Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

Nein, ich kann Ihnen sagen, woher ich es weiß! Am 25. Mai 2010 hat der Senat auf Anfrage der CDU mitgeteilt, dass der größte Teil der Straftaten im Bereich der Einbrüche von Drogenabhängigen begangen wird.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Hört, hört!)

Das hat der Senat am 25. Mai 2010 mitgeteilt, das sollten Sie sich vielleicht anschauen, bevor Sie hier philosophieren und über irgendwelche Dinge reden, von denen Sie möglicherweise keine Ahnung haben.

(Beifall bei der CDU – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Er ist kein Grandseigneur!)

Als Letztes will ich noch einmal darauf eingehen, dass auch der Senator für Inneres gesagt hat, wahr

scheinlich weil er es auf der Veranstaltung in Bremen-Nord auch gesagt hat, der Einbruchschutz muss verbessert werden. Natürlich legen auch wir darauf Wert, dass die Bürger überhaupt in der Lage sind, ihre Wohnungen und Häuser so zu schützen, dass ein Einbruch erschwert wird, aber wir können ihn damit nicht verhindern, darüber sind wir uns, glaube ich, alle im Klaren.

Wenn wir darauf zurückkommen, was Herr Senkal gesagt hat und was ja richtig ist, dass wir in sozial schwachen Gebieten eine Häufigkeit der Einbrüche haben: Wie wollen wir es denn dort hinbekommen? Schauen Sie sich doch Gröpelingen, Hemelingen und andere Stadtteile an! Wie wollen wir es denn dort in den Mehrfamilienhäusern hinbekommen? Wenn Sie jetzt mit den Vermietern kommen: Viel Glück dabei! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich Herrn Senator Mäurer das Wort erteile, darf ich auf der Besuchertribüne die Klasse BfW C, der Berufsfachschule für Wirtschaft, recht herzlich begrüßen.

(Beifall)

Was BfW C ist, erschließt sich mir nicht.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Aber es hört sich gut an!)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was sagt mir die Debatte heute? Ich muss sagen, man hat die Chance eigentlich nicht genutzt.

Das Thema ist ernst. Ich habe große Probleme, denjenigen in die Augen zu schauen, die in dieser Stadt Opfer eines Raubüberfalls geworden sind. Es ist immer das Problem, dass es Einzelpersonen sind, die betroffen sind. Ich erinnere mich daran, dass wir vor zwei Jahren ein tragisches Ereignis in Findorff hatten, als zwei Frauen Opfer eines Mordes eines Menschen wurden, der nur seinen Schrebergarten in Findorff hatte. So war es auch jetzt in Bremen-Nord gewesen, als nachts der Einbruch, der Raub in dem Altenheim passierte, Verletzte, die versucht haben, Schlimmeres abzuwenden.

Vor diesem Hintergrund fällt es immer sehr schwer, schnell auf Statistiken abzustellen, weil – Sie haben es hier auch gesagt – die Folgen verheerend sind, insbesondere natürlich auch für Verkäuferinnen, die morgens oder allein einem maskierten Täter gegenüberstehen, der sie dann mit Messer oder Pistole bewaffnet attackiert. Es sind meistens Frauen, schlecht

bezahlt, die im Zweifel, wenn sie am nächsten Tag nicht wiederkommen, ihren Arbeitsplatz verlieren. Das zeigt die Ernsthaftigkeit dieses Themas. Es sind meistens die unteren Schichten unserer Bevölkerung, die Opfer dieser Entwicklung sind. Damit umzugehen, ist unsere verdammte Pflicht.

Dazu gehört es auch, bei der Wahrheit zu bleiben. Man muss auch erkennen und deutlich sagen, dass wir so gut wie keine Chance gehabt haben, diesen Überfall in Bremen-Nord mit polizeilichen Mitteln zu verhindern, denn die Taten sind oft nicht erklärbar. Es sind Zufälle, wie auch hier, dass jemand einmal in einem Altersheim gearbeitet hat, und so kommt er an diesen Tatort zurück. Das kann man auch nicht mit mehr Personal und mehr Polizeipräsenz verhindern! Das ist die traurige Wahrheit.

Zu dieser Wahrheit gehört auch, dass wir kein aktuelles Problem, kein Problem von Rot-Grün haben. Nein, wir haben ein Problem, das uns seit Jahrzehnten begleitet. Wir haben eine wahnsinnig hohe Eigentumskriminalität in Bremen und Bremerhaven, und niemand von uns hat bisher dieses kleingeredet oder verniedlicht. Zur Fairness gehört es auch zu sagen, es hängt nicht so sehr an den Senatoren. Ich kann auch nicht erklären, warum wir in der Tat 1 000 Raubüberfälle im Jahr haben, das sind fast drei am Tag. Im Vergleich zu anderen Städten ist das gewaltig. Was hilft es mir aber, wenn ich hier erkläre, dass zu den Zeiten meines geschätzten Amtsvorgängers nicht 1 000, sondern 1 500 Raubüberfälle zu verzeichnen waren? Auch das gehört zur Realität. Wir haben heute weniger als vor zehn Jahren, aber ich sage noch einmal, was ich eingangs gesagt habe, das ist kein Argument, um Betroffene zu trösten und ihnen zu helfen.

Deswegen gehört es auch dazu, dass wir sehr klar und deutlich sagen, dass wir hier ein Problem haben, welches nicht allein mit polizeilichen Maßnahmen zu lösen ist. Ich glaube auch nicht, dass es bei meinen Vorgängern anders gewesen ist. Es ist nahezu die gleiche Polizei, die vielleicht etwas älter geworden ist. Es war immer der Ansatz, Kriminalität mit Präventionsmaßen zu verhindern, und damit haben wir auch nicht erst vor 14 Tagen angefangen. Was wir in den letzten Jahren im Bereich Wohnungseinbrüche gemacht haben, ist eine Kette von Präventionsmaßnahmen, die ich hier gar nicht alle aufzählen will. Das gehört dazu.

Wir stoßen aber auch dort an Grenzen und müssen immer wieder schauen, wie wir auf aktuelle Entwicklungen reagieren, denn es gibt keine lineare Entwicklung. Wir sehen, dass sich bestimmte Dinge verändern, es ist hier erwähnt worden. Probleme, die wir seit zwei oder drei Jahren im Fokus haben, entwickeln sich positiv.

Auf der anderen Seite haben wir im Bereich Raub auch Entwicklungen, die auf polizeiliche Arbeit zu

rückzuführen sind. Wir sehen zum Beispiel, dass die Zahlen im Bereich der Tankstellen konstant bleiben, also keine Steigerung. Wir sehen, dass die polizeiliche Präventionsarbeit im Bereich der Spielhallen Früchte trägt. Dort sind die Zahlen rückläufig. Wir haben nur gegenwärtig ein Problem im Bereich des Raubes bei den Geschäften. Das müssen wir angehen!

Es ist letztlich nicht entscheidend, wie viel Personal man insgesamt in dieser Stadt hat. Ich würde natürlich gern zusätzlich 100 oder 200 Beamte einstellen. Sie wissen alle, warum das so schwierig ist. Deswegen ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Beamten, die wir haben, da eingesetzt werden, wo es wirklich relevant ist. Wir haben zum Beispiel vor einem Jahr abgeschafft, dass wir 20 Beamte damit beschäftigen, die Grenzkontrollen in Bremerhaven durchzuführen. Da sitzt jetzt die Bundespolizei und erledigt diese Aufgabe. Es gibt also auch Spielräume mit dem vorhandenen Personal. Wir müssen schauen, ob wir nun wirklich jeden Standort aufrechterhalten, wie viel Personal wir da einsetzen, und das ist das, was wir heute machen.

Wir werden mit massiven Umsteuerungen dafür sorgen, dass wir eine ausreichende Zahl von Ermittlern haben, dass wir in der technischen Unterstützung, was die DNA-Analysen angeht und so weiter, besser werden, denn das ist unser konkreter Beitrag, um die Dinge anzugehen.

Ich sage aber noch einmal – und da beginne ich bei dem, was ich eingangs gesagt habe –, allein mit polizeilichen Maßnahmen können wir dieses gesellschaftliche Problem nicht lösen. Deswegen müssen wir auch in der ressortübergreifenden Arbeit besser werden, mit Soziales und mit Bildung. Wir machen das Intensivtäterkonzept im Bereich der Jugendkriminalität. Alles das sind Ansätze, die das gleiche Ziel haben, Kriminalität zu verhindern und kriminelle Karrieren zu stoppen.

Wir werden der Bürgerschaft bis zum Sommer auch die Ergebnisse vorlegen, was die Auswertung unserer Aktenanalyse angeht. Wir sind zurzeit damit beschäftigt, was in Bremen gut läuft und was nicht, wo die Verfahren liegen. Wir werden dann auch die Frage beantworten, ob es wirklich daran liegt, dass die Justiz ihre Aufgabe nicht erfüllt.

Ich bin in diesem Prozess gefangen, das sage ich sehr deutlich, ich sehe auf der einen Seite das, was hier vorgetragen wurde, aus polizeilicher Sicht. Vieles kann ich nachvollziehen, aber ich glaube auf der anderen Seite auch nicht – ich habe 20 Jahre lang die Verantwortung dafür gehabt, Richter und Staatsanwälte in Bremen einzustellen –, dass ich da nur die Falschen eingestellt habe. Deswegen glaube ich, müssen wir uns dieses Themas annehmen, und wir werden dann bis zur Sommerpause auch diese Ergebnisse einmal evaluieren und hier zur Diskussion stellen. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Damit ist das erste Thema der Aktuellen Stunde beendet.

Ich rufe das zweite Thema der Aktuelle Stunde auf:

Energiewende: nicht auf halbem Weg stehen bleiben.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schierenbeck.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir wollen nicht auf halbem Weg der Energiewende stehen bleiben. Gerade war der Jahrestag der Reaktorkatastrophe in Fukushima. Über das wahre Ausmaß der Katastrophe bestand lange Zeit Ungewissheit. Inzwischen ist aber belegt, dass zwischen dem 11. und 15. März 2011 die größte zivile Freisetzungsmenge an radioaktiven Isotopen in der Geschichte der Menschheit erfolgte.

Deutschland hat aus dem Atomunfall in Fukushima die richtige Konsequenz gezogen und in einem parteiübergreifenden Konsens acht Atomkraftwerke sofort angeschaltet sowie den Atomausstieg bis zum Jahr 2022 beschlossen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Der Weg könnte für eine vollständige Energiewende frei sein, die die Umstellung auf erneuerbare Energien, die Steigerung der Energieeffizienz und die Senkung des Energieverbrauchs zum Ziel hat.

Wir befinden uns aber auch im Jahr Null des Solarausstiegs der Minister Rösler und Röttgen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: So ist es leider!)

Sie haben am 23. Februar 2012 weitere Kürzungen für die Solarförderung und damit das Aus für die Solarindustrie Deutschlands verkündet. Was tut die Bundesregierung da? Das Stromeinspeisegesetz aus dem Jahr 1990 – übrigens eingebracht von CDU und CSU – und das Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG, aus dem Jahr 2000, unter Rot-Grün beschlossen, hatten zum Ziel, den damals noch Nischentechnologien Solar und Windkraft zum Durchbruch zu verhelfen. Dazu wurde eine feste Vergütung des erzeugten Stroms festgeschrieben, die allerdings von Jahr zu Jahr gesenkt wurde, um technologische Fortschritte zu berücksichtigen. Mit großem Erfolg! Der Preis für Sonnenstrom sank von 50 Cent pro Kilowattstunde auf heute etwa 20 Cent pro Kilowattstunde. Ohne Not

soll nun zehn Wochen nach der letzten Kürzung die Einspeisevergütung um weitere 30 Prozent gesenkt werden.

Wir alle haben in den letzten 20 Jahren eine rasante Entwicklung der erneuerbaren Energien erlebt. Als ich im Jahr 1992 drei Monate auf einer Forschungsstation in Spanien gearbeitet habe, glaubte selbst dort unter den Solarexperten kaum einer an den Erfolg der Fotovoltaik und deren Einsatz in Norddeutschland. Die Effizienz der Anlagen stieg jedoch sehr schnell, und der Preis der Module fiel. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Politik Ziele vorgibt, Anreize und Regeln definiert, damit eine technologische Entwicklung in eine gewünschte Richtung möglich ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Vizepräsidentin S c h ö n übernimmt den Vorsitz.)

Die Technologiesprünge bei der Fotovoltaik und der Windenergie waren nur unter den Bedingungen des EEG möglich. Sowohl das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz als auch deutsche Fotovoltaikmodule und Windanlagen waren Exportschlager. Die Technik hat es vom Nischen- zum Massenmarkt geschafft. Es sind allein im Bereich Solar über 100 000 Arbeitsplätze entstanden, nicht nur in der Solarindustrie, sondern auch im Handwerk. Gleichzeitig sind die Module durch Massenfertigung so kostengünstig geworden, dass heute weltweit in Gegenden, die nicht ans Stromnetz angeschlossen sind, Solarenergie die einzige oder die kostengünstigste Art der Stromversorgung darstellt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Warum soll dieser Erfolg nun zerstört werden? Wie wird gegen die Fotovoltaik Stimmung gemacht? Es sind vor allem Konzerne wie RWE, die Solarenergie für „so sinnvoll wie Ananaszüchten in Alaska“ halten und behaupten, „der in einer Mietwohnung lebende Billiglöhner aus Berlin-Marzahn finanziert durch die im Strompreis eingepreiste Solarumlage dem Zahnarzt am Starnberger See die Rendite für seine Solardachanlage“.

Tatsächlich ist es so, dass die Rendite einer Solaranlage im Bereich von zwei bis fünf Prozent liegt, am Starnberger See vielleicht sogar bei sechs Prozent. Diese Renditen reichen aber den Energiekonzernen nicht aus, deswegen hat keiner der großen vier in die Fotovoltaik investiert, und deswegen musste mit der letzten EEG-Novellierung die Vergütung für OffshoreWindstrom erhöht werden, die aktuell höher ist als bei der Fotovoltaik. Da sind nämlich ganz andere Player im Spiel, die bei zugegeben höherem Risiko auch höhere Renditen erwarten.

Alle diese Renditen werden aus einer Umlage auf den Strompreis finanziert. Allerdings hat die Bundes

regierung diese Umlage im letzten Jahr auf weniger Schultern verteilt, was zu einer zunehmenden sozialen Schieflage und extremen Unterschieden bei den Strompreisen führt. Die energieintensive Industrie war schon vorher vom EEG ausgenommen, nun hat die Bundesregierung auch noch die mittelenergieintensive Industrie befreit und damit die Zahl der Unternehmen, die von den Ausnahmen profitieren, verzehnfacht. Wir meinen aber: weg mit den Ausnahmen, gerechte Verteilung von Kosten und Nutzen der Energiewende und Anreize für die Industrie schaffen, damit sie nicht nur billige Energie bekommt, sondern vor allem auch ihren Energieverbrauch senkt!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die aktuellen Kürzungen bei der Fotovoltaik allein sind jedoch nur ein Hindernis für die Energiewende. Mit der vorgelegten Novelle des Kraft-WärmeKopplungsgesetzes werden die Ausbauziele weit verfehlt. Alle Fachleute, im Übrigen auch die von der Bundesregierung beauftragten Gutachter, sind sich hier einig. Die Kraft-Wärme-Kopplung stellt jedoch gerade in Verbindung mit den Wärmespeichern eine ideale Ergänzung zu den erneuerbaren Energien dar. Auch der elementar wichtige Bereich der Gebäudesanierung erfährt nicht die kontinuierliche Förderung, die Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer brauchen. Stattdessen bekommen wir wöchentlich neue Meldungen zu Kürzungen der KfW-Mittel und beim Marktanreizprogramm. Damit werden Investitionen verhindert, statt sie zu fördern, denn viele warten noch auf bessere Konditionen. Müssen sie noch bis zur nächsten Bundestagswahl warten?