Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

Von der Fraktion DIE LINKE ist beantragt worden, den Antrag an die Deputationen für Wirtschaft, Arbeit und Häfen – federführend – und für Kultur zu überweisen.

Wer den Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU mit der DrucksachenNummer 18/319, Neufassung der Drucksache 18/215,

zur Beratung und Berichterstattung an die Deputation für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, federführend, und an die Deputation für Kultur überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Überweisungsantrag ab.

Ich lasse nun über den Antrag in der Sache abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU mit der DrucksachenNummer 18/319, Neufassung der Drucksache 18/215, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU)

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(DIE LINKE)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Wärmeatlas für Bremen und Bremerhaven

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 26. Januar 2012 (Drucksache 18/216)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Lohse.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schierenbeck.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Grüne wollen einen Wärmeatlas für Bremen und Bremerhaven. Was ist das genau, und wozu brauchen wir dieses Planungsinstrument?

(Abg. Frau S c h m i d t k e [SPD]: Und die SPD!)

Die SPD auch, zum Glück!

Im Gegensatz zu Straßen, deren Bau lange im Voraus zu planen ist und deren Ausbau in der Regel von der Kenntnis der mehr oder weniger genauen Entwicklung der Verkehre abhängt, gibt es solche Überlegungen im Bereich der Energienetze nur bedingt, vor allem fehlen sie im Bereich der Wärmenetze, auf die ich jetzt eingehen möchte.

Hinzu kommt, dass wir zwar mit immer mehr Autoverkehr rechnen, beim Wärmebedarf unserer Gebäude aber allgemein davon ausgegangen wird, dass sich das Problem bald von selbst erledigt hat, denn durch zunehmende Dämmung brauchen wir – so denken die meisten – bald keine Energie mehr zum Heizen. Schön wäre es! Tatsächlich ist richtig, dass das größte Einsparpotenzial an Energie im Gebäudebereich liegt, und im Jahr 2050 wollen wir unsere CO2-Immissionen um 80 bis 95 Prozent reduziert haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Da darf man dann wirklich nicht mehr heizen.

Wenn wir aber weiterhin pro Jahr nur ein Prozent des Bestands sanieren und auch bei Neubauten noch eine Heizung erlauben, dann werden wir in den nächsten 20 Jahren diesem Ziel nicht sehr schnell näher kommen und müssen uns weiterhin Gedanken darüber machen, wie die Gebäude beheizt werden. Aus diesem Grund fordert die EU in der aktuell diskutierten Energieeffizienzrichtlinie Wärme- und Kältepläne, insbesondere Ausbaupläne für Fernwärme, denn die Genehmigung von neuen Kraftwerken soll nur noch dann möglich sein, wenn diese mit KraftWärme-Kopplung betrieben werden, die Abwärme somit vor Ort genutzt oder in ein Wärmenetz eingespeist wird.

Dieses Thema ist daher sehr wichtig für die Stadt Bremen, denn wir sind ein Stromerzeugungsstandort. Wenn die alten Kraftwerke stillgelegt werden, dann brauchen wir neue Kraftwerke, um die Industrie vor Ort mit Strom zu versorgen, auch dann, wenn der Wind einmal nicht weht. Es wird also Abwärme geben, denn auch Kraftwerke, die – wie an mehreren Standorten in Bremerhaven und Bremen – Müll als Brennstoff einsetzen oder in Zukunft vielleicht Holz oder Biogas, produzieren Abwärme. Diese Wärme kann in einer dicht bebauten Stadt viel besser genutzt werden als auf dem Land. Deswegen kann Bremen Erzeugungsstandort bleiben, wenn die neuen Kraftwerke flexibel sind und genau dann Strom erzeugen, wenn es an Wind- und Sonnenstrom mangelt. Diese Wärme wird in das Netz eingespeist und von dort zu den Verbrauchern transportiert.

Leider hat unser Energieversorger das Thema Fernwärme in den letzten 20 Jahren etwas vernachlässigt. Anfragen nach neuen Anschlüssen wurden gar nicht bearbeitet, weil bevorzugt das Gasnetz ausgebaut wurde. Davon müssen wir jetzt wegkommen,

denn Nah- und Fernwärme sorgen für eine wirtschaftliche Versorgung der Gebäude in der Stadt und für eine Sicherung des Erzeugungsstandortes Bremen.

Der Wärmeatlas ist dabei ein entscheidendes Planungsinstrument. Erfahrungen damit, wie zum Beispiel in Bielefeld, zeigen, dass mit den ausgewerteten Daten eine Prognose für die Wärmebedarfsentwicklung einzelner Gebäude, von Straßenzügen und Stadtteilen vorliegt. Dann kann der Ausbau des Wärmenetzes geplant werden, aber es kann auch entschieden werden, an welchen Stellen der Stadt sich zum Beispiel ein Blockheizkraftwerk wirtschaftlich rechnet.

Bei der Erstellung eines Wärmeatlasses werden alle Gebäude in Bremen und Bremerhaven erfasst, entsprechend ihres Alters einer sogenannten Gebäudetypologie zugeordnet, und es wird abgeschätzt, wie hoch der Energieverbrauch des Gebäudes zum Heizen ist. Diese Schätzung wird mit Absatzdaten an Gasund Fernwärme abgeglichen, und es wird eine Prognose über die mögliche Einsparung bei Sanierungen in den nächsten Jahren gegeben.

Eine Bedeutung wird aber auch die Sanierung des bestehenden Fernwärmenetzes haben. Viele von Ihnen kennen die Stellen in der Stadt, an denen der Schnee schmilzt, weil unter der Straße eine Wärmeleitung verläuft. Hier sind noch Einsparpotenziale vorhanden, die genutzt werden sollten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Je besser wir unsere Gebäude dämmen, desto höher ist der Anteil der Energie, die wir durch die Nutzung der Solarenergie abdecken können. Deswegen wollen wir die Erstellung des Wärmeatlasses nutzen, weil darin viele Gebäudedaten erfasst und ausgewertet werden, um auch transparent zu machen, bei welchen Gebäuden sich die Nutzung von Sonnenenergie, ob aus Solarwärme oder Solarstrom, lohnt. Eine solche Darstellung gibt es bereits für Bremerhaven, sie fehlt aber noch für Bremen.

Meine Damen und Herren, unterstützen Sie diesen wichtigen Baustein, dieses Planungsinstrument für die Energiewende in unseren Städten! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf der letzen Sitzung haben wir darüber diskutiert, welchen Stand wir beim Ausbau der neuen Techno––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

logien der erneuerbaren Energien in Bremen und Bremerhaven erreicht haben. Wir haben festgestellt, dass wir, was unsere Planung angeht, eigentlich sehr gut im Plan liegen, unsere Planziele teilweise schon erreicht haben und teilweise sogar darüber liegen.

Wir haben aber auch angesprochen, dass sich natürlich die Frage stellt, wie es weitergehen wird. Wir haben Zahlen, die wir erreichen wollen, aber wir haben natürlich noch Fragen, in welchen Zeiträumen es technisch umgesetzt werden kann. In dieser Diskussion ist ein Punkt schon mit angesprochen worden – auch heute Morgen noch einmal –: Wenn wir darüber nachdenken, erneuerbare Energien weiter auszubauen, dann stellt sich natürlich in erster Linie die Frage, was wir mit solch einer dynamischen Entwicklung machen können, die wir gerade im Bereich der Solarenergie beobachten und die, obwohl sie jetzt behindert wird, trotzdem gerade für Städte wie Bremen und Bremerhaven noch Ausbaupotenziale birgt. Deshalb ist es aus unserer Sicht zu begrüßen, dass jetzt die bislang nicht bestehende Potenzialanalyse durchgeführt wird, damit wir auch in Bremen sehen können, wo gezielt angeregt werden kann, mit Solarzellen eine zusätzliche Energieproduktion in der Stadt zu implementieren. Ich denke, dass darin noch einiges an Dynamik sein wird.

Darüber hinaus wird sich aber für uns die Frage stellen, was dann sonst noch kommt. Wir alle wollen über kurz oder lang aus dem Bereich der Energieproduktion mittels Steinkohle heraus, weil wir wissen, dass sie trotz aller Modernisierungsmaßnahmen nach wie vor einen hohen Emissionsoutput hat. Irgendwann werden sie nicht mehr bestehen, das sind unsere Ziele, und wir werden vor der Frage stehen, wie es anders gehen kann. Bei diesen Investitionen wird es natürlich um eine Menge Geld gehen, und bevor das für Investitionen in die Hand genommen wird, stellt sich die Frage, was die richtigen Wege sind, um die Energieinfrastruktur zu modernisieren und zu erneuern.

Diese Aufgabe, der wir in der Politik, der aber auch diejenigen, die als Investoren angesprochen sind, dann gegenüberstehen, ist eine doppelt schwierige. Sie erfordert auf der einen Seite eine gewisse Einschätzung, wo die Erzeugungstechnologien und die Übertragungstechnologien hingehen, und sie konfrontiert uns auf der anderen Seite mit der Frage, wie sich der Bedarf, der Verbrauch in den Immobilien, die beliefert werden sollen, entwickelt.

Hier setzt eigentlich genau die Frage eines Wärmeatlas an, nämlich mehr als den Versuch zu unternehmen, diesen künftigen Verbrauch abzuschätzen, wenn man über den Status quo des Heute hinausgeht, und einzuschätzen, wie sich der Energiebedarf der Immobilien in Bremen und Bremerhaven entwickeln wird. Das ist alles andere als eine banale Aufgabenstellung, denn wir haben in Bremen und Bremerhaven einen sehr heterogenen Gebäudebestand, und die Frage, in welchem Umfang Energie durch

Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen eingespart werden kann, stellt sich je nach Gebäudetyp sehr unterschiedlich.

Wenn hier, wie es auch in einigen Kommunen bereits angegangen worden ist, jetzt auch auf wissenschaftlicher Basis ermittelt wird, wie sich dieser Bedarf möglicherweise entwickelt, und versucht wird, über bestimmte Szenarien, die unterschiedliche Ausbaugeschwindigkeiten unterstellen, abzuschätzen, wohin der Weg gehen kann, dann bekommen wir tatsächlich ein Planungsinstrumentarium an die Hand. Dann werden sich solche Fragen, ob es beispielsweise Sinn macht, wie Frau Dr. Schierenbeck angedeutet hat, den Bereich Fernwärme tatsächlich in größerem Stil auszubauen, beantworten lassen. Es wird sich beantworten lassen, ob bei bestehenden Netzen durch Andockung möglicherweise noch einmal Verdichtungsnetze angekoppelt werden können. Es wird aber auch die Möglichkeit geben, gezielt Cluster in der Stadt zu lokalisieren, in denen isolierte Fernwärmenetze mit Kraft-Wärme-Kopplungen ausgebaut werden können.

Das alles sind Dinge, bei denen wir für diese weitreichenden Planungen auf dem weiteren Weg eine infrastrukturelle Grundlage bekommen können. Das ist der Grund, warum wir diese Idee für sehr gut halten und darum bitten, dass diesem Antrag zugestimmt wird! – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ähnlich wie in der Aktuellen Stunde heute Vormittag geht es auch in diesem Antrag um die Umsetzung der Energiewende. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, fordern in dem vorliegenden Antrag einen Wärmeatlas, der uns Auskunft darüber geben soll, wo in Bremen sinnvoll infrastrukturelle Maßnahmen im Bereich der Wärmenetze zu schaffen sind oder wo auch nicht.