Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Deshalb werden wir auch die Änderungsanträge sowie den Generalantrag der LINKEN ablehnen. 160 Millionen Euro mehr an Krediten aufzunehmen, halten wir nicht für verantwortungsvoll, und das umso mehr, als DIE LINKE in ihrem mehrseitigen Antrag erklärt, das Beschreiten des Konsolidierungspfades sei schon gescheitert. Nach meiner Einschätzung möchte sie damit offensichtlich einen Beitrag zur Verschärfung der Haushaltsnotlage liefern. Das kommt für mich einer Kapitulation vor der finanzpolitischen Situation gleich, und ich kann für die Koalition nur sagen,

wir haben Bremen und Bremerhaven noch nicht aufgegeben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die CDU hat uns bei der ersten Lesung vorgeworfen, wir würden Politik nur verwalten und nicht gestalten, dabei haben Sie die Schwerpunktsetzung ausgeblendet, das haben Sie schon immer getan. Sie haben damals in Ihrem Generalantrag eigene Schwerpunkte benannt – interessanterweise kommt bei Ihnen der Wissenschaftsstandort Bremen und Bremerhaven gar nicht vor, das habe ich hochinteressant gefunden –, aber zu konkreten Haushaltsanträgen, auch nur in einem Punkt, sind Sie nicht gekommen. Sie verstecken sich hinter einer Globalpolitik, das Detail ist Ihnen zu lästig, insofern brauchen wir bei Ihnen nichts mehr abzulehnen, Sie legen ja nichts vor.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich möchte noch auf einen besonderen Aspekt der Haushalte zu sprechen kommen, das ist der Bereich des Personals, dessen Kosten mehr als ein Viertel der Gesamtkosten ausmachen. Uns ist bewusst, dass wir den Beschäftigten einiges zugemutet haben, eindeutig, manches haben wir aber auch in Angleichung an die gesamtgesellschaftliche Realität getan, wie zum Beispiel die Erhöhung der Lebensarbeitszeit. Wir wissen aber auch, dass wir einen qualifizierten und motivierten öffentlichen Dienst brauchen. Das ist übrigens einer der Gründe, weshalb wir die Ausbildungsquote nach wie vor bei 8,5 Prozent halten.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Trotzdem kann der Personalbereich von den Sparbemühungen nicht ausgenommen werden. Die Veränderungen müssen allerdings so gestaltet werden, dass Arbeitsabläufe verschlankt werden und es möglichst nicht zu einer Arbeitsverdichtung kommt. Wir erkennen aber schon jetzt, dass das ursprüngliche Ziel, 800 Stellen tatsächlich abzubauen, nicht eingehalten werden kann. Es werden voraussichtlich 400 Stellen sein. Das hat auch einen eindeutigen Grund: Zur Erfüllung staatlicher Aufgaben bedarf es qualifizierten Personals und das in ausreichender Stärke.

Nach meiner persönlichen Überzeugung werden wir über die sogenannte PEP-Quote neu befinden müssen.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir werden uns fragen müssen: Was wollen, was müssen, was können wir uns an staatlicher Aufgabenerfüllung leisten und was nicht? Diese beiden Haus

halte, die Ihnen jetzt vorliegen, beinhalten die PEPQuote im Prinzip noch so, wie sie bisher war. Das wird nach meiner Überzeugung aber auf Dauer nicht mehr so gehen.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir werden eine Diskussion über die öffentliche Aufgabenwahrnehmung führen müssen.

Zurückkommend auf die beiden Haushaltsentwürfe: Wir sehen uns auf dem richtigen Weg, auf dem Weg der Konsolidierung mit der Setzung von Schwerpunkten. Die beiden Haushalte 2012 und 2013 leisten dazu ihren Beitrag. Ende des Jahres 2013 werden wir das Finanzierungsdefizit von 1,2 Milliarden Euro auf 700 Millionen Euro reduziert und die Situation der jungen Menschen in unseren Städten verbessert haben. Ich bitte Sie daher um die Zustimmung zu den Haushaltsentwürfen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Finanzressorts und der Bürgerschaftsverwaltung anschließen. Die Beratungen waren nicht nur effizient und erkenntnisreich, sondern sie haben auch Spaß gemacht, und das kann man bei der Arbeit hier im Haus wirklich nicht immer sagen. Ganz herzlichen Dank dafür!

(Beifall)

Wenn wir heute über die Haushalte des Landes und der Stadt Bremen sprechen, wenden wir uns nicht nur an die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, sondern ebenso auch an den Bund und die anderen Bundesländer, denn die erste und grundsätzliche Frage, die wir bei diesen Haushalten beantworten müssen, ist ja: Genügen sie den Vereinbarungen des Konsolidierungswegs, die wir mit ihnen besprochen und abgeschlossen haben? Unsere Antwort ist eindeutig: Ja!

Die Neuverschuldung liegt nach den vorliegenden Entwürfen um 130 Millionen im Jahr 2012 und knapp 200 Millionen Euro im Jahr 2013 unter den errechneten und vereinbarten Zielmarken, und wir haben sie auch im Jahr 2011 deutlich unterschritten. Da kann ich nur sagen, von wegen jetzt schon gescheitert, verehrte Kollegen von der LINKEN, das hätten Sie zwar gern, aber das Gegenteil ist der Fall!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Nicht wir, sondern andere stellen derzeit die Geschäftsgrundlage der Vereinbarungen infrage. Denjenigen, die immer noch nicht verstanden haben, dass keine Zeit für Steuergeschenke und solche Verrücktheiten wie das Betreuungsgeld ist,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

und denjenigen, die wieder einmal den Finanzausgleich infrage stellen, muss doch klar sein, wer den Finanzausgleich aufkündigt, der verlässt die föderale Grundidee von Ausgleich und gemeinsamer Haftung, den Grundgedanken gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Deutschland, der ja auch der Föderalismusreform II zugrunde gelegt wurde. Wir nehmen unsere Verpflichtung daraus ernst, das zeigt die Debatte heute, deswegen können wir auch mit Fug und Recht erwarten, dass sich auch andere daran halten.

Ich finde, es wäre schön, wenn auch die hiesige CDU wieder zur Unterstützung bremischer Interessen zurückkehren würde. Ich sage das auch unter dem Eindruck Ihrer abenteuerlichen Begründung der Ablehnung gemeinsamer Bund-Länder-Anleihen hier vor zwei Wochen, bei der Sie jedes Verständnis von föderaler Finanzordnung haben vermissen lassen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir sind im Plan deutlich unter der Zielmarke. DIE LINKE möchte, dass wir davon mindestens 70 bis 110 Millionen Euro jährlich mehr für Stellen im öffentlichen Dienst und andere Dinge ausgeben, die nach ihrer Auffassung zwingend notwendig sind. Wir werden das nicht machen! Ich entschuldige mich und uns auch nicht dafür, denn erstens würde das unsere Zinsen erhöhen, zweitens gingen wir damit neue langfristige Verpflichtungen ein, die uns einen Erfolg in den übernächsten Jahren völlig unmöglich machen würden – das wollen Sie, das ist klar! –, und drittens brauchen wir einen Abstand zu jenen Grenzen, die ja auch bedeuten, 300 Millionen Euro haben oder nicht.

Ich komme damit zu den viel besprochenen Risiken der Zukunft, die auch der Kollege Liess schon angesprochen hat! Niemand musste die Risiken aufdecken, der Senat hat sie alle von Anfang an benannt. Solche Risiken sind die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, die Steuereinnahmen, die Höhe der Gehaltssteigerungen, die Zinsen, die Sozialausgaben, die Konflikte im Nahen Osten wegen der Energiepreise und verschiedene Risiken in Einzelhaushalten.

Uns wird vorgeworfen, wir würden für diese Risiken nicht vorsorgen. Keine Landesregierung, weder diese noch andere, kann ernsthaft gegen die Risiken einer solchen ungewissen Zukunft „vorsorgen“. Es wäre – ich sage es noch einmal! – für die Tarifparteien auch nicht klug, schon vorweg eine hohe Zahl zu

nennen. Wir haben aber durchaus eine Risikovorsorge von jeweils neun Millionen, die wir aber noch nicht den Ressorts zuteilen. Es wird ja manchmal so getan, als würden wir durch eine angeblich mangelnde Risikovorsorge Geld verschenken. Das Gegenteil ist auch hier der Fall! Unser Haushalt ist das klare Signal an die Ressorts: Wir erwarten, dass sie zunächst einmal selbst alle Anstrengungen unternehmen, mit den Haushaltsanschlägen auszukommen, und dann weitergehende Risiken nachweisen müssen. Der Senat hat in seinem Bericht an den Stabilitätsrat, der uns ja auch zur Kenntnis gegeben worden ist, ausgeführt, „dass die Freie Hansestadt Bremen die rechnerischen Spielräume nicht zur Lockerung ihrer Ausgabenpolitik nutzt beziehungsweise zukünftig nutzen wird“. Die großen objektiven Unsicherheiten erfordern es, für Bremen die dann notwendigen Handlungsmöglichkeiten zu erhalten. Ich finde, das ist eine gute und solide Haushaltspolitik.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die Aufgabe besteht darin, die Differenz zwischen den Einnahmen und den Ausgaben schrittweise bis auf null zu verringern. Dafür muss man die Ausgaben begrenzen, das ist klar, und die Einnahmen erhöhen. Bei den Einnahmen spielt die Musik bekanntlich beim Bund. Ich gebe Ihnen einmal kein kleines Beispiel dafür: Für die Zeit seit dem Jahr 2009, geschätzt bis zum Jahr 2013, führt allein die Steuergesetzgebung des Bundes der letzten Jahre zu Mindereinnahmen von knapp 900 Millionen Euro für Bremen. Das sind nach den Schätzungen die Zahlen des Bundes selbst. Sie können sehen, welche Bedeutung das für Bremen hat. Übermorgen geht es im Bundesrat erneut um ein Steuersenkungsprogramm der schwarz-gelben Regierung. Unsere Haltung dazu ist klar, wir sind für eine verfassungskonforme Anhebung des Steuergrundfreibetrags. Es kann auch Korrekturen im unteren Einkommensbereich geben, wenn man das aber macht, dann muss es durch Mehreinnahmen im höheren Einkommensbereich ausgeglichen werden. Es muss solide gegenfinanziert werden. Nur so geht es!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es wird wirklich Zeit für eine neue Mehrheit im Bund, die durch gesetzliche Mindestlöhne und Steuerreformen für mehr soziale Gerechtigkeit und solide Staatsfinanzen sorgt. In diese Richtung gesagt, da sind wir uns ja einig, aber ich kann mir doch nicht unser Wahlprogramm schon als Einnahmen in unseren Haushalt schreiben, das geht nun wirklich nicht. Was wir in Bremen selbst entscheiden können, machen wir. Wir haben in der letzten Legislaturperio

de die Grunderwerbssteuer und die Vergnügungssteuer erhöht, wir haben die sogenannte Citytax eingeführt, wir passen regelmäßig Gebühren für staatliche Dienstleistungen an und werden in diesem Jahr auch vorbereiten, dass die Müllgebühren angehoben werden, die sehr lange unverändert waren. Die Koalition wird in der Stadt Bremen die Gewerbesteuer anheben, nach Auffassung der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen eher früher als später. Wir sind überzeugt, dass diese Gebühren und Steuern ausgewogen und für Leistungen des Staates erhoben werden, die am Ende jedem Einzelnen und auch dem Ganzen zugutekommen.

Die Koalitionsfraktionen übernehmen den Vorschlag des Senats, die Mehrausgaben des Tarifabschlusses für die kommunalen Beschäftigten aus Steuermehreinnahmen zu finanzieren. Wir halten das für gerechtfertigt, weil es da einen engen Zusammenhang zwischen Wirtschaftsentwicklung, Steuereinnahmen und Tarifabschlüssen gibt. Wir gestehen damit allerdings auch ein, dass wir das nicht durch Personaleinsparungen erbringen können. Das ist in der Tat so! Der öffentliche Dienst ist natürlich in Leistungen und Aufwendungen immer das Herzstück staatlicher Haushalte, und es wird zunehmend deutlicher – der Kollege Liess hat darauf hingewiesen –, dass die Personaleinsparungen nicht einfach wie in den vergangenen Jahren weitergehen können, obwohl es auch schon da nicht einfach war, nicht dass es missverstanden wird.

Die berühmten Personaleinsparungsquoten sind immer komplizierter anzuwenden. Große Bereiche wie die Feuerwehr, die Polizei, die Schule sind ausgenommen, stattdessen sind strukturelle Einsparungen verabredet. Wir wissen aber alle, dass sie auch nicht einfach zu erbringen sind. Ich bin ja offen für die Diskussion über die Frage der PEP-Quote, wir müssen dann allerdings etwas Besseres finden, das ist auch klar!

Der Gesamtpersonalrat hat zuletzt im Haushaltsund Finanzausschuss vorgetragen, dass das Ende erreicht und keinerlei Luft mehr vorhanden sei. Ich kann es gut verstehen, dass das so gesehen wird, und als Momentaufnahme ist es sicher in vielen Fällen richtig, aber, es tut mir Leid, wir können uns trotzdem nicht damit zufrieden geben. Wir müssen weiterhin in vielen kleinen, behutsamen Schritten daran arbeiten, dass solche Luft wieder entsteht. Das wird sicherlich nicht ohne Konflikte gehen, es sind aber auch noch immer ausgezeichnete Ergebnisse möglich.

Ich habe das, um ein Beispiel zu nennen, eindrucksvoll bei meinen Besuchen in den Finanzämtern in Bremerhaven und Bremen-Nord erfahren. Ich bin überzeugt davon, dass auch die anstehende Neuorganisation der großen Finanzämter hier in der Stadt, Ost, West und Mitte, zu einer effektiveren und gerechteren Arbeitsverteilung und am Ende auch zu der Möglichkeit führen wird, die Außen- und Betriebsprüfungen stärken zu können. Das nenne ich als Beispiel.

Ich bin überzeugt davon, dass konsequentes Handeln auch dort zu besseren Arbeitsabläufen und deswegen auch wieder zu mehr Luft führen kann.

Dass solche Luft wieder entstehen kann, ist auch das Ziel des Programms zum Umbau der Verwaltung und Infrastruktur. Wir wollen mit 50 Millionen Euro, begrenzt auf diese zwei Jahre, das technisch und organisatorisch unterstützen. Der Rechnungshof hat kritisch angemerkt, dass dieser Umbau nicht ausreichend kalkuliert sei. Ich bin auf die Erörterung des Rechnungsprüfungsausschusses wie auch auf die Erörterung der Personaleinsparungsvorschläge, die der Rechnungshof dankenswerterweise selbst gemacht hat, gespannt. Ich habe das mit großem Interesse gelesen. Dabei fällt mir ein, ich weiß gar nicht, ob der Rechnungshof so unabhängig ist, dass man ihn nicht einmal loben darf, aber ich mache es trotzdem einmal. Ich bedanke mich für die Arbeit, die er macht, sie ist von großem Wert für uns!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich möchte mich auch beim Gesamtpersonalrat für die kritische Begleitung unserer Arbeit bedanken, auch für den sauren Drops heute Morgen, die Zusammenarbeit bei Zukunftsthemen wie dem Gesundheitsmanagement, die weiterhin hohe Ausbildung im öffentlichen Dienst und unser gemeinsames Bemühen, den öffentlichen Dienst bunter und offener für alle Gruppen der Gesellschaft zu machen. Meine Erfahrung von heute früh war, wenn man den sauren Drops lange genug lutscht, dann kommt am Ende ein süßer Kern dabei heraus.

(Heiterkeit)

In diesem Sinn wünsche ich mir eine gute Zusammenarbeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die Kolleginnen und Kollegen werden die Einzelhaushalte und unsere Änderungsanträge erläutern. Ich möchte nur noch einige allgemeine Gesichtspunkte hervorheben. Diese Koalition setzt bei aller Enge des Haushalts Schwerpunkte. Wir nehmen dabei nicht die breite Straße weiterer Schulden, die, wie ich ganz früher einmal gelernt habe, ja auch nicht in den Himmel führt, sondern setzen uns der Mühe und der Kritik aus, dafür an anderer Stelle zu sparen.

Wir haben in den vergangenen Jahren Schwerpunkte für Vorschulerziehung, für Hochschulen und für Schulen gesetzt. Das setzen wir in dieser Legislaturperiode mit insgesamt 55 Millionen Euro, per Umlage aus den anderen Ressorts finanziert, fort. Ich verstehe gut, dass jeder Einzelfall, in dem es in der Schule hakt, und jedes Kind, das nicht den Platz be

kommt, den es gern haben möchte, ein großes Ärgernis für die Betroffenen ist. Unter den gegebenen Bedingungen, angesichts der großen Anstrengungen zur Umsetzung unserer Schulreform und angesichts der Ausgabensteigerungen für die Kinderbetreuung muss ich hier aber einmal sagen, dass ich es einfach falsch finde, ausgerechnet hier von Rotstiftpolitik zu reden!