Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

Eersten willt wi, dat use Bürgerschaft en Biraat inrichten deit, de sik ganz genau mit use Heimatsproke utenannersett.

Twetens willt wi, dat de Lüer vun de Hoochschool un vun de Medien, vun dat plattdüütsche Institut, vun de Verbännen un vun de Verenen in düsse Biraat gaht, also all de, de so en beten Ahnung vun dat Plattdüütsche hebbt un de use Sproke retten wüllt.

Un unner Punkt dree wüllt wi, dat de, de Ahnung hebbt, in düssen Biraat Saken beschnackt, wie se nu endlich use vun’n Utstarven bedrohte Heimatsproke retten künnt.

Un wenn se gote Vorschläge hebbt, denn schall se de eenmal in Johr us hier vorleggen, un dann künnt wi de hier us geern beschnacken un künnt de ok beschluten. Leve Lüer, ik glööv, so’n Biraat, de kann us echt wieterhelpen. Un deswegen würr ik mi ok freuen, wenn ju use Andrag tostimmen doot.

Leve Parlamentskollegen, ik weet ja, dat de Senoot dor nich veel för ober hett. Dat hebbt wi in de letzten Johren ja al jümmers sehn. Denn jümmers, wenn wi wat för dat Plattdüütsche froogt hebbt oder wenn wi wat beandroogt hebbt, denn hett he dat verschluert, oder he hett seggt, he kann dor nix moken. För de letzte Antrag hett dat veer Johr duert, veer Johr, veer Johr, dat muttst du di mol vorstellen, veer Johr hett dat duert, bit he öberhaupt en Antwoort geben hett.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ich bitte, das zu Protokoll zu nehmen!)

Veer Johr hett dat duert, bevor he öberhaupt eerstmal ne Antwort geben hett. Dat is eegentlich unglücklich.

Liebe Parlamentarier, ji willt doch ok, dat wi dat Plattdüütsche schützen willt un stützen willt. Ik weet, dat ji dat ok willt. Un dor mag ik mi ok denn mal bi Sükrü Senkal bedanken, de sik dor wirklich insett, un de annern ok all.

(Beifall)

Jo! Dat mutt man hier ok mal seggen. Ik weet, in joon Harten willt ji, dat wi dat wietermookt. Deswegen bitt ik jo, stimmt doch usen Andrag to, un denn künnt wi en littjen Schritt moken, dat wi villicht bi dat Plattdüütsche wieter vorankummt. – Vielen Dank!

(Beifall)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Garling.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Frank Imhoff, eigentlich müsste ich meinen Mann jetzt hier hinstellen, der spricht nämlich perfekt Platt. Er hat Hochdeutsch erst in der Grundschule gelernt, und das hat ihm auch ein paar Probleme eingebracht, das muss ich ehrlich sagen. Ich bin zwar auf dem Land geboren, und meine Großeltern haben nur Platt geschnackt, aber irgendwie ist davon nichts hängen geblieben. Wussten Sie eigentlich, dass Emnid eine Umfrage gemacht hat, welches eigentlich der beliebteste Dialekt in Deutschland ist? Das Ergebnis ist sehr interessant, denn Plattdeutsch liegt auf Platz zwei mit 32 Prozent, auf Platz eins liegt Bayerisch mit 44 Prozent, das nehmen wir zur Kenntnis, das muss man nicht verstehen, auf Platz drei liegt der Berliner Dialekt, auf Platz vier das Schwäbische und auf Platz fünf Sächsisch. 62 Prozent der Befragten gaben an, dass Dialekte die deutsche Sprache bereichern; 78 Prozent finden es positiv, wenn jemand einen Dialekt spricht; 51 Prozent der 14- bis 29-Jährigen finden allerdings, dass Dialekte die Kommunikation erschweren. Meine Damen und Herren, deutsche Dialekte sind farbenreich, lebendig, kraftvoll, ausdrucksstark und eine ganz besondere Quelle von Humor, obwohl ich weiß, dass man das nicht immer so gern hört, weil man Sorge hat, dass die Sprache verniedlicht wird, das darf man natürlich nicht. Dies wird allgemein anerkannt. Wir müssen trotzdem feststellen, dass in Bremen heute nur noch neun Prozent das Plattdeutsche sehr gut beherrschen, 1984 waren das noch 33 Prozent. Plattdeutsch war besonders in ländlichen Gebieten vor 50 Jahren noch Muttersprache, heute ist es im Höchstfall noch Großmuttersprache. Die Tendenz ist weiter rückläufig, wie wir alle wissen. Vor diesem Hintergrund hat die CDU den Antrag zur Einrichtung eines Beirat Platt absolut berechtigt eingebracht. Es ist zwar nicht wirklich Ihre Idee, Herr Imhoff, denn sie stammt ursprünglich von unserem Abgeordneten Senkal, der gegen Ende der letzten Legislaturperiode diesen Antrag schon in die Bürgerschaft einbringen wollte.

(Zuruf des Abg. I m h o f f [CDU]) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Leider konnte über den Antrag nicht mehr abgestimmt werden, aber das ist jetzt auch egal, jetzt machen wir es eben in dieser Legislaturperiode. Fakt ist, dass andere Bundesländer beim Schutz der niederdeutschen Sprache schon deutlich weiter sind als wir. In Schleswig-Holstein gibt es einen Landesplan Niederdeutsch, und in Hamburg gibt es Plattdeutsch als Unterrichtsfach in der Schule. Nun ist es in der Tat an uns, einen Schritt weiter zu gehen. Inzwischen hat sich in Bremen ein runder Tisch mit dem Namen „Plattdütsch für Bremen und Bremerhaven“ gegründet, dessen Mitglieder ich auf der Tribüne auch ganz herzlich begrüßen möchte. (Beifall)

Die Mitglieder dieses runden Tisches warten schon länger darauf, dass wir hier aktiv werden mit diesem Beirat Platt, an dem sie sich dann entsprechend beteiligen wollen. Fakt ist, dass Bremen sich neben vielen anderen Bundesländern im Rahmen der Unterzeichnung der Charta für Regional- und Minderheitensprachen des Europarats verpflichtet hat, das Niederdeutsche zu schützen und zu erhalten. Natürlich ist die niederdeutsche Sprache ein wichtiger Teil unserer regionaler Kultur und muss einen festen Platz behalten in unserer mehrsprachigen Gesellschaft.

Es ist ja auch nicht so, dass wir bei null anfangen. Auch in Bremen gibt es schon Initiativen im Kindergarten, in der Bildungslandschaft, an der Hochschule, und in den Medien gibt es durchaus gute Beispiele für den Erhalt des Plattdeutschen. Es macht trotzdem durchaus Sinn, dies durch die Einrichtung eines Beirats für Plattdeutsch weiterzuentwickeln.

Man darf sich aber auch nichts vormachen. Eine Sprache lässt sich nicht verordnen. Sie wird nur dann angenommen, wenn sie neugierig macht und man sie wirklich auch gern spricht. In unserer städtischen Gesellschaft sieht es so anders aus als in ländlichen Gebieten. Es gibt in Bremen viele Kinder, bei denen es in erster Linie darauf ankommt, die deutsche Sprache grundsätzlich zu erlernen, damit sie überhaupt eine Chance auf Teilhabe an Bildung in der Schule haben können.

(Beifall bei der SPD)

Trotzdem müssen wir uns dafür einsetzen, dass ein wichtiger Teil unserer Sprachkultur nicht gänzlich verloren geht. Daher halten wir als Fraktion der SPD die Einrichtung eines Beirats für Plattdeutsch für ein gutes Instrument, dem wir heute auch hätten zustimmen können. Es ist jedoch für uns auch in Ordnung, dies noch einmal in der Deputation für Kultur fachlich zu beraten. Wir stimmen daher einer Überweisung dorthin zu. Wir gehen davon aus, dass wir diese Beratung in der Deputation zeitnah vornehmen können, sodass wir im Anschluss daran hier in der

Bürgerschaft einen entsprechenden Beschluss fassen können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, Daams un Herrn, leve Lüüd! Die Fraag is: Spraak un de Erhalt vun en Sprook, vun Plattdüütsch. Ik heff mal nakeken, wat de groten Denkers da seggt hebbt. De Een seggt, Spraak is bloß en Warktüüch, um to quasseln un um de Realität to begriepen un to beschrieven. Wenn dat so is, denn is dat ok egool, in wat för en Sprook wi schnacken doot. De Annern seggt, Sprook is mehr as en dodes Warktüüch. De Sprook is för de Lüüd en Deel vun ehr Tradition, en Deel vun ehr egenen Welt, un mit Sprook doot se ok de Welt verännern.

Wenn dat so is, denn is dat nich egool, in wat för en Sprook wi schnacken doot, un wenn dat so is – un ik denk, dat is so –, denn is Plattdüütsch en Deel vun unse Welt un schall nich de Ogen tokniepen. Un ik heff mal nakeken, wat de olle Marx dorto seggt hett. He seggt: Sprook entsteiht ut dat Bedürfnis un de Nootdurft, mit annern Lüüd to verkehrn. Ik lees dat un denk: Notdurft, dat is doch, wenn du ut de Böx müsst. Wat hett dat mit Sprook to doon?

(Heiterkeit)

Notdurft – un denn denk ik: Kloor, so is dat, genau so! Dat süht man an de Friesen. De snackt bloß ut Notdurft, wenn dat nu gor nich mehr anners geiht. De seggt bloß „Moin!“.

(Heiterkeit – Beifall)

De seggt bloß „Moin!“. Un wenn ener „Moin, Moin!“ seggt, denn is dat en Sabbelmors.

Nu will de CDU en Biraat up Plattdüütsch. Ob dat helpen deit, dat weet ik ok nich. Aber wi willt mal nich pennschietrig sien un de Andrag tostimmmen. – Vielen Dank!

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Werner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann damit nicht dienen, man kann das auch gar nicht übertreffen, deswegen werde ich das gar nicht versuchen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schlägt vor, den Antrag der CDU an die staatliche Deputation für Kultur zu überweisen, um dort noch einmal genauer zu klären, was dieser Beirat tun soll oder tun kann,

welche Funktion er im Verhältnis zu den Senatsressorts, welche Funktion er im Verhältnis zu den EUGutachtern hat.

Ich gehöre absolut nicht zu denen, die Plattdeutsch irgendwie für bäuerlich, ländlich oder rückwärtsgewandt und tümlich halten, wie das der Beirat für niederdeutsche Sprache festgestellt hat, dass es da viele gäbe, die das so sehen. Ich habe es immer wieder einmal von meiner Oma gehört. Ich habe als Kind und Jugendlicher vor dem Radio fasziniert plattdeutschen Hörspielen oder diesen „Hansawellen“-Nachrichten auf Plattdeutsch, die es heute auch noch gibt, zugehört. Irgendwann habe ich diese Sprache auch verstanden, immerhin, obwohl ich, weiß Gott, kein Sprachtalent bin und zugeben muss, außer Hochdeutsch ist das bisher die einzige Sprache geblieben, die ich wirklich auf Anhieb verstehe. Es mag sein, und es ist wahrscheinlich so, dass sie mir familiär und regional eben besonders nah war und lag.

Deswegen finde ich das Plattdeutsche erhaltenswert und fördernswert. Ich glaube, dass das auch noch immer so ist. Wir sehen und erleben ganz zeitgemäße und moderne Popkünstler wie Ina Müller oder „De Fofftig Pens“, die plattdeutschen Hip-Hopper, die ich auch selbst veranstaltet habe, ich habe auch Theaterstücke mit Shanty-Chören schon mehrfach inszeniert.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das macht ja nichts!)

Nein! Das macht überhaupt nichts, das macht Spaß. Es ist mindestens eine Kulturform. Ich glaube, es ist mehr als eine Kulturform. Es gibt ein wunderbares Buch, das ich eben gerade dem Kollegen mitgebracht habe aus der Bremer Kreativwirtschaft, das vor zwei Jahren erschienen ist. Ich finde, das alles sind spannende Formen, und Sie sehen, ich bin da ideologisch ganz entspannt, genauso wie sich der Bundesrat für Niederdeutsch es sich wünscht von uns Politikern und Entscheidungsträgern. Ich bin wirklich gern dabei, diese Kulturform auch zeitgenössisch, State of the Art, aufzuladen und mich der zu widmen und sie als mehr zu sehen als „Haifischbar“ und Ohnsorg-Theater.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob wir heute Menschen, die Plattdeutsch sprechen, noch diskriminieren. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es überhaupt noch jemanden gibt, der sich in Behörden wirklich nicht verständlich machen kann, wenn er da kein Platt sprechendes Gegenüber findet. Ich glaube, wir sprechen aus meiner Sicht von einem erhaltenswerten Sprachgefühl, einer Sprachfantasie, die bestimmt auch förderlich ist, sich überhaupt mit Sprache zu beschäftigen und auch andere Sprachen zu lernen. Dass die UNESCO Platt zu den bedrohten Sprachen zählt, verstärkt auf jeden Fall das Faszinosum.

Dieser dritte Staatenbericht zur Charta der Minderheitensprachen, den ich inzwischen gelesen habe, konstatiert für Bremen durchaus in der Kulturförde

rung, in der Wissenschaft und in den Medien Schritte, die Bremen gemacht hat und die dort anerkannt werden. Im Bildungsbereich wird kritisiert, dass da noch nicht genug passiert oder dass das nicht grundsätzlich genug passiert. Für mich ist die Frage, ob man den Trend aufhalten oder umkehren kann, dass diese Sprache aus der Mode kommt, um es vorsichtig zu sagen – andere sagen, dass sie ausstirbt –, und wie man das aufhalten kann. Ich glaube, das ist durch einen kulturellen Einsatz der Sprache und für die Sprache möglich und sinnvoll. Ich finde, wenn wir über Sprachunterricht in Schulen sprechen, dann ist mir erst einmal Deutsch ganz wichtig und dann ist mir zweitens Englisch oder Spanisch auch noch wichtiger als Platt, muss ich ehrlich sagen. Inklusion und Medienkompetenz, das sind Themen, die in den Schulen ganz wichtig sind, ich bin mir nicht so sicher, ob Platt da an vorderster Stelle stehen muss. Ich finde aber, dass man das diskutieren muss und diskutieren soll. Ich wünsche mir einen Beirat Platt, dessen Funktionen klar sind, für den klar ist, was er von welchen Behörden in Bremen verlangt, wie oft zu welcher Zeit. Das würde ich gern in der Kulturdeputation genauer besprechen und festlegen, auch wer die Mitglieder in diesem Beirat sind, um ihn zeitgenössisch zu halten und zu bekommen. Deswegen möchten wir den Antrag der CDU in die Kulturdeputation überweisen, dort noch einmal die geeigneten Instrumente beraten und konkretisieren, um am Ende nicht einfach nur ein mahnendes und sterbebegleitendes Gremium zu installieren, das eigentlich keine große Funktion und Wirkung hat. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, liebe Froons un liebe Mannslüer! Ik mutt noch wat to Herrn Werner seggen, un twar folgendermaten: He hett jo even seggt, dat em dat Düütsche und dat Ingelsche wichtiger wör as dat Plattdüütsche. Dat kann ik ok verstohn

(Abg. W e r n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: In der Schule!)

in de School, jo, dat meen ik ok! –, un dat ünnerschriev ik sogar. Avers, wenn in de School dor so een Wahlpflichtfach anbeden ward, un da bed ji Türkisch oder Russisch an, dann bün ik de Menen, da kunnt wi ok Plattdüütsch anbeden. Dat ist mien Menen.

(Beifall bei der CDU)

Ik finn dat een beeten schood, dat we hier hüüt dat nich beschleeten kunnen. Jedenfalls dat de Mehr––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

heit dat nich beschleeten wull, finn ik een beeten schood, avers ik bün jo jümmers froh, dat ji dat nich afwiesen doot un dat we dat överwiesen wullt. We stimmt düssen Överwiesen ok to, avers ik mag ji dringend an’t Hart leggen: Lüüd, latt dat nich all wedder för veer Johr legen, und mok dat nich dot! Sowat hebbt we all wedder belevt. Nich dotmoken! Wenn we dat nu dor ringeevt, wullt we dat bums wedder hier hebben, so dat we hier Ergebnisse hebbt, okay? – Bessen Dank!

(Beifall)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Staatsrätin Emigholz.

Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren! Herr Imhoff, auch wenn ich kein Platt spreche, verstanden habe ich Sie. Sie möchten, dass diese Initiative nicht totgemacht wird, das verstehe ich sehr gut. Ich denke, dass es auch nicht sinnlos war, in den letzten Jahren darüber zu debattieren, denn es hat sich etliches getan.