Protokoll der Sitzung vom 12.07.2012

Der staatsorganisationsrechtliche Teil, in welchem Verhältnis das Parlament zur Regierung, das Parlament zur Rechtsprechung und die Regierung zur Rechtsprechung stehen, ist eigentlich die Kernaufgabe des Parlaments. Wir haben das gerade gemacht: Welches Verhältnis haben wir zum Senat in Fragen der Informationspflichten? Ich glaube, es ist relativ klar, dass auch in dem Bereich das Parlament die Verfassungsdefinitions- und Verfassungsentscheidungsmacht hat.

Dann gibt es einen Grenzbereich, über den wir uns immer wieder unterhalten, in dem sozusagen das Staatsorganisationsrecht Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger hat. Das ist nämlich der Bereich, in dem wir Volksentscheide definieren. Ich springe nicht über jeden Stock, den Sie mir hinhalten, wenn Sie fragen, warum man die Privatisierungsbremse nicht dem Volk zur Abstimmung vorlegt. Selbstverständlich kann man am Ende einer Diskussion in diesem Ausschuss auch über so etwas nachdenken.

Selbstverständlich sollen wir uns hier ja auch nicht in die Tasche lügen.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das ist eine Verfassungsfrage!)

Wir haben jederzeit die Möglichkeit, dem Volk von uns beabsichtigte Verfassungsänderungen vorzulegen. Das müssen wir nicht einmal mit verfassungsändernder Mehrheit, sondern das können wir mit einfacher Mehrheit machen. Das heißt, wenn hier im Parlament eine Fraktion sagt, diese Frage möchte sie

dem Volk vorlegen, und sie dafür eine einfache Mehrheit im Parlament herstellen kann, dann wird darüber ein Volksentscheid durchgeführt. Dieses Instrument besteht, und ich glaube auch, dafür braucht es – anders als Sie es geschildert haben – keine Kriterien, sondern es ist eine Frage, wie wir uns politisch verständigen.

Ich habe bei den drei Verfassungsänderungen, die wir unter Rot-Grün gemacht haben, wenn ich ehrlich bin, keinen Anlass gesehen zu sagen, dass wir das dem Volk vorlegen müssen. Das waren die Änderungen des Abgeordnetengesetzes, die verbesserte Möglichkeit der Volksgesetzgebung und die für mich zwingend gebotene Gleichstellung der nicht ehelichen Lebensgemeinschaften. Ich gestehe aber hier sofort und kündige an, dass bei anderen Dingen, wenn man darüber eine politische Verständigung herbeiführt, selbstverständlich das Volk gefragt werden kann.

Eine Sache noch, mit der ich noch ein bisschen Wasser in den Wein gießen möchte: Es ist nicht so, dass es ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen der reinen Volksabstimmung und dem etwas unsauberen Parlamentarismus gibt! Beide sind gleichberechtigte Gesetzgeber, und ich als Parlamentarier nehme für mich in Anspruch – ich hoffe, das tun auch viele von Ihnen –, dass das, was wir hier machen, sehr ernsthaft und sehr abgewogen ist, und ich glaube, dass manche der Verfassungsänderungen, die wir hier gemacht haben, sehr gut gewesen sind. Manche Änderungen hätte ich mir etwas anders gewünscht, aber ich glaube, im Großen und Ganzen muss sich diese Bürgerschaft nicht dafür schämen, was sie seit dem Jahr 1994 an Verfassungsänderungen auf den Weg gebracht hat. Deshalb, glaube ich, braucht man den politischen Mut, aber keine Kriterien darüber, welche Fragen man dem Volk in Zukunft vorlegt. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich war noch in der zweiten Run- de, dann kommt die dritte!)

Dann haben Sie jetzt das Wort, Herr Dr. Güldner.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da hätten wir fast noch en passant die Geschäftsordnung des Hauses geändert. Ich bin auch von drei mög––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

lichen Redebeiträgen bei einer Debatte über die Geschäftsordnung ausgegangen.

Ich möchte mich auch noch einmal ausdrücklich bedanken, nicht nur für diese Debatte, weil sie erstens sehr viele Übereinstimmungen gezeigt hat und zweitens weil sie gezeigt hat, dass das, worin wir nicht übereinstimmen, sehr interessante Fragen werden, die wir aber in einem Geist der sachlichen und wirklich fundierten Debatte dann in diesem Ausschuss behandeln können. Deswegen glaube ich auch, dass das ein Ausschuss nach Paragraf 125 Landesverfassung wird, der sich wirklich lohnt und in dem wir die gemeinsam getragenen Dinge relativ schnell abarbeiten können, wieder ins Haus zurückbringen und hier verabschieden können, damit sie möglichst schnell wirksam werden, in dem wir aber auch die Frage – dazu wollte ich gern noch ein paar Worte sagen –, die wir jetzt sehr intensiv diskutieren, und auch später noch die Frage der Schuldenbremse, die wir ja auch vorhaben in diesem Ausschuss intensiv mit zu diskutieren, sehr verantwortungsvoll behandeln.

Ich glaube, es ist wirklich eine hervorragende Frage, die sich da jetzt abzeichnet. Ich habe Herrn Röwekamp so verstanden, dass er sagt: Wir haben jetzt einmal den Antrag eingebracht, dass alles dem Volk zur Entscheidung vorgelegt werden soll, aber wir sind bereit, auch darüber zu reden, ob das wirklich so sein muss oder ob man nicht andere vernünftige Verfahren finden kann. Ich habe den Kollegen Tschöpe so verstanden, dass er für die SPD signalisiert, dass es die Bereitschaft gibt, diese Dinge alle in diesem Ausschuss vorurteilsfrei und intensiv zu diskutieren.

Zu der Frage, ob wir Kriterien dafür brauchen, was wir dem Volk vorlegen und was nicht. Am Ende – so wäre meine Vorhersage – werden wir keine messerscharfen, punktgenauen Kriterien finden, dazu fehlt mir die Fantasie, wie man das exakt aufschreiben könnte und dann sagt, das trennt man jetzt nach schwarz und weiß, sodass dieser Gesetzentwurf in die Gruppe A – kein Volksentscheid – und jener haargenau in die Gruppe B fällt, zu dem es dann einen Volksentscheid gibt.

Ich finde aber schon, dass diese Diskussion angesichts der Tatsache, dass wir bisher noch überhaupt keine Verfassungsänderung dem Volk zur Entscheidung vorgelegt haben, angebracht ist. Das haben wir bisher nicht gemacht, und ich bin sehr dafür, dass wir das in Zukunft verstärkt tun. Gerade deswegen muss man darüber nachdenken, wann wir das tun und wann nicht. Das muss man nicht Kriterien nennen. Man muss auch keine Fantasie haben, dass das alles nicht so gelingt, dass man das vorher alles beschreiben kann, und dann kommen ganz andere politische Gegenstände, die dann nicht in die Kriterien hineinpassen.

Der Wille der Fraktion Bündnis 90/Grünen, den ich hier sehr gern vortrage, ist, dass wir das in Zukunft

öfter tun und dass wir uns Gedanken machen. Deswegen sind wir auch den Weg mitgegangen, heute die Regelungen zur Daseinsvorsorge hier so zu verabschieden, weil das ja schon ein Schritt in die Richtung ist: Bei der Veräußerung der Daseinsvorsorge legen wir den Volksentscheid vor.

Ich glaube aber – und das habe ich bei dem Kollegen Tschöpe eben auch gehört –, es kann und wird auch andere Punkte geben, die man dann eben auch dem Volk zur Entscheidung vorlegt. Welche Punkte das sind, finde ich sehr spannend, und darüber werden wir auch streiten. Manche werden sagen, das ist doch in Wirklichkeit eher Kinderkram, das müssen wir nicht vorlegen. Das haben wir ja schon bei einem Punkt erlebt, den wir hier auch schon einmal diskutiert haben. Das wird, glaube ich, sehr spannend.

Wenn aber alle bereit sind zu sagen, wir wollen das Volk mehr beteiligen, wenn das die Klammer um alle Anträge ist, die wir heute hier behandelt haben, dass wir das Volk mehr und auch direkt beteiligen wollen, ohne uns als Parlament – und da pflichte ich dem Kollegen Tschöpe bei – aus irgendeiner Verantwortung der parlamentarischen Demokratie zu stehlen, dann bin ich sehr froh, dass wir heute diese Entscheidungen treffen, und glaube, dass meine Vorhersage von vorhin, dass wir es heute mit einem außerordentlich guten Tag für die bremische Demokratie zu tun haben, auch eintritt. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin für die CDUFraktion noch die Antwort auf die Frage schuldig, wie wir mit dem Koalitionsantrag zu den nationalen Volksentscheiden umgehen. Wir haben darüber – das sage ich ganz freimütig – sehr lange beraten, und ich glaube, ich kann für die CDU-Fraktion erklären, dass wir an dieser Stelle schon einen Veränderungsbedarf sehen.

Dazu muss man vorweg vielleicht sagen, dass das Wesen oder die Idee des Volksentscheids dem Grundgesetz ja nicht fremd ist. Wir haben im Artikel 146, in der Vorläufigkeitsregel des Grundgesetzes die Bestimmung, dass das Grundgesetz so lange gilt, bis sich das deutsche Volk in freier Wahl selbst eine Verfassung gibt. Im Jahr 1990 haben wir diesen Artikel angefasst, indem wir gesagt haben, dass es seit der Wiedervereinigung für ganz Deutschland gilt, aber trotzdem haben wir den Schritt nicht gemacht, den der Parlamentarische Rat damals vor Augen hatte, zu sagen, wir brauchen eigentlich nach der Geltung des Grundgesetzes mit seiner Vorläufigkeit irgendwann einmal eine deutsche Verfassung.

Diese Debatte hat aktuell in dieser Woche, finde ich, eine völlig neue Schleife bekommen, wenn wir über die Frage sprechen, wie vereinbar eigentlich das, was wir in Europa miteinander verabreden, mit den Bestimmungen des Grundgesetzes ist. Diese Frage ist dem Verfassungsgericht schon öfter gestellt worden, aktuell wird sie ihm auch wieder gestellt, und wir werden uns sehr wahrscheinlich irgendwann mit der Frage beschäftigen müssen, ob das, was wir europapolitisch miteinander vereinbaren wollen, eigentlich noch der Geist und die Idee und vereinbar mit dem ist, was im Grundgesetz steht.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das haben wir 1990 auch nicht ge- macht!)

Meine persönliche Auffassung ist, dass Herr Schäuble recht hat und wir irgendwann im Zuge der europäischen Einigung über eine neue deutsche Verfassung mit Kompetenzzuweisungen an Europa, den Bund und die Länder noch einmal werden sprechen müssen. Das ist meine feste Überzeugung. Das wäre für mich sicherlich auch der Anlass, darüber nachzudenken, mit welchem Gewicht wir genau das machen, was Herr Tschöpe beschrieben hat, nämlich was wir in unmittelbarer und mittelbarer Verfassungsgesetzgebung machen.

Eine zweite Möglichkeit sieht das Grundgesetz in Artikel 29 vor, worauf wir Bremer sehr stolz sind, nämlich dass man uns nicht gegen unseren Willen abschaffen kann, sondern dafür auch die Zustimmung des Souveräns, nämlich des Volkes, braucht. Das Wesen des Volksentscheids ist dem Grundgesetz also nicht fremd, die Fragen sind nur: Wollen wir das gemeinsam ausweiten, und wenn ja, worauf? Dort signalisiere ich für die CDU-Bürgerschaftsfraktion zumindest eine Offenheit, darüber zu sprechen. Gleichwohl sollte uns natürlich auch die Erkenntnis leiten zu wissen, je weiter die Entscheidungen von der Betroffenheit der Menschen entfernt sind, desto schwieriger wird es, Volksentscheide durchzuführen. Das ist auch eine Erfahrung, die wir aus anderen europäischen Nachbarländern im Zuge der Frage der Ratifizierung der europäischen Verträge wissen, nämlich die Frage, wie komplex die Sachverhalte sind, die man vorlegt, und nach welchen Kriterien eigentlich entschieden wird. Wird in der Sache oder nach Stimmungslage entschieden?

Das sind alles Fragen, die für uns als CDU-Bürgerschaftsfraktion bis heute zumindest noch ungeklärt sind, und deswegen werden wir uns bei Ihrem Antrag enthalten. Ich signalisiere aber die Bereitschaft, in der Zukunft über die Frage, vielleicht in diesem Ausschuss oder auch woanders, noch einmal intensiv nachzudenken.

Lassen Sie mich etwas zu der Frage, was wir vorlegen und nicht vorlegen, sagen! Es wird schwer wer

den, objektive Kriterien zu finden, das wird man auch gar nicht in die Verfassung hineinschreiben können. Mir würde schon reichen, wir hätten ein gewisses Grundverständnis dafür, und deswegen will ich für die CDU-Fraktion sagen, ich finde, wenn wir der Auffassung sind, dass die Legislaturperiode unseres eigenen Parlaments verlängert werden muss – –. Wir als CDU haben gesagt, wir sind der Auffassung, dass wir da zurückhaltend sein sollten, solange es keine lebhafte Begeisterung für eine unmittelbare Demokratie gibt. Wenn man es aber machen will, ist das aus meiner Sicht eine Entscheidung, die zwingend eines Volksentscheides bedarf. Die Dauer der Legislaturperiode ist ureigenstes Bestimmungsrecht des Souveräns, des Volkes, und der unmittelbaren Demokratie. Deswegen sind wir gut beraten, bei solch einer Frage auch entsprechend einen Volksentscheid durchzuführen.

(Beifall bei der CDU – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Das können wir jetzt schon tun!)

Bei der Privatisierungsbremse ist es, glaube ich, ein Schlaglicht, das wir werfen. Natürlich ist richtig, was Sie sagen, dass wir im Übrigen bei den anderen Bestimmungen unserer Verfassung an vielen Stellen auch bestimmte verfassungsmäßige Garantien haben, die sich auch auf das wirtschaftliche Leben auswirken, das ist völlig klar. Genauso wie wir das Recht auf Wohnungen haben, haben wir das Recht auf Arbeit. Ich finde, das sollte man auch nicht aus der Landesverfassung streichen können, ohne das Volk zu befragen. Deswegen sage ich, allein zu fragen, in welcher Kategorie sich der Artikel befindet, den man ändern will, wird uns wahrscheinlich auch nicht leiten können, sondern es wird darum gehen, miteinander zu verabreden, was wir zum ersten Anlass nehmen wollen, einmal etwas vorzulegen.

Zur Privatisierungsbremse! Natürlich hat die Frage, was wir öffentlich und nicht öffentlich wahrnehmen oder was wir der privaten Wirtschaft überlassen, Verfassungsrang, das steht auch in unserer Landesverfassung. Ich finde aber bei der Frage, ob wir etwas privatisieren, rekommunalisieren, entstaatlichen oder in eine GmbH fügen, handelt es sich für mich nicht um eine Frage, die Verfassungsrang hat, sondern um eine Frage, die politisch zu beantworten ist.

Herr Tschöpe, ehrlicherweise hat die 25-prozentige Beteiligung privater Banken an der GEWOBA weder der Gesellschaft noch dem Wohnungsmarkt richtig geschadet. Im Gegenteil, wir hatten noch nie eine so prosperierende Gesellschaft mit der GEWOBA als überwiegend staatliches Wohnungsbauunternehmen wie nach der Beteiligung der Banken. Jetzt also zu sagen, jede Privatisierung ist Teufelszeug und führt ins Unglück und gefährdet die Bestimmung unserer Verfassung bei der Gewährung von Wohnungen, ist ein bisschen einfach, denn so ist es ja nun auch nicht.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das sagt auch keiner!)

Deswegen sage ich, muss man es sich sehr genau anschauen. Der Zwischenerwerb der swb AG ist solch ein Teil. Ich finde, wenn man es will, darf es keine Einbahnstraße sein, dann muss auch für Rekommunalisierung der gleiche Maßstab gelten, und das Volk muss darüber entscheiden, ob es die vormals staatlichen Netze nach Privatisierung wieder in staatlicher Obhut haben will. Warum soll es also nur eine Einbahnstraße sein? Warum wollen Sie das Volk nur darüber entscheiden lassen, was nicht privatisiert oder privatisiert werden darf? Dann muss das Volk auch darüber entscheiden dürfen, was kommunalisiert und nicht kommunalisiert wird. Ich finde, das sind alles Punkte, über die man ganz in Ruhe miteinander in diesem Ausschuss sprechen muss.

Ich vermute einmal, dass Sie unseren Antrag, bei Verfassungsänderungen in Zukunft obligatorisch einen Volksentscheid herbeizuführen, heute nicht beschließen werden. Das ist meine persönliche Vermutung; ich bin davon enttäuscht, aber das heißt nicht, dass ich aufgebe, denn ich habe aus der Debatte den Eindruck, dass wir in dem Ausschuss zumindest darüber sprechen werden, wann wir in Zukunft einen solchen Schritt zu einem Volksentscheid bei Verfassungsänderungen gehen wollen. Das ist gegenüber dem jetzigen Zustand, wo wir es nie gemacht haben außer im Jahr 1994, aus meiner Sicht auch schon ein riesiger Fortschritt.

Ich bin sehr dafür, dass wir in dem Ausschuss auch darüber nachdenken, ob wir das, worüber wir uns am Ende alles miteinander als Verfassungsänderung – mit welcher Mehrheit auch immer – verständigen, nicht zum Anlass nehmen, beispielsweise im Zusammenhang mit einer nationalen Wahl, dies einem ersten Volksentscheid zuzuleiten. Es kann sein, dass wir uns auf ein gemeinsames Paket verständigen oder dass wir zu Detailfragen unterschiedliche Auffassungen haben. Ich sage aber für die CDU-Bürgerschaftsfraktion: Das Ergebnis dieses Ausschusses kann der Auftakt sein, auch von uns aus die Initiative zu ergreifen, das Volk bei wesentlichen Verfassungsänderungen hier im Parlament in Zukunft nicht nur zu vertreten, sondern auch zu beteiligen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu zwei Punkten möchte ich noch einmal Stellung nehmen und es ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

vielleicht auch ein bisschen mit in die Debatte geben. Es gibt hier den Vorschlag, eine sogenannte Privatisierungsbremse in die Verfassung aufzunehmen. Ich selbst habe mich dabei ertappt, dass ich mich gefragt habe: Ist die Aufnahme von Bremsen in die Verfassung eigentlich etwas, das man machen sollte? Ich muss noch einmal darüber nachdenken, denn wir haben oft darüber diskutiert, inwieweit wir die Autonomie zukünftiger Parlamente blockieren. So sympathisch es mir ist, die Privatisierungsbremse aufzunehmen, finde ich, muss man auch noch einmal darüber nachdenken, ob man das nicht irgendwie anders lösen kann.

Was ich aber ganz schwierig finde, ist, dass sich diese Form von Privatisierungsbremse, wenn sie denn in die Verfassung kommt – wie gesagt, das finde ich sehr sympathisch –, auf Verkehrsleistungen, Leistungen der Abfall- und Abwasserentsorgung, Energieund Wasserentsorgung und auf wirtschaftliche, verkehrliche und kulturelle Infrastruktur beschränkt. Warum in aller Welt sind Krankenhäuser oder gesundheitliche Versorgung nicht darin?

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Oder Banken!)

Wir können uns gern auch die Banken oder den Verkauf von Sparkassen anschauen. Das sind zwei Kriterien, bei denen ich das Gefühl habe, erstens, da gibt es noch etwas zu verkaufen, und zweitens, möglicherweise steht es deswegen nicht darin, weil es noch etwas zu verkaufen gibt. Deswegen werbe ich noch einmal dafür: Wenn wir über eine sogenannte Privatisierungsbremse sprechen, also darüber, ob man ohne Volksentscheid relevantes öffentliches Eigentum verkaufen darf oder nicht, dann muss man auch ganze Dinge machen und darf nicht gezielt aus Gründen, die vielleicht darin liegen, dass es schwieriger wird, das umzusetzen, bestimmte Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge aus einem solchen Konzept herausnehmen. Das macht der vorliegende Antrag noch nicht, und er gibt Anlass zu Spekulationen, warum bestimmte Dinge nicht in dem Katalog sind.

Zweitens, Herr Tschöpe hat zu Recht gesagt, wir dürfen nicht so tun, als wäre das Parlament der unsaubere Teil der Demokratie und der Volksentscheid die reine Lehre der Demokratie. Wir wissen alle, dass es ganz ausdifferenzierte Dinge auch mit Volksentscheiden und bestimmten Formen von Populismus und Moden gibt. Das sind Kritiken, denen Volksentscheide auch ausgesetzt sind, damit müssen wir leben. Ich habe mich nur eines gefragt: Wenn wir darüber nachdenken, Kriterien zu entwickeln, wann man eine Verfassungsänderung einem Volksentscheid vorlegen muss, und wenn wir darüber nachdenken, dass wir selbst vielleicht – dieses Parlament – sagen, das ist eine Sache, die wir vorlegen oder auch nicht – –. Wenn es stimmt, was Herr Tschöpe gesagt hat, dass Volks

entscheide und das Parlament gleichberechtigt sind, ist die Frage, an welcher Stelle das Volk eigentlich fordern kann, dass bestimmte Dinge als Volksentscheid vorgelegt werden.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Volksbegehren!)