Die Situation in den USA ist eine Katastrophe, wenn man sich unter humanen Gesichtspunkten anschaut, wie dort mit Waffen umgegangen wird. Gleichzeitig zeigt sich aber in dieser Haltung auch etwas: Sosehr die Waffen als identitätsstiftend gesehen werden, so ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
sehr ist das Verächtlichmachen der Demokratie, der Politik, derer, die sich in der Politik engagieren, auch ein Bestandteil dieser Gesinnung. Wenn vorhin eine E-Mail zitiert worden ist, so will ich gern einen Interneteintrag aus einem Waffenforum von vorgestern zitieren. Dort ist nach einem an sich eigentlich sachlichen Beitrag ein Zitat aus einem Film hintangestellt worden. Das macht man manchmal gern, dass man an Interneteinträge, an Blogs ein Zitat aus einem Film oder von berühmten Menschen oder von wem auch immer stellt, aber für den, der es abschickt, ist es sehr bezeichnend, welches Zitat man auswählt. Das Zitat lautet: „Hören Sie, ich bin Politiker, was bedeutet, ich bin ein Betrüger und ein Lügner. Und wenn ich Kindern keine Küsschen gebe, dann klaue ich ihnen ihre Bonbons.“
Es heißt, wo einerseits Waffen als absolut wichtiges Kulturgut definiert werden, deren Einschränkungen man nicht als eine absolut untragbare Situation hinnehmen will, so ist die Verächtlichmachung von Politik, die in diesem Land schon einmal ziemlich verheerende Folgen hatte, andererseits etwas, das offensichtlich auch unmittelbar zu dieser Haltung gehört, und beides müssen wir energisch zurückweisen.
Hier findet eine demokratische Debatte statt, in der Opposition und Regierungsfraktionen eine Stimme haben, reden können, in der Argumente ausgetauscht werden. Die SPD und wir Grünen haben bewusst darauf verzichtet, hier jetzt mit unserer Zweidrittelmehrheit Gesetzentwürfe durch den Landtag zu peitschen, sondern einen Antrag bewusst als ein Angebot formuliert, dass alle Aspekte eines solchen Punkts wie der Waffensteuer wirklich ausführlich, sachlich geprüft werden und dass wir erst danach aufgrund der Ergebnisse dieser Prüfung entscheiden, was wir damit machen. Das ist eine bewusste Entscheidung, das ist nicht etwa ein Zufall gewesen. Wir hätte auch sagen können, mit dieser großen Mehrheit, die wir haben, das ist die Geschichte, die wir machen, die wir toll finden und die wir durchziehen, die Opposition soll gefälligst den Mund halten, und dann machen wir das einfach. So ist es natürlich nicht.
Es ist eine schwierige Frage, gerade die Waffensteuer ist eine Angelegenheit, die sehr viele Aspekte für und wider hat, das ist uns, glaube ich, allen bekannt. Deswegen dieses Verfahren, in dem wir demokratische
Wo ich gerade bei demokratischen Prozeduren bin, möchte ich für meine Fraktion auch ein Wort zu dem Beitrag von Frau Motschmann sagen. Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass Petitionen in diesem Haus eingereicht werden dürfen.
Es gibt dort immer, wie Sie als Vorsitzende des Ausschusses wissen, formale Ausschlusskriterien, die Sie selbst auch schon hin und wieder haben anwenden müssen, insofern ist es gar keine Frage, die man grundsätzlich verneinen kann. Natürlich kann eine Petition manchmal gar nicht bearbeitungsfähig sein, kann, wenn sie formalen Kriterien nicht genügt. Ich glaube aber, dass wir in der Regel sehr gut beraten sind, wenn wir Petitionen zulassen, wenn sie unseren eigenen, vom Ausschuss aufgestellten Kriterien genügen, wenn wir sie eingehend beraten und wenn wir am Ende des Tages dann befinden, ob sie abhilfefähig sind oder nicht, und dann im weiteren Verfahren damit umgehen.
Ich glaube, dass wir schon deswegen gut beraten sind, damit so umzugehen, weil wir uns dann eines solchen Verdachts, wie Sie ihn vorhin meines Erachtens zu Unrecht gegenüber dem Kollegen Tschöpe geäußert haben, von vornherein erwehren, dass wir in einen falschen Verdacht gerückt werden, Petitionen von vornherein ablehnen zu wollen. Ich halte es in dem konkreten Punkt für abwegig, dass Sie das behauptet haben, aber ein Schutz gegen diese Behauptung wäre natürlich, dass wir grundsätzlich erst einmal sagen, dass diese Petition bearbeitet werden kann und ganz normal ihren Weg geht. Ob sie dann abhilfefähig ist, wenn wir eine Mehrheitsentscheidung dieses Hauses haben – das müssen auch Sie, Frau Motschmann, dann einräumen, das wird wahrscheinlich dann nicht der Fall sein –, dann wird sie den Weg gehen, wie ihn viele Petitionen, die Sie im Ausschuss behandeln, auch gehen.
Das heißt aber auch, dass wir uns alle auf allen Seiten innerhalb und außerhalb dieses Hauses bemüßigen sollten, in einer solchen Debatte demokratische Grundregeln, Spielregeln, einzuhalten und dass wir bei einem so aufgeheizten Thema gerade sehr darauf achten, wie wir die Wortwahl und den Stil des Umgangs wählen, um am Ende zu einer sachgerechten Entscheidung zu kommen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Aufgrund der Bedeutung dieser Angelegenheit und aufgrund der Tatsache, die Herr Dr. Güldner soeben angesprochen hat, nämlich die demokratischen Grundregeln, beantrage ich namentliche Abstimmung.
Es ist namentliche Abstimmung beantragt worden. Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! An dieser Stelle wollte ich nur Folgendes, auch eher Persönliches sagen: Ich bin von diesem Gesetz unmittelbar betroffen. Ich habe prüfen lassen, ob ich in dieser Frage befangen bin. Das Haus hat bestätigt, dass ich nicht befangen bin, obwohl ich Mitglied eines Sportschützenvereins bin. Ich werde diesem Antrag trotzdem aus zwei Gründen zustimmen. Erstens, ich denke, wir sind es denjenigen, die aufgrund von Verbrechen mit legalen Waffen umgekommen sind, schuldig, dass wir genau prüfen, ob wir eigentlich private Waffen brauchen und, wenn ja, wie man diese vor missbräuchlicher Nutzung schützen kann. Deswegen finde ich die Prüfung dieser Umstände richtig, und ich bin auch ziemlich sicher, soweit ich diejenigen kenne, mit denen ich zu tun habe, dass sie alles tun werden, um die missbräuchliche Nutzung ihrer Waffen einzuschränken. Zweitens, wir prüfen, ob eine solche Steuer sinnvoll ist oder nicht. Ich persönlich bin sehr skeptisch, aber einer Prüfung spricht meines Erachtens erst einmal nichts entgegen. Ich wollte das nur mitteilen, damit nicht hinterher gesagt wird, Herr Rupp schleicht sich aus der Verantwortung. Ich wollte das einfach nur mitteilen und hier als persönliche Erklärung abgeben. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt mehr als zwei Jahre her, dass wir zuletzt über die tragischen Ereignisse in Winnenden diskutiert haben. Ich erinnere daran: 16 Tote, erschossen von einem siebzehnjährigen Schüler, der in den Besitz der Waffe seines Vaters ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
gekommen ist. Ich glaube, wenn man die Zeiten vergleicht, dann hat sich einiges verändert. Ich glaube, viele Beiträge, die heute gehalten worden sind, hätte man damals als schieren Zynismus eingestuft,
erst recht wenn ich daran erinnere, dass es gerade der Sommer des letzten Jahres war, als wir an den schrecklichen Ereignissen in Oslo teilgenommen haben, wo fast 100 Kinder und Jugendliche ums Leben gekommen sind. Nach solchen Ereignissen ist immer die Politik gefragt, ob sie alles getan hat, um dies zu verhindern. Ich glaube, es ist uns allen klar: Wir können nicht die Sicherheit geben, dass sich diese Dinge nicht wiederholen. Wir können nicht alle Amokläufe unterbinden. Manche kann man verhindern, andere nicht. Wir sind aber immer gefragt, ob wir alles getan haben, was wir tun können, um dies einzugrenzen. Ich erinnere daran, dass wir gefragt worden sind, wie es möglich ist, dass man in dieser Bundesrepublik, die, Gott sei Dank, keine amerikanischen Verhältnisse hat, so leicht in den Besitz von Waffen kommt, wie es möglich ist, dass ein Schüler zu Hause zugreifen kann. Wir haben gesagt, es hängt damit zusammen, dass unser Waffenrecht unzulänglich ist. Ich erinnere daran, die Rechtslage war so, dass es bis 2009 nicht möglich war, zu Hause zu kontrollieren, wie die Waffen aufgehoben werden. Es musste immer einen ganz konkreten Tatverdacht geben, dass jemand die Waffen herumliegen lässt. Wie man das erkennen kann, hat sich mir nie erschlossen. Deswegen war es gemeinsam mit der Innenministerkonferenz eine unserer ersten Forderungen an den Bund gewesen, dies zu ändern, und dass wir jetzt in die Lage gekommen sind, verdachtsunabhängig zu kontrollieren, ist eigentlich das positivste Ergebnis dieser damaligen Diskussion.
Was lehrt uns die Erfahrung der letzten Monate? Es ist genau das eingetreten, was wir immer erwartet haben. Das heißt, die Dinge sind nicht in Ordnung. Wir haben insgesamt in Bremen 1 300 Kontrollen durchgeführt, dabei sind 300 Waffen sichergestellt worden, die offensichtlich dort nicht hingehörten, und 500 Bürger haben ihre Waffe freiwillig abgegeben. Das heißt, es ist offensichtlich auch so, dass sehr viele Menschen Waffen zu Hause horten, weil sie sie geerbt haben oder sonst wie dazu gekommen sind, sich aber nicht trauen, damit über die Straße zu gehen, um sie dann bei der Waffenbehörde abzugeben.
Wie gesagt, es sind immer Waffen, die potenziell auch von Dritten genutzt werden können, um bei Amoktaten oder sonst wie eingesetzt zu werden. Deswegen ist es richtig, so vorzugehen, wie wir es gemacht haben, massiv in diese Kontrollen zu investieren. Ich versichere Ihnen, das waren nicht die letzten Kontrollen, sondern wir geben erst Ruhe, wenn wirklich flächendeckend alle Waffenbesitzer aufgesucht worden sind, sodass wir die Sicherheit haben, dass jedenfalls die Schränke da stehen, wo die Waffen auch hineingehören. Wir werden wiederkommen und schauen, ob diese Regeln auch eingehalten werden. Ich glaube, das sind wir unseren Bürgerinnen und Bürgern schuldig.
Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Als ich angefangen habe, gab es hier in Bremen weit über 21 000 Waffen, inzwischen sind wir bei 18 000. Ich finde, das ist ein erster Schritt. Es sind immer noch zu viele, aber wir bleiben daran. Wir machen das, ohne jemanden zu diskriminieren, und das gilt auch gerade, wenn ich nach oben schaue, für Sportschützen und Sportvereine. Sie sind nicht im Fokus der Innenpolitik.
Deswegen ist es notwendig, dass wir auch ganz differenziert mit diesen Dingen umgehen. Die Frage, die wir uns nach Winnenden gestellt haben, war in der Tat: Wer braucht Waffen, und brauchen wir Waffen dieser Art? Jäger? Eigentlich unstrittig, das war nie das Thema gewesen! Dass Bewachungsunternehmen Waffen haben, ist auch nicht strittig, und Sportschützen sind es im Grundsatz auch nicht. Ich sage ehrlich, ich habe kein Problem damit. Ich sehe gern Biathleten. Ich finde, das ist zum Beispiel eine tolle Sportart, es hinzubekommen, sich einerseits auf der Loipe zu verausgaben und andererseits dann die Ruhe zu finden, um zu zielen und zu treffen. Respekt!
Ich bin da kein Fundamentalist, im Gegenteil, ich gehe auch weiterhin zu allen Sportveranstaltungen, wenn ich eingeladen werde. Deswegen ist es auch notwendig, dass wir genau hinschauen. Es ist in dieser Debatte gesagt worden: Wir haben Probleme mit gewissen Waffen! Dies gilt für die großkalibrigen, weil bekannt ist, dass die Durchschlagskraft so immens ist. Sie übersteigt bei Weitem die Kraft der Polizeiwaffen, die Polizei ist dagegen wirklich niedrig eingestuft. Ich habe Probleme mit der Munition. Es gibt normale Mantelgeschosse, aber es gibt auch sogenannte Hohlspitzmunition, in der oben eine Delle ist, damit man besonders große Verletzungen herbeiführt.
Das ist genau das Thema! Indem wir heute über die Frage diskutieren, tun wir alles, um unsere Bürgerinnen und Bürger vor Waffenmissbrauch zu schützen.
Das ist ein Anliegen, zu dem ich leider sagen muss, dass es die Waffenlobby geschafft hat, auch mit der Mehrheit der CDU-Fraktion im Bundestag, unsere Anträge zu verhindern. Deswegen werden wir die Debatte, was wir tun können, auch zukünftig führen, um diese Dinge zu reduzieren.
Ich sage sehr deutlich, für den Sport braucht man das nicht. Gerade meine geliebten Biathleten! Das sind Kleinkalibergewehre, sie brauchen keine großkalibrigen Waffen, um die Scheiben zu treffen. Ich glaube, wenn der Sport sich einen Gefallen tut, dann sollte er auch einmal kritisch hinschauen, ob er alles mitmachen muss, was technisch möglich ist, oder ob er nicht sagt, für uns als Sportler reicht es völlig aus, mit kleinkalibrigen Waffen zu schießen.
Wir sind auf Bundesebene dabei, das elektronische Waffenregister einzuführen. Bremen beteiligt sich daran nicht nur abstrakt, sondern wir haben zwei Mitarbeiter, die das in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit vorantreiben. Es gibt viel mehr Initiativen, die auch in diesem Antrag formuliert worden sind, die richtig sind, und deswegen ist dies kein Thema, das wir damit ad acta legen.
Das letzte Thema, die Frage, der ich nicht ausweichen will, ist die der Besteuerung! Das Parlament hat, wie gesagt, dem Senat den klaren Auftrag erteilt, dies zu prüfen.
Ich versichere Ihnen, dass wir das ergebnisoffen tun werden, und wir werden dem Parlament nach der Prüfung darüber berichten. – Danke sehr!