mich meinen Vorrednern anschließen, man kann in der laufenden Legislaturperiode die Arbeitsbedingungen von Fraktionen nicht so massiv ändern, da haben sie völlig recht, und dieses Gesetz macht es auch nicht.
Im Übrigen enthält dieses Gesetz eine ganze Reihe von kleineren Anpassungen, die Inkompatibilitätsregelung ist angesprochen worden. Wenn man ein solch umfangreiches Gesetzeswerk wie die Änderung des Abgeordnetengesetzes macht und wenn Sie sich einmal die Mühe machen, den heutigen Gesetzentwurf durchzusehen, dann gibt es ganz viele kleine Nach- und Feinjustierungen, da wird noch einmal die Frage aufgeworfen, was mit den Auszubildenden im öffentlichen Dienst ist und mit etlichen anderen Stellen, die wir damals in der Feinheit nicht geregelt hatten, da müssen einige Anpassungen vorgenommen werden.
Wenn man sich die Dimension der Anpassungen anschaut – und auch da schließe ich mich meinen Vorrednern an –, kann man im Großen und Ganzen sagen, dass die großen Linien in diesem Abgeordnetengesetz sehr geglückt sind. Wir haben ja auch bundesweit viel Lob dafür eingefahren. Ich will gar nicht ausschließen, dass wir im öffentlichen Dienst noch irgendjemanden entdecken, dessen Inkompatibilität in irgendwelchen Eventualfällen in diesem Gesetz noch nicht geregelt ist. Das müssen wir dann, wie heute auch, in einzelnen Paragrafen noch regeln und nachbessern. Mehr steht nicht in diesem Gesetz.
Ich glaube, dass es eine vernünftige Lösung ist, für Sie eine faire Lösung ist, weil Sie nicht betroffen sind. Ich empfehle im Namen der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen diesem Hause, das Gesetz anzunehmen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Bernhard, die von Ihnen skizzierte Staatsform würde mich in der Tat noch einmal interessieren. Ich glaube, die Tschöpokratie – –. Ich würde gern einmal, wenn ich ehrlich bin, mit Ihnen ein Bier trinken gehen! Mich interessiert das ehrlich!
Gestatten Sie mir aber noch eine Anmerkung! Es ist manchmal ein bisschen schwer mit Ihrer Fraktion. Wissen Sie, warum es schwer ist? Weil wir diese ganzen Einzelheiten zum Thema Fraktionsfinanzen bei Ihnen mit insgesamt drei Leuten haben verhandeln müssen und immer wieder Angebote gemacht haben! Ich habe manchmal den Eindruck, dass es auch wirklich schwer ist, Ihre Fraktion zu organisieren. Wir haben diverse Angebote gemacht. Wir sind alle, die wir im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss waren, davon ausgegangen, dass der Beschluss des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss einstimmig ist. Wir haben da alle gesessen, noch einmal in die Runde geschaut, und der Kollege Röwekamp hat den Vorschlag gemacht, dass wir das ab der nächsten Legislaturperiode machen. Es ist gefragt worden: Ist das alles in Ordnung? Da haben alle genickt. Wenn das so ist, dann gehe ich eigentlich davon aus, dass die Fraktion der LINKEN damit einverstanden ist.
Dann gibt es eine Interfraktionelle Besprechung, in der gesagt wird, dass alle einverstanden waren, es ist in Ordnung. Wollen wir das in erster und zweiter Lesung ohne Debatte beschließen, denn diskutiert haben wir es im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss? Da wird auch erst einmal genickt. Und kurz vor der Parlamentssitzung wird dann gesagt: Uns ist aufgefallen, das ist ja irgendwie vielleicht doch nicht so, Teile der LINKEN sind vielleicht doch nicht der Meinung! Ich werbe einfach dafür: Vielleicht könnte ich Ihnen auch an diesem Abend, an dem Sie mir die Staatsform erklären, einige wertvolle Tipps für die Organisation Ihrer Fraktion geben!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Gern würde ich Ihnen die Staatsform der Tschöpokratie erklären. Ich bin von meiner ursprünglichen Profession Historikerin, und insofern muss ich sagen, die Tschöpokratie ist selbstverständlich eine Art von Symbolherrschaftsform innerhalb des demokratischen ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Gebildes, wo man sich innerhalb der männlichen Vorherrschaft ganz gern darauf einigt – ja, natürlich, meine Herren Fraktionsvorsitzenden, darin sind Sie total gut! –, wie man das am besten hinbekommt, dass man das, was man mehr oder weniger macht, gezielt durchsetzt, auch noch demokratisch bemäntelt. Das ist immer wieder wirklich beeindruckend!
Ich möchte noch einmal ganz ehrlich sagen: Mir geht es nicht darum, wir streiten uns jetzt um den zweiten Fraktionsvorsitz, das habe ich vorhin schon gesagt, sondern man muss das Ganze im Kontext dessen sehen, was hier im letzten halben Jahr, in den letzten Monaten, passiert ist. Das hat natürlich eine Stufensystematik. Von welcher Höhe des Fraktionssockelbetrags gehen wir aus, das Nächste kommt, da wird der Fraktionsvorstand gekürzt. Ich frage mich allen Ernstes, was kommt denn als Nächstes?
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen) : Es wird gar nichts gekürzt! Sagen Sie doch einmal, dass das gar nicht in dieser Legislaturperiode gilt!)
Ich muss sagen, das Argument, Sie sind ja gar nicht betroffen, finde ich ulkig. Wenn ich hier nur für Angelegenheiten stehen würde, bei denen ich betroffen wäre, wäre das wahrscheinlich nicht unbedingt die richtige Auffassung von parlamentarischer Arbeit. Das ist doch wohl wahr. Ich schaue mir das ja erst relativ kurzfristig an, es ist ein gutes halbes Jahr.
Sie sagen, es gibt da keine Kontinuität, es ist vielleicht auch schwierig, unsere Partei entsprechend zu führen und abzustimmen. Die Unzulänglichkeiten meiner Partei kenne ich selbst am allerbesten. Da können Sie aber auch getrost vor Ihren eigenen Türen kehren. Da, finde ich, erleben wir momentan ganz viel auf anderen Flanken, da nehmen wir uns nicht viel. Darum geht es mir auch nicht.